Die kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit Flashcards
- Welche Fallkonstellationen sind bei der KVS zu unterscheiden?
Zu unterscheiden sind Inter- und Intraorganstreite.
Beim Interorganstreit streiten mehrere Organe derselben Kommune über die Ausübung von Rechten und Kompetenzen aus der GO (z.B. Klage des 1. Bgm auf Widerruf ehrverletzender Äußerungen durch ein Gemeinderatsmitglied oder umgekehrt).
Beim Intraorganstreit ist der Streit innerhalb eines Organs der Gemeinde angesiedelt (z.B. ein Gemeinderatsmitglied wird wegen Befangenheit (Art. 49 GO) oder wegen Störung der Ordnung (Art. 53 GO) von der Gemeinderatssitzung ausgeschlossen. Die von dem betroffenen Mitglied hiergegen eingelegte Klage ist der häufigste Fall der KVS.)
- Welche Problemfälle hinsichtlich der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg gibt es?
Da regelmäßig Vorschriften des Kommunalrechts als typischerweise öffentlichen Rechts den Streitgegenstand bestimmen, handelt es sich bei der KVS normalerweise um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
Probleme können insbesondere dann auftreten, wenn es sich um eine Streitigkeit im Innenverhältnis von Gemeinderatsfraktionen handelt.
Für fraktionsinterne Streitigkeiten existieren keine Vorschriften in der GO. Welche Rechtsvorschriften diesbzgl. einschlägig sind, hängt davon ab, welche Rechtsnatur der Gemeinderatsfraktion zukommt (–> Rn. 328 ff.)
- Warum ist die Bezeichnung “Kommunalverfassungsstreitigkeit” zumindest irreführend?
Der Begriff Kommunalverfassungsstreitigkeit kann dazu verführen, die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs deshalb abzulehnen, weil die Streitigkeit als verfassungsrechtlicher Art angesehen wird. Eine Streitigkeit ist indessen nur dann verfassungsrechtlicher Art i.S.d. § 40 I 1 VwGO, wenn zwei Verfassungsorgane bzw. unmittelbar am Verfassungsleben beteiligte Rechtsträger über Rechte und Pflichten streiten, die unmittelbar in der Verfassung geregelt sind, sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit. Bei der KVS geht es hingegen i.d.R. nicht um Staatsverfassungsrecht, sondern um kommunales Organisationsrecht. Zudem ist der Gemeinderat kein Parlament, sondern bloßes Verwaltungsorgan der Gemeinde. Die kommunal-verfassungsrechtliche Streitigkeit ist somit nichtverfassungsrechtlicher Art.
- Ist die KVS eine besondere Klageart?
Nein, der Begriff der KVS ist lediglich ein - prozessrechtlich unbeachtlicher - Gruppenbegriff. Die Klageart muss für jeden Einzelfall speziell bestimmt werden.
- Wie ist beim Prüfungspunkt Klageart vorzugehen?
Die Klageart muss für jeden Einzelfall speziell bestimmt werden. Der Begriff KVS sagt für sich gesehen i.R.d. Zulässigkeit der Klage gar nichts aus. Trotzdem sollte man an den typischen Stellen ausgehend von diesem Begriff die Probleme erörtern.
AK zumindest anprüfen; P: Außenwirkung; i.d.R. VA (-)
–> BayVGH: grds. allgem. LK/bei Erledigung FK
- Welche Besonderheit besteht bei der Klage auf Änderung der Geschäftsordnung?
Die Besonderheit liegt darin, dass der Erlass einer Vorschrift der Geschäftsordnung begehrt wird. Die Geschäftsordnung (Art. 45 GO) regelt die innere Organisation des Gemeinderats sowie den Ablauf der Meinungsbildung. Damit handelt es sich um innerorganisatorische Vorschriften ohne unmittelbare Außenwirkung auf die Gemeindebürger.
Somit ist die Klage eine echte Normerlassklage. Welche Rechtsschutzform diesbzgl. einzuhalten ist, ist umstritten.
- Wer ist passiv legitimiert bei Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und/oder ihrer Organe?
Da mit der KVS regelmäßig eine Handlung des Gemeinderates als Organ bzw. eines einzelnen Gemeinderatsmitglieds oder des Bürgermeisters begehrt wird, stellt sich hier die Frage, ob dieses begehrte Handeln der Gemeinde zuzurechnen ist.
Man könnte auch eine Klage direkt gegen das jeweilige Organ oder Organteil erwägen.
BayVGH: Zurechnung an Gemeinde
a.A.: jeweiliges Organ, arg.: sonst prozessrechtlich
komplizierte Situationen: z.B. bei Klage des BM gegen den Gemeinderat –> BM auf beiden Seiten des Prozesses.