Bürgerbegehren und Bürgerentscheid Flashcards
- Was versteht man unter Bürgerbegehren, was unter Bürgerentscheid?
Unter Bürgerbegehren versteht man den Antrag der Gemeindebürger auf Durchführung eines Bürgerentscheides (vgl. Art. 18a I und VI GO). Wenn die dazu erforderlichen formellen und materiellen Vss. vorliegen, so kommt es zu einem Bürgerentscheid, bei dem über die gestellte Sachfrage abgestimmt wird (Art. 18a X GO). Ein Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses (Art. 18a XIII GO).
- Welche plebiszitären Elemente enthalten das GG und die bayerische Verfassung?
Im GG finden sich nur vereinzelt Elemente direkter Demokratie für den Fall einer Neugliederung des Bundesgebietes (Art. 29 GG) sowie einzelner Länder (Art. 118 S. 2, 118a GG).
In der BV hingegen finden sich - wie in den anderen Landesverfassungen auch - deutlich ausgeprägtere plebiszitäre Elemente (v.a. Volksbegehren und Volksentscheid Art. 74 BV)
- Wo sind die formellen Anforderungen an ein Bürgerbegehren geregelt?
Die formellen Anforderungen an ein Bürgerbegehren sind in den Abs. 4 bis 6 des Art. 18a GO geregelt.
- Sind Unionsbürger unterzeichnungsberechtigt i.S.d. Art. 18a V GO? Ist das Wählerverzeichnis ausschlaggebend?
Gem. V 1 sind alle Gemeindebürger (Art. 15 II GO) berechtigt, das Bürgerbegehren zu unterzeichnen.
Gemeindebürger in diesem Sinne sind alle Deutschen i.S.d. Art. 116 S. 1 GG und alle Unionsbürger, also Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU, die volljährig sind und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde ihre Hauptwohnung haben, vgl. Art. 1 GLKrWG.
In V 2 wird normiert, dass die Gemeinde ein Bürgerverzeichnis anzulegen hat, das für die Teilnahmeberechtigung an Bürgerbegehren und Bürgerentscheid maßgebend ist.
- Welche Angelegenheiten können Gegenstand eines Bürgerentscheids sein? Welche aber gerade nicht?
Gegenstand eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheides können nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises sein (Art. 18a I GO). Gleichzeitig werden bestimmte Angelegenheiten kraft Gesetzes ausgeschlossen (Art. 18a III GO).
Über den Katalog des Art. 18a III GO hinaus, können wegen des Grundsatzes der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 III GG, Art. 56 I GO) auch Anträge, die ein rechts- oder gesetzeswidriges Ziel verfolgen nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids sein.
Außerdem sind auch Bürgerbegehren ausgeschlossen, die keinerlei rechtliche Auswirkungen haben, z.B. unverbindliche Absichtserklärungen und Bürgerbegehren auf Zweckverbandsebene.
- Kann der Gemeinderat einen Bürgerentscheid wegen eines Verstoßes gegen die Haushaltsgrundsätze des Art. 61 II GO ablehnen?
Grds. steht der Bürgerentscheid - wie jeder Gemeinderatsbeschluss - unter dem Vorbehalt seiner Finanzierbarkeit und haushaltsmäßigen Absicherung. Daher wird überwiegend befürwortet, dass der Gemeinderat auch bei der im Rahmen des Art. 18a VIII GO anzustellenden Zulässigkeitsprüfung den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verpflichtet ist, d.h. bei Verstößen gegen diese Haushaltsgrundsätze ein Bürgerbegehren ablehnen darf. Unter Berufung auf die Haushaltsgrundsätze kann aber nur bei besonders krassen Verstößen ein Bürgerbegehren als unzulässig abgelehnt werden.
- Weshalb verstieß die in Art. 18a VIII GO a.F. vorgesehene Sperrwirkung nach Ansicht des BayVerfGH gegen das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden?
Nach Auffassung des BayVerfGH bestand durch diese Sperrwirkung die Gefahr, dass es zu einem Stillstand der Verwaltungstätigkeit in der betreffenden Angelegenheit kommt, mit erheblichen Nachteilen für die Kommune. Es dürfe nicht zu einer “Lähmung der gemeindlichen Tätigkeiten” kommen.
- Welche Klageart ist gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens statthaft?
Die statthafte Klageart bestimmt sich nach dem Begehren des Klägers. Dieses ist auf die Erklärung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat (Art. 18a VIII S. 1 GO) und die anschließende Durchführung des Bürgerentscheides (Art. 18a X S. 1 GO) gerichtet.
Art. 18a VIII S. 2 GO, der die Möglichkeit einer Klage gegen die Zurückweisung des Bürgerbegehrens vorsieht, trifft jedoch keine Aussagen darüber, welche Klageart dabei statthaft ist.
In Betracht kommen einerseits die VK iSv § 42 I Alt. 2 VwGO, andererseits eine allgemeine LK (vgl. §§ 43 II, 111, 113 IV VwGO) oder eine FK (§ 43 I VwGO). Die Abgrenzung hängt davon ab, welche Rechtsnatur die Zulassung des Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat hat. Handelt es sich dabei um einen VA iSv Art. 35 VwVfG, so wäre die VK in Form der Versagungsgegenklage die richtige Klageart.
–> P: Außenwirkung
–> i.e. (+): Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens hat unmittelbare Außenwirkung und ist damit VA i.S.v. Art. 35 VwVfG. Statthafte Klageart ist damit die VK, § 42 I Alt. 2 VwGO.
- Auf wen ist bei der Feststellung der Klagebefugnis abzustellen?
Nach einer Ansicht sind die Unterzeichner des Bürgerbegehrens in ihrer Gesamtheit klagebefugt, soweit sie Gemeindebürger sind und darlegen können, dass das Quorum erreicht ist. Nicht klagebefugt sind damit einzelne Gemeindebürger, die die Listen unterzeichnet haben, dies liefe auf einen Fall unzulässiger Prozessstandschaft hinaus. Wieder anderer Ansicht ist der BayVGH. Nach seiner Auffassung ist nicht das Bürgerbegehren Partei des Rechtsstreits, sondern nur dessen Vertreter, die insoweit die Rechte des Bürgerbegehrens im Rahmen einer gesetzlichen Prozessstandschaft nach Art. 18a VIII S. 2 GO geltend machen.