Handeln der Gemeinde Flashcards

1
Q
  1. Nennen Sie die Hauptorgane der Gemeinde!
A

“Hauptorgane” der Gemeinde sind der Gemeinderat und der Erste Bürgermeister, Art. 29 GO.

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2
Q
  1. Wie ist hinsichtlich der Zuständigkeit von Gemeinderat und Erstem Bürgermeister zu differenzieren?
A

Grob gesagt obliegt die Willensbildung dem Gemeinderat; der Vollzug (Art. 36 S. 1 GO), die Vertretung nach außen (Art. 38 GO) und die Erledigung der “laufenden Angelegenheiten” (Art. 37 I 1 Nr. 1 GO) sind Sache des Ersten Bürgermeisters. Außenwirkung haben regelmäßig nur die Akte des Ersten Bürgermeisters (und seiner Hilfskräfte), die Willensbildung ist ein interner Vorgang.

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3
Q
  1. Wie ist im Rahmen der Organkompetenz weiter zu differenzieren?
A

Zu differenzieren ist hierbei zwischen Willensbildungs- u. Vollzugskompetenz. Beides ist - zumindest gedanklich - getrennt zu prüfen, weil sie häufig auseinanderfallen. Die nach außen gerichtete Vollzugskompetenz liegt nach Art. 38 I GO grds. beim ersten Bürgermeister, während die interne Vollzugskompetenz sich nach Art. 29, 37 GO bestimmt.

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4
Q
  1. Wodurch kann der Gemeinderat die Erledigung laufender Angelegenheiten beeinflussen?
A

Nach Art. 37 I 2 GO kann der Gemeinderat für die laufenden Angelegenheiten nach Art. 37 I 1 Nr. 1 GO Richtlinien aufstellen. Es handelt sich dabei zum einen um Richtlinien zur Abgrenzung der laufenden Angelegenheiten, z.B. durch Festlegung bestimmter Wertgrenzen. Der Zuständigkeitsbereich des Ersten Bürgermeisters darf nach Art. 37 I 2 GO aber nur präzisiert, nicht abgeändert werden. Insoweit unterscheidet sich Art. 37 I 2 GO von Art. 37 II GO. Nach h.M. deckt der Wortlaut des Art. 37 I 2 GO aber auch Richtlinien über die Art der Erledigung der laufenden Angelegenheiten.

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5
Q
  1. Grundsätzlich ist der Verordnungs/-Satzungserlass durch den 1. Bgm ausgeschlossen - ändert sich etwas bei Dringlichkeit?
A

Nur der Erlass “dringlicher Verordnungen” ist durch den 1. Bgm möglich, Art. 42 II LStVG.
Ob der 1. Bgm nach Art. 37 III GO auch Satzungen erlassen darf, ist str.:
pro: Art. 37 III GO enthält keine dem Art. 37 II 1 Hs 2 GO entsprechende Beschränkung.
contra: Formulierung in Art. 37 III GO deute auf Einzelmaßnahmen hin, mit denen lediglich durch schnelles Eingreifen die Gemeinde vor Schaden bewahrt werden solle, wohingegen Satzungen idR zur Regelung einer Vielzahl von Einzelfällen über einen längeren Zeitraum dienten.
BayVGH: erste Ansicht

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6
Q
  1. Art. 38 GO regelt nach h.M. das Vertretungsrecht des 1. Bgm - woraus ergibt sich seine Vertretungsmacht?
A

In st. Rspr. verneinen die bayerischen Gerichte eine unbeschränkte Vertretungsmacht des 1. Bgm. Art. 38 I GO begründe lediglich das Vertretungsrecht des 1. Bgm, nicht aber seine Vertretungsmacht. Letztere ergebe sich aus Art. 37 GO, sofern das Rechtsgeschäft unter den dort genannten Vss. in seinen eigenen Zuständigkeitsbereich falle. Soweit dagegen der Gemeinderat als willensbildendes Organ der Gemeinde zu entscheiden habe, ihm also nach Art. 29 GO die Willensbildungskompetenz zustehe, werde die Vertretungsmacht des 1. Bgm erst durch einen entsprechenden Gemeinderats- oder Ausschussbeschluss begründet. Insoweit sei der 1. Bgm bloßes Vollzugsorgan, Art. 36 I GO.
BGH: Art. 38 I GO beinhalte umfassendes gesetzliches Vertretungsrecht des 1. Bgm. Hierfür spricht neben dem Wortlaut v.a. der Verkehrsschutz. Dritte, die mit der Gemeinde Verträge schließen, kennen weder das “Innenleben” der Gemeinde, noch kann ihnen zugemutet werden, sich vor Vertragsschluss über das Vorleigen eines Gemeinderatsbeschlusses informieren zu müssen.
Gerade letztgenanntes Arg. überzeugt. Art. 38 I GO ist als umfassendes Vertretungsrecht auszulegen, so dass kein Gemeinderatsbeschluss für den Abschluss eines Vertrages nötig ist.

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7
Q
  1. Was ist die Auswirkung des Streits über Art. 38 I GO?
A

Sieht man in Art. 38 I GO nur eine Regelung der Vertretungszuständigkeit, ist eine Handlung des Bürgermeisters außerhalb des Art. 37 GO ohne wirksamen Gemeinderatsbeschluss aufgrund fehlender Zuständigkeit formell rechtswidrig. Betrachtet man Art. 38 I GO als eine umfassende gesetzliche Vertretungsmacht, sind VA, VO u. Satzungen ohne erforderlichen (wirksamen) Gemeinderatsbeschluss gleichfalls rechtswidrig, nämlich verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Satzungen und VO sind also regelmäßig nichtig, VA sind grds. nur anfechtbar, nicht nichtig, es sei denn, es besteht eine bes. gesetzliche Regelung.
VA, die ohne die erforderliche Mitwirkung des Gemeinderats erlassen wurden, können durch Nachholung dieses Gemeinderatsbeschlusses geheilt werden. Art. 45 I NR. 4 BayVwVfG.

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8
Q
  1. Wie hat der 1. Bgm bei seiner Ansicht nach rechtswidrigen Beschlüssen vorzugehen?
A

Der 1. Bgm ist zuständig für den Vollzug der Beschlüsse des Gemeinderats, Art. 36 S. 1 GO. Dabei hat er zu prüfen, ob der jeweilige Gemeinderatsbeschluss rechtmäßig ist, Art. 59 II GO. Hält er ihn für rechtmäßig, so hat er ihn zu vollziehen.
Ist er dagegen von der Rechtswidrigkeit überzeugt, so ist er verpflichtet, den Gemeinderatsbeschluss zu beanstanden und seinen Vollzug auszusetzen.
Soweit erforderlich (d.h., wenn der Gemeinderat es ablehnt, den Beschluss selbst aufzuheben), hat er die Angelegenheit der Rechtsaufsichtsbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Dasselbe gilt für Wahlen, denn “Entscheidungen” (Art. 59 II GO) ist der Oberbegriff für Beschlüsse und Wahlen (vgl. Art. 51 I, III, IV GO)

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9
Q
  1. Wie ist hinsichtlich der Ausübung des Hausrechts zwischen zivilrechtlichen Maßnahmen und solchen des öffentlichen Rechts abzugrenzen?
A

Ein gegen einen störenden Besucher ausgesprochenes Hausverbot kann zivilrechtlicher oder öff.-r. Natur sein, je nachdem, ob es sich auf die öff.-r. Ordnungsgewalt des 1. Bgm stütz oder auf dessen aus Art. 37 I 1 Nr. 1 GO resultierender Befugnis zur Ausübung der privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte.
BGH und BVerwG stellen auf den Zweck des Besuchs ab.
a.A.: Zweck des Hausverbots, Hausverbot öff.-r. Natur, wenn es der Aufrechterhaltung des ungestörten Dienstbetriebes dient.
–> Streitentscheid meist entbehrlich

Problem nur dann, wenn es um die Wahrnehmung des allg. Hausrechts geht. Ist Streitgegenstand die Verweisung eines Zuhörers aus dem Sitzungssaal nach Art. 53 I 2 GO, handelt es sich eindeutig um eine öff.-r. Streitigkeit, da die streitentscheidende Norm dem öff. Recht zu entnehmen ist.

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10
Q
  1. Ist eine besondere RGL für ein Hausverbot erforderlich?
A

Ein öff.-r. Hausverbot stellt nach h.M. einen VA iSd Art. 35 S. 1 BayVwVfG dar. Str. ist allerdings, ob das Hausverbot einer bes. gesetzl. Grundlage bedarf. Der BayVGH ließ die Frage offen und sah jedenfalls Art. 56 II GO als ausreichende Rechtsgrundlage an. Zu denken wäre auch an Art. 6, 7 LStVG.
Überwiegend wird eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage nicht für erforderlich gehalten. Man begründet die Befugnis für Maßnahmen des Hausrechts gewohnheitsrechtlich oder entnimmt sie der Natur der Sache oder geht von einer ungeschriebenen Annexkompetenz zur Sachkompetenz der gemeindlichen Aufgabenerfüllung aus.

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11
Q

(74) 75. Ist ein Ausschluss von Zuhörern für künftige Sitzungen möglich?

A

Wohl h.M. (-): Eine solche Maßnahme sei für Zuhörer (anders als für Gemeinderatsmitglieder, Art. 53 II GO) nicht vorgesehen.
a.A:: Art. 53 II GO trage nur der besonderen Organstellung der Gemeinderatsmitglieder Rechnung. Zuhörer könnten bereits aufgrund des allg. Hausrechts, das durch Art. 53 I 2 GO nicht eingeschränkt werde, von künftigen Sitzungen ausgeschlossen werden, sofern sie wiederholt derart störten, dass auch in Zukunft damit zu rechnen sei.

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12
Q
  1. Gilt § 80 II 2 VwGO (analog) für den Ausschluss eines Zuhörers als Maßnahme der SItzungspolizei?
A

Hinsichtlich des Suspensiveffekts einer Rechtsmitteleinlegung ist zu beachten, dass nach h.M. § 80 II Nr. 2 VwGO nicht im Wege der Analogie auf Maßnahmen der “Sitzungspolizei” ausgedehnt werden kann, denn als Ausnahmevorschrift zum Grundsatz des § 80 I VwGO ist er eng auszulegen. Der Vorsitzende kann aber die sofortige Vollziehung nach § 80 II Nr. 4 VwGO anordnen.

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13
Q
  1. Darf ein Gemeinderatsmitglied beim Sitzungsausschluss nach Art. 53 GO im Saal verbleiben?
A

Ein ausgeschlossenes Mitglied muss seinen Platz am Beratungstisch verlassen. Strittig ist aber, ob es als Zuhörer im Sitzungssaal verbleiben darf.

h. M. (+): Nach wohl h.M. betrifft der Sitzungsausschluss nur das organschaftliche Mitwirkungsrecht des Mitglieds und enthält nicht zugleich auch die Verweisung aus dem Sitzungssaal. Dies wird v.a. aus der unterschiedlichen Formulierung des Gesetzes für Zuhörer und Mitglieder gefolgert. Ein ausgeschlossenes Mitglied darf nach dieser Ansicht zunächst im Zuhörerraum Platz nehmen, kann aber bei der nächsten Störung nach Art. 53 I 2 GO (also als Zuhörer) aus dem Sitzungssaal entfernt werden. Demzufolge betrachtet die h.M. den Sitzungsausschluss auch nicht als VA. Er entfaltet rechtliche Wirkung ja nur im Innenbereich des Gemeinderats, entbehrt also der Außenwirkung.
a. A.: (-) Nach anderer Ansicht muss der Bgm. es nicht darauf ankommen lassen, dass der Ausgeschlossene Zuhörer die Ordnung weiter stört.

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14
Q
  1. Muss der Bgm. einen Antrag in die Tagesordnung aufnehmen, auch wenn ein später hierzu ergehender Beschluss rechtswidrig wäre?
A

h.M.: Pflicht zur Aufnahme von Anträgen in Tagesordnung, auch wenn späterer Beschluss mglw. rw. ist. (Ausnahme: Antrag schikanös oder rechtsmissbräuchlich oder offensichtliche Unzuständigkeit)

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15
Q
  1. Stichwort persönliche Beteiligung des 1. Bgm. - welche Norm ist zur Beurteilung der Frage, ob eine solche vorliegt, heranzuziehen?
A

Für den 1. Bgm als kommunalen Wahlbeamten gilt zunächst Art. 38 KWBG, wenn es um die Frage der persönlichen Beteiligung geht. Str. ist, inwieweit Art. 38 KWBG von Art. 49 GO verdrängt oder überlagert wird. Denn die Regelung des Art. 38 KWBG ist zum Teil weiter, zum Teil enger gefasst als die des Art. 49 GO.
Für die Frage, wann nun welche Vorschrift anzuwenden ist, wird danach differenziert, in welcher Funktion der 1. Bgm tätig wird: Für Teilnahme an Beratung und Abstimmung um Gemeinderat (dem der 1. Bgm nach Art. 31 I GO angehört): Art. 49 GO
Ebenso bei Führung des Vorsitzes im Gemeinderat oder in einem Ausschuss. (Sonderproblem, Art. 38 KWBG nennen und argumentieren reicht)

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16
Q
  1. Stellen Sie den Streit um die Rechtsnatur der Geschäftsordnung des Gemeinderats dar - Welche Folgen ergeben sich hieraus?
A

h.M.: Nach ganz überwiegender Auffassung ist die Geschäftsordnung mangels Außenwirkung keine Rechtsnorm. –> bedarf keiner Bekanntmachung. Rechtsnatur: “interne Verfahrensordnung eigener Art”. Stillschweigende Übernahme u. formlose Änderung möglich., h.M.: auch konkludente Abweichung im Einzelfall möglich.

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17
Q
  1. In welcher Form kann Rechtsschutz gegen eine Geschäftsordnung begehrt werden?
A

Str., während in der Lit. z.T. die Feststellungsklage nach § 43 VwGO als geeignete Rechtsschutzmöglichkeit angesehen wird, hält die Rspr. einen Normenkontrollantrag nach § 47 I Nr. 2 VwGO iVm Art. 5 AGVwGO für statthaft.

18
Q
  1. Welche “Arten von Bürgern” sind auf Gemeindeebene zu unterscheiden?
A

Hinsichtlich der Rechte und Pflichten des einzelnen Bürgers innerhalb der Gemeinde differenziert die GO zwischen Gemeindeangehörigen, Gemeindebürgern, Ehrenbürgern und Forensen.
Gemeindeangehörige: alle Gemeindeeinwohner (Art. 15 I 1 GO). Gemeindeeinwohner ist, wer in der Gemeinde eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lässt, dass er sie beibehalten und benutzen will. Eine Person kann Einwohner in mehreren Gemeinden sein. Bsp.: Besitzer von Wochenendwohnungen, nur mit Zweitwohnsitz gemeldete Studenten.
Gemeindebürger: Gemeindebürger sind die nach Art. 1, 2 GLKrWG aktiv wahlberechtigten Gemeindeangehörigen, Art. 15 II GO.
–> zusätzliche Rechte und Pflichten
Ehrenbürger: Art. 16 I GO, keine bes. Rechte und Pflichten
Forensen: = Außerhalb des Gemeindegebiets wohnende Personen, die im Gemeindegebiet Grundbesitz oder eine gewerbliche Niederlassung haben.

19
Q
  1. Welche Mitwirkungsformen bestehen für den Bürger auf Gemeindeebene?
A

Sie haben das Recht, den Gemeinderat und den 1. Bgm zu wählen (Art. 17 GO) und sind unter den Vss. des Art. 21 GLKrWG auch für diese Ämter wählbar.
- In Bürgerversammlungen mit beraten und abstimmen (Art. 18 III GO), …

20
Q
  1. Wie wirken sich Beschränkungen des passiven Wahlrechts aus?
A

Das passive Wahlrecht (Art. 14 II, 12 I BV) wird durch die Vorschrift des Art. 31 III GO beschränkt, vgl. Art. 137 I GG. Sie begründet kein Wählbarkeitshindernis (Ineligibilität), sondern nur ein Amtsantrittshindernis (Inkompatibilität).

21
Q
  1. Wer wird beim Ausscheiden eines Gemeinderatsmitglieds dessen Nachfolger? Rückt dieser automatisch in den Gemeinderat ein?
A

Scheidet ein Gemeinderatsmitglied vor Ablauf der Wahlzeit aus, so rückt der Listennachfolger nach (Art. 37, 48 GLKrWG), und zwar auch dann, wenn er inzwischen zu einer anderen Partei oder Wählergruppe übergetreten ist.
Der Listennachfolger rückt aber nicht “automatisch” nach, sondern erst, wenn er - nach Entscheidung (vgl. Art. 37 II GLKrWG) - die Wahl annimmt, Art. 47 GLKrWG.

22
Q
  1. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus der unbegründeten Ablehnung eines Ehrenamtes?
A

Rechtsfolge der unbegründeten Ablehnung eines Ehrenamtes ist nicht, dass der Betreffende Inhaber des Ehrenamtes wird. Vielmehr kann nur ein einmaliges Ordnungsgeld nach Art. 19 I 4 GO verhängt werden.

23
Q
  1. Welche Unterschiede bestehen zwischen der Ablehnung und der Niederlegung eines Ehrenamtes?
A

Auch für die Niederlegung eines Ehrenamtes bedarf es eines wichtigen Grundes, Art. 19 I 2 GO. Bei einer rechtswidrigen Niederlegung droht wiederum ein Ordnungsgeld, Art. 19 I 4 GO. Art. 19 GO findet allerdings keine Anwendung bei der Niederlegung des Amts als Gemeinderatsmitglied oder als Bürgermeister,, vgl. Art. 19 II GO iVm Art. 48 I 2 GLKrWG.

24
Q
  1. Welche Folgen hat eine Stimmenthaltung auf die Beschlusswirksamkeit?
A

Enthalten sich Gemeinderatsmitglieder der Stimme, so ist dies ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Beschlusses. Für die Anwesenheitsmehrheit nach Art. 47 II GO, also für die Beschlussfähigkeit, kommt es nämlich allein auf die körperliche Präsenz an.

25
Q
  1. Gilt das Vertretungsverbot des Art. 50 GO auch für die Mitglieder einer Anwaltssozietät?
A

Gehört ein Gemeinderatsmitglied einer Anwaltssozietät an, so erstreckt sich das Vertretungsverbot nicht auch auf die übrigen Mitglieder der Sozietät, jedenfalls wenn nur ihnen und nicht auch dem Gemeinderatsmitglied bzw. der gesamten Sozietät Vollmacht erteilt ist.

26
Q
  1. Gilt dieses Vertretungsverbot auch bei Ansprüchen gegen rechtlich selbstständige Organisationen mit 100 %-iger gemeindlicher Beteiligung bzw. bei Ansprüchen der Gemeinde gegen Dritte?
A

str.; Dafür spricht, dass auch in diesem Fall die Gefahr eines Interessenkonflikts besteht, wenn auch in abgeschwächter Form. Andererseits ist der Wortlaut des Art. 50 GO eindeutig und eine Analogie nicht unproblematisch. Denn da der Gesetzgeber den Fall in Art. 31 III Nr. 3 GO gesehen hat, bestehen Bedenken, Im Rahmen des Art. 50 GO eine Gesetzeslücke anzunehmen.

27
Q
  1. Stellen Sie den Streit um die Rechtsnatur der Fraktionen dar - wo wirkt er sich aus?
A

Es geht dabei v.a. um die Frage, ob die Fraktionen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind. Denn daran orientiert sich wiederum die Qualifizierung der “Innenrechtsbeziehungen”, d.h. der Beziehungen der Fraktionsmitglieder untereinander und zur Fraktion. Von dieser Qualifizierung hängt ab, ob für die Streitigkeiten im “Innenverhältnis” der Fraktion (z.B. über einen Fraktionsausschluss) der Zivil- oder der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
Unstr.: “Außenrechtsbeziehungen” öffentlich-rechtlich.
Öffentlich-rechtlicher Natur sind die Fraktionen nach Ansicht derer, die sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts, als Organ der Gemeinde oder als Teil, Gliederung oder Einrichtung des Gemeinderats qualifizieren. –> Rn. 331
BayVGH: nichtrechtsfähige bürgerl.-rechtl Vereine

28
Q
  1. Ist ein Fraktionszwang zulässig? Welche Auswirkungen hat er?
A

Ob eine Fraktion ihre Mitglieder verpflichten kann, im Gemeinderat entsprechend den Fraktionsbeschlüssen abzustimmen (Fraktionszwang), ist str.
Dem steht der Grundsatz des freien Mandats, der in seinem Kernbestand auch für Gemeinderatsmitglieder gilt, i.V.m. § 134 BGB entgegen. Jedenfalls entfaltet eine solche Verpflichtung keine “Außenwirkung”. Ein Verstoß gegen sie macht weder die Stimmabgabe im Gemeinderat unwirksam, noch führt er zum Verlust des Mandats, selbst wenn sich das Gemeinderatsmitglied fraktionsintern zur Mandatsniederlegung verpflichtet hat (Argument Art. 19 II GO).
Ob die Fraktion einen solchen Verstoß ahnden darf, ist im Hinblick auf Art. 51 II GO fraglich. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, Art. 51 II GO greife in diesem Fall nicht, weil das Mitglied innerhalb, nicht außerhalb des Gemeinderats zur Verantwortung gezogen werde.

29
Q
  1. Welche Vss. hat ein Fraktionsausschluss in formeller und materieller Hinsicht?
A

Für einen Fraktionsausschluss wird in materieller Hinsicht zumeist gefordert, dass ein wichtiger Grund vorliegt oder dass nicht gegen das Willkürverbot verstoßen wird, das unter dem Gesichtspunkt der offenbaren Unbilligkeit auch der privatrechtlichen Vereinsautonomie Schranken setzt. Ein Fraktionsausschluss wird insbesondere dann für zulässig gehalten, wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig und in einer Weise gestört ist, dass ein weiteres Zusammenarbeiten den übrigen Fraktionsmitgliedern nicht zugemutet werden kann.
Darüber hinaus ist aber auch anerkannt, dass in einer derart wichtigen Angelegenheit ein geordnetes Verfahren durchzuführen ist. Erforderlich sind:
- rechtzeitige vorherige Bekanntgabe des Tagesordnungspunktes “Fraktionsausschluss”
- Anhörung des Betroffenen,
- Beschluss der Fraktion mit (absoluter?) Mehrheit,
- Mitteilung der Ausschlussgründe.

30
Q
  1. Welche Arten von Ausschüssen kennen Sie? Wofür ist diese Unterscheidung von Bedeutung?
A
  • “Vorberatende Ausschüsse” zur vorbereitenden Beratung (Art. 32 I GO)
  • “Beschließende Ausschüsse” (= “Gemeindesenate”), zur beschlussmäßigen Erledigung an seiner Stelle (Art. 32 II 1, 30 II GO).
  • Es ist auch möglich, dass ein Ausschuss sowohl vorbereitende als auch beschließende Funktion hat.
    Aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit der Kompetenzabgrenzung muss aber schon im Zeitpunkt der Aufgabenzuweisung an den Ausschuss feststehen, in welchen Fällen er vorberatend tätig sein soll und in welchen beschließend.
31
Q
  1. Unter welchen Vss. ist die Teilnahme von Dritten (Nichtausschussmitgliedern) an Ausschusssitzungen zulässig?
A

Wenn im Einzelfall auf Beschluss des Ausschusses ein Ausschussfremder zur Beratung hinzugezogen, genauer gesagt angehört wird. Gegen eine solche “Zuziehung” bestehen keine Bedenken, weil dem Dritten kein subjektives Recht eingeräumt wird. Es handelt sich vielmehr um eine Frage des Geschäftsgangs.

32
Q
  1. Welche Auswirkungen hat eine Änderung im Stärkeverhältnis des Gemeinderats auf die Ausschussbesetzung?
A

Die Änderung in der Fraktionszusammensetzung ist ein wichtiger Grund i.S.d. Art. 19 II GO, der die Aberkennung des Teilnahmerechts im Ausschuss rechtfertigt.

33
Q
  1. Kann eine Fraktion die Abberufung von aus der Fraktion ausgeschiedenen Ausschussmitgliedern verlangen?
A

wohl h.M. (-); Arg.:

  • Art. 33 I 4 GO nicht analogiefähig
  • unzulässiger Fraktionszwang
  • kein dringendes Bedürfnis
34
Q
  1. Welche Fehlerfolgen hat ein ungültiger Gemeinderatsbeschluss?
A

Die Auswirkungen eines ungültigen Beschlusses sind unterschiedlich:

  • -> Satzungen und Verordnungen, die auf einem unwirksamen Beschluss beruhen, sind grundsätzlich nichtig,
  • -> VA sind formell rechtswidrig und anfechtbar (eine Heilung ist nach h.M. nach Art. 45 I Nr. 4, II BayVwVfG möglich),
  • -> Öffentlich-rechtliche Verträge und zivilrechtliches Handeln sind schwebend unwirksam (§ 177 BGB) bzw. unwirksam (§ 180 BGB), weil der Erste Bürgermeister beim Vollzug eines unwirksamen Beschlusses als Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt.
35
Q
  1. Nennen Sie die verschiedenen Ansichten zur Möglichkeit der Heilung von Ladungsmängeln - Ist eine Rüge des Ladungsmangels für seine Beachtlichkeit erforderlich?
A

Einigkeit besteht darüber, dass ein Ladungsmangel jedenfalls dann geheilt ist, wenn die von dem Ladungsfehler betroffenen Mitglieder erscheinen und sich rügelos auf die Beratung einlassen.
Strl ist, ob bzw. in welchen Fällen es tatsächlich darauf ankommt, dass der Ladungsmangel nicht moniert wird.
Zum Teil wird differenziert zwischen der Rüge des bloßen Formalverstoßes, die der Heilung nicht entgegenstehen soll, und solchen Rügen, bei denen die Beschränkung der Mitwirkungsmöglichkeit geltend gemacht wird. Solche Rügen seien beachtlich und hinderten eine Heilung.
Außerdem wird vertreten, dass ein Ladungsmangel auch dann geheilt sei, wenn das Nichterscheinen eines Mitglieds auf dem Ladungsmangel nicht beruhen konnte (weil es ohnehin verhindert war) und auch die Einflussmöglichkeit dieses Mitglieds nicht berührt wurde (z.B. weil es auf die Ladung zuvor verzichtete).

36
Q
  1. Nennen Sie die Vss. des Art. 47 III GO!
A

Art. 47 III GO greift nicht schon dann, wenn ein bereits behandelter TOP nochmals auf eine Tagesordnung gesetzt wird, sondern nur, wenn in der früheren Sitzung Beschlussunfähigkeit bestanden hat. Diese Beschlussunfähigkeit muss auf fehlender Anwesenheitsmehrheit (!) beruht haben. War der Gemeinderat dagegen allein wegen fehlender Stimmberechtigtenmehrheit beschlussunfähig, bleibt nur Art. 37 III GO oder Art. 114 I GO.

37
Q
  1. Welche Rechtsfolgen hat ein Verstoß gegen die Sitzungsöffentlichkeit?
A

Ein Verstoß gegen Art. 52 II GO ist nach e.A. auf die Wirksamkeit des Beschlusses ohne Einfluss. Nach a.A. ist die Einstufung des Art. 52 II GO als bloße Ordnungsvorschrift aber schlechterdings unangemessen. Dem Grundsatz der Öffentlichkeit komme grundlegende Bedeutung zu, weil die Wahlberechtigten nur so die unerlässliche Kontrolle über die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretung ausüben könnten. Das Öffentlichkeitsgebot gehöre zu den wesentlichen Verfahrensbestimmungen und tragenden Grundsätzen des Kommunalrechts. Es leite sich aus der durch Art. 30 GG verbürgten demokratischen Grundordnung her, an die die Länger und Gemeinden nach Art. 28 GG gebunden seien. Danach sind unter Verletzung des Art. 52 II GO gefasste Beschlüsse rechtswidrig und somit unwirksam.

38
Q
  1. Weshalb sind Tonbandaufnahmen von Gemeinderatssitzungen problematisch?
A

Es besteht ein Spannungsfeld zwischen Art. 2 I GG und Art. 5 I GG. Bei der Abwägung ist auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass Äußerungen des politischen Lebens grundsätzlich von geringerer Schutzwürdigkeit sind als solche der Intim- und Privatsphäre. Zudem ist es gerade Sinn und Zweck der Sitzungsöffentlichkeit, eine umfassende und exakte Information der Bürger zu gewährleisten.
Nach wohl h.M. genügt es zur Verwirklichung dieses Ziels aber, dem Zuhörer die Anfertigung schriftlicher Aufzeichnungen zu gestatten.

39
Q
  1. Nennen Sie die Vss. des Art. 49 GO!
A
  • “Mitglied” –> sämtliche Mitglieder
  • “Beschluss”
  • erfasster Personenkreis: Art. 49 GO greift nicht nur, wenn die Interessen des Mitglieds selbst im Raum stehen, sondern auch, wenn die Interessen anderer, dem Mitglied nahestehender Personen berührt sein könnten. (Ehegatte, Verwandte oder Verschwägerte bis zum dritten Grad)
    Erfasst sind auch natürliche oder juristische Personen (des öff. oder privaten Rechts), die das Gemeinderatsmitglied kraft Gesetzes oder kraft Vollmacht vertritt (sofern sich die Vollmacht auf die zur Beratung anstehende Angelegenheit bezieht).
  • Möglichkeit eines unmittelbaren Vor- oder Nachteils –> Dieser Begriff ist weit zu fassen. Es kann sich auch um Interessen wirtschaftlicher oder ideeller Natur handeln. Die Vermehrung von Einflussmöglichkeiten, Ansehen oder Ehre genügt. Es muss sich allerdings um einen persönlichen Vor- oder Nachteil handeln, nicht nur um einen amts- oder verwaltungsbezogenen. Die Möglichkeit reicht aus (“kann”). Schließlich können schon Erwartungen oder Befürchtungen die unbeeinflusste Sachlichkeit der Entscheidung des Mitglieds trüben.
  • “unmittelbar” –> adäquate, nicht direkte Kausalität
    Differenziere: Gruppeninteresse und individuelles Sonderinteresse (vgl. Art. 20 I 3 BayVwVfG)
40
Q
  1. Wie ist nach h.M. bzgl. Art. 49 I GO bei Maßnahmen der Bauleitplanung zu differenzieren?
A

Nach ganz h.M. besteht im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans die Möglichkeit eines Sondervorteils oder -nachteils für die Eigentümer planbetroffener Grundstücke sowie für Personen, die im Plangebiet einen Gewerbebetrieb ausüben, dessen abwägungserhebliche Belange betroffen sein könnten. Hier kann man nicht von gemeinsamen Interessen der Bevölkerungsgruppe “Grundeigentümer” sprechen, vielmehr hat jeder ein spezifisches Interesse an der auf seine Wünsche zugeschnittenen Nutzung seines Grundstücks. Schließlich kann der Bebauungsplan auch grundstücksspezifische Sonderregelungen enthalten. Der Ausschluss gilt nicht für den endgültigen Satzungsbeschluss, sondern auch für alle vorbereitenden Beschlüsse (str. beim Aufstellungsbeschluss nach § 2 I BauGB).
Architekten oder Grundstücksmakler profitieren durch den Erlass des Bebauungsplans dagegen nur als Angehörige einer Berufsgruppe, unterfallen also nicht Art. 49 GO.

41
Q
  1. Worauf ist im rahmen des Art. 49 III GO bei der Frage der Mitwirkung abzustellen?
A

Nach Ansicht der Rspr. und wohl überwiegend auch der Lit. kommt es dabei nur auf die Mitwirkung bei der Abstimmung an, nicht auf die Teilnahme an der Beratung. Denn nur die Auswirkungen der Stimmabgabe lassen sich objektiv (zahlenmäßig) feststellen, während die etwaigen Auswirkungen der unzulässigen Beratungsteilnahme nicht eindeutig zu ermitteln sind. Ein Abstellen auf die Entscheidungserheblichkeit der Mitberatung würde zu unerträglicher Rechtsunsicherheit führen.
a.A.: jegliche Mitwirkung; Arg.: Wortlaut.:
Diese Auffassung halten manche für mit dem Wortlaut des Art. 49 GO nicht vereinbar. Das Wort “Mitwirkung” in Art. 49 III und IV GO könne nach dem Sinnzusammenhang nichts anderes meinen als die Teilnahme “an der Beratung und Abstimmung” i.S.v. Art. 49 I 1 GO. Die Meinungen gehen dann aber darüber auseinander, wie zu entscheiden ist, wenn Zweifel über die Entscheidungserheblichkeit der verbotenen Mitberatung bestehen. Während die einen dann im Interesse einer sauberen Gemeindeverwaltung die Unwirksamkeit des Beschlusses annehmen, halten die anderen Art. 49 IV GO für eine Vermutungsregel dahingehend, dass die Ungültigkeit nur dann eintritt, wenn die verbotswidrige Mitwirkung insgesamt mit Sicherheit (Abstimmungsverhalten) oder sich aufdrängender Wahrscheinlichkeit (Mitberatung) entscheidend war.

42
Q
  1. Gilt Art. 49 IV GO bei einem rechtswidrigen Ausschluss aus dem Gemeinderat analog?
A

Fraglich ist, welche Auswirkung der rechtswidrige Ausschluss auf den anschließend in der Sache selbst gefassten Beschluss hat. Man könnte in analoger Anwendung des Art. 49 IV GO (der nur den Fall der rechtswidrigen Teilnahme, nicht aber auch den Fall des rechtswidrigen Ausschlusses regelt) annehmen, dass dieser Beschluss nur dann unwirksam ist, wenn sich die Nichtmitwirkung des zu Unrecht Ausgeschlossenen auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat.
Die ganz h.M. lehnt die Analogie zu Art. 49 IV GO aber ab. Bedenken ergeben sich schon daraus, dass Art. 49 IV GO eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift ist. Abgesehen davon handelt es sich aber auch nicht um vergleichbare Sachverhalte: Während es im Fall des Art. 49 IV GO in erster Linie um die Rechtssicherheit und den Rechtsschutz Dritter geht, steht in dem umgekehrten fall das Mitgliedsschaftsrecht des zu Unrecht ausgeschlossenen Gemeinderatsmitglieds im Vordergrund.
Die rechtswidrige Vorenthaltung der Mandatsausübung macht den Gemeinderat ebenso beschlussunfähig wie ein Ladungsfehler nach Art. 47 II GO. Denn es ist nicht einzusehen, weshalb ein zu Unrecht ausgeschlossenes Mitglied schlechter stehen solle als ein nichtgeladenes. Das zu Unrecht ausgeschlossene Mitglied wird in beiden Fällen in seinem Teilnahmerecht aus Art. 48 I GO verletzt.
Die analoge Anwendung des Art. 49 IV GO wäre auch rechtspolitisch bedenklich, weil ein unliebsames Gemeinderatsmitglied u.U. sanktionslos ausgeschlossen werden könnte. Der Gemeindebürger hätte nicht mehr die Gewähr, dass die von ihm gewählten Mitglieder des Gemeinderats wirklich frei und unbeeinflusst agieren könnten. Der ungerechtfertigte Ausschluss eines Gemeinderatsmitglieds hat also stets die Unwirksamkeit des in der Sache gefassten Beschlusses zur Folge.