Klinische Psychologie I Flashcards
Was ist Pathopsychologie?
Hugo Münsterberg zuzuschreiben, der 1912 den Begriff der Pathopsychologie dem der Psychopathologie gegenüberstellte. Während die ursprüngliche Psychopathologie eher medizinisch begründet war, bezog sich die Pathopsychologie nun explizit auf den psychologischen Bereich.
Definiere klinische Psychologie
Klinische Psychologie: Teildisziplin der Psychologie, die sich in Forschung und Praxis mit psychischen Störungen und den psychischen Aspekten somatischer Störungen und Krankheiten befasst. Im Speziellen beschäftigt sich die Klinische Psychologie mit der Deskription (Symptomatologie), Klassifikation, Diagnostik, Verbreitung, Verlauf, Ätiologie- und Bedingungsanalyse, Gesundheitsförderung, primären und sekundären Prävention, Therapie und Rehabilitation bei psychisch (mit-)bedingten Gesundheitsproblemen.
Definiere psychische Störung
Gruppe (Syndrom) interkorrelierter, klinisch relevanter Verhaltens- oder Erlebensweisen (Symptome), welche mit außergewöhnlichem Leid und/ oder Funktionsbeeinträchtigungen einhergehen.
In diesem Sinne wird im DSM-IV eine psychische Störung als ein klinisch bedeutsames Verhaltens- oder psychisches Syndrom aufgefasst, das »mit momentanem Leiden (z. B. einem schmerzhaften Symptom) oder einer Beeinträchtigung (z. B. Einschränkung in einem oder in mehreren wichtigen Funktionsbereichen) oder mit einem stark erhöhten Risiko einhergeht, zu sterben, Schmerz, Beeinträchtigung oder einen tiefgreifenden Verlust an Freiheit zu erleiden. Zusätzlich darf dieses Syndrom oder Muster nicht nur eine verständliche und kulturell sanktionierte Reaktion auf ein bestimmtes Ereignis sein, wie z. B. den Tod eines geliebten Menschen.
Unabhängig von dem ursprünglichen Auslöser muss gegenwärtig eine verhaltensmäßige, psychische oder biologische Funktionsstörung bei der Person zu beobachten sein. Weder normabweichendes Verhalten (z. B. politischer, religiöser oder sexueller Art) noch Konflikte des Einzelnen mit der Gesellschaft sind psychische Störungen, solange die Abweichung oder der Konflikt kein Symptom einer oben beschriebenen Funktionsstörung bei der betroffenen Person darstellt«
Was ist als krank zu definieren?
Zu den relevanten Kriterien zählen:
- Abweichung von der statistischen Normen, d. h. die »Seltenheit« des Verhaltens oder Erlebens
- Abweichung von sozialen Normen, d. h. von gesellschaftlichen (und dem Zeitgeist unterliegenden) Erwartungen, wie sich eine gesunde Person zu fühlen bzw. zu verhalten hat
- das Leiden der Betroffenen
- das Ausmaß an Funktionsbeeinträchtigung
Diese Kriterien ermöglichen allerdings keine eindeutige Einordnung eines bestimmten Erlebens und Verhaltens als gesund oder krank (seltene Verhaltensweisen sind nicht unbedingt krankhaft und weit praktizierte Verhaltensweisen nicht zwingend gesund etc.). Stattdessen definieren sie einen Bezugsrahmen für die Einordnung einer Verhaltens- oder Erlebensweise als mehr oder weniger »pathologisch«. Das heißt aber auch, dass die aktuell gültigen Zuschreibungsregeln immer als soziale Konstrukte zu sehen sind, die vom Zeitgeist, der sozialen Verteilung der »Definitionsmacht« etc. abhängen.
Was sind relevante Teilgebiete der klinischen Psychologie?
- die Gesundheitspsychologie, welche eher auf die Arbeit mit (noch) gesunden Personen (in Risikogruppen) fokussiert,
- die Verhaltensmedizin, die sich mit psychischen Aspekten bei somatischen Erkrankungen beschäftigt,
- die Neuropsychologie, welche psychologische Methoden zur Behandlung neurologischer Erkrankungen/Verletzungen einsetzt,
- die Epidemiologie, welche sich mit der Verbreitung (und dem Verlauf ) psychischer Störungen auseinandersetzt,
- die Versorgungsforschung, die die Verfügbarkeit psychologischer Interventionsangebote analysiert und
- die Psychotherapie (altgriech.: psycho = Seele, therapía = heilen), welche psychische Erkrankungen mit psychologischen Methoden zu heilen oder zu lindern sucht.
Worum geht es in der epidemiologischen Forschung?
In der epidemiologischen Forschung werden Daten über die Häufigkeit bestimmter psychischer Störungen sowie mögliche Korrelate erhoben.
Dabei werden, im Gegensatz zur Fallstudie, große Stichproben untersucht, um möglichst generalisierbare Ergebnisse zu erhalten.
Ziel der epidemiologischen Forschung ist es, Kenntnisse über die Prävalenz, die Inzidenz, das Lebenszeitrisiko sowie die Risikofaktoren einer Störungsentwicklung zu erhalten.
Diese Informationen sind beispielsweise für Präventionsmaßnahmen oder im Rahmen explorativer Studien sinnvoll.
So können durch Kenntnis der Risikofaktoren mögliche Ursachen identifiziert werden.
Was bedeutet Prävalenz?
Anteil der Personen in einer definierten Population, die das interessierende Symptommuster aufweist.
Oftmals werden zusätzlich Zeitangaben gemacht:
- Punktprävalenz: Entspricht der Prävalenz an einem definierten Stichtag
- 12-Monats-Prävalenz: Anteil der betroffenen Personen innerhalb eines Jahres
- Lebenszeitprävalenz: Entspricht der Wahrscheinlichkeit, irgendwann im Leben am entsprechenden Symptommuster zu leiden
Was bedeutet Inzidenz?
Anzahl der Neuerkrankungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums
Was bedeutet Komorbidität?
gleichzeitige Diagnose mehrerer Erkrankungen innerhalb eines definierten Zeitraums
Wie ist Psychotherapie zu definieren?
Komorbidität: gleichzeitige Diagnose mehrerer Erkrankungen innerhalb eines definierten Zeitraums
Psychotherapie bezeichnet den gezielten Einsatz psychologischer Verfahren zur Reduktion oder Bewältigung von leidhaften und/ oder beeinträchtigenden Erlebens- und Verhaltensmustern.
Psychotherapie ist ein bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, die in einem Konsensus (möglichst zwischen Patient, Therapeut und Bezugsgruppe) für behandlungsbedürftig gehalten werden, mit psychologischen Mitteln (durch Kommunikation) meist verbal aber auch averbal, in Richtung auf ein definiertes, nach Möglichkeit gemeinsam erarbeitetes Ziel (Symptomminimalisierung und/oder Strukturänderung der Persönlichkeit) mittels lehrbarer Techniken auf der Basis einer Theorie des normalen und pathologischen Verhaltens.
Grenze Psychartrie und medizinische Psychosomatik von einander ab
Abzugrenzen ist die Klinische Psychologie von der Psychiatrie und der medizinischen Psychosomatik.
Bei letzteren handelt es sich um Teilgebiete der Medizin.
Zum Erwerb der entsprechenden Facharzt- bzw. Zusatzbezeichnungen (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Nervenarzt etc.) ist ein Medizinstudium erforderlich, wohingegen für die Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten der Abschluss eines Psychologiestudiums Voraussetzung ist.
Im Gegensatz zu Ärzten dürfen Psychologische Psychotherapeuten keine Medikamente verschreiben und sind auf den Einsatz psychologischer Behandlungsmethoden spezialisiert.
Was sind Fallstudien?
Im Rahmen von Fallstudien werden einzelne Fälle psychischer Erkrankungen untersucht und beschrieben. Fallstudien können die Entwicklung von Theorien inspirieren. Inwieweit diese auf andere Patienten generalisierbar sind, muss jedoch anschließend geprüft werden.
Was ist Introspektion?
Bei der Introspektion wird die persönliche, innere Erfahrung des Wissenschaftlers als Grundlage für die Modellbildung genutzt.
Was sind Querschnittstudien?
Querschnittstudien liefern korrelative Informationen mit begrenzter Aussagekraft bzgl. kausaler Zusammenhänge.
Was sind Längsschnittstudien?
Längsschnittstudien helfen zu klären, inwieweit Variationen in der vermuteten Ursache Variationen in der potenziellen Wirkung auch zeitlich vorausgehen. Damit ergeben sich deutlich stärkere Hinweise auf kausale Zusammenhänge.
Was sind Moderator- und Mediationsanalysen?
Moderator- und Mediationsanlysen helfen u. a. bei der Identifikation von Prädiktoren für den Therapieerfolg und von Mechanismen, die für die Effekte einer psychotherapeutischen Intervention verantwortlich sind.
Was geschieht bei Experimenten?
In Experimenten wird die UV systematisch variiert. In dem Maße, in dem trotz Konstanthaltung möglicher Störfaktoren eine Kovariation der UV mit der AV beobachtet werden kann, stärken die Befunde die Annahme eines kausalen Einflusses der UV auf die AV.
Was sund Rendomisierte kontrollierte Studien?
(Randomized Controlled Trials, RCTs)
Hierbei handelt es sich um einen Spezialfall des Experiments: Die Wirkung einer Interventionsmaßnahme wird durch den Vergleich mit einer Kontrollgruppe evaluiert.
Dabei werden die Probanden den Bedingungen jeweils zufällig zugeordnet.
Als Kontrollgruppen werden Wartekontrollgruppen, Treatment-as-usual-Gruppen und aktive Alternativ-Treatment-Bedingungen eingesetzt, je nachdem, ob die Studie einen generellen Effektivitätsnachweis, den Vergleich mit üblicherweise eingesetzten Treatments oder einen Vergleich mit einer für wichtig erachteten Referenzbehandlung (z. B. dem aktuellen »Goldstandard« in diesem Bereich) anstrebt.
Von einer Wartekontrollgruppe spricht man, wenn auch die Patienten in der unbehandelten Vergleichsgruppe (aus ethischen Gründen) nach Abschluss der Vergleichsperiode das untersuchte Treatment absolvieren können.
Was ist das Komorbiditätsprinzip?
Komorbidität beschreibt das Vorliegen verschiedener Erkrankungen bei einer Person. Nach dem Komorbiditätsprinzip sollen bei einem Patienten so viele Diagnosen gestellt werden, wie für die Gesamtbeschreibung der klinischen Problematik notwendig sind.
Was ist unter Klassifikation zu verstehen?
Mit dem Begriff »Klassifikation« bezeichnet man im Allgemeinen die Einordnung von Phänomenen, die bestimmte gemeinsame Merkmale haben, in ein nach Klassen gegliedertes System. Im Rahmen des »diagnostischen Prozesses« werden bestimmte Merkmale oder Personen in diagnostische Klassen bzw. in Kategorien eines Klassifikationssystems eingeordnet
Wie erfolgt die Diagnosestellung?
Der diagnostische Prozess erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst werden Symptome exploriert, die zu einem Syndrom zusammengefasst werden können. Erst die Prüfung weiterer Kriterien führt schließlich zu einer Diagnose.
Die Diagnosestellung selbst kann, ähnlich wie andere psychodiagnostische Prozesse, auf ihre Gütekriterien hin überprüft werden.
Auch hier ist möglichst hohe Reliabilität und Validität zu fordern. Besondere Bedeutung für die Güte einer Diagnosestellung hat die Interrater-Reliabilität, also die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit zwei Diagnostiker bei einem Patienten zur selben Diagnose kommen.
Hierfür wird üblicher- weise der statistische Kennwert »Cohen Kappa« berechnet.
Was ist eine operationalisierte und kriteriumsorientierte Diagnostik?
Moderne Klassifikationssysteme zeichnen sich durch eine operationalisierte und kriteriumsorientierte Diagnostik aus. Kriteriumsorientierte Diagnostik bezeichnet die Berücksichtigung klarer Kriterien bei der Diagnosestellung, die möglichst exakt exploriert oder beobachtet werden können (Beispiel: »Vorliegen einer depressiven Verstimmung die meiste Zeit über mindestens 14 Tage« als ein Kriterium zur Diagnose einer depressiven Episode). Operationalisierte Diagnostik bezeichnet die explizite Vorgabe von Ein- und Ausschlusskriterien und von diagnostischen Entscheidungs- und Verknüpfungsregeln.
So kann definiert werden, dass für eine bestimmte Diagnose mindestens vier von zwölf Kriterien vorliegen müssen (vgl. Panikattacken).
Wann ist jemand psychisch krank?
Die Abgrenzung zwischen psychischer »Krankheit« und »normalem Zustand« ist wegen zeitlicher, qualitativer und dimensionaler Aspekte schwierig
Zur Definition, was »normal« ist, unterscheidet man zwischen Idealnorm, statistischer Norm, sozialer Norm, subjektiver Norm und funktionaler Norm
Definiere die Idealnorm zur Definition einer psychischen Krankheit
Idealnorm: Diese definiert »normal« als einen Zustand einer vordefinierten Vollkommenheit. Bestes Beispiel hierfür ist eine frühere (nicht mehr aktuelle!) Definition von Gesundheit der WHO, die Gesundheit als Zustand vollständigen körperlichen, seelischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens umschrieb. Diese Definition aus den 50er-Jahren hat einen gravierenden Nachteil: Die meisten Menschen leben die meiste Zeit ihres Lebens nicht in diesem paradiesischen Zustand, so dass nach einem solchen Normalitätsbegriff kaum jemand gesund wäre.
Definiere die Statistische Norm zur Definition einer psychischen Krankheit
Statistische Norm:
Hierbei wird als Normalität definiert, wenn sich Menschen in einem bestimmten Bereich um den Mittelwert eines Merkmals befinden.
So könnte man definieren, dass jemand normal groß ist, wenn er im Bereich der durchschnittlichen Größe seiner Alters- und Geschlechtsgruppe plus/minus eine Standardabweichung liegt. Die statistische Norm spielt z. B. eine Rolle bei der Definition von Unter- und Übergewicht, bei der Definition von Bluthochdruck und bei vielen anderen Merkmalen der Medizin.
In diesen Fällen ist oftmals bekannt, dass das zugrundeliegende Merkmal in seinem Extrembereich Krankheit bedeutet oder ein Hinweis dafür sein kann. Allerdings ist nicht bekannt, ab welchem Grenzwert man den Trennungsstrich ziehen sollte zwischen Gesundheit und Krankheit.
Definiere die Soziale Norm zur Definition einer psychischen Krankheit
Soziale Norm:
Manche Verhaltens- und Erlebensweisen sind durch die Werte einer Gesellschaft definiert.
Manches ist in bestimmten Kulturen normal, vor anderem kulturellen Hintergrund jedoch nicht. So gilt es in Deutschland als nicht normal, nackt auf dem Markt einkaufen zu gehen, während ein solches Verhalten in anderen Kulturen völlig unauffällig wäre.
In diesem Sinne ist beispielsweise normales versus nicht-normales Sexualverhalten sehr stark durch gesellschaftliche Normen definiert.
Klassifikationssysteme wie ICD-10 versuchen, soziale Normsetzungen möglichst wenig zu berücksichtigen, um in verschiedenen Kulturen Gültigkeit zu haben.
Definiere die Subjektive Norm zur Definition einer psychischen Krankheit
Subjektive Norm:
Hierbei legt das Individuum selbst fest, was es als normal empfindet
. Dies ist wichtig, um zu verstehen, wann eine einzelne Person glücklich oder unglücklich ist: Es hängt oftmals von ausgesprochen individuellen Ansprüchen ab.
Allerdings sind individuelle Normen für Gesundheitssysteme nicht sinnvoll einsetzbar, da eine Gesellschaft individuumsübergreifende Definitionen präferiert.
Definiere die Funktionale Norm zur Definition einer psychischen Krankheit
Funktionale Norm: Hierbei spielt eine Rolle, ob jemand die ihm zugetragenen Funktionen erfüllen kann. Jemand wird demnach als krank definiert, wenn er z. B. nicht mehr arbeiten, soziale Beziehungen eingehen oder genießen kann. Die gängigen Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV orientieren sich in weiten Bereichen an diesem Konzept der funktionalen Norm zur Definition, was gesund und was krank ist.
Bei der Mehrzahl der Diagnosen für psychische Störungen steht ein funktionaler Normbegriff im Vordergrund
Definiere Kategoriale vs. dimensionale Diagnostik
In der kategorialen Diagnostik wer-den Diagnosen vergeben, als wären es klar zu trennende Zustände: »gesund« oder »krank«. Die dimensionale Diagnostik berücksichtigt, dass ein kontinuierlicher Übergang zwischen den Polen »gesund« und »krank« existiert.
Beschreibe das amerikanische Klassifikationssystem DSM-IV
in verschiedenen Bereichen stärker auf Forschungsergebnisse aufbaut als die international eingesetzte ICD-10
multiaxiale Diagnostik, so dass diagnostische Einschätzungen auf verschiedenen Ebenen vornehmbar sind:
- Achse 1: Diagnostik der klinischen Störungen
- Achse 2: Diagnostik von geistiger Behinderung und Persönlichkeitsstörungen
- Achse 3: Diagnostik der medizinischen Krankheitsfaktoren
- Achse 4: Diagnostik der psychosozialen Probleme (z. B. im sozialen Umfeld, Ausbildung, Beruf, Wohnung, Rechtssystem)
- Achse 5: Diagnostik des globalen Funktionsniveaus (hier wird in aller Regel die Skala Global Assessment of Functioning (GAF) zur Hilfe genommen, die in einem Bereich von 1 bis 100 anzeigt, wie stark jemand durch die Erkrankung in seinen psychosozialen Funktionen beeinträchtigt ist; höhere Werte entsprechen einer besseren Funktionsfähigkeit)
enthält einen multiaxialen Katalog mit Diagnosen, für die neben den Kriterien auch Hintergrundinformationen beschrieben werden.
Beschreibe das internationale Klassifikationssystem ICD-10
Im Gegensatz zum DSM steht hierbei weniger die wissenschaftliche Fundierung im Vordergrund als vielmehr die Kompromissfindung und Anpassung an die verschiedenen Kulturen dieser Erde
ICD- 10 deckt alle Krankheiten ab, nicht nur die psychischen Erkrankungen
Eine Wissenschaftler-Version mit genau ausformulierten einzelnen Kriterien sowie eine Praktiker-Version, die eher einfach umschreibende Definitionen der verschiedenen Krankheitsbilder enthält.
Warum ist eine Diagnose so wichig?
Durch die Diagnostik soll auch das Grundverständnis für die vorliegende Erkrankung und die beeinflussenden Bedingungen gewonnen werden, und es sollte nach Möglichkeit auch eine Therapieplanung darauf aufbauen. Zum Verständnis der Entstehungsgeschichte und Chronifizierung von psychischen Erkrankungen ist die Unterscheidung folgender Faktoren essenziell:
prädisponierende Faktoren auslösende Faktoren aufrechterhaltende Faktoren
Was können prädispositionierende Faktoren sein?
Prädisponierende Faktoren können sowohl biologischer Art (z. B. genetische Risikokonstellationen, angeborene psychophysiologische Hyperreagibilität) als auch psychologischer Art sein (traumatisierende Lebenserfahrungen in der frühen Kindheit, fehlender Aufbau eines sicheren Bindungsstils in Kindheit und Jugend, fehlende Vorbilder für Problembewältigung).
Durch solche prädisponierende Risikobedingungen allein kommt es in aller Regel noch nicht zu einer psychischen Erkrankung.
Hierzu müssen oftmals zusätzliche auslösende Ereignisse auftreten (akute Lebensbelastung, Tod eines Angehörigen, Mobbing durch Kollegen).
Betrachtet man die Tatsache, dass die meisten Patienten in psychologischer Behandlung zuvor schon mehrere Jahre an einer psychischen Erkrankung leiden, so ist ebenfalls naheliegend, dass zusätzliche aufrechterhaltende Bedingungen zu berücksichtigen sind.
Entwickelt die Person z.B. Schon- und Vermeidungsverhalten oder wirkt die Umwelt verstärkend auf Symptomäußerungen, so können dies Faktoren zur Verfestigung der Symptomatik darstellen.
Warum ist die gleichzeitige Berücksichtigung prädisponierender, auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen wichtig?
Die gleichzeitige Berücksichtigung prädisponierender, auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen sollte zu einer individuellen Abwägung führen, auf welchen der genannten Aspekte in der Therapie besonders eingegangen werden sollte.
So kann es sein, dass gerade bei langjähriger Chronifizierung die auslösenden Bedingungen vollständig an Relevanz verloren haben, dafür jedoch die aufrechterhaltenden Bedingungen von zentraler Bedeutung für die Therapieplanung sind. Ist die Erkrankung relativ kurzfristig aufgetreten, so werden vor allem auslösende Faktoren zu berücksichtigen sein.
Hinsichtlich prädisponierender Faktoren ist zu prüfen, ob sie zu einer weiteren Aufrechterhaltung der Erkrankung beitragen (z.B. vorhandene Selbstvorwürfe bzgl. Kindheitsproblemen) und ob eine Veränderbarkeit dieser prädisponierenden Faktoren besteht.
Was ist das SORCK-Modell?
Im SORCK-Modell werden die aktuell ablaufenden problematischen Verhaltensweisen nach folgenden Prozessaspekten analysiert:
S = situative Merkmale (z.B. externe Merkmale der Problemsituationen oder interne Zustände, die Problemsituationen auslösen)
O = Organismusvariablen (biologische Dispositionen, Aufmerksamkeitsprozesse, Bewertung von Situationsmerkmalen)
R = Reaktionskomponenten (hierbei vor allem Unterscheidung in motorische, kognitive, emotionale und physiologische Reaktionskomponenten berücksichtigen)
Auf diese Reaktionen erfolgen Konsequenzen C, die in irgendeiner Form verstärkend sein können (z.B. direkte Zuwendung auf Schmerzverhalten bei Patienten mit chronischem Schmerzsyndrom; negative Verstärkung durch Kontrollverhaltensweisen bei Patienten mit Zwangsstörungen).
Art und zeitliche Verhältnisse dieser oftmals verstärkenden Konsequenzen werden abschließend in den sog. Kontingenzverhältnissen K festgelegt (z. B. prompte positive Verstärkung, intermittierende Verstärkung, langfristige Einflüsse; kurzfristig negative Verstärkung bei langfristiger Problemchronifizierung).
Das SORCK-Modell stellt ein einfaches Modell zur Analyse problematischer Verhaltens- und Erlebensweisen dar.
Was ist eine Mikroanalyse?
Die genaue Analyse von problematischen Situationen, die als relevant für die psychische Störung eingeschätzt werden, wird auch als Mikroanalyse bezeichnet.
Was ist eine Makroanalyse?
Diese wird unterschieden von der Makroanalyse, welche nicht einzelne spezifische Situationen näher analysiert, sondern eher übergeordnete Regelmäßigkeiten
Was sind genetische Prädispositionen?
genetische Einflüsse bei einer Reihe von Störungen zwar als wichtige, aber nicht als allein verantwortliche Faktoren zu sehen sind. Gen-Analysen legen darüber hinaus nahe, dass psychische Störungen wie beispielsweise Depressionen nicht auf einzelne Gene zurückgeführt werden können. Statt- dessen ist es wahrscheinlicher, dass eine Reihe von Genen, vermutlich in Interaktion mit spezifischen Umwelterfahrungen, Veränderungen in gesundheitsrelevanten Systemen (wie z. B. der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) bewirken, welche dann – wiederum unter bestimmten Umständen – zur Entstehung einer psychischen Störung beitragen können.
Was sind Prä- und Pernitale Schädigungen?
beispielsweise Unterversorgung mit Blutzucker (Hypoglykämie) durch Stoffwechselerkrankungen der Mutter, toxische Effekte von schädlichen Substanzen (z. B. Alkohol, Nikotin), die die Mutter während der Schwangerschaft konsumierte, Hirntumore, Frühgeburt oder Schädel-Hirn-Traumata durch äußere Einwirkungen
Je nach Art und Schwere der Schädigung können diese ganz unterschiedliche Auswirkungen haben.
Dazu zählen Demenzen oder zerebral bedingte Lähmungen, Störungen der basalen kognitiven Funktionen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Impulskontrolle sowie intellektuelle und sprachliche Beeinträchtigungen.
Diese Funktionsbeeinträchtigungen zählen zum einen zu den Kriterien bestimmter psychischer Störungen (z. B. ADHS), zum anderen können sie spezifische Belastungen herbeiführen (z.B. Arbeitslosigkeit, geringer sozialer Status) und/oder das Bewältigungsrepertoire für den Umgang mit Belastungssituationen reduzieren und auf diesem Weg einen bedeutsamen (unspezifischen) Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Störungen darstellen.
Wie zeigt sich das Geschlecht als Risikofaktor?
Bei Kindern und alten Menschen gilt allgemein das männliche Geschlecht als Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Störungen, in den anderen Altersgruppen dagegen das weibliche Geschlecht. Die diesbezüglichen Zusammenhänge unterscheiden sich jedoch zwischen den einzelnen Störungen
Wie zeigt sich das Alter als Risikofaktor?
Erstmanifestationen psychischer Störungen sind v.a. im mittleren Erwachsenenalter zu verzeichnen. Einige Störungen weisen eine zweigipflige Verteilung auf.
So findet sich beispielsweise bei bipolaren affektiven Störungen zu Beginn der zweiten Lebenshälfte noch einmal ein Anstieg der Erstmanifestationsrate.
Störungen wie beispielsweise Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder Opiatabhängigkeit scheinen sich hingegen langfristig eher »auszuwachsen«, wobei diesbezügliche Befunde kritisch reflektiert und Selektionseffekte berücksichtigt werden müssen.
Wie zeigt sich Temperament/Persönlochkeit als Risikofaktor?
hoher Neurotizismus bzw. hohe Trait-Ängstlichkeit, Introversion, Sensation-/Novelty- Seeking (speziell für Substanzmissbrauch) und ein geringes Selbstwertgefühl als Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen gesehen werden können
Als weiterer Risikofaktor gilt die Tendenz, aversive innere Erfahrungen zu vermeiden, selbst wenn dadurch langfristig Nachteile entstehen (»experiential avoidance« )
Wie zeigen sich Komorbidität und vorangegangene Störungen als Risikofaktor?
Eine Störung kommt selten allein.
Ein typisches Muster besteht beispielsweise darin, dass eine Angststörung zu ausgeprägtem Vermeidungsverhalten führt, welches einen massiven Verstärkerverlust mit sich bringt und so eine depressive Entwicklung einleitet. Darüber hinaus ist denkbar, dass eine depressive Entwicklung die Zuversicht bezüglich der eigenen Bewältigungskompetenzen in Angst auslösenden Situationen so reduziert, dass diese Situationen immer mehr vermieden werden und sich letztlich eine Angststörung entwickelt.
Wie zeigt sich Kultur als Risikofaktor?
Psychische Störungen finden sich in allen Kulturen.
Unterschiede in Bezug auf die Prävalenzraten einzelner Störungen in unterschiedlichen Kulturen sind allerdings mit Vorsicht zu interpretieren, da diese auch durch Unterschiede in den Erhebungsmethoden bedingt sein können.
Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, dass kulturelle Unterschiede in Bezug auf Normen, Umgangsweisen, Denk- und Verhaltensgewohnheiten, Bildungssysteme, Familienstrukturen, psychosoziale Versorgungssysteme etc. bei der Entstehung einer psychischen Störung eine wichtige Rolle spielen können und im Einzelfall berücksichtigt werden müssen.
Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang Immigranten, für die ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko und eine schlechtere psychotherapeutische Versorgung belegt ist.
Wie zeigt sich der Sozioökonomische Status als Risikofaktor?
Ein geringer sozioökonomischer Status gilt als wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung psychischer Störungen.
Der sozioökonomische Status setzt sich zusammen aus sozialem (u. a. höchster Schulabschluss), ökonomischem (u. a. Einkommen) und beruflichem (u. a. Ausbildung und aktuelle Beschäftigung) Status.
Zur Erklärung dieses Befundes sind drei Annahmen vorgeschlagen worden:
Stress-and-Strain-Hypothese: Ein niedriger Status ist mit einer Vielzahl von Be- lastungen verbunden, welche psychisch krank machen.
Social-Drift-Hypothese: Eine psychische Erkrankung führt zu einem sozialen Abrutschen der Betroffenen und damit zu einem niedrigeren sozioökonomischem Status.
Transaktionsmodell: Dieses Modell kombiniert die beiden anderen Modelle. Ein niedriger Status führt danach über statusspezifische Belastungen und eine schlechtere Versorgung mit effektiven Präventions- und Behandlungsverfahren zu psychischen Störungen. In der Folge kommt es zu einem Statusverlust, der mit weiteren Belastungen und einer Zunahme des Erkrankungsrisikos assoziiert ist. Damit entsteht letztlich ein Teufelskreis aus niedrigem Status, erhöhten Belastungen, schlechterer Gesundheitsversorgung und psychopathologischen Symptomen, welcher (ggf. über mehrere Generationen) letztlich zum beobachteten Zusammenhang von Status und Störungsprävalenz führt.
Was besagt die Stress-and-Strain-Hyppothese?
Ein niedriger Status ist mit einer Vielzahl von Be- lastungen verbunden, welche psychisch krank machen.
Was besagt die Sozial-Drift-Hyppothese?
Eine psychische Erkrankung führt zu einem sozialen Abrutschen der Betroffenen und damit zu einem niedrigeren sozioökonomischem Status.
Wie zeigt sich Elterliches Erziehungs- und Bindungsverhalten als Risikofaktor?
Negative Bindungserfahrungen gelten als Risikofaktor, stabile Beziehungen als Schutzfaktor.
Wie zeigt sich der Einfluss von Gleichaltrigen als Risikofaktor?
Gleichaltrige üben oft einen nachhaltigen Einfluss auf gesundheitsrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen aus.
Wie können kritische Lebensereignisse als Auslöser fungieren?
Mithilfe des Life-Event-Ansatzes lässt sich ermitteln, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, eine psychische Störung zu entwickeln.
Oft werden psychische Störungen von belastenden Ereignissen ausgelöst bzw. von Ereignissen, die eine bedeutsame Anpassungsleistung verlangen.
Holmes und Rahe schlugen vor, dass sich die Wahrscheinlichkeit, eine psychische Störung zu entwickeln, aus der jeweils um die Belastung gewichtete Summe kritischer Lebensereignisse berechnen lässt
Ansatz allein nicht ausreicht, um psychische Störungen zu erklären
Wie können Daily Hassels als Auslöser fungieren?
oft gar nicht so sehr die großen singulären Ereignisse sind, die die psychische Gesundheit gefährden, sondern eine Kumulation von kleinen Ärgernissen im Alltag (»daily hassles«), wie z. B. Streit mit Nachbarn, Stau, Auto springt nicht an oder Langeweile auf der Arbeit
Wie kann Inkongruenz als Auslöser fungieren?
Nach Grawe gelten die Nicht-Befriedigung von Grundbedürfnissen und das Nicht-Erreichen von Zielen bzw. motivationalen Plänen als Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen.
Es wird angenommen, dass Menschen mit einem festen Satz von Grundbedürfnissen geboren werden (v. a. nach Bindung, Orientierung und Kontrolle, Selbstwertsteigerung und danach, angenehme Empfindungen zu haben und unangenehme zu vermeiden).
Im Laufe der individuellen Entwicklung bilden Menschen in Abhängigkeit der Lernerfahrungen hierarchisch auf- gebaute Zielsysteme aus, die Erleben und Verhalten steuern und dem Befriedigen der Grundbedürfnisse dienen.
Ein latent hohes Inkongruenzniveau wird als wichtiger Risikofaktor (»der Sumpf, in dem die Störung wächst«), ein akut signifikanter Anstieg des Inkongruenzniveaus als wichtiger Auslöser für die Entwicklung psychischer Störungen angesehen.
Welche Mechanismen wirken als Moderatoren gegen psychische Störungen?
Ob Belastungen zu psychischen Störungen führen, wird von den Bewältigungsmöglichkeiten des Individuums moderiert
Coping
Problemlösekompetenz
Soziale Kompetenzen und soziale Unterstützung
Motivationale Kompetenzen: Disengagement from incentives
Wie funktioniert Coping?
In dem von Lazarus vorgeschlagenen Stress-Modell unterscheidet er das »Primary Appraisal«, in dem beurteilt wird, ob eine Situation überhaupt bedrohlich oder relevant ist, vom »Secondary Appraisal«, bei dem eingeschätzt wird, ob die zur Verfügung stehenden Coping-Kompetenzen für eine erfolgreiche Bewältigung der Bedrohung aus- reichen.
Nur wenn eine Situation im Primary Appraisal als relevant wahrgenommen wird und das Secondary Appraisal ergibt, dass die Situation nicht bewältigbar ist, wird Stress ausgelöst, welcher zu psychischen Störungen führen kann.
Aufbauend auf dieses Modell wurden eine Vielzahl von teils problemübergreifenden, teils problemspezifischen Coping-Inventaren entwickelt.
Wie zu erwarten, standen Coping-Defizite in einem signifikanten Zusammenhang mit Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit.
Von der Idee, die für alle Menschen und möglichst alle Probleme optimalen Coping-Strategien zu identifizieren, musste allerdings bald wieder Abstand genommen werden.
Vielmehr zeigte sich, dass die Adaptivität der verschiedenen Coping-Strategien in hohem Maß von Person zu Person variierte und von den Eigenschaften der zu bewältigenden Belastung abhing.
Wie wirkt Problemlösekompetenz als Moderator?
Gute Problemlösekompetenzen, soziale und emotionale Kompetenzen sowie soziale Unterstützung können die psychopathologischen Auswirkungen von Belastungen abpuffern.
Wie wirken Motivationale Kompetenzen als Moderator?
Mit dem Begriff »disengagement from incentives« (Loslösen von vormals relevanten Anreizen) bezeichnete Eric Klinger (1977) die Fähigkeit, Ziele und Erwartungen aufzugeben, wenn diese nicht erreicht werden können oder wenn das Erreichen mit zu hohen Kosten verbunden wäre.
Nur ein solches »Loslassen« – das in der Regel mit einem Trauerprozess verbunden ist – erlaubt es, sich anschließend wieder neue, erreichbarere Ziele zu setzen.
Wie wirkt emoptionale Kompetenzen als Moderator?
Viele Belastungen, die zu psychischen Störungen führen, bieten nur begrenzt Raum für aktive Veränderung.
In diesen Fällen ist es umso wichtiger, mit den negativen Gefühlen konstruktiv umzugehen, die durch die Situation ausgelöst wurden.
Gelingt dies, muss auch das anhaltende Vorhandensein intensiver, negativer Emotionen nicht zwingend zu einer psychopathologischen Entwicklung führen
Was sind aufrechterhaltende Faktoren einer Störung?
Positive Rückkopplungsprozesse innerhalb der Störung
Operante Faktoren
Belastende Folgen der Störung
Verfügbarkeit therapeutischer Angebote
Wie wirken Positive Rückkopplungsprozesse innerhalb der Störung als aufrechterhaltende Faktoren einer Störung?
die Aufrechterhaltung durch Rückkopplungsprozesse erklären, welche in der Arbeit mit Patienten oft als »Teufelskreise« bezeichnet werden
So führt beispielsweise bei Depressiven die dysphorische Stimmung zu Passivität, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit, angenehme Erfahrungen zu machen, reduziert und es an Ablenkungsmöglichkeiten von negativen Gedanken fehlt, was sich dann wieder negativ auf die Stimmung auswirkt usw.
Wie wirken Operante Faktoren innerhalb der Störung als aufrechterhaltende Faktoren einer Störung?
Jedes Verhalten hat Folgen. Störungsverhalten ist per se dadurch definiert, dass diese Folgen mehrheitlich Belastung und Leid mit sich bringen.
Vor dem Hintergrund der vielen und zum Teil widersprüchlichen Ziele und Bedürfnisse, die Menschen parallel verfolgen, und der Vielzahl an Konsequenzen, die sich aus einem Verhalten ergeben, ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass mit dem Störungsverhalten auch positive Konsequenzen verbunden sind.
Folgen diese unmittelbar auf das Störungsverhalten, verstärken sie dieses über operante Prozesse, selbst wenn mittel- und langfristig die negativen Konsequenzen überwiegen.
In diesem Sinne kann beispielsweise das spontane empathische Unterstützen eines depressiven Patienten, das immer und ausschließlich dann erfolgt, wenn der Patient von der Ausweglosigkeit seiner Situation berichtet, das »Jammern und Klagen« verstärken und so mittel- und langfristig dazu führen, dass sich die Angehörigen zunehmend abwenden, was wieder- um die depressive Symptomatik des Patienten verstärkt.
Wie wirken Belastende Folgen der Störung als aufrechterhaltende Faktoren einer Störung?
Psychische Störungen reduzieren in der Regel die allgemeine Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit. Dadurch kann es beispielsweise zum Verlust des Arbeitsplatzes und zu finanziellen Problemen kommen. Die Folgen der Störung stellen zusätzliche Belastungen dar, die die Störung mit aufrechterhalten können.
Wie wirkt die Verfügbarkeit therapeutischer Angebote als aufrechterhaltende Faktoren einer Störung?
Psychische Störungen werden durch kurz- und langfristige Konsequenzen, störungsbedingte Belastungen und eine eingeschränkte Verfügbarkeit therapeutischer Angebote aufrechterhalten.
Was beschreibt Achse-I des DSM-IV?
Achse I: Klinische Störungen. Hierzu gehören alle psychischen Störungen (Symptomstörungen) mit Ausnahme der Persönlichkeitsstörungen und der geistigen Behinderungen, die auf Achse II kodiert werden. Zusätzlich sind hier auch »andere klinisch relevante Probleme« lokalisiert.
Was beschreibt Achse-II des DSM-IV?
Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderungen.
Was beschreibt Achse-III des DSM-IV?
Achse III: Medizinische Krankheitsfaktoren. Hier werden solche medizinischen Faktoren oder Erkrankungen genannt, die im Zusammenhang mit der psychischen Problematik stehen.
Was beschreibt Achse-V des DSM-IV?
Achse V: Globale Beurteilung des Funktionsniveaus (»global assessment of functioning«, GAF).
Auf einem Kontinuum zwischen 1 und 100 wird das vorliegende Funktionsniveau des Patienten in psychischen, sozialen und beruflichen Bereichen zusammenfassend vom Diagnostiker eingeschätzt.
Dabei gibt es hohe Werte (im Bereich 90–100) für »psychische Gesundheit mit her- vorragender Leistungsfähigkeit auf einem breiten Spektrum von Aktivitäten« oder niedrige Kodierungen (zwischen 1 und 10) bei »extremer psychischer Störung mit der ständigen Gefahr, sich oder andere schwer zu verletzen, sowie anderen schweren Funktionseinschränkungen«.
Bei der Beurteilung des GAF wird zusätzlich angegeben, auf welchen Beobachtungszeitraum sich der Wert bezieht.
Was ist eine Unipolare Depression?
Unipolare Depressionen sind affektive Störungen, für die das Vorliegen von depressiven Symptomen bei Abwesenheit von (hypo-)manischen Symptomen charakteristisch ist.
Was sind die Kernsymptome einer unipolaren Depression?
Kernsymptome unipolarer Depressionen sind eine anhaltend gedrückte/dysphorische Stimmung, Anhedonie und Antriebslosigkeit bzw. leichte Ermüdbarkeit.
Die Bandbreite depressiver Symptome umfasst eine Vielzahl affektiver, kognitiver, behavioraler und somatischer Veränderungen.
Welche affektiven Symptome treten bei einer unipolaren Depression auf?
Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung, Interessen- und Freudlosigkeit, Ängstlichkeit, Gefühl innerer Leere, Reizbarkeit, Feindseligkeit, Einsamkeit, Gefühl der Entfremdung/Distanz zur Umwelt
Welche kognitiven Symptome treten bei einer unipolaren Depression auf?
negative Gedanken und Einstellungen gegen über der eigenen Person und der Zukunft, Pessimismus, Hoffnungslosigkeit, ständiges Grübeln, permanente Selbstkritik, Selbstunsicherheit, Denk-, Konzentrations-, Gedächtnis- und Entscheidungsprobleme, Einfallsarmut, Gedanken an den Tod, Wahnvorstellungen
Welche motivational-behavioralen Symptome treten bei einer unipolaren Depression auf?
Antriebslosigkeit, Verringerung des Aktivitätsniveaus, sozialer Rückzug, verlangsamte Sprache und Motorik bis hin zum katatonen Stupor, aber auch Agitiertheit, Suizidhandlungen, Vermeidungsverhalten, Probleme bei der Bewältigung alltäglicher Anforderungen
Welche somatisch-viszeralen Symptome treten bei einer unipolaren Depression auf?
Schlafstörungen, Energieverlust, leichte Ermüdbarkeit, Appetit- und Gewichtsveränderungen, Libidoverlust, gesteigertes oder erniedrigtes psychophysiologisches Erregungsniveau, innere Unruhe, Weinen, leises, monotones und langsames Sprechen, kraftlose und spannungsleere Körperhaltung, tageszeitliche Schwankungen im Befinden, vegetativ-somatische Beschwerden, erhöhte Schmerzempfindlichkeit
Was ist Agitation?
In der Medizin bedeutet Agitation (auch: Agitiertheit) eine krankhafte Unruhe, bei der es zu heftigen und hastigen Bewegungen des Patienten kommt (Symptome: Zittern, gesteigerter Bewegungsdrang).
Was ist ein katagoner Stupor?
Ein katatoner Stupor tritt im Rahmen einer schizophrenen Psychose auf. Der Muskeltonus (Muskelspannung) der Betroffenen ist stark erhöht (Rigor = Muskelstarre)
Was ist ein Rigor?
Muskelstarre
Was bedeutet somatisch?
Somatisch bedeutet “den Körper betreffend” oder “zum Körper gehörig”.
Im Zusammenhang mit dem Nervensystem bezeichnet somatisch das willkürliche, animalische Nervensystem.
Was bedeutet viszeral?
Viszeral bedeutet “die Eingeweide betreffend” oder “zu den Eingeweiden gehörend“.
Welche Diagnostischen Kriterien bestehen laut DSM-IV für eine Major Depression?
Um die Diagnose einer depressiven Episode (ICD-10) bzw. einer Major Depression (DSM-IV) vergeben zu können, müssen über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen verschiedene Haupt- und Nebenkriterien erfüllt sein.
Bei der ICD-10 handelt es sich um mindestens zwei Hauptkriterien und je nach Schweregrad um ein oder mehrere Nebenkriterien; im DSM-IV müssen insgesamt fünf der möglichen Kriterien erfüllt sein, von denen mindestens eines zu den beiden Hauptkriterien gehören muss.
Was sind wichtige Auslöser für eine Depression?
Als wichtige Auslöser gelten u. a. Verlusterlebnisse, chronischer Stress, interpersonale Konflikte oder Isolation und Schichtdienst.
Was sind die biologisch orientierten Ansätze zur Behandlung einer unipolaren Depression?
Genetische Modelle gehen von einer angeborenen Vulnerabilität für depressive Störungen aus
Die Monoaminmangelhypothese ist eine der ältesten biologischen Erklärungsansätze für Depression.
Mangel der Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und Dopamin (Monoamine) im synaptischen Spalt für depressive Störungen verantwortlich
Dieser Mangel beeinträchtige die Reizüberleitung und führe zu funktionalen Beeinträchtigungen in serotonergen, noradrenergen und dopaminergen Systemen und in der Folge zu depressiven Symptomen. Die Hypothese basiert u. a. auf der Beobachtung, dass Medikamente, die die Konzentration von Monoaminen reduzieren (wie z.B. der Blutdrucksenker Reserpin) depressive Nebenwirkungen haben können. Außerdem wurde die Wirksamkeit verschiedener Antidepressiva , die die synaptische Konzentration von einem oder beiden genannten Transmittern erhöhen, als Beleg für die Monoaminmangelhypothese angeführt.
Gegen die Hypothese spricht allerdings, dass sich bei Depressiven nicht konsistent verringerte Monoaminspiegel nachweisen lassen und dass die systematische Depletion (Reduktion) von Monoaminen bei Gesunden nicht zwangsläufig zu depressiven Symptomen führt. Außerdem wirken die aufgeführten Antidepressiva erst nach ein bis drei Wochen, obwohl diese Medikamente schon nach wenigen Tagen für eine Normalisierung des Monoaminspiegels sorgen.
Definiere Bipolare Störungen
Die bipolare Störung ist ein affektive Erkrankung, bei der extreme Antriebs-, Aktivitäts- und Stimmungsauslenkungen episodenhaft in depressiver oder (hypo-)manischer Form auftreten.
Bipolare Störungen verlaufen in der Regel chronisch und führen zu erheblichen psychosozialen Beeinträchtigungen.
Bipolare Störungen lassen sich in verschiedene Verlaufsformen unterteilen. In der ICD-10 sind die bipolaren Störungen der Kategorie F3 »Affektive Störungen« zugeordnet.
Was ist eine Manie?
Die Stimmung ist situationsinadäquat gehoben und kann zwischen sorgloser Heiterkeit und fast unkontrollierbarer Erregung schwanken. Die gehobene Stimmung ist dabei von vermehrtem Antrieb und mehreren weiteren Symptomen, besonders Rededrang, vermindertem Schlafbedürfnis, Größenideen und übertriebenem Optimismus begleitet. Die Episode dauert wenigstens eine Woche und ist schwer genug, um die berufliche und soziale Funktionsfähigkeit mehr oder weniger vollständig zu unterbrechen.
Was ist eine Hypomanie?
Die Hypomanie ist eine leichtere Ausprägung der Manie. Die Stimmung ist anhaltend leicht gehoben. Weitere Symptome sind u. a. gesteigerter Antrieb und Aktivität, ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit, gesteigerte Geselligkeit und Gesprächigkeit und ein vermindertes Schlafbedürfnis. Diese Symptome sind nicht so stark ausgeprägt, dass sie zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung führen. Die Episode sollte wenigstens einige Tage andauern.