Interventionen in der Straftäterbehandlung Flashcards

1
Q

Was ist deliktpräventive Therapie?
Und was ist der Unterschied zur Psychotherapie

A

Eingangskriterium: Delinquenz (gegen Krankheit)
Auftraggeber: Gesellschaft (vs. Patient)
Gerichtet an: Klienten (vs. Patient)
Im Rahmen von Justizsystem (nicht Gesundheitssystem)
Ziel: Legalbewährung; Reduzierung Rückfallrisiko (vs. Gesundheit/ Symptomlinderung)
Motivation: Vorrangig extrinsisch (nicht intrinsisch)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Ist Therapie im Zwangskontext möglich?

A

Ja
Doch CAVE: Potentielle Konfundierung mit Rückfallrisiko (Alter, Zwangslevel, Time-atrisk, Abbrecherquote) schränkt Generalisierbarkeit ein)

Metaanalyse:
- Bei Substanzmissbrauch kein Unterschied freiwillig oder unfreiwillig
- signifikanter Behandlungseffekt trotz insgesamt niedriger Rückfallquote
- nu Einzeltherapie

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Wer führt deliktpräventive Therapien durch?

A
  • Psychologen mit therapeutischer Zusatzausbildung oder Psychologische
    Psychotherapeuten
  • therapeutischen Haltung sowie Einsatz von psychotherapeutischen Methoden, Techniken
    und Therapien verschiedener Schulen
  • Einsatz von rechtspsychologischem, kriminologischen und forensischem Fachwissen und spezifischer Methoden (z.B. Prognoseverfahren)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Welche Institutionen der Behandlung von straffälligen Menschen gibt es?

A

Stationäre Behandlung:
- Strafrechtliche Unterbringung im Maßregelvollzug:
- Psychiatrischen Krankenhaus §63 StGB
- Erziehungsanstalt §64 StGB
- Sozialtherapeutische Einrichtungen im Justizvollzug/Jugendvollzug
- Stationäre Drogenbehandlung in therapeutischen Einrichtungen (Zurückstellung des Strafvollzugs nach §35 BtMG)

Ambulante Behandlung in forensischen Ambulanzen (Führungsaufsicht oder Bewährung)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Phasenmodell deliktorientierte Therapie durch Borchard & Gnoth (2012) (Anlehnung an Selbstmanagementansatz Kanfer)

A
  1. Eingangsphase – Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen
  2. Aufbau von Änderungsmotivation und vorläufige Auswahl von Änderungsbereichen
  3. Verhaltensanalyse und funktionales Bedingungsmodell
  4. Vereinbaren therapeutischer Ziele
  5. Planung, Auswahl und Durchführung spezieller Methoden
  6. Evaluation therapeutischer Fortschritte
  7. Endphase – Erfolgsoptimierung und Abschluss der Therapie
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Welche Rehabilitationsansätze gibt es?

A
  • Risk-Need- Responsivity Ansatz
  • Good Lives Model
  • Strenght-based Approach
    (Nothing Works)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Zeitstrahl von Rehabilitationsansätzen

A

Nothing Works (1974)
–>
Risk, Need Responsivity (1990)
–>
Psychology of criminal conduct (1994)
–>
Good Lives Model (2002)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Nothing works

A

Genutzt, um zu meinen, Therapie nutzt eh nichts und wir müssen alle wegsperren - Zeitgeist; eigentliche Ergebnisse jedoch differenzierter
→ Variabilität genauer anschauen - Risk, Need, Responsivity Ansatz - soll trotzdem behandeln

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Risk-Need-Responsivity Ansatz
Von wem?
Welche Kernprinzipien

A

Andrews et al., 1990; Bonta & Andrews, 2017

  • Risikoprinzip (allgemeines Risikolevel)
  • Bedürfnisprinzip (kriminogenes) - dynamische Faktoren
  • Ansprechbarkeitsprinzip (Anpassung an Klienten)

(gibt noch weitere, doch empirisch kaum genutzt)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Risk-Need-Responsivity Ansatz
Risikoprinzip - allgemeines Risikolevel

A
  • Anpassung der Dauer und Intensität der Intervention angepasst an Rückfallrisiko
    → je höher das Rückfallrisiko, desto länger/intensiver sollte Maßnahme sein
    → Bei hohem Rückfallrisiko: intensive und umfangreiche Intervention
    → Bei geringem Rückfallrisiko: minimale oder keine Intervention
  • Voraussetzung: kriminelles Verhalten kann vorhergesagt werden (wer hat höheres Risiko..)
    → strukturierte Erfassung des Risikos: z.B. Static, VRAG
    → NICHT: Bauchgefühl → gerade bei Meschen, die eine Sexualstraftat begangen haben,
    besteht die Gefahr, dass rückfallgefährdeterer eingestuft werden und intensiver behandelt als
    nach RNR sinnvoll
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Risk-Need Responsivity Ansatz
Bedürfnisprinzip (kriminogenes) - dynamische Faktoren

A
  • Intervention bei dynamischen/kriminogenen Risikofaktoren
    →Fokus der Intervention an Ursachen für Straftaten / Variablen, die Wahrscheinlichkeit erneute Straften erhöhen (gibt bestimmte Verfahren) -> bei empirisch belegten und in Einzelfall vorhandene Faktoren
  • Nur Variablen, die Einfluss auf Verringerung Rückfallrisiko haben (Ausnahme Erhöhung Motivation)
  • Erfassung mit standardisierten Instrumenten z.B. Stable-2007, LSI-R,
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Risk-Need Responsivity Ansatz
Ansprechbarkeitsprinzip - Anpassung an Klienten
In welche teilt sie sich auf?

A

Intervention abhängig von Art und Modus Lernstil und spezifische Fähigkeiten des Klienten

  • Allgemeine Ansprechbarkeit: wirksamste Interventionen folgen kognitiv-sozialem
    Lernen und kognitiv-behavioralen Behandlungsprinzipien, d.h. Einsatz von
    Verstärkung, Rollenspielen, Erarbeitung von Skills, kognitive Umstrukturierung…
  • Spezifische Ansprechbarkeit: Anpassung an Persönlichkeit und Lern- und Erlebensstil
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Risk-Need Responsivity Ansatz (Bonta & Andrews, 2017)
Zusätzliche Prinzipien der Erweiterung

A
  • Wertebasierte übergeordnete Prinzipien z.B. Respekt der Person gegenüber, theoretische Fundierung der Interventionen
  • Umfassende Erweiterung des Ansprechbarkeitsprinzip
  • Strukturierte Erfassung von Stärken, Risk-Need spezifischen Ansprechbarkeitsfaktoren, sowie dynamischer Risikofaktoren, um
    Therapieeffekte abzubilden mittels valider diagnostischer Instrumente sowie
  • Organisations- und Implementationsprinzipien
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Risk-Need Responsivity Ansatz (Bonta & Andrews, 2017)
Empirische Bestätigung?

A

Gute empirische Bestätigung
- Programme mit einzelnen PNR Prinzipien oder Kobi sind erfolgreicher bei Rückfälligkeit
- Risikoprinzip uneinheitlich

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Kritik an Risikomanagement und RNR Ansatz

A

Nadelkissen Metapher:
- Straffällige Menschen als Risikomerkmalsträger
- jede Nadel = Risikofaktor
→ Behandlung: Entfernung der einzelnen Risikofaktoren
→ stattdessen: integrierter, ganzheitlicher Ansatz wünschenswert

  • Straffällige Menschen nicht als aktive Entscheidungsträger gesehen
    → Handlungsfähigkeit bleibt unberücksichtigt
  • Identität und menschliche Bedürfnisse finden keine Beachtung
  • Kontextfaktoren der Straftatsentstehung unberücksichtigt
  • Rolle der Motivation unberücksichtigt; in der Behandlung vorrangig Vermeidungsziele
  • oft mechanistische, nicht-individualisierte Ansätze

Therapeutische Beziehung:
- kein Fokus auf den Aufbau einer starken therapeutischen Beziehung
- Haltung des/r Therapeutin gegenüber Klientin?

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Good Lives Model
Was ist es?

A

Rehabilitationstheorie
Dualer Fokus: Risikomanagement + Erreichung zentraler Güter

Wurzeln: positive Psychologie
→ Menschen verfolgen das Erreichen von primären Gütern (und sekundären)

Kriminelles Verhalten als Resultat eines Mangels an Ressourcen, um primäre Güter sozialverträglich zu erreichen

17
Q

Good Lives Model
Was sind primäre und was sekundäre Güter?

A

primären Gütern:
= Handlungen, Erlebnisse Zustände etc., die um ihrer selbst willen angestrebt
werden → erhöhen subjektives Wohlbefinden
- leiten sich aus allen Menschen gemeinsamen, grundlegenden menschlichen Bedürfnissen ab (Ward, 2002; Ward & Steward, 2003a; Ward & Steward, 2003b)

Sekundäre Güter: konkrete Art und Weise, wie die primären Güter erreicht werden

18
Q

Good Lives Model
Was sind dynamische Risikofaktoren?

A

Hinweise auf interne oder externe Hindernisse für das prosoziale Erreichen der primären Güter
Erhöhung des Rückfallrisikos

19
Q

Good Lives Model
Wesentliches Behandlungsziel

A

Straffälligen Menschen Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen vermitteln, um primäre Güter auf sozialkompatible Art zu erreichen
→ sozialkompatibler Good Lives Plan
→ dabei Berücksichtigen von Fähigkeiten, Einstellungen und Überzeugungen der straffälligen Menschen sowie externen Bedingungen (Möglichkeiten und Unterstützung)

20
Q

Good Lives Modell
Primäre menschliche Güter

A

siehe z.B. Purvis et al., 2011;

Leiten sich ab aus hinterstehenden Bedürfnissen und versucht diese mit sekundären Gütern zu erreichen

  • Leben: gesunde Lebens und Arbeitsweise
  • Wissen: wie gut man sich informiert fühlt bezüglich der Dinge, die einem wichtig sind
  • Erleben von Kompetenz in der Freizeit: (Hobbys & Entspannung)
  • Erleben von Kompetenz in der Arbeit: (einschließlich der Erfahrung, Bestimmtes meistern zu können)
  • Kompetenz in freier Entscheidung: (Autonomie, Handlungsfähigkeit, Selbstbestimmtheit)
  • Innere Ruhe: (ohne emotionalen Stress)
  • Verbundenheit: intime, romantische und familiäre Verbundenheit
  • Gemeinschaft: Verbundenheit mit größeren
    sozialen Gruppen
  • Spiritualität: im Sinne von Bedeutung im Leben finden
  • Freude:im Hier und jetzt glücklich sein
  • Kreativität: sich selbst ausdrücken mittels alternativer Mittel

→ individuelle Gewichtung der primären Güter
reflektiert die Werte und Lebensprioritäten, die
Identität eines Individuums (z.B. Ward & Gannon, 2006)

Bold: Besonders wichtig für Kriminalitätsprädiktion (Yates & Prescott, 2011)

21
Q

Good Lives Modell
Probleme der Lebenspläne, die straffälliges Verhalten begünstigen (Ward & Gannon,2006)

A
  • Anwendung unangemessener Mittel zur Erreichung der Güter
  • zu geringe Bandbreite der angestrebten Güter (nicht nur eine Säule wie Autonomie nehmen, oder ähnlichere Gewichtung)
  • Mittel, mit denen die Güter angestrebt werden, stehen im Widerspruch
  • mangelnde Ressourcen oder Fähigkeiten, um Güter zu erreichen
22
Q

Good Lives Modell
Direkter Pfad zur Straftat

A

Gut: Verbundenheit
Ziel: Intime Beziehung
–>
Fähigkeit:
Interne Hindernisse: misstrauisch gegenüber Erwachsenen, Kinder sind anerkennend, homosexuelle/pädophile Präferenzen

Externe Hindernisse: schwache Bindung an Andere, Freunde und Familien lehnen Homosexualität ab
–>
Mittel:
Sexueller Kontakt mit männlichen Kindern

–> Direkter Pfad –> Straftat
(kann primäres Gut direkt über Straftat erreichen)

23
Q

Good Lives Modell
Indirekter Pfad zur Straftat

A

Gut: Innere Ruhe
Ziel: emotionales Wohlbefinden
–>
Fähigkeit:
Interne Hindernisse: Problemlösedefizite, Depression
Externe Hindernisse: schwaches elterliches Modell, keine Freunde
–>
Mittel:
Unterdrückung und Vermeidung; Alkohol- und Drogenkonsum

–> Indirekter Pfad: Wellen/Strudeleffekt: fortgesetzte Depression, Beziehungsprobleme, schlechte Arbeitsleistungen, finanzielle Probleme –> Straftat (durch Anwachsen der Probleme)

24
Q

Wie können primäre Güter und Good Live Plan eingeschätzt werden?

A

Klinisches Interview
- Gibt Erfahrungen und Aktivitäten und wurden diese erreicht?
- Zusammenarbeit bei Behandlung
- Stärken

  • Immer detaillierte Fragen zu Dingen, Personen, die wichtig sind (wem ähneln, welches Familienmitglied)
  • Vielzahl von differenzierten Aspekten abfragen auf menschliches Gut (Bedeutung
25
Q

Good Lives Modell
Implikationen für Praxis

A
  • psychisches Wohlbefinden spielt eine wesentliche Rolle für die Interventionen neben
    dem Risikomanagement (Ward & Gannon, 2006)
  • Erfassen des impliziten Lebensplans, der Ziele und Wünsche der Klient*innen für
    Intervention (Ward et al., 2007)
  • neben RNR-Prinzip auch primäre Güter bei Diagnostik, Therapieplanung und
    Interventionen berücksichtigen (Ward et al., 2007)
  • externe Bedingungen und Umstände berücksichtigen bei Interventionen (Ward et al.,
    2007)
  • CAVE: keine Daten zu empirischen Bewährung (Schmidt, 2019)
26
Q

Strenght-based Approach

A

Marshall et al. 2011
- Versucht Herausforderungen zu verarbeiten und aufzulösen
- Fokus auf Identifikation von Ressourcen und Stärken, hilfe bei Problemlösung bei Herausforderungen
- Stärken Person als Idee

27
Q

Strenght-based Approach
Welche zwei Konzepte gibt es?

A

Defizit orientierte Konzepte:
Risiko, Probleme, Intervenieren, Diagnose, Krise, Kontrollieren, Verhaltensorientierung, Rigide

Stärken orientierte Konzepte:
Potentiale, Stärken, Verstehen, Chancen, Befähigen, Prozessorientiert, Flexibel
(auch welche, die typischerweise übersehen werden)

28
Q

Strenght-based Approach
Grundlagen und wesentlicher Fokus

A

RNR, Motivationales Interview, GÖM, Psychodynamik, Positive Psychologie, Annäherungsziele (Veränderung kriminogener Bedürfnisse, wichtige Bedeutung der Veränderungsmotivation
- Übergeordnetes Ziel: Verringerung des Rückfallrisikos

Wesentlicher Fokus: Therapeutische Allianz

29
Q

Rockwood Programm

A

Motivation:
1. Hinführen zu Verbrechen
2. Autobiographie (Ziele)

Primäre Behandlung:
3. Empathie/ Opfer Schmerz
4. Verbrechen Analyse (Background und aktuelle Faktoren)
Beziehungsfähigkeiten, Sexualität

Zukünftige Lebensstrategie:
5. Good Leben Plan (Zielsetzung)
6. Selbst MGM Plan
7. Support Gruppe (Familie und Freunde, Kollegen)
8. Entlassungsplan (Miete, Job)