Desistance Forschung Flashcards

1
Q

Was ist Desistance Forschung?

A

Wie kann es Straftätern gelingen, ihre kriminelle Karriere zu beenden
→ Desistance-Forschung untersucht Faktoren, die den Ausstieg initiieren und aufrechterhalten
Liefert Informationen für Interventinen

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2
Q

Wie entwickelt sich Kriminalität über die Lebensspanne?

A

Studie Hirschi & Gottfredson 1983
- Nicht lebenslang kriminell; vor allem in Jugend hohes Risiko, welches über Zeit abnimmt (auch wenn in Kindheit hohes Risiko, muss nicht kriminell werden)
- Kein krimineller Typ, den man an äußerem Erscheinungsbild erkennen kann

Strafrechtssystem auf Stabilität im Menschen und dabei die Faktoren, die Risiko für Straftaten erhöhen; Aber Menschen ändern sich

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3
Q

Was ist destistance from crime?

A
  • keine einheitliche Definition (wann Ausstieg? (1,2,10 Jahre) Desister rückfällig werden? Häufigkeit, Schwere, Spektrum)
    Roque Übersicht
  • Phänomen, dass zuvor aktiv straffällige Menschen dauerhaft aus ihrer kriminellen Karriere aussteigen, wobei Ausstieg eine Entwicklung impliziert
  • Prozess, des Abnehmens und nachhaltigen Ablassens von Kriminalität über die Lebensspanne von Individuen (Hintergründe Entscheidung, nicht mit Prozess verwechseln) (Bushaway) - Notwendig: Test, was Bedingungen von Veränderung
  • Individueller Prozess, mit unterschiedlichen Ursachen, der mit Rückschlägen einher geht (zigzag journey)(Phillips)
  • Prozess mit sozialen und kognitiven Veränderungen und Verhaltensänderung, die zum Ausstieg führen (Kazemian)
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4
Q

Dimensionen von Desistance (Nuget und Schinkel 2016)

A

Innerste: Ausstieg aus Straftaten:
Abwesenheit von registrierter sowie selbstberichteter Kriminalität (Verhaltensebene)

Ausstiegsidentität:
Erlangen einer straffreien (narrativen) Identität (Kognitive Ebene)

Umfassendste: Relationaler Ausstieg:
Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft und Akzeptanz der Gemeinschaft als Desister (Gesellschaftliche Ebene)

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5
Q

Was bedeutet asymmetrische Verursachung bei destistance?

A

Ursachen für Beginn und Variablen für Abbruch von kriminellen Karrieren sind unterschiedlich
(also fallen nicht nur Risikofaktoren weg)

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6
Q

Welche Theorien gibt es zu desistance of crime?

A

Ontogenetische Ansätze: Alter und Reifeprozesse

Soziogenetische Ansätze: Soziale Eingebundenheit

Narrative Ansätze: Identität und Narrative

Überschneidung - beste Erklärkraft durch Kombination

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7
Q

Was sind ontogentische Ansätze?

A

Altersbasierte Theorien
- Abnahme Kriminalität wegen Alter (Carriervariable und nicht Ursache)
- Rückgang individuelle Kriminalität im Lebenslauf

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8
Q

Kritik an ontigenetischen Ansatz

A

Tragen wenig zum Verständnis von Desistanceprozessen bei
- Alter nur Carriervariable
- nicht spezifiziert, was genau zum Ausstieg führt (vielleicht zunehmende soziale Eingebundenheit, Verantwortungsgefühl, Risikoabwägung)

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9
Q

Beispiel für Theorie in ontogenetischem Ansatz

A

Integrated maturation theory (Rocque 2015)
- Hauptannahme: Persistenz krimineller Karrieren ergibt sich aus Mangel an Reifung
- Bereiche Reifung: Soziale Beziehungen, Übernahme bürgerlicher Aufgaben, Psychologische und Psychosoziale Reifung, Identität und kognitive Transformation, Neurokognitive Reifung)

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10
Q

Was sind soziogenetische Ansätze?

A

altersabhängige Theorien der informellen sozialen Kontrolle (Laub und Sampson)
- Hauptannahme: soziale Bindungen und Wendepunkte im Erwachsenenleben (Heirat, Arbeit..) wirken Kriminalität entgegen (Ereignisse und nicht eigene Reife)

→Wendepunkte „schneiden“ kriminelle Vergangenheit von der Gegenwart ab
→Neuen Situationen mit:
- soziale Kontrolle, Unterstützung und Wachstum
- Veränderungen und Neustrukturierung der tägliche Routinen
- Veränderung der Identität

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11
Q

Beispiel soziogenetische Ansätze

A

Kausales Modell der Effekte von Ehe auf Desistance (Skardhamar 2015)

Ehe –> Bindung –> Peers –> Supervision und Gelegenheiten –> Identität –> Kognitionen –> Straffälligkeit (auch Routine)

Siehe Heft

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12
Q

Empirische Evidenz soziogenetische Ansätze

A

Zusammenhänge zu Ehe und berufliche Bindung, doch gemischt und abhängig von Wertschätzung und Freiwilligkeit, Beziehungsqualität
- Kausale Interpretation Ehe nicht haltbar, weil zeitliche Reihenfolge nicht berücksichtigt
- Kein kausaler Faktor Arbeitstätigkeit - graduelle, interagierende Variable

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13
Q

Was sind narrative Ansätze?

A

z.B. Liverpool Desistance Study (Maruna, 2001), Theorie der kognitiven Transformation (Giordano et al., 2002), Identitätstheorie (Paternoster & Bushway, 2009)

  • Hauptannahme: psychologische Veränderung (Identitätsveränderung, kognitive Transformationsprozesse) sind nötig für dauerhaftes Ablassen von kriminellen Karrieren
    –> Person = intentionaler Agent eigene Veränderung
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14
Q

Beispiel narrativer Ansatz
Aufbau

A

Liverpool Desistance Study (Maruna)
- Qualitative Studie: Vergleich aktuelle und ehemalige (seit einem Jahr) intensiv starfällige Menschen in
Liverpool
- Untersuchungsfrage: Unter welchen Umständen geben intensiv straffällige Menschen ihre kriminellen „Karrieren“ auf?
- Wesentliche Methode: qualitative Interviews
(Matching von Geschlecht, Alter, Art und Anzahl Vorstrafen, Beruf Eltern, Schulabschluss, Herkunft)

  • Durschnittsalter 30, ohne Schulabschluss, arbeitslos, arm, Misshandlungserfahrungen, Alkoholprobleme
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15
Q

Liverpool Desistance Studie
Ergebnisse

A

Verdammungsskript Persister
- Gefühl der Machtlosigkeit
- sehen keine Möglichkeiten der
Veränderung ihres Lebens;
Ausnahme: äußere außerordentliche Glücksfälle (z.B. Lottogewinn)
- erleben sich zum Scheitern und zur
Kriminalität verurteilt

Erlösungsskript Desister
(realistischer)
- Opfer der Umstände und Situation
- Sinn aus Verhalten der Vergangenheit zu machen
- Wunsch, produktiv zu sein oder etwas
zurückzugeben an die Gemeinschaft
- Überzeugung trotz Straftaten einen
guten Kern („wahres ich“) zu haben und
Überzeugung, keine schlechten
Menschen zu sein (pro-soziale Identität)

  • Desistance-Prozess wird als innerer
    Prozess beschrieben, der ggf. durch
    äußere Umstände angeregt wurde
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16
Q

Hängen Identität und Verhalten zusammen?

A

Identität als “Wer bin ich?” - Bezug auf verschiede Aspekte (Rolle, Gruppenzugehörigkeit, Persönlichkeitseigenschaften..) und Änderung in unterschiedlichen Lebensphasen
- Parallele Existenz und hierarchische Organisation unterschiedlich salienter Identitäten im Selbstbild
- Identität entsprechendes konsistentes Verhalten für Gefühl von Kontinuität

–> Identität aufgrund vergangenem Verhaltens und wenn crash mit persönlichen Werten -> Veränderung Identität

Mit positiver Identität, weniger Probleme bei Wiedereingliederung, Weniger Rückfälligkeit oder kein Zusammenhang feststellbar

17
Q

Wie begütigt eine pro-soziale Identität den
Desistance-Prozess?

A

pro-sozialen Identität reduziert die Wahrscheinlichkeit für straffälliges Verhalten
→ Verstärkt im Gegenzug pro-soziale Selbstbild
→ Identitätsänderung als Prozess, der in Wechselwirkung mit Verhaltensänderungen und in einem (sozialen) Kontext stattfindet

18
Q

Wie wird Veränderung bei Straffälligkeit angestoßen?
Beispiel narrative Ansätze

A

z.B. Theorie der kognitiven Transformation (Giordano et al., 2002)
- Hauptannahme: kognitive Veränderungen als wesentlicher Teil des Desistance Prozesses

Arten von kognitiver Veränderung
1. Wandel der grundsätzlichen Offenheit für Veränderung
2. Erkennen von und Empfänglichkeit für Ankerpunkten für Veränderung (z.B.
Familie [Ehe, eigene Kinder], das Gefängnis/Behandlungsprogramme, Religion)
3. Vorstellung eines gewandelten Selbst, welches für die Person ansprechend ist
4. Veränderung der Wahrnehmung von kriminellem Lebensstil und Verhalten

→ Alle Veränderungsprozesse laufen gleichzeitig ab (Giordano, 2016)

19
Q

Methodische Limitationen Desistance Forschung

A

Unterschiedliche Konzeptualisierung & Operationalisierung
- Verhaltensidentifikatoren für keinen Rückfall (wie keine Verhaftung) (passt gar nicht zu Prozess)
- Abnahme Deliktfrequenz (Verzerrung durch leichte Straftaten), Deliktspektrum, Deliktschwere
- Operationalisierung nicht über Reduktion straffälligen Verhaltens

Prädiktoren: Unterschiede in Operationalisierung und fragliche Konstruktvalidität

Limitationen in Datenauswertung

Vielzahl qualitativer Interviewstudien (geringe Fallzahl, deskriptive Auswertungen, retrospektive Befragungen)

20
Q

Zusammenfassung desistance from crime
Und Desitance - Formel

A
  • Korrelate
  • Zugrundeliegende Mechanismen weniger untersucht
  • Parallel verlaufende Veränderungsprozesse
  • Nicht nur Elimination von Risikofaktoren
  • Komplexer Prozess

Desistance-Formel:
Je mehr bedeutsame, prosoziale Lebensinhalte, umso wahrscheinlicher ist desistance

Kognitive Veränderung vor allem zu Beginn wichtig, braucht aber folgende soziale Veränderungen

21
Q

Implikationen desistance Forschung für Straffälligenhilfe

A
  • Realistisch sein und Rückfälle als Teil des Prozesses akzeptieren
  • Individualität beachten
  • Hoffnung machen
  • positive professionelle und persönliche Beziehungen
    -Fokus auf Stärken und Ressourcen
  • Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung unterstützen
  • sozialen Kontext einbeziehen
  • Labeling vermeiden
22
Q

Definition Desistance orientierte Hilfe für strafällige Menschen (Ghanem & Stadler, 2022)

A
  • Rückgriff auf Desistance-Forschung für Planung, Durchführung und
    Bewertung der praktischen Tätigkeit
  • Menschenbild: Klientinnen als Menschen mit eigenen Fähigkeiten zur Veränderung
  • Rolle der Fachkräfte: Begleitung und Förderung der Veränderungsprozesse und Unterstützung beim Überwinden von Hindernissen im Prozess
  • Arbeitsbasis: vertrauensvolle, partizipative Zusammenarbeit unter
    Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten und Förderung der Ressourcen der Klienteninnen
23
Q

Was verhindert den Desistance Prozess eher?

A
  • Lange Freiheitsstrafen
  • Strafende Interventionen
  • Interventionen, die Label verpassen
  • Interventionen, die Personen ausschließen