Grundlagen und Rechtsstellung der EU Flashcards
1
Q
Wie sieht die Struktur der EU seit dem Vertrag von Lissabon (bis heute) aus?
A
- Die Europäische Gemeinschaft ist mit der Europäischen Union verschmolzen worden
- Die Europäische Union ist die Rechtsnachfolgerin der Gemeinschaft (EUV 1 III)
- Die Drei-Säulen-Strukur, die mit dem Vertrag von Maastricht begründet wurde, ist damit dahingefallen
- Die PJZS ist nun Bestandteil des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (AEUV 82-89)
- Die GASP hat noch immer eine Sonderstellung und ist als einzige Aufgabe der Union abschliessend im EUV geregelt (EUV 23-46)
2
Q
Wie ist die EU rechtlich zu qualifizieren, welche “Rechtsform” hat sie?
A
- Die EU hat Rechtspersönlichkeit (EUV 47)
Dasselbe gilt für die EAG (EAGV 184) - Die EU ist kein Bundesstaat
- Beschlussfassung erfolgt in wichtigen Fragen einstimmig
- Änderung der Verträge erfordert Ratifizierung durch sämtliche MS
- EU kann ihre Zuständigkeiten nicht selbst erweitern
- Die EU ist allerdings auch nicht bloss ein Staatenbund
- Sie hat weitgehende Befugnisse ggü. MS und deren Staatsangehörigen (→ Supranationalität)
- Deutsches BVerfG in seinem Maastricht-Urteil von 1992:
- EU ist Staatenverbund bzw.
- Organisation sui generis
- In den MS ist die EU rechts- und geschäftsfähig wie eine juristische Person (AEUV 335)
Sie kann also Vermögen erwerben und veräussern oder vor Gericht klagen und eingeklagt werden
3
Q
Welcher Art ist und welche Geltung hat Unionsrecht? Welches Verhältnis hat es zu innerstaatlichem Recht?
A
- Weder staatliches noch Völkerrecht, sondern eigenständige Rechtsordnung
-
Unmittelbare Geltung und Wirkung in den MS; eine Umsetzung in innerstaatliches Recht ist grds. nicht notwendig
Unionsrecht hat damit die gleiche Wirkung wie völkerrechtliche Verträge nach der monistischen Theorie.- Verpflichtet einerseits die MS
- Begründet aber auch Rechte und Pflichten von Bürgern, soweit entsprechende Norm genügend bestimmt, d.h. self-executing, ist (→ dann ist sie unmittelbar anwendbar) (EuGH van Gend & Loos, 1963)
- Unionsrecht hat Vorrang ggü. dem Recht der MS (EuGH Costa/ENEL, 1964)
4
Q
Woraus wird der Vorrang des Unionsrechts abgeleitet?
A
- Aus dem Charakter des Unionsrechts als Gemeinschaftsrecht bzw. aus dessen Eigenständigkeit (EuGH Costa/ENEL, 1964)
- Aus der Treuepflicht der MS ggü. der Union (EUV 4 III)
- Aus der Praxis des EuGH, sich auf den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit (effet utile) zu berufen
- Für Verordnungen ergibt sich der Vorrang explizit aus AEUV 288 II
5
Q
Was bedeutet der Vorrang des Unionsrechts im Einzelnen?
A
- Entgegenstehendes nationales Recht wird nicht ungültig, sondern im Kollisionsfall lediglich verdrängt
Die Annahme der Ungültigkeit würde dem Subsidiaritätsprinzip zuwiderlaufen. - Der Vorrang des Unionsrechts gilt ggü. nationalem Recht jeder Rangstufe einschliesslich der Verfassung und später erlassenem nationalem Recht
Vgl. dazu aber die Solange I-Rechtsprechung des deutschen BVerfG von 1974.
6
Q
Welche Vorrechte und Befreiungen geniesst die EU?
A
Vgl. AEUV 343. Die wichtigsten Vorrechte und Befreiungen sind:
- Die Räumlichkeiten und Gebäude der Union sind unverletzlich (d.h., sie dürfen nicht untersucht, beschlagnahmt, eingezogen oder enteignet werden)
- Vermögensgegenstände und Guthaben der Union dürfen nicht Gegenstand von Zwangsmassnahmen von Verwaltungsbehörden und Gerichten sein
- Die Union ist von den direkten Steuern befreit, von indirekten Steuern ist sie soweit wie möglich zu befreien (nicht aber von Gebühren)
- Die Immunität vor nationaler Gerichtsbarkeit ist nicht ausdrücklich geregelt, aber zu bejahen für hoheitliche Tätigkeiten