Gemeingefährliche Straftaten Flashcards

1
Q

Empfohlener Prüfungsaufbau von Jäger Brandstiftung:

A

zuerst § 306 prüfen, weil dieser Grundtatbestand ist für 306a ff.; von diesen jedoch verdrängt wird!
§ 306 verdrängt iÜ den § 303 sowie den § 305

Aufsatz Jus 2019, 1060 sagt, dass 306 und 306a in Idealkonkurrenz stehen können wegen verschiedener Rechtsgüter

–> einfach für eine Ansicht entscheiden :), beides vertretbar

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2
Q

Inbrandsetzen, § 306

Erfolgsdelikt
Eigentumsdelikt ("fremd") plus Gemeingefährlichkeit
A

= setzt voraus, dass ein Objekt in einer Weise vom Feuer erfasst ist, die ein Fortbrennen aus eigener Kraft ermöglicht

davor allenfalls Versuchsstrafbarkeit

liegt erst dann vor, wenn für den bestimmungsgemäßen Gebrauch wesentliche Gebäudeteile vom Feuer erfasst sind (zB Tür, Fußboden, fest mit dem Boden verbundener Teppich; nicht bei Sockelleiste, Tapete an der Wand, Inventar), weil es nur dann aus eigener Kraft weiterbrennen kann.

auch ein Inbrandsetzen eines anderweitig schon brennenden Gebäudes ist möglich; auch durch Unterlassen bei Garantenstellung möglich

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3
Q

Durch Brandlegung ganz oder teilweise zerstören

A

trägt dem Umstand Rechnung, dass durch feuerfeste Materialien meistens nicht mehr wesentliche Bestandteile brennen, sondern die vom Feuer ausgehenden Ruß, Gas, Rauch und Hitzeeinwirkungen vergleichbare Folgen haben können

muss für beträchtliche Zeit nicht mehr benutzbar sein (Kellerräume zerstören reicht nicht; auch nicht kurze Unterbrechung der Stromversorgung; nach BGH reicht es auch nicht aus, wenn nur ein einzelnes Zimmer nicht bewohnbar ist)

kann durch Brand, durch versuchte Brandstiftung, durch Explosionen sein

–> hier dann oft erfolgsqualifizierter Versuch! (weil irgendjemand stirbt…)

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4
Q

Einfache Brandstiftung, § 306

A
  • reicht, wenn ein Objekt brennt (trotz Plural)
  • auch solche Gebäude, die noch nicht oder nicht mehr bewohnbar sind (Rohbau oder Ruine)
  • “fremde” Dinge nur, daher qualifizierte Form der Sachbeschädigung
    –> DAHER kann Einwilligung des Opfers zu einer Rechtfertigung führen; glaubt der Täter an eine Einwilligung, greifen die Grundsätze über den ETBI ! –> daran denken!
    (dann meist § 265 gegeben)
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5
Q

Schwere Brandstiftung, § 306a I

A

abstraktes Gefährdungsdelikt, das dem Schutz bestimmter Wohn- und Aufenthaltsstätten dient
–> dh, dass keine konkrete Gefahr für einen Menschen begründet werden muss!

–> Strafbarkeit soll ausgeschlossen sein, wenn nach der objektiven Sachlage eine Gefährdung von Menschenleben offensichtlich ausgeschlossen war und der Täter sich vorher in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise Gewissheit verschafft hat (nur bei kleinen, überschaubaren Objekten der Fall); teleologische Reduktion folgt aus hoher Mindeststrafe und Schuldprinzip

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6
Q

der Wohnung von Menschen dienen, § 306a I Nr. 1

A

= Gebäude muss seiner konkreten Verwendung nach zumindest vorübergehend zur Unterkunft von Menschen vorgesehen sein, dh zum Mittelpunkt des Aufenthalts gemacht werden; entscheidend ist die reale Widmung zum Wohnen (anhand von Indizien feststellen)

muss von mindestens einer Person tatsächlich bewohnt werden (punktuelle oder auch längere Abwesenheit schadet jedoch nicht)

kann durch Inbrandsetzen konkludent aufgehoben werden; faktische Entwidmung setzt aber das Aufgeben ALLER Bewohner voraus; ist auch unschädlich, wenn Bewohner das Haus im Falle des Fehlschlags weiter benutzen will, weil dann trotzdem während Brandlegung keine abstrakte Gefahr besteht

kann auch NOCH nicht zum Wohnen gewidmet sein

Und hier dann auch teleologische Reduktion ggf. prüfen (s.o. bei kleinen Räumlichkeiten)

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7
Q

Fordert § 306a II durch Verweis auf § 306 auch Fremdheit des Gebäudes?

§ 306a II iVm §306 prüfen

A

Nein, weil § 306a II dem Schutz der Gesundheit dient und konkretes Gefährdungsdelikt ist, und kein Sonderfall der Sachbeschädigung

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8
Q

§ 306a II: Werden Tatbeteiligte davon geschützt?

A

Dagegen spricht, dass Norm unbeteiligte Dritte vor dem Tun gerade solcher Personen schützen will;
(F befand sich bei Begehung der Tat in völliger Sicherheit und ging aufgrund eines freiverantwortlichen Entschlusses in Haus zurück, also -; scheitert jedenfalls an objektiver Zurechnung)

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9
Q

§ 306b II Nr.2:

A

Nicht erforderlich, dass die zu ermöglichende andere Straftat gerade unter Ausnutzung der spezifischen Brandsituation begangen wird. (Diebstahl, wenn alle anderen mit Löschen beschäftigt sind); Betrug danach genügt auch, enger zeitlich-sachlicher Zusammenhang.
–> nur relevant, dass Unrecht mit Unrecht verknüpft wird

265 nicht, weil Tathandlungen zusammenfallen.

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10
Q

Sonderproblem: Gemischt genutzte Gebäude bei § 306a I Nr. 1 und 3

A

können auch erfüllt sein, wenn bei gemischt genutzten Gebäuden ein Gebäudeteil in Brand gesetzt wird, der nicht zu Wohnung von Menschen dient; wenn der in Brand gesetzte Gebäudeteil nach seiner baulichen Beschaffenheit mit dem Gebäudeteil iSv § 306a I Nr. 1, 3 ein einheitliches Ganzes bildet (zB gemeinsames Treppenhaus)

wenn also dann nur gewerblicher Teil angesteckt wird, ist trotzdem Merkmal der Inbrandsetzung vollendet, Brandstiftung vollendet!, nicht nur Versuch; nicht aber Zerstören infolge Brandlegung, wenn nur konkrete Gefahr des Brandes im Wohnbereich bestand

–> dafür müsste dann Wohnung tatsächlich dauerhaft unbewohnbar sein

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11
Q

§ 306a I Nr. 3

A

Täter muss zumindest billigen, die Räumlichkeit werde gerade in der von der Vorschrift angesprochenen Zeit brennen

unter Nr. 3 fallen alle Räumlichkeiten, die nicht durch Nr. 1 und 2 genannt sind (Wohnmobile fallen unter Nr. 1); nicht erfasst Pkw und Telefonzelle;

wenn zu anderer Zeit angesteckt, dann bleibt nur 306!

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12
Q

Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I (Erfolgsqualifikation, § 18 StGB)

A
  • schwere Gesundheitsschädigung = Folgen des § 226, ernste langwierige Krankheit, erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitskraft oder anderer körperlicher Fähigkeiten
  • große Anzahl von Menschen, ab ca. 10 Personen
  • -> ein Weniger an Opfern verlangt ein Mehr an Gesundheitsschädigung und umgekehrt
  • auch die Schädigung von Rettern kann unter § 306b I fallen (da Opfer nicht schon zur Zeit der Tat im Gebäude gewesen sein muss)
  • -> differenzierende Ansicht sieht bei Berufsrettern gefahrspezifischen Zusammenhang als gegeben an, bei sonstigen Rettern nicht (Handeln auf eigene Gefahr) (Retterfälle) –> Stichwort eigenverantwortliche Selbstgefährdung (hier auf nachvollziehbare Verhaltensweise abstellen)

auch erfolgsqualifizierter Versuch möglich (§§ 306b I, 22, 23), weil schwere Folge auch aus Brandstiftungshandlung folgen kann.

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13
Q

Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b II (Quali von § 306a)

A
  • Str hier vor allem, in welchem Verhältnis Brandstiftung und weitere Tat zueinander stehen müssen
  • -> BGH: jede Verknüpfung genügt (§ 265 nicht, § 263 III Nr. 5 schon); weil nur Verknüpfung Unrecht mit weiterem Unrecht bestrafe, weil Täter die gefährliche Brandsituation zu seinem Vorteil ausnutzt!; gleich wie § 211 zu behandeln
  • -> aA naher zeitlicher, sachlicher und räumlicher Zusammenhang
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14
Q

Brandstiftung mit Todesfolge, § 306c (Erfolgsquali)

A
  • greift nicht, wenn ein Tatbeteiligter zu Tode kommt (“eines anderen Menschen” ?); weil nicht zu Gunsten derer dient, vor denen er Schutz bieten soll
  • bei Rettern gleich wie bei § 306b I
  • auch hier wohl erfolgsqualifizierter Versuch möglich (da Brandlegung als Tathandlung aufgenommen)
  • leichtfertig handelt, wer die sich ihm aufdrängende Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs aus besonderem Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lässt
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15
Q

Prüfung § 306c: Erfolgsqualifikation:

A
  • Grundtatbestand: kann auch versucht sein (Wortlaut “durch eine Brandstiftung”)
  • schwere Folge eingetreten (Person muss sich nicht schon in Räumlichkeit befunden haben)
  • spezifischer Gefahrzusammenhang
  • -> durch Brandstiftungshandlung möglich, erfolgsqualifizierter Versuch? möglich, weil Brandlegung in Tatbestände eingefügt wurde und damit gerade Explosionen erfasst werden sollten
  • Zurechnungszusammenhang bei Rettern durch freiverantwortliche Selbstgefährdung unterbrochen?
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16
Q

Fahrlässige Brandstiftung nach § 306d

A

Gesetzeslektüre reicht eigentlich; plus s. Notizen

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17
Q

Exkurs: Versicherungsmissbrauch, § 265 StGB

A
  • schützt die Leistungsfähigkeit der Versicherer
  • § 265 tritt als mitbestrafte Vortat (weil überschießende Innentendenz und daher früh verwirklicht) hinter dem später begangenen Betrug zurück (Wortlaut etwas missglückt, § 265 a.E.)
  • Sache muss versichert sein, egal, ob Vertrag anfechtbar oder nichtig ist
  • nur Sachversicherungen, keine Haftpflichtversicherung fällt darunter (§ 263 I nur)
  • weite Vorverlagerung der Strafbarkeit, da schon mit Handlung vollendet (analoge Anwendung des § 306e systematisch sehr zweifelhaft); daher fällt es nicht unter § 306b II Nr. 2, weil Tathandlungen zusammenfallen.
  • Repräsentantentheorie nur noch bei § 263 nötig (weil hier immer noch RECHTSWIDRIGER Vermögensvorteil notwendig); bei § 265 nicht mehr, weil nur Leistungen beansprucht werden müssen, egal ob rm oder rw
  • -> wenn sich Versicherungsnehmer das Handeln des Täters als Repräsentant zurechnen lassen muss, dann greift § 81 VVG und Vermögensvorteil ist rw, und daher Täter nach § 263 III StGB strafbar; hier keine TBVss mehr
  • bei § 265 muss Sache versichert gewesen sein; bei § 263 reicht Vortäuschen! :)
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18
Q

Allgemeines zu Straßenverkehrsdelikten:

A

Sehr klausurträchtig (Examensklausur Nr. 7) (direkt nach AT und Vermögensdelikten), aber immer die gleichen Problemkonstellationen, also eigentlich dankbar

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19
Q

Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, § 316a

A
  • eigenständiges, gegen die Sicherheit des Straßenverkehrs gerichtetes Delikt
  • Tathandlung: Angriff verüben
  • Täter: kann von außen kommen, aber auch Mitfahrer oder sogar Fahrer selbst sein
  • Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs!!! (zentral)
  • subjektiver TB: Vorsatz bzgl des Angriffs und Absicht, einen Raub,…. zu verüben
  • RW, Schuld
20
Q

Konkurrenzen im Umfeld von § 316a:

A
  • § 316a und §§ 249, 252, 255 stehen zueinander in Tateinheit, § 52
  • versuchte §§ 249 ff. treten indes hinter § 316a zurück (konsumiert)
  • bei qualifiziert versuchtem Raub §§ 250, 251 hingegen wieder Tateinheit mit § 316a, weil sonst Unrechtsgehalt nicht im Urteilstenor erscheint

–> daher gilt für Klausuraufbau grundsätzlich, mit §§ 249 ff. zu beginnen

21
Q

Samstags-Klausur Fall zu § 316a: Unter Vorspiegelung einer Polizeikontrolle wird Lkw-Fahrer herausgewunken.

A

–> BGH nahm § 316a an: zwar reicht List nicht aus (eigentlich), aber vorliegend war es (irrtümlich als gerechtfertigt angesehene) Nötigungssituation –> wenn man Polizeikontrolle vortäuscht, wirkt man auf die Entschlussfreiheit des anderen ein, weil dieser sich gezwungen sieht, anzuhalten; daher +

(auch § 132 und § 248b waren gegeben)

22
Q

An welche Delikte ist zu denken, wenn Kfz involviert ist?

A

315, 315b, c, d, 316, 316a, 142, 248b

23
Q

Wann ist § 316a vollendet?

A
  • entweder erst mit Raub, wenn man es als Vermögensdelikt ansieht (zw)
  • wenn Schutzgut Sicherheit des Straßenverkehrs, dann mit Beeinträchtigung von Leib und Leben oder Entschlussfreiheit vollendet (wohl nicht schon mit Angriff, weil sonst zu früh)
24
Q

Unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs

A

wenn die Tat in naher Beziehung zum Kfz als Verkehrsmittel steht, Kfz muss im Tatplan als Transportmittel eine ausschlaggebende Rolle spielen; Kfz muss geführt/gefahren werden;
es müssen verkehrsspezifische Umstände vorliegen, die den Angegriffenen an der Abwehrmöglichkeit hindern, weil er auf den Verkehr achten muss!

nicht gegeben, wenn Auto hält (außerhalb von Ampeln) oder sich Fahrzeugführer außerhalb aufhält

–> der Täter muss ausnutzen, dass sich der Fahrzeugführer auf den Verkehr konzentrieren muss.

25
Q

Vom BGH entschiedener Fall zur Frage, ob § 316a vorliegt, wenn der Angriff VOR dem Führen des Kfz beginnt.

Differenzieren: aber kritisch

A
  • wenn Angriff vor Fahrtantritt verübt wird und dann Fahrer zur Fahrt gezwungen wird, ist es ausreichend; erst durch erzwungene Fahrt sei die Gegenwehr und die Fluchtmöglichkeit des Opfers endgültig eingeschränkt gewesen und daher Ausnutzung der Verhältnisse des Straßenverkehrs. +
  • anders soll es sein, wenn Angriff bereits im Haus stattfindet, die Täter das Opfer bereits unter ihre uneingeschränkte Kontrolle gebracht haben Kfz dann nur noch als Beförderungsmittel dient.
26
Q

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, § 315b (konkretes Gefährdungsdelikt)

–> Struktur:

A
  • § 315b I, wenn Täter Tathandlung vorsätzlich begeht und konkrete Gefahr vorsätzlich verwirklicht
  • § 315b IV iVm I bei vorsätzlicher Tathandlung und fahrlässiger Gefährdung
  • bei fahrlässiger Tathandlung und fahrlässiger Gefährdung greift § 315b V iVm I
  • § 315b III iVm § 315 III bei Absicht, Unglücksfall herbeizuführen oder andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken

–> der Korrektorin klarmachen, dass Systematik verstanden, indem man schreibt : “…könnte sich wegen vorsätzlichen/fahrlässigen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar gemacht haben.”

27
Q

Konkrete Gefährdung notwendig iSv =

A

nach gefestigter Rechtsprechung muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt haben, in der die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (Beinahe-Unfall)

iSv “gerade noch einmal gut gegangen”

28
Q

Tatvarianten:
Nr. 1: Anlage beseitigt (Gullydeckel-Klau)
Nr. 2: Hindernisse bereiten
Nr. 3: sonstige Eingriffe (wurde abgelehnt für Schüsse, weil keine verkehrsspezifische Gefahr dadurch verursacht)

A

–> wichtig: es ist anerkannt, dass 315b nur von außen kommende, verkehrsfremde Eingriffe in den Straßenverkehr erfasst!!! (Begründung folgt aus Vergleich zu § 315c)

–> Eingriffe innerhalb des fließenden und ruhenden Verkehrs sollen daher nur dann unter § 315b fallen, wenn sie sich als Zweckentfremdung des Straßenverkehrs darstellen; dann zu bejahen, wenn der Täter absichtlich den Verkehrsvorgang für eigene Zwecke missbraucht = Pervertierung des Straßenverkehrs für verkehrsfremde Zwecke
BGH fordert eine grobe Einwirkung von einigem Gewicht

–> subjektiv muss zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich der konkreten Gefahr für Leib und Leben oder Sachen (bedeutender Sachwert derzeit ca. bei 750€) vorliegen; BGH fordert zudem mindestens bedingten Schädigungsvorsatz !!! = ungeschriebene Voraussetzung!!!
(BGH will hiermit verhindern, dass bewusst gefährliche Verhaltensweisen über 315b pönalisiert werden; vielmehr über 315c oder 240)

29
Q

Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c (konkretes Gefährdungsdelikt zum Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs)

Systematik:

A
  • Nr. 1 a, b : Fahren in fahruntauglichem Zustand
  • Nr. 2a-g die sieben Todsünden im Straßenverkehr
  • § 315c I: Tathandlung und Gefährdung vorsätzlich (=vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs)
  • § 315c III Nr. 1 IVm I: Tathandlung vorsätzlich und Gefährdung fahrlässig (? vorsätzlich wegen § 11 II)
  • § 315c III Nr. 2 iVm I: Tathandlung und Gefährdung fahrlässig (fahrlässige Gefährdung)
30
Q

Einzelprobleme zu § 315c:

A
  1. Fahruntüchtigkeit nach Nr. 1a: 1,1 %. oder mehr: Absolute Fahruntauglichkeit (bei Fahrrad bei 1,6 %.); zwischen 0,3 und 1,1 relative Fahruntauglichkeit, also zusätzliche Beweisanzeichen nötig (ansonsten nur OWi nach § 24a StVG wenn über 0,5)
  2. Rücksichtslos bei Handeln aus eigensüchtigen Gründen bzw. besonderer Gleichgültigkeit; grob verkehrswidrig handelt, wer besonders schweren Verstoß gegen Verkehrsvorschrift begeht
  3. konkrete Gefahr muss vorgelegen haben (Beinahe Unfall; nur vom Zufall abhängt; bei Rechtsgutsverletzung natürlich erst recht gegeben)
31
Q

Beliebtes Klausurproblem 1: Beifahrer wurde mitgenommen und nichts ist passiert. Fraglich ist, ob die absolute Fahruntüchtigkeit als solche bereits eine konkrete Gefahr für Mitfahrer begründet?

A
  • BGH hatte diese Frage ursprünglich bejaht (dann differenzierender, dass konkrete Gefahr vorliegt, wenn Fahrer nicht mehr zu kontrollierten Fahrmanövern imstande)
  • Lit eher ablehnend, weil dann § 315c als abstraktes Gefährdungsdelikt gesehen wird und für 316 nicht genug Raum mehr ist; muss also tatsächlich konkret gefährdende Situation gegeben sein;
    ansonsten ist es eben ein 316
32
Q

Beliebtes Klausurproblem 2: Strafbarkeit nach § 315c ausgeschlossen, wenn sich Opfer in voller Kenntnis des Risikos in Fahrzeug setzt.

A
  • eigenverantwortliche Selbstgefährdung (aber keine Tatherrschaft); daher eher einverständliche Fremdgefährdung
  • oder auf RF-Ebene und Einwilligung prüfen: nach Lit kann Rechtsgutsinhaber über Rechtsgüter verfügen; BGH verneint dies, weil § 315c zum Schutze des Straßenverkehrs dient und daher kein Ausschluss der Strafbarkeit durch Einwilligung möglich sei
    (dagegen spricht, dass konkrete Gefährdung eben doch Leib und Leben betrifft und daher eher obj Zurechnung ausschließt)
    aA gut vertretbar
33
Q

fremde Sachen von bedeutendem Wert =

A
  • ab 750€ Verkehrswert der Sache (aA 1300€) (nicht ausschlaggebend ist tatsächlich eingetretener Schaden)
  • nicht darunter fallen eigene Sachen des Täters (Gesetzestext)
  • nicht darunter fällt Tatmittel (Auto) selbst, weil Straßenverkehrsdelikt
  • nicht darunter fallen Sachen von Tatbeteiligten
34
Q

Trunkenheit im Straßenverkehr nach § 316 StGB (abstraktes Gefährdungsdelikt)

A
  • absolute und relative Fahruntüchtigkeit gilt auch hier
  • § 316 I (vorsätzlich) und § 316 II (fahrlässig; wird häufiger sein)
  • § 316 a.E. häufig subsidiär hinter § 315a und c (wohl nicht hinter b, vgl. Wortlaut)

(Exkurs: besoffener Fahrlehrer galt nicht als Fahrzeugführer iSd § 316 StGB, weil er die technischen Einrichtungen nicht bediente)

35
Q

Einführung zu § 142: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

A
  • kein Straßenverkehrsdelikt, weil es das Vermögen des Unfallbeteiligten schützen soll
  • häufig daher Tateinheit mit anderen Delikten anzunehmen
36
Q

Systematik:

Unfallort iSd § 142

A
  • § 142 I Nr. 1: Warte- und Vorstellungspflicht: hat aktive und passive Komponente (wenn er Personalien nicht angibt, muss er jedoch auf Polizei warten)
  • § 142 I Nr. 2: Wartezeit von mind. 10 Minuten ?! je nach Einzelfall unterschiedlich
  • § 142 II: nachträgliches Ermöglichen wird von Gesetzes wegen gefordert: Unterlassensstrafbarkeit !

Unter dem Unfallort ist der Bereich zu verstehen, der in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen steht und wo feststellungsbereite Personen ohne Weiteres zu erwarten sind. Nicht zu weit verstehen wie BVerfG, weil konturenlos!

37
Q

Einzelprobleme des § 142:

A
  1. auch Mitfahrer oder Halter können Unfallbeteiligte iSd § 142 V sein (wenn beim Unfall anwesend)
  2. Unfall im Straßenverkehr = plötzliches Ereignis im öffentlichen Verkehr, das mit dessen Gefahren in ursächlichem Zusammenhang steht und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat, der nicht völlig unerheblich ist (20-50€)
    –> muss sich um öffentlichen Verkehr handeln, nicht hingegen privater Stellplatz oder Hof, Tiefgarage, Straßengraben oder Feld
    (kein Unfall im Straßenverkehr liegt vor, wenn vorsätzliche Schadensherbeiführung durch Verkehrsunfall (Umfahren und töten einer Person) = nemo-tenetur und daher Unzumutbarkeit des Wartens; wird sowieso verdrängt; und kein Zusammenhang mit den Gefahren des Straßenverkehrs, kein Unfall, kein plötzliches Ereignis
38
Q

Häufigstes Klausurproblem von § 142: Unvorsätzliches Entfernen vom Unfallort

A

Zentrale Frage: Steht unvorsätzliches Entfernen vom Unfallort einem berechtigten oder entschuldigten Entfernen nach § 142 II Nr. 2 gleich ?

Zuerst:

  • § 142 I Nr. 1 erfüllt?
  • -> hat sich von Unfallort ohne Angabenermöglichung entfernt +; ABER unvorsätzlich, daher Vorsatz ablehnen!!! dolus subsequens hier und nicht strafbar.

Es sei denn (kurz diskutieren):
wenn der Ort, an dem er sich befindet, noch als Unfallort beschrieben werden kann: beweglicher Unfallort laut BVerfG; aber kein zeitlich-räumlicher Zusammenhang mit Unfallgeschehen, kein innerer Zusammenhang zum Unfallgeschehen; Analogie über Wortgrenzen hinaus zulasten des Täters, daher ablehnen.

  • kein § 142 I, 13 I, weil § 142 II vorgeht, normiert Unterlassensstrafbarkeit

Dann:
- § 142 II Nr 2:
entschuldigt sei untechnisch/undogmatisch zu verstehen, daher unterfällt auch das unvorsätzliche Entfernen der Nr. 2, weil ja das Vermögen des Geschädigten geschützt werden soll und man bei Erkennen dem Täter diese Pflicht auferlegen muss; entsteht sonst sachlich nicht gerechtfertigte Strafbarkeitslücke; vergleichbare Interessenlage bei unter Schock stehendem Entfernen oder unvorsätzlichem Entfernen; § 142 soll umfassend die zivilrechtlichen Ansprüche sichern

  • BVerfG sagt aber: ein Subsumieren von unvorsätzlich unter entschuldigt sprengt die Wortlautgrenze und verstößt gegen das Analogieverbot, Art. 103 II GG;
    unvorsätzlich Entfernender wird von der Appellfunktion des TB nicht erreicht; ganz andere Fallkonstellationen; Fragmentarischer Charakter des Strafrechts

–> straflos (Gesetzgeber sollte wohl tätig werden)

39
Q

§ 142 IV: Tätige Reue

A
  • nur wenn Unfall außerhalb des fließenden Verkehr; nicht bedeutender Sachschaden

daher regelmäßig Anfahren parkender Fahrzeuge

40
Q

§ 248b: Unbefugter Gebrauch eines Kfz

A
  • schützt das Gebrauchsrecht (hM)
  • daher kann auch der Eigentümer ggü dem Gebrauchsberechtigten § 248b begehen!
  • Strafantrag nach § 248b III erforderlich
  • Dauerdelikt und daher während der gesamten Benutzung verwirklicht
  • TB ist formell subsidiär und tritt hinter allem zurück (tritt auch ggü § 246 zurück, weil Eingriff in ET intensiver)
  • der Verbrauch des Benzins ist bereits von § 248b umfasst (kein 242, 246 mehr prüfen, aber immer klarstellen) (außer, wenn es Täter gerade auf Sparen von Benzin ankommt, naja)
  • Tatobjekte sind Kfz und Elektrische Fahrräder und Rollstühle (248b IV)
  • Tathandlung muss Ingebrauchnahme sein ISv zur Bewegung benutzen (mit oder ohne Motorkraft) (daher nicht bloßes Anlassen des Motors, blindes Mitfahren oder Anhängen des Fahrrads an fremdes Fahrzeug)
  • fehlende Befugnis
41
Q

Klausurprobleme bei fehlender Befugnis, § 248b

A
  1. Der nicht so berechtigte Fahrer
    - -> nicht gegeben, weil grundsätzliche Erlaubnis besteht (zB Taxifahrer zu privaten Umwegen; anders jedoch bei Taxifahrer an freien Tagen) (wie Zivilrecht)
  2. Der nicht mehr berechtigte Fahrer
    - -> fällt darunter = unbefugtes Ingebrauchhalten ist wie unbefugtes Ingebrauchnehmen (wie Zivilrecht)
  3. Auswirkungen des mutmaßlichen Einverständnisses auf die Unbefugtheit (schließt diese wohl aus; Fall war, dass Autovermietung wohl mit Rückführung einverstanden war)
42
Q

§ 21 StVG

A

lesen

43
Q

§ 315d (aus JuS 2018, 18)

Struktur des Tatbestands

https://verlag.jura-intensiv.de/media/pdf/b3/2a/cf/RA-11-17_315d_kraftfahrzeugrennen_ansicht.pdf

A
  • Abs. 1 ist abstraktes Gefährdungsdelikt
  • Abs. 2, 4 sind konkrete Gefährdungsdelikte (vorsätzlich und fahrlässig)
  • Abs. 3 normiert Versuchsstrafbarkeit für Abs. 1 Nr. 1
  • Abs. 5 ist Erfolgsqualifikation
44
Q

Rennen iSv § 315d nach Gesetzesbegründung

P: hinreichende Bestimmtheit des Begriffs “Rennen”, Art. 103 II GG?

A

“Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird, wobei es einer vorherigen Absprache aller Beteiligten nicht bedarf”

nach JuS 2018, 18 abzulehnen:

  • weil es nicht an § 29 StVO angelehnt werden kann: StGB höhere Anforderungen als bei OWi; andere Schutzgüter
  • daher strafrechtsautonom auszulegen
  • nach Ansicht des Aufsatzes hinreichend bestimmt, weil Sinngehalt durch Auslegung bestimmt werden kann; AA gut vertretbar
45
Q

Prüfungsschema Grunddelikt § 315d I

A
  • Im Straßenverkehr (wie 315c, 316)

Nr. 1:

  • nicht erlaubtes KfZ Rennen = wenn Erlaubnis nach § 46 StVO fehlt (verwaltungsakzessorisch)
  • Kfz in § 248b legaldefiniert
  • Rennen (s.o.) = entscheidend ist das subjektive Element des Kräftemessens mit Wettbewerbscharakter
  • unerheblich, ob spontanes Rennen oder geplant
  • unerheblich, ob man zusammen startet oder getrennt
  • Bruch der Verkehrsregeln wohl nötig
  • Ausrichter ist, wer als geistiger und praktischer Urheber, Planer und Veranstalter die Veranstaltung (hier: das Rennen) vorbereitet, organisiert oder eigenverantwortlich ins Werk setzt.
  • Durchführen sind Handlungen, die im Ausführungsstadium des Rennens vorkommen (Einweisung in Startposition; Beleuchten der Strecke)

____

Nr. 2:

  • als Kraftfahrzeugführer teilnehmen = also nicht der Beifahrer, weil nicht für Beschleunigung oder Bremsen verantwortlich
  • unklar, wann Teilnahme gegeben ist, also schon bei Bereitstellen auf Startlinie ? strrr

Arg:

  • Versuchsstrafbarkeit fehlt hier
  • abstrakte Gefahr schon gegeben ?

___

Nr. 3:

  • hiervon werden die Alleinraser erfasst (“achte Todsünde des Straßenverkehrs”)
  • muss objektiv und subjektiv ein KfZ-Rennen nachstellen
46
Q

P: Rennen hat noch nicht begonnen/steht nicht unmittelbar bevor

A
  • bei Durchführen braucht man tatsächliches Stattfinden des Wettbewerbs; Versuchsstrafbarkeit nur, wenn unmittelbar vor Start verhindert wird
  • str bei Ausrichten; Wortlaut könnte auch Vorfeldmaßnahmen erfassen, bloße Organisation; Vergleich zu Durchführen kann in beide Richtungen deuten; Telos ausschlaggebend = muss schon gewisse Gefährlichkeit ausgehen; Gruppendynamik hervorrufen, die er nicht mehr verhindern kann; Ansonsten bleibt dafür die Versuchsstrafbarkeit aus Abs. III, um Vorfeldhandlungen zu pönalisieren
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Q

Jansen, NZV 2017, 214, 217; a.A: Zieschang, JA 2016, 721; Lehrbuch mit typischen Problemen lesen

zu 315d lesen, weiter vertiefen

A
  • Fall 5 Slides : Rspr-Übersicht Fall zu 315d I Nr. 3 StGB