Diebstahl und Unterschlagung Flashcards
Geschützte Rechtsgüter des Diebstahls?
nach hM Eigentum und Gewahrsam
kann Bedeutung erlangen für Strafantrag nach § 247 StGB, wenn Eigentum und Gewahrsam auseinanderfallen.
Wenn es nur auf Eigentum ankommt, dann muss nur Eigentümer Angehöriger sein. Wenn zwei selbstständige Elemente, dann müssen beide Angehörige sein. Wenn Gewahrsam nur Ausfluss des Eigentums, dann auf Eigentümer abstellen.
Ansprechen, wenn Sachverhalt sagt, dass kein Strafantrag gestellt ist!
Verhältnis Diebstahl - Unterschlagung
Unterschlagung ist immer subsidiär (formelle Subsidiarität in § 246 I StGB a.E.); gilt trotz unglücklicher systematischer Stellung auch für Abs. 2, 3 ! (auch str)
Wenn vollendeter Diebstahl bejaht wurde, dann kurz: “Der vom Gesetzgeber als Auffangtatbestand konzipierte § 246 StGB tritt dahinter als subsidiär zurück (formelle Subsidiarität).
Wichtiger und anzudenken, wenn Diebstahl nur versucht oder gar nicht verwirklicht. (Subsidiarität bei Versuch str., s.o.)
Leichenfledderei-Fall
- Toter kann keinen natürlichen Herrschaftswillen mehr bilden und daher keinen Gewahrsam begründen
- Fiktion des § 857 BGB nicht übertragbar, weil Gewahrsam als tatsächliches Herrschaftsverhältnis rechtlichen Fiktionen nicht zugänglich ist
–> i.E. versuchter Diebstahl und vollendete Unterschlagung
–> Verhältnis?:
eA: keine Subsidiarität, weil sonst Vollendungsunrecht keinen Niederschlag fände
aA: Zurücktreten: Arg: Wortlaut des § 246; Manifestation eines Zueignungswillens ist versuchsgleiches Unrecht und kein verstärktes Unrecht; Strafrahmen des versuchten Diebstahls liegt über der vollendeten Unterschlagung
Objektiver Tatbestand Diebstahl, § 242: Voraussetzungen
Obj. TB: - Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache
oft genügt: A müsste das Motorrad - eine fremde bewegliche Sache - weggenommen haben.
Sache
= jeder körperliche Gegenstand, § 90 BGB (nicht Energie, s. § 248c) sehr wohl aber Tiere wegen § 90a S. 3 BGB (bzw. s.o.);
Aggregatzustand ist egal (fest, flüssig, gasförmig)
Sonderproblem: Leichen und Leichenteile
Der Mensch ist nicht Sache, sondern Person und daher grundsätzlich nicht diebstahlsfähig.
Leiche ist nach hM aber herrenlose Sache (Herrenlosigkeit mit Todeseintritt), daher keine §§ 242, 246 möglich; daran können jedoch Aneignungsrechte bestehen; mit Ausübung der Aneignungsrechte ist eine Leiche dann eine fremde Sache.
(gleiches gilt für natürliche Leichenteile, etwa Organe; Aneignungsrecht etwa durch Organspendeausweis)
bei künstlichen Gegenständen:
- lose mit dem Körper verbundene Gegenstände fallen in den Nachlass und sind fremde, bewegliche Sachen
- fest verbundene Sachen sind wie natürliche Leichenteile zu behandeln (Herzschrittmacher)
- -> mit Einpflanzung des Herzschrittmachers ging Sachqualität und Eigentumsfähigkeit unter; wurde mit Tod wieder zur Sache (wie Leiche, die nicht Persönlichkeitsrückstand sondern Sache ist); kein § 953 BGB analog des Toten, vielmehr herrenlos.
Achtung:
Werden natürliche oder künstliche Körperteile vom lebenden Menschen getrennt, so fallen sie in analoger Anwendung des § 953 BGB in das Eigentum desjenigen; mit Tod geht Eigentum auf Erben über, § 1922 BGB
Sind Tiere Sachen?
Bürgerlich-rechtlich: Zwar keine Sachen, aber Vorschriften entsprechend anzuwenden nach § 90a S.3
für Übertragung spricht: Einheit der Rechtsordnung
gegen eine Übertragung spricht, dass §90a BGB dem Tierschutz, § 242 aber dem Eigentumsschutz dient: wohl eher strafrechtlicher Sachbegriff; s. aber §§ 324a I Nr. 1, 325 VI Nr. 1: auch im StGB +
Beweglich
= Transportfähigkeit; alle Sachen, die beweglich gemacht werden können
Fremd
= wenn die Sache im zivilrechtlichen (Mit)Eigentum eines anderen steht
(Achtung: oder: nicht im Alleineigentum des Täters steht, nicht herrenlos oder eigentumsunfähig sind)
Täter braucht keine konkrete Vorstellung von Eigentümer zu haben
Sonderproblem 1: Tanken, ohne zu bezahlen
Fall 1:
Benzin als fremde Sache?
eA: Benzin geht beim Tanken über, Einigung nach § 929 beim Tanken + (mangels Beobachtung keine Täuschung und damit kein § 263, wenn er sich nicht beobachtet fühlt auch kein Versuch)
aA: Eigentum bleibt bis zur Bezahlung beim Tankstelleninhaber; KV schon beim Einfüllen, dingliche Einigung aber erst an Kasse; dann ist Benzin fremd und Diebstahl möglich; §§ 947, 948 stehen nicht entgegen, weil dies nur zu Miteigentum führt
ABER kein Gewahrsamsbruch, weil Tankstelleninhaber mit Gewahrsamsübergang einverstanden ist
Betrug?
- in diesem Fall liegt keine Täuschung vor, weil der A nicht intellektuell auf das Vorstellungsbild des B eingewirkt hat, da dieser nicht zugeschaut hat; Versuch -, weil A sich nicht beobachtet fühlt
Unterschlagung + durch Wegfahren (Manifestation des Zueignungswillens)
kein 265a, weil Entgelt nicht für die Leistung des Automaten entrichtet, sondern für Benzin selbst
Sonderproblem 1: Tanken, ohne zu bezahlen
Fall 2:
Tatkomplex 1: Das Tanken
kein 242, zwar fremde Sache, aber kein Gewahrsamsbruch und keine Absicht rw Zueignung
kein Eingehungsbetrug, weil A bei Tanken noch zahlen wollte
Tatkomplex 2: Im Kassenraum
Betrug? keine ausdrückliche Täuschung; konkludente Täuschung durch Entgegennahme des Wechselgeldes? nein, weil darin nicht die schlüssige Erklärung zu sehen ist, dass Wechselgeld richtig ist, Schweigen hat keinen Erklärungswert, liegt im Risikobereich des Wechselgeldgebers;
Täuschung durch Unterlassen bei Garantenpflicht zur Offenbarung (-)
Tatkomplex 3: Das Wegfahren
242 -, weil Gewahrsam schon beim Tanken übergegangen
246: +, weil dingliche Einigung nicht zustande kam (bzw Bedingung nicht eingetreten); Zueignungswille hat sich spätestens durch Wegfahren (oder Verlassen des Kaufraums) manifestiert
Sonderproblem 1: Tanken, ohne zu bezahlen
Fall 3:
TK 1: Beim Tanken
242: zwar ist das Benzin fremd, jedoch kein Gewahrsamsbruch und auch keine Zueignungsabsicht
246 - bei Tanken; keine Manifestation
263 - bei Tanken; keine Einwirkung auf Vorstellungsbild
TK 2: Kassenraum
263: keine ausdrückliche Täuschung, aber konkludent durch Vorlegen der Bifi? wohl ja, weil damit zum Ausdruck kommt, dass man nichts weiter zu bezahlen habe
- -> Täuschung +; Irrtum +; aufgrund des Irrtums erfolgte Vermögensverfügung ist die Nichtgeltendmachung der Bezahlung, Verfügungsbewusstsein nicht erforderlich; Schaden +, weil Anspruch gegen unbekannten Schuldner wertlos ist
263 +; wohl auch 246 + durch Vorlegen der Bifi, aber subsidiär
TK 3:
242 -
246 + (Tatbestandslösung (es kann nichts mehr entzogen werden) oder Konkurrenzlösung (mitbestrafte Nachtat) hier, weil Subsidiarität nur für Tateinheit gilt)
Sonderproblem 2: Irrelevanz von Rückwirkungsfiktionen bei der Fremdheitsbestimmung (etwa 142)
Ist auszublenden, weil man sonst Anfechtungsfrist abwarten müsste, um festzustellen, ob Diebstahl vorliegt; Bei 123 BGB immerhin ein Jahr!
Wegnahme
= Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams
Gewahrsam
= von einem natürlichen Herrschaftswillen (genereller Wille genügt) getragenes tatsächliches Herrschaftsverhältnis über eine Sache, wobei die Anschauungen des täglichen Lebens maßgeblich sind (normativ-soziales Element)
–> kommt auf Verkehrsanschauung an und auf die Möglichkeit zur ungehinderten Einwirkung auf die Sache/Zugriffsmöglichkeit (etwa Pflug auf dem Feld; Briefe im Briefkasten)
Wichtig:
- Sache wird gewahrsamslos, wenn sich der Vergessende/Verlierende nicht an den Ort des Abhandenkommens erinnert und die Sache nicht in einer fremden Gewahrsamssphäre zurückbleibt; bei letzterem erlangt Sphäreninhaber aufgrund generellen Herrschaftswillens Gewahrsam (Kino, Supermarkt, etc.); er verliert Gewahrsam, wenn er sich nicht mehr erinnert; wenn er sich erinnert, dann Mitgewahrsam
Sonderproblem 1: Gewahrsam eines Bewusstlosen oder Schlafenden
wichtig, merken!!!
nach hM besteht genereller Herrschaftswille fort; nur Gewahrsamslockerung
gilt auch dann, wenn Schlafender oder Bewusstloser verstirbt, ohne sein Bewusstsein wiedererlangt zu haben, weil nur aktueller Wille zählt; und weil man nicht abwarten kann für Beurteilung der Strafbarkeit, ob jemand wieder aufwacht oder nicht.
Sonderproblem 2:
Abgrenzung Mitgewahrsam zum über-/untergeordneten Gewahrsam
- wenn mehrere Personen gleichberechtigt Gewahrsam haben: Mitgewahrsam –> gegenseitiger Gewahrsamsbruch möglich
- wenn mehrere Personen ungleichberechtigt Gewahrsam haben: über-/untergeordneter Gewahrsam –> nur der untergeordnete Gewahrsamsträger kann den des übergeordneten brechen, nicht umgekehrt
untergeordneter Gewahrsam soll vorliegen, wenn jemand als bloßer Gewahrsamshüter mit überwiegender Schutzfunktion eingesetzt ist
Kasuistik zu untergeordnetem Gewahrsam/Mitgewahrsam/Alleingewahrsam: LERNEN, NICHT LOGISCH
–> häufiges Kriterium ist die Einwirkungsmöglichkeit
- Kassierer haben Alleingewahrsam, sofern Ihnen die ausschließliche Verantwortung für den Inhalt der Kasse überantwortet ist: wenn nicht ohne Beteiligung des Kassierers entnommen werden dürfen oder der Kassierer für Fehlbestände haftet
- Filialleiter hat Alleingewahrsam über eigenverantwortlich geführte Filiale im Verhältnis zum Inhaber der Hauptfirma
- Fahrer eines Lkw, der ohne feste Route fährt oder sich auf einer Fernfahrt befindet, hat an der Ladung Alleingewahrsam (246 II bedenken!)
- Fahrer eines Lkw, der sich auf vorgegebener Route bzw. kürzerer Wegstrecke befindet, soll nur untergeordneten Gewahrsam innehaben, während Geschäftsherr übergeordneten Gewahrsam behält, da Einwirkungsmöglichkeit fortbesteht
- Angestellte und Verkäufer haben je nach dem untergeordneten Gewahrsam (kleinere Geschäfte mit Leitung des Geschäftsherren) oder Mitgewahrsam (größerer Laden mit eigenem Verantwortungsbereich)
- Auseinanderfallen der Herrschaft bzgl. eines Behältnisses einerseits und dem Schlüssel andererseits: Mitgewahrsam, wenn Schlüsselinhaber jederzeit Zugang hat; Alleingewahrsam des Herrschaftsinhabers, wenn Schlüsselinhaber immer Einverständnis braucht
Abgrenzung Diebstahl - Betrug !!!!
Gewahrsamsbruch liegt nur vor, wenn der Berechtigte die tatsächliche Herrschaft gegen oder ohne seinen Willen verloren hat; ansonsten kein Gewahrsamsbruch (tatbestandsausschließendes Einverständnis)
eine mit Verfügungsbewusstsein (und unmittelbar) vorgenommene Gewahrsamsübertragung löst Betrugsstrafbarkeit aus
Trickdiebstahl - Sachbetrug - Abgrenzung
Supermarktfall 1: A versteckt eine CD unter den Milchflaschen, Kassiererin sieht es tatsächlich nicht.
263 ?
Täuschung +, Irrtum +
P: Verfügungsbewusstsein?
- eA: kein konkretisiertes Verfügungsbewusstsein erforderlich, vielmehr reicht generelles Bewusstsein über Vermögensrelevanz des Verhaltens
- aA BGH: niemand kann über eine Sache verfügen, von der er nichts weiß
daher 263 -
242 ?:
- Fremdheit: +, Eigentumswechsel im Selbstbedienungsladen erst an Kasse
- Gewahrsamsbruch durch Legen in Einkaufswagen -
- vielleicht durch Passieren der Kasse, -, da keine endgültige neue Zuordnung geschehen (erst wenn er Laden verlassen hätte oder in Tasche gesteckt hätte: Gewahrsamsenklave)
242 II, 22, 23 + (nur auf Antrag 248a)
(kein Forderungsbetrug)
123 -, weil sich deliktische Absicht nicht nach außen manifestiert hat
(gleiches Ergebnis wohl, wenn CD in falscher Hülle an Kasse gegeben wird, dann auch kein Verfügungsbewusstsein)
Wichtig noch: Abgrenzung Diebstahl - Betrug nicht nur anhand des äußeren Erscheinungsbildes, sondern auch anhand der Willensrichtung des Opfers!
Opfer muss tatsächlich willentlich über Gegenstand verfügen; das ist nicht der Fall, wenn Opfer den Gewahrsam nicht übergehen lassen will oder jedenfalls nicht weiß, dass es Gewahrsam übergehen lässt;
–> wenn sich B als Polizist ausgibt und den Computer des A “beschlagnahmt”: dann fehlt es an der freiwilligen Vermögensverfügung, kein Betrug
hier ausnahmsweise Diebstahl anzunehmen! (weil Hoheitsgewalt freiwillige Verfügung ausschließt)
–> so auch, wenn C dem A und der B sein Handy gibt in der Annahme, es gleich wiederzubekommen; dann ist es äußerlich zwar Verfügung und keine Wegnahme, jedoch vielmehr “Ermöglichung des Gewahrsamsbruchs” von Seiten des Täters, aber keine Vermögensverfügung, daher Diebstahl (in einer Jus-Klausur andere Meinung, naja)
Wash-wash-Taten: Geld vervielfältigen
Auch hier liegt Trickdiebstahl vor, weil Opfer nur Gewahrsam lockert, und nicht durch Verfügung Gewahrsamsübertragung stattfinden soll (nach dem Willen)
auch hier: äußerlich eher Vermögensverfügung und keine Wegnahme
innerlich: keine freiwillige Vermögensverfügung, sondern Ermöglichung der Wegnahme