Aussagedelikte, Strafvereitelung, Falsche Verdächtigung, Vortäuschen einer Straftat Flashcards

1
Q

Vereiteln iSd § 258 StGB

A

= ein Verhalten, das nach seiner Zielsetzung darauf gerichtet ist, die Realisierung des in § 258 I StGB umschriebenen Ahndungs- oder Anordnungsrechts durch eine Besserstellung des Vortäters ganz oder teilweise zu verhindern.

(typisches Verhalten: Versteck gewähren)

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2
Q

Problem § 258:
Reicht für Vereitelung die erhebliche zeitliche Verzögerung der Strafverfolgung aus oder muss Strafverfolgung endgültig verhindert werden?

–> Vollendungszeitpunkt bei § 258 I

A

A1: Erfolg muss endgültig eintreten;
Arg: zeitliche Verzögerung zu unbestimmt und daher Verstoß gegen Art. 103 II GG; Wortlaut legt das nahe; außerdem gibt es Versuchsstrafbarkeit in Abs. IV, keine Strafbarkeitslücken

hM: liegt schon bei Verzögerung von geraumer Zeit vor
Arg: Wortlaut kann auch “vorerst/vorübergehend vereiteln” heißen; heißt auch “zum Teil”; bei Endgültigkeit würde nur in den seltensten Fällen Vollendung vorliegen
–>Rechtsgut der innerstaatlichen Strafrechtspflege ist auch bei erheblicher Verzögerung beeinträchtigt: erhöhte Gefahr des Beweismittelverlusts

str, was geraume Zeit bedeutet: hL nach § 229 I StPO 3 Wochen

teilweise vereitelt, wenn Strafe am Ende milder ausfällt.

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3
Q

Strafvereitelung, § 258:
Allgemeines
Prüfungsschema

A
  • persönliche Begünstigung durch Strafvereitelung
  • geschütztes Rechtsgut ist die Strafrechtspflege
  • § 258a ist Quali mit erhöhter Strafandrohung, § 258 III und VI nicht anwendbar

Obj TB:
- rechtswidrige Vortat; Vereitelungshandlung und -erfolg
- Subjektiv: dd. 1. oder 2. Grades notwendig hinsichtlich der Vereitelung; hinsichtlich Vortat genügt dolus eventualis

258 V, VI beachten als persönliche Strafausschließungsgründe !!!

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4
Q

Ist die Anstiftung zu § 258 strafbar, wenn der Vortäter dazu anstiftet?

A

Nein, schon wegen 258 V und aus Umkehrschluss aus fehlender Regelung wie 257 III 2.

(wenn aber ein völlig Unbeteiligter anstiftet, dann geht es schon)

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5
Q

258

A
  • immer erwähnen, ob Verfolgungs- (I) oder Vollstreckungsvereitelung (II) vorliegt

Verfolgungsvereitelung: Falsche Angaben ggü Strafverfolgungsbehörden; Verweigern von Angaben als Zeuge; Erwirken falscher Aussagen; Verstecken des Täters; Vernichten von Beweismitteln; Fluchthilfe; (NICHT ABER der Rat zu prozessual zulässigem Verhalten etwa bei Strafverteidiger) (NICHT sozialadäquates Verhalten wie ärztliche Versorgung eines Flüchtigen oder bloßes Obdachgewähren eines Straftäters, da sich Verhalten hier nicht gegen Strafrechtspflege richtet)

Vollstreckungsvereitelung: Gefangenenbefreiung; Beseitigen Vollstreckungsakten; Verbüßung Freiheitsstrafe für anderen

  • nach BGH ist Zahlung einer Geldstrafe durch Dritten oder Überlassung des Geldes kein 258, weil Vollstreckung ja gerade nicht verhindert wird, nur Strafzweckvereitelung; Ziel der Vollstreckung ist nach den 459 ff. StPO Durchsetzung der Zahlung, mehr nicht
  • anders aber, wenn jemand für einen anderen die Freiheitsstrafe absitzt, weil es hier gerade um die individuelle Einwirkung auf den Täter geht
  • problematisch ist oft Verhalten des Verteidigers; kein 258 jedenfalls, wenn er sich prozessordnungsgemäß verhält
  • wichtig ist Täter- und Angehörigenprivileg, § 258 V, VI !
  • § 258a kann von Richtern, Staatsanwälten, Polizeibeamten begangen werden, nicht jedoch Anwälten
  • Strafvollzugsbeamte begehen kein § 258, 13 I, wenn sie Misshandlungen von Häftlingen durch andere Bedienstete nicht melden, weil ihnen diesbezüglich (!) keine Garantenpflicht obliegt (ok, aber i.Erg. schwierig, meine Meinung)
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6
Q

P: Erlaubtes Verteidigerverhalten für 258?

Ist Verteidigerverhalten noch erlaubt oder erfüllt es den Tatbestand des § 258?

A

Hier muss man das Spannungsverhältnis der Rollen des Strafverteidigers darstellen: Einerseits ist er “Organ der Strafrechtspflege”, andererseits jedoch auch “Interessenvertreter eines potentiellen Straftäters”

Nach Rspr zB überschritten bei:
- Beseitigen oder Verfälschen von Beweismitteln
- Manipulieren von Zeugen
- Zurückhaltung von Akten zur Verfahrensverschleppung
- Einwirken auf Mandanten zur Erklärung von bewusst falschen Angaben
- Weitergabe von Akten zur Gefährdung des Untersuchungszwecks

nicht überschritten zB bei:
- Abraten von Selbstanzeige oder von Aussage
- Anraten zur Geltendmachung von Rechten
- selbstständige Befragung von Zeugen außerhalb der Hauptverhandlung
- Vortragen zweifelhafter Behauptungen des Mandanten, ohne eigene Kenntnis vom Gegenteil

–> Wertungsfrage!

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7
Q

Strafvereitelung im Amt, § 258a

A
  • unechtes Amtsdelikt (allgemein strafbar, aber bei Amtsträgern höheres Strafmaß) und Quali zu 258
  • für Teilnehmer gilt § 28 II !

typische Fälle:
- Polizeibeamter will den Anzeigenden zur Rücknahme der Anzeige bewegen, weil er bewusst wahrheitswidrig Aussichtslosigkeit betont
- Nichtannahme (§ 13) von Strafanzeigen durch Polizeibeamten
- Verschweigen (§ 13) von privat bekannt gewordenen Straftaten von einigem Gewicht (hier aber Abwägung zwischen APR und öffentlichem Interesse, jedenfalls bei Katalogtaten des § 138 wohl anzunehmen)

  • subjektiver TB gleiche Anforderungen; Amtsträger muss zusätzlich bewusst sein, jemanden trotz entgegenstehender amtlicher Verpflichtung vor Strafe zu bewahren
  • auch hier gilt 258 V, nicht jedoch Angehörigenprivileg aus 258 VI
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8
Q

Wer ist eine zur Eidesabhahme zuständige Stelle iSd § 154?

A

NUR das Gericht, nicht die Staatsanwaltschaft oder die Polizei, (§ 161a I 3 StPO für StA; § 163 III 3 StPO für Polizei)

hier muss auch die Eidabnahme überhaupt gesetzlich zugelassen sein, und die den Eid abnehmende Person hierzu gesetzlich ermächtigt sein (NICHT Rechtspfleger nachh § 4 II Nr. 1 RPflG, und nicht Referendare § 10 S. 2 GVG)

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9
Q

Allgemeines über Delikte gegen die Rechtspflege:

A
  • vor allem Standardprobleme relevant
  • §§ 153 ff, 145d, 164, 258 als Block
  • wenn jemand falsch vor der Polizei oder der Staatsanwaltschaft falsch aussagt, kommen die §§ 153 ff. nicht zur Anwendung (s. §§ 161a I 3, 163 III 3 StPO); nur die anderen Delikte denkbar
  • §§ 153 ff. auch nie zulasten des Angeklagten: der darf zur eigenen Verteidigung lügen; auch kein 258, da 258 V; nur 145d, 164 denkbar
  • §§ 153 ff. sind abstrakte Gefährdungsdelikte (es kommt also nur auf die falsche Aussage an sich an, nicht, dass sie auch Gegenstand der gerichtlichen Feststellungen wird)
  • geschütztes Rechtsgut: die innerstaatliche Rechtspflege: öffentliches Interesse an wahrheitsgemäßen Tatsachenfeststellungen
  • § 154 ist Qualifikation des § 153; Täter des § 154 kann jedermann sein, nicht nur Zeugen und SV
  • Versuch des § 154 strafbar: Verbrechen! (§ 12 I)
  • Versuch des § 153 nicht strafbar; auch kein Fahrlässigkeitsdelikt möglich, s. § 161
  • Tätigkeitsdelikte; eigenhändige Delikte (deshalb keine Mittäterschaft oder mittelbare Täterschaft; für mT aber § 160 normiert)
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10
Q

P1: Wann ist eine Aussage falsch iSd §§ 153 ff. ?

A
  • nach Rspr nach der objektiven Theorie bestimmt = Aussage ist falsch, wenn sie inhaltlich nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt (Auseinanderfallen von Wort und Wirklichkeit)
  • die subjektive Theorie geht davon aus, dass Aussage falsch ist, wenn sie sich nicht mit dem Vorstellungsbild des Aussagenden deckt (Auseinanderfallen von Wort und Wissen)
    (- die Pflichttheorie stellt darauf ab, ob der Aussagende bei kritischer Prüfung der Erinnerung bzw. der Wahrnehmung das Auseinanderfallen von Aussageinhalt und Wirklichkeit hätte erkennen können)

Stellungnahme:
- für objektive Theorie spricht Existenz von 161 ff. : bei subjektiver Theorie hätten die 161 ff. sehr schmalen Anwendungsbereich; auch ist § 160 mit der subjektiven Theorie nicht erklärbar, weil der Vordermann sonst schon keine falsche Aussage tätigen würde; außerdem ist die Rechtspflege nur verletzt, wenn tatsächlich falsche Aussage vorliegt; einheitlicher Maßstab; Beweisgründe

–> MERKE: oft wird für §§ 153, 154 der Vorsatz fehlen; dann aber an 161 denken bei 154

–> ACHTUNG: wenn Richter nur nach der Vorstellung des Zeugen fragt, dann fallen objektive und subjektive Theorie denknotwendig zusammen. (dann wird Zeuge sein Vorstellungsbild regelmäßig richtig abgeben!)

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11
Q

P2: Umfang der Wahrheitspflicht ? Bei Spontanäußerungen

–> Stellt die Äußerung eine Aussage iSd 153 ff. dar?

A
  • grundsätzlich sämtliche Aussagen, die Gegenstand der Vernehmung sind
  • str: auch Tatsachen, die dem gerichtlichen Beweisbeschluss nicht unterfallen (also spontane und beiläufige, freiwillige Angaben)?
  • -> Zählt die Äußerung noch zum Vernehmungsgegenstand?
  • hM/Rspr: Nein, weil Beweisbeschluss den Vernehmungsgegenstand vorgebe; nur durch nachträgliche richterliche Erweiterung des Beweisthemas (etwa durch nochmalige Bestätigung der Aussage auf Aufforderung des Richters) X
  • mM: auch Spontanäußerungen, wenn sie aufgrund prozessualer Verwertbarkeit die gerichtliche Tatsachenfeststellung gefährden; Arg: abstrakte Gefährdungsdelikte, die die Reinheit der Tatsachenfeststellung schützen

–> Stellungnahme: Bestimmtheitsgebot für Zeugen nur durch hM gewahrt !

aber auch mal an Versuch dann hier denken. II in Abgrenzung zu straflosem Wahndelikt

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12
Q

P3: Meineid Jugendlicher

?

A
  • Eidesfähigkeit nach § 60 StPO muss gegeben sein (nicht bei unter 18-Jährigen!) (16-Jährige im Zivilprozess § 393 ZPO) sind wegen ihrer Jugend noch nicht eidesfähig

Was ist, wenn sie doch vereidigt werden und die Eideseinsicht trotz ihrer Jugend besitzen?

BGH hat Strafbarkeit bejaht, weil durch Falschaussage die Strafrechtspflege gefährdet ist (abstrakte Gefährdungsdelikte!!); aber nur, wenn Eideseinsicht besteht, im Einzelfall.

Lit: Altersgrenze im Gesetz als unwiderlegliche Vermutung, dass Jugendlichen unter 16/18 Jahren die Einsicht fehlt, daher nicht strafbar

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13
Q

Straftatbestand des § 153 StGB

A
  • vor Gericht: sämtliche inländischen staatlichen Rechtsprechungsorgane in all ihren Funktionen (nicht nur Strafgerichte)
  • NICHT Polizei oder Staatsanwaltschaft (§§ 161a I 3, 163 III 3 StPO): hier keine Strafbarkeit nach §§ 153 ff., sondern nur 145d, 164, 258
  • nur Zeugen (48 ff. StPO) oder Sachverständige (72 ff. StPO) (nicht Beschuldigter, nicht Partei im Zivilprozess)
  • Vorsatzdelikt, dh der Vorsatz des Täters muss auf die Falschheit der Aussage gerichtet sein; nicht gegeben, wenn Täter glaubt, dass das, was er sagt, objektiv wahr ist; dann allenfalls Fahrlässigkeit, aber diese ist straflos (161 nur bei 154-156)
  • vollendet ist die Tat erst mit Abschluss der Aussage/der Vernehmung, die sich über mehrere Gerichtstermine ziehen kann; wenn die falsche Aussage vorher berichtigt wird, liegt ein strafloser Versuch vor, und § 158 ist nicht anwendbar
  • Angeklagter ist kein tauglicher Täter = nemo tenetur se ipsum accusare (dieser kann nur 164, 145d)
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14
Q

Meineid und eidesgleiche Bekräftigung, §§ 154, 155

A
  • auch hier nicht Polizei oder Staatsanwaltschaft; Beachtung der wesentlichen Formerfordernisse, §§ 64 ff. StPO, §§ 481 ff. ZPO
  • was ist, wenn Verfahrensfehler vorliegen? (wie etwa Belehrungspflicht verletzt oder verbotene Vernehmungsmethoden?, aber auch Verletzung der Formerfordernisse des Eides)
    • hM: kein Einfluss auf die Strafbarkeit
  • -mM: keine Strafbarkeit, kein Schutz der Rechtspflege, wenn diese gegen ihre eigenen Regeln verstoße; Aussagedelikte und Prozessrecht so eng verschränkt (Tatbestandslösung)
  • -> iErg ist Schutzgut die Rechtspflege als tatsächliche, mangelhafte Erscheinung und dem Gericht sind die Verfahrensfehler regelmäßig noch nicht bekannt, sodass Tatsachenfeststellung behindert werden kann, kann aber auf Ebene der Strafzumessung Berücksichtigung finden (Strafzumessungslösung = Strafmildernden)
  • Vorsatz setzt auch hier die Kenntnis der Falschheit der Aussage voraus und dass der Täter davon ausgeht, dass die Aussage vom Eid gedeckt ist und ggü der zuständigen Stelle abgegeben; wenn -, dann § 161 !
  • vollendet im Falle des Nacheids (bei Zeugen § 59 II, Sachverständige § 79 II) mit vollständiger Ablegung der Eidesformel.
  • Versuch hier aber dann §§ 154, 22, 23 denkbar, Täter muss aber zum Sprechen der Eidesformel angesetzt haben
  • beim Voreid (Dolmetscher § 189 I 1) setzt man mit Beginn der falschen Aussage zum Versuch an, mit Abschluss der Aussage tritt Vollendung ein
  • Rücktritt vom 154, 22, 23 bei Voreid: führt zu Straflosigkeit, versuchter 153 ist nicht strafbar
  • Rücktritt vom 154, 22, 23 bei Nacheid: führt zu Rücktritt von 154, aber 153 ist noch gegeben! (hier aber dann ggf. rechtzeitige Berichtigung nach § 158)
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15
Q

Beachte: § 157 StGB: Aussagenotstand

A

persönlicher Strafmilderungsgrund iRd Strafzumessung relevant

auch mal an § 35 StGB denken

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16
Q

§ 158, Berichtigung falscher Angaben

A
  • spezielle Regelung der Tätigen Reue
  • der Täter muss seine Angabe rechtzeitig (vgl. § 158 II) berichtigen: insbesondere dann, wenn Berichtigung bei der Entscheidung noch verwertet werden kann, also regelmäßig bis Schluss der mündlichen Verhandlung des jeweiligen Rechtszuges
  • § 158 kommt NUR bei vollendetem Delikt in Betracht; davor Versuch (bei 153 straflos) und Rücktritt
17
Q

§ 159 : Versuch der Anstiftung zur Falschaussage

A

ausnahmsweise versuchte Anstiftung zu einem Vergehen strafbar hier

–> §§ 153, 159, 30 I

ACHTUNG:
Nach BGH ist die versuchte Anstiftung nur strafbar, wenn die in Aussicht genommene Haupttat im Falle ihrer Begehung den TB der §§ 153, 156 voll verwirklicht hätte; teleologische Reduktion des § 159 StGB

18
Q

Verleitung zur Falschaussage, § 160

A

Allgemein:
§ 160 wegen sehr milder Strafandrohung wohl nur Ergänzungsfunktion; nur dort Raum, wo weder Anstiftung noch versuchte Anstiftung in Betracht kommen, also wenn Hintermann den Aussagenden für gutgläubig hält; also Strafbarkeitslücken schließen

–> dh wenn Tatveranlasser die Aussageperson für gutgläubig gehalten hat und diese auch gutgläubig war. = anvisierte Normalfall

Form der gesetzlich geregelten mittelbaren Täterschaft, weil an und für sich bei Aussagedelikten als eigenhändigen Delikten nicht möglich.

Tbvss:
- objektive Verwirklichung der §§ 153, 154
- Verleiten = Willensbeeinflussung, regelmäßig durch Täuschung, ggf. auch durch Drohung (aber dann wohl eher Anstiftung)

19
Q

Fall: Der Vordermann sagt bewusst falsch aus, während der Hintermann davon ausgeht, der Aussagende sei gutgläubig.

Strafbarkeit?

A

Vordermann: §§ 153 + ; 258 I + ; 145d II Nr. 1 -

Hintermann: 153, 26 - mangels Vorsatz zur vs, rw Haupttat; hier aber dann kurz diskutieren, ob Anstiftervorsatz in Vorsatz zur mittelbaren Täterschaft enthalten ist: bei §§ 153 ff. nicht wegen § 160!

160 I ?
- hier ging Hintermann von Gutgläubigkeit aus, Vordermann war in Wahrheit bösgläubig:
Vollendung oder Versuch?

  • BGH: hat Vollendung angenommen, weil der Verleitende die Gefährdung der Rechtspflege als von ihm gewollten Erfolg erreicht hat und die Bewertung seiner Tat nicht daran scheitern kann, dass der Verleitete mehr tut; er hat ja erreicht, was er erreichen wollte, sogar noch mehr!; es geht um die Strafbarkeit des Hintermanns und die liegt vor
  • aA: nur ein Versuch nach § 160 II möglich; entstehen keine Strafbarkeitslücken, weil Versuch ja strafbar ist; er hat eben nicht erreicht, was er erreichen wollte.

–> eig ist mittelbare Täterschaft nicht verwirklicht, wenn Hintermann Vordermann nicht in der Hand hat und Vordermann keinen Defekt hat; aber anders bei den §§ 153 ff., der Unrechtsgehalt des § 160 bestimmt sich daher ausschließlich nach dem Hintermann, denn bestraft wird die Einstellung des Verleitenden, nicht des Verleiteten, daher BGH folgen.

20
Q

P: Ist § 145d II Nr. 1 erfüllt, wenn ein falsches Alibi abgegeben wird?

A
  • A1: Verschaffen eines Alibis bereits § 145d II Nr. 1 +, weil für die Strafverfolgungsbehörden höherer Ermittlungsaufwand entsteht und es unter Wortlaut fällt (va im Gegensatz zu § 164)
  • hM: nicht bereits jede Erschwerung der Ermittlungen ist § 145d, weil keine konkrete falsche Fährte gelegt wird, die unnötige Ermittlungen auslöst;
    –> bei 145d immer am Telos der Norm argumentieren: soll erreicht werden, dass Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet werden, bei Abs. 2 einen Unbeteiligten als Beteiligten hinzustellen.
21
Q

§ 164 StGB: Falsche Verdächtigung

A
  • schützt sowohl das Allgemeininteresse der innerstaatlichen Rechtspflege als auch das Individualinteresse des Unschuldigen
  • § 164 I, II, III hat drei verschiedene Tb vor Augen, va aber Abs. 1 relevant in Klausur
  • § 164 muss “ein anderer” bezichtigt werden, dh eine bestimmte, ausdrücklich benannte, erkennbare und verfügbare Person = seine Ermittlung muss möglich sein; (sonst ist es § 145d bei etwa Unbekannten und Verstorbenen, auch bei Selbstbezichtigung, § 145d I nur Fall, dass angeblich begangene rechtswidrige Tat vorliegt, ohne dass Beteiligter bezichtigt wird!)
  • vor Behörde (va Gericht, § 11 I Nr. 7 StGB), Anzeige zuständig va StA und Polizei (§ 158 StPO), öffentlich
  • Verdächtigung iSd § 164 I (145d) liegt nur vor, wenn das gesamte tatsächliche Vorbringen des Täters nicht nur nach persönlicher Auffassung, sondern nach objektiv richtiger Würdigung einen Verdacht hervorruft oder verstärkt, also dazu geeignet ist (potentielles Gefährdungsdelikt); muss objektiv falsche Verdächtigung sein; es muss den Anfangsverdacht für eine Straftat (nicht OWi) gegen eine andere Person hervorrufen
  • ein die Tat wahrheitswidrig leugnender Beschuldigter hält sich auch dann noch im Rahmen zulässigen Verteidigungshandelns, wenn nur zwei Personen als Täter in Betracht kommen und das Bestreiten des einen also die Behauptung enthält, der andere sei Täter. –> keine falsche Verdächtigung
  • der Beschuldigte bleibt wohl auch straflos, wenn er über das bloße Bestreiten hinaus die andere Person ausdrücklich der Tat bezichtigt, weil er dann nur positiv das behauptet, was er mit dem Bestreiten zum Ausdruck bringt. –> dadurch wird den Ermittlungsbehörden kein zusätzlicher Aufwand auferlegt (aA Kaiser)
  • die Verdächtigung eines tatsächlich Schuldigen, wobei der Anzeigende von einer falschen Verdächtigung ausgeht, ist nicht strafbar, da es nicht objektiv falsch ist, Wortlaut der Norm steht entgegen, und auch Rechtsgüter nicht verletzt; Versuch gibts nicht.
  • subj: dd 2 Grades bezüglich Wissen um Unwahrheit der Anzeige; Absicht behördliche Maßnahme; de bzgl aller anderer Tbmerkmale
22
Q

145d: Vortäuschen einer Straftat

A
  • Rechtsgut: Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege vor ungerechtfertigter und unnützer Inanspruchnahme, abstraktes Gefährdungsdelikt
  • Systematik: Abs. 1: tatsächlich keine rechtswidrige Tat, aber eine solche angezeigt; Abs. 2: tatsächlich eine rw Tat, aber über Beteiligte getäuscht.
  • Täter muss objektiv unrichtige Verdachtslage hinsichtlich rechtswidriger (tatsächlich nicht vorliegender) Straftat schaffen oder verstärken + muss geeignet sein, Inanspruchnahme der Strafrechtspflege auszulösen

§ 145d II Nr. 1 bei Selbstbezichtigung nur strafbar, wenn Verhalten in der Person auch strafbar wäre!
- §§ 164, 258 sind vor 145d zu prüfen, vgl Wortlaut 145d
- 145d ist nicht erfüllt, wenn die Vortäuschungshandlung des Täters keinen erwähnenswerten Ermittlungsaufwand hervorruft
- Achtung: bei Selbstbezichtigung zugunsten Angehöriger kann § 35 wichtig sein

23
Q

Konkurrenzen § 164

A
  • § 164 wird häufig in Tateinheit mit Verleumdung nach § 187 vorliegen
  • § 145d zwar häufig mitverwirklicht, ist aber formell subsidiär
24
Q

Was ist eine Aussage?

A

= mündliche Auskunft einer vernommenen Beweisperson über eigene Wahrnehmungen oder Empfindungen innerhalb eines förmlichen Verfahrens, vor einer zuständigen Vernehmungsperson

–> nur Tatsachen, auch innere Tatsachen, nicht aber Meinungsäußerungen oder Werturteile (bei Sachverständigen auch Werturteile)

–> auch die Angaben zur Person umfasst!

25
Q

Falschaussage durch Verschweigen möglich?

A

die Beweisperson ist zu inhaltlicher Vollständigkeit verpflichtet, weshalb auch unvollständige Aussage falsch ist!

die verschwiegenen Tatsache muss nur erkennbar zum Gegenstand der Vernehmung gehören und entscheidungserheblich sein.

–> um Uferlosigkeit dieses Erfordernisses auszuschließen, müssen Vollständigkeit Grenzen gesetzt werden

26
Q

Zusammenfassung:
Besonderheiten Teilnehmerstrafbarkeit bei Aussagedelikten

A
  • Anstiftung und Beihilfe zu §§ 153, 154 nach allgemeinen Regeln
  • versuchte Anstiftung zu § 154 wg. § 30 I möglich
  • versuchte Anstiftung zu § 153 in § 159 extra geregelt (da Vergehen, kein § 30 I)
  • Mittäterschaft und mittelbare Täterschaft grundsätzlich ausgeschlossen, da eigenhändige Delikte
  • § 160 Strafbarkeit der mittelbaren Täterschaft extra normiert
27
Q

Ist ein Zeuge, der nicht/falsch über sein Zeugnisverweigerungsrecht/Aussageverweigerungsrecht belehrt worden ist, wegen § 153 strafbar, wenn er falsch aussagt?

A
  • Verfahrensfehler und Strafbarkeit wg. Falschaussage sind getrennt voneinander zu betrachten
  • abstrakte Gefährdungsdelikte
  • Fehler sind dann aber Strafmilderungsgründe, und dann hat man § 157
  • die Rechtspflege als naturgemäß fehlerhafte Erscheinung
28
Q

Was ist, wenn Zeuge im Kern richtigen Sachverhalt wiedergibt, aber mit Übertreibungen ausschmückt?

A

Dann ist es falsche Aussage, weil diese Übertreibungen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen –> Interesse an wahrheitsgemäßer Tatsachenfeststellung, auch ggf. relevant für Strafzumessung, daher schon ggf. Auswirkungen

keine falsche Verdächtigung nach § 164 und Vortäuschen ein Straftat nach 145d, wenn rechtliche Bewertung im Kern gleich bleibt.

29
Q

Wie lautet der abstrakte Anklagesatz bei den Delikten?

A

153: vor Gericht als Zeuge/als Sachverständiger unendlich falsch ausgesagt zu haben;
X 154: vor Gericht VORSÄTZLICH falsch geschworen zu haben;
159, 153, 30 I: einen anderen zu bestimmen versucht zu haben, eine falsche uneidliche Aussage zu begehen;
160: einen anderen zu einer falschen uneidlichen Aussage verleitet zu haben;
X 161: vor Gericht FAHRLÄSSIG falsch geschworen zu haben;
164: einen anderen bei einer Behörde wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat in der Absicht verdächtigt zu haben, ein behördliches Verfahren gegen ihn herbeizuführen;
145d I Nr. 1: wider besseres Wissen einer Behörde vorgetäuscht zu haben, dass eine rechtswidrige Tat begangen worden sei;
145d II Nr. 1: wider besseres Wissen eine Behörde über den Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat zu täuschen gesucht zu haben;
258 I: wissentlich zum Teil vereitelt zu haben, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird;
258 II: absichtlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe ganz vereitelt zu haben;

30
Q

Worauf ist beim konkreten Anklagesatz zu achten?

A
  • bei allen Delikten unbedingt darauf achten, dass man die (teilweise besonderen) subjektiven Anforderungen ordentlich darstellt (er wusste/ihm kam es dabei darauf an/obwohl er wusste, dass dieser die Tat nicht begangen hat.)