Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit Flashcards

1
Q

Allgemeines

A
  • Delikte sind häufig Gegenstand der Klausur
  • hier liegt der Schwerpunkt aber oft bei Problemen des Allgemeinen Teils, nicht so sehr bei den Tatbeständen an sich

–> also nicht zu viel Zeit darauf verwenden, weil sehr bekannte Probleme oft!

  • oft zusammen mit §§ 239, 240 StGB zusammen (Konkurrenzen zu §§ 223 ff.: Tateinheit, weil unterschiedliche Rechtsgüter geschützt; oder tritt zurück, weil kein eigener Unrechtsgehalt)
  • § 223 und § 229 sind relative Antragsdelikte nach § 230: erwähnen!
  • kurz halten, aber trotzdem sorgfältig definieren und subsumieren, Standards erfüllen.
  • Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und Gesundheit des Menschen
  • Versuch nach 223 II, 224 II strafbar
  • minder schwerer Fall nach § 224 I möglich!
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2
Q

§ 223: Körperliche Misshandlung

A

= jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit des Opfers mehr als nur unerheblich beeinträchtigt

  • unerheblich, ob das Opfer Schmerzen hat (auch Haare abschneiden ist KV!)
  • seelische Beeinträchtigungen als solche genügen nicht, erforderlich sind vielmehr körperliche Auswirkungen (bloßes Ekelgefühl reicht nicht, Hervorrufen von Brechreiz dagegen schon; Vorsatz muss dann aber auch auf Brechreiz gerichtet sein)
    —> in Kaiser: unter „Erheblichkeit aus objektiver Sicht prüfen“ ; falls 223 -, dann an 185 Alt. 2 denken.
  • weiterer Fall: Anrauchen kann aufgrund von Viren, Bakterien, krebserregenden Stoffen auch 223 sein, keine Bagatelle mehr (AG Erfurt)
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3
Q

§ 223: Gesundheitsschädigung

A

= Hervorrufen, Steigern oder Aufrechterhalten eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden krankhaften Zustands körperlicher oder seelischer Art (etwa HIV-Viren, zugleich §§ 224 I Nr. 1, 5)

psychische Körperverletzung damit auch möglich, muss aber pathologischer Zustand sein (eher schwere Depression); nachvollziehbare und normale psychische Reaktion (leichte Depression) fällt nach BGH demnach nicht darunter; muss mit nicht nur unerheblicher Verschlechterung des körperlichen Zustands verbunden sein.

  • auch keine Schmerzen erforderlich
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4
Q

Der ärztliche Heileingriff als körperliche Misshandlung?

A

hL: wenn Heileingriff lege artis verlaufen ist, dann keine Körperverletzung; jedenfalls nicht, wenn er erfolgreich war

Rspr: Jeder Heileingriff ist körperliche Misshandlung, die nur durch Einwilligung gerechtfertigt werden kann;
Arg.: Selbstbestimmungsrecht des Patienten soll im Vordergrund stehen; gestützt durch §630d BGB, der die Einwilligung nun normiert; Totschlagargument ist, dass der Patient sonst nicht vor eigenmächtigen, aber im Endeffekt erfolgreichen Heileingriffen geschützt wird, sondern nur über §§ 239, 240 StGB, die dem Unrechtsgehalt nicht gerecht werden, weil sie nicht auf körperlichen Integritätsschutz zielen

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5
Q

Prüfung von §§ 223 I, 224 I Nr…

A
A. §§ 223 I, 224 I Nr...
I. Objektiver TB
1. Grunddelikt
- körperliche Misshandlung und/oder Gesundheitsschädigung
- Kausalität
- Objektive Zurechnung
2. Qualifikation gegeben?
II. Subjektiver TB
- Vorsatz bezüglich des Grunddelikts und der Qualifikationen (bei Nr. 5 reicht Kenntnis der das Leben gefährdenden Umstände; bei Nr. 1 reicht Kenntnis der Gefährlichkeit des Stoffes im konkreten Fall)
III. RW/Schuld
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6
Q

§ 224 I Nr. 1 StGB: durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen

–> gesundheitsschädliche Stoffe sehr weit zu verstehen!

A

seit 1998 in Gesetz eingefügt:

  • Gift = jeder anorganische oder organische Stoff, der Gesundheit durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung beeinträchtigt (“klassische Vergiftung”)
  • Stoffe sind alle natürlich (biologisch) sowie mechanisch/thermisch wirkende Substanzen (Flammen; auch HIV-Viren, Bakterien, Salzsäure, zerstoßenes Glas)
    (Achtung: bei HIV schon mit Infektion KV, oft nur Versuch, weil nicht mehr festgestellt werden kann, von wem Ansteckung kommt, daher mangelt es wohl an Kausalität; auch an § 224 I Nr. 5 denken)
  • das Gift/der Stoff muss im konkreten Fall geeignet sein, die Gesundheit in erheblichem Maße zu schädigen (auch ggf. unschädliche Stoffe des täglichen Lebens: s. Kochsalz Fall; Subsumtion unter Gift.)
    –> nur so kann Unrechtsgehalt des §§ 224 gegeben sein; plus Nr. 2 angleichen mit geforderter Erheblichkeitsschwelle: Verbrühen mit heißem Kaffee reicht evtl nicht)
  • der Vorsatz des Täters muss sich auf die Umstände beziehen, die die Gesundheitsschädlichkeit des Stoffes erzeugen
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7
Q

§ 224 I Nr. 1: Beibringen

A

= wenn er mit dem Körper derart verbunden ist, dass er dort eine gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet; Herstellung einer Körper-Gift-Beziehung, die intern (Schlucken) oder extern (Übergießen) geschehen kann (hM und auch BGH)

  • fraglich, weil: im Hinblick auf Nr. 2 könnte man aber auch vertreten, dass Nr. 1 nur das interne Beibringen meint; sonst gar keine Abgrenzung mehr und sehr kleiner eigenständiger Anwendungsbereich von Nr. 1 (bei brennendem Hemd durch Feuerzeug Nr. 1, 2 +, weil Flammen thermisch wirken, und Feuerzeug gefährliches Werkzeug ist)

–> bei Überschneidungen Problematik ansprechen, und dann entweder nebeneinander anwenden, oder hm: Nr. 2 hinter Nr. 1 zurücktreten lassen, da Nr. 1 dann Sonderfall ist und lex

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8
Q

§ 224 I Nr. 2: Waffen

A

= Waffen sind solche im technischen Sinn (§ 1 WaffG); also Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, durch mechanische oder chemische Wirkung Verletzungen hervorzurufen (Schuss- und Schlagwaffen, chemische Substanzen auch)
- auch geladene Gaspistolen mit nach vorne austretendem Explosionsdruck
- auch geladene (!) Schreckschusspistolen mit nach vorne austretendem Druck (!) fallen nach BGH unter Waffenbegriff

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9
Q

§ 224 I Nr. 2: Gefährliche Werkzeuge

A

= alle Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und konkreten Art der Verwendung im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen hervorzurufen und als Angriffs- oder Verteidigungsmittel verwendet werden (für ärztlichen Heileingriff)

Aggregatzustand grundsätzlich egal; deshalb wird Nr. 1 oft neben Nr. 2 angewandt; kann aber kritisch gesehen werden: diskutieren und in Klausur ansprechen!

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10
Q

Operationsbesteck des Arztes als gefährliches Werkzeug?

A

Nein, weil dieses nicht als Angriffs- oder Verteidigungsmittel verwendet wird.; erhöhte Gefährlichkeit ist damit nicht gegeben; Selbstbestimmungsrecht der Patientin ist schon durch Annahme des § 223 gewahrt; eine Annahme der Qualifikation ist nicht geboten

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11
Q

Beschuhter Fuß als gefährliches Werkzeug?

A

Nach der Rechtsprechung genügt es grundsätzlich: körperexterner Gegenstand und Gefährlichkeit erhöht.
Bei besonders festem und schwerem Schuh auf jeden Fall, weil dadurch der Unrechtsgehalt der Körperverletzung erheblich erhöht wird.
Bei normalem Straßenschuh fraglicher, weil der Unterschied zu barfuß (was nicht unter Nr. fällt) nicht so erheblich ist; nach BGH aber gegeben, wenn mit Wucht oder in empfindliche Körperteile getreten wird, weil Gefährlichkeit erhöht wird, größere Trittsicherheit, größere Fläche

–> in Klausur ein bisschen nach Art des Schuhs abgrenzen und SV auswerten, iErg fällt es aber (meistens) darunter, wenn es nicht gerade hauchdünne Ballerinas sind

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12
Q

Eigene Körperteile als gefährliche Werkzeuge? (zB bei professionellem Karatekämpfer?)

A
  • dafür spricht, dass die Gefährlichkeit der Körperverletzung tatsächlich erhöht ist, weil der Karatekämpfer/Boxer sein Körperteil wie eine Waffe verwenden kann: Unrechtsgehalt des § 224 könnte daher erfüllt sein
  • jedoch setzt § 224 I Nr. 2 seinem Wortsinn nach einen körperexternen Gegenstand voraus; ein anderes Verständnis verstieße gegen das Analogieverbot; würde zuungunsten des Täters wirken; daher Verstoß gegen Art. 103 II GG und daher verfassungswidrig; Auffangtatbestand des Nr. 5 steht hierfür bereit, Ausdehnung daher nicht notwendig, gar unzulässig
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13
Q

Unbewegliche Gegenstände als gefährliche Werkzeuge? (Bsp.: Hauswand)

A
  • dafür spricht, dass es keinen Unterschied machen darf, ob das Opfer in Richtung des Gegenstands geschleudert wird oder andersrum: Wirkweise ist die gleiche
  • aber auch hier steht der natürliche Wortsinn des § 224 I Nr. 2 entgegen, der auf einen beweglichen bzw. bewegbaren Gegenstand hinweist, Analogieverbot greift auch hier; Verstoß gegen Art. 103 II GG, auch Nr. 5 dafür

(beachte: bei beweglichen Gegenständen ist es aber dann egal, ob diese zum Körper des Opfers geführt werden oder andersrum)

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14
Q

Anfahr-Fälle: Es stellt sich die Frage, ob es für § 224 I Nr. 2 Alt. 2 genügt, wenn jemand mit dem Auto angefahren wird, die KV aber erst durch Aufprall auf Boden entsteht.

A

A1: BGH: Wenn die Verletzung nicht unmittelbar durch den Aufprall des Fahrzeugs, sondern erst durch den Sturz entsteht, dann ist für Nr. 2 Alt. 2 kein Raum (Wortlaut “mittels”: sonst Überschreitung des natürlichen Wortsinns und Verletzung des Analogieverbots)

A2: Lit: auch mittelbare Verursachung der Verletzungen durch einen beweglichen Gegenstand muss genügen, weil Gefährlichkeit erheblich erhöht ist; Wortlaut steht nicht entgegen, da uneindeutig.

–> der Wortlaut “mittels” sagt, dass die KV durch den beweglichen Gegenstand lediglich vermittelt werden muss; Täter verwendet also Gegenstand für KV, die sich nur so auswirken kann; ist zu technische, kleinliche, formalistische und unlogische Differenzierung des BGH
(einleuchtendes Bsp: wenn Katapult gegen Menschen schnellt, dann ist es § 224, wenn Mensch aber in Katapult eingespannt wird und auf Straße aufprallt, ist es kein § 224; ergibt keinen Sinn)

–> Im Ergebnis: Differenzieren, ob sich die Kräfte des KfZ im Erfolg verwirklichen, oder ob wirklich nur Sturz zu KV führen soll (Lit. aber überzeugender)

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15
Q

§ 224 I Nr. 3: Hinterlistiger Überfall

A

= Überfall ist jeder plötzliche und unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen

= Hinterlistig ist ein Überfall, wenn die Angriffsabsicht vom Täter planmäßig berechnend verdeckt wird, um Verteidigungsmöglichkeiten zu erschweren

  • bloßer Hinterhalt oder Ausnutzen des Überraschungsmoments reicht nicht, muss mehr sein; muss zur Verschleierung des Vorgehens weitere Maßnahmen treffen
  • va bei vorgetäuschter Friedfertigkeit
  • nicht gleichgesetzt mit Arglosigkeit! Angriff von hinten reicht nicht, Anschleichen auf leisen Sohlen reicht aber; hinterlistig auch das verdeckte Beibringen von Schlafmitteln und KO-Tropfen; Heimtücke ist weiter als hinterlistiger Überfall

Hinsichtlich der Hinterlist ist subjektiv Absicht erforderlich (nur so kann sie erfüllt sein)

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16
Q

§ 224 I Nr. 4: mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich

A
  • nach hM müssen mindestens zwei Personen am Tatort anwesend sein / einvernehmlich zusammenwirken –> Bestrafungsgrund ist die höhere Gefährlichkeit durch das Zusammenwirken von mehreren Personen am Tatort; besondere Bedrohungssituation, verminderte Verteidigungsmöglichkeit des Opfers

Streit 1: Mittäter?
Fraglich, ob sie Mittäter sein müssen:
–> Nein, mit Verweis auf Wortlaut und § 28 II; außerdem irrelevant, ob Täter oder Teilnehmer, Bestrafungszweck trotzdem vorliegend, Gefährlichkeit erhöht, daher “gemeinschaftlich” untechnisch zu verstehen und auf Beteiligte abzustellen.

Streit 2: Welche Anforderungen sind an gemeinschaftliche Begehung zu stellen?

  • -> einvernehmliches Zusammenwirken dieser mind. 2 Personen zur selben Zeit am selben Ort
  • -> “gemeinschaftlich” besagt nur das; kein Verweis auf 25 II

außerdem (Streit 3): Opfer muss Täter und Teilnehmer nicht wahrgenommen haben, da Gefährlichkeit auch abgesehen davon (fort)besteht.

Die eigenhändige Mitwirkung jedes Einzelnen an der Verletzungshandlung ist nicht erforderlich

  • nach BGH reicht es aber nicht, wenn Mittäter anwesend ist, aber nicht mit Verletzung des Opfers beschäftigt ist, also ausschließlich passiv ist, weil dann auch nicht Gefährlichkeit erhöht; muss also schon in irgendeiner Weise Beitrag leisten, auch durch psychische Mitwirkung. durch Anfeuern etwa
17
Q

§ 224 I Nr. 4: Ist für Nr. 4 Mittäterschaft notwendig oder gilt sie auch für anwesenden Gehilfen?

A
  • spricht von “Beteiligten”, worunter das StGB nach der Legaldefinition in § 28 II ausdrücklich Täter oder Teilnehmer versteht
  • mM sagt, dass Nr. 4 aber auch den Wortlaut des § 25 II (Mittäterschaft) aufgreift, und daher Mittäterschaft erforderlich ist

–> Gesetzgeber meint gemeinschaftlich wohl eher im untechnischen Sinne, dem Wort Beteiligte ist mehr Beachtung zu schenken; außerdem ist erhöhte Gefährlichkeit auch schon bei einem Gehilfen gegeben (teleologische Auslegung)

daher muss teilweise auch schon psychische Beihilfe genügen, wenn dadurch die Aggressivität des Haupttäters gesteigert und KV somit verschlimmert wird (sowas wie Applaudieren oder Anfeuern) –> weil Lage des Verletzten verschlechtert wird.

(Zur Klarstellung: für Bestimmung, ob Täter oder Teilnehmer, bleibt es bei allgemeinen Abgrenzungsregeln; Nr. 4 macht Beteiligte nicht zu Mittätern, nur Nr. 4 dann einschlägig)

18
Q

Fällt der untätige Garant unter § 224 I Nr. 4?

A

Wenn also Vater beobachtet, wie sein Kind verprügelt wird, und nichts tut, ist er nicht gem. § 224 I Nr. 4 strafbar.

Grund: Unterlassen erhöht die Gefährlichkeit grundsätzlich nicht; nicht gleicher Unrechtsgehalt, wie wenn zwei Täter gemeinschaftlich handeln

19
Q

Ist § 224 I Nr. 4 anwendbar, wenn Tatopfer von der Beteiligung einer zweiten Person nichts weiß?

A

Die erhöhte Gefährlichkeit kann sich auch und manchmal gerade durch die Unkenntnis des Opfers über ein Zusammenwirken der Täter ergeben.
Daher ist Kenntnis für die Strafbarkeit nach § 224 I Nr. 4 unbeachtlich.

20
Q

§ 224 I Nr. 5: mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung:
Standardproblem: Ist zur Erfüllung des Nr. 5 eine konkrete oder lediglich abstrakte Lebensgefahr erforderlich?

A

Einhellig anerkannt ist, dass es nicht auf die eingetretenen Verletzungen ankommt, sondern auf die Behandlung als solche. Fraglich ist aber, ob die Behandlung konkret oder abstrakt lebensgefährlich sein muss.

Konkrete Lebensgefahr meint, dass der Eintritt des Todes des Opfers durch die Behandlung nur noch vom Zufall abhängen muss. (kurzzeitige Lebensgefahr genügt wohl)
Abstrakte Lebensgefahr meint, dass die Art der konkreten Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell geeignet ist, das Leben zu gefährden. (Bsp: Schläge oder Tritte gegen den Kopf; Würgen von einiger Intensität und Dauer)

wenn konkrete Gefahr eingetreten ist, dann kann Streit offenbleiben.

Ansonsten sind die Arg.:

  • konkrete Lebensgefahr erforderlich, weil nur so das erhöhte Strafmaß des § 224 I Nr. 5 gerechtfertigt werden kann
  • für abstrakte Lebensgefahr spricht Wortlaut; Nr. 1-4 knüpfen auch an abstrakte Gefährlichkeit der Handlung an; konkrete Lebensgefahr wäre schwierig abzugrenzen zu §§ 212 I, 22, 23 I

für den Vorsatz genügt bei Nr. 5, dass der Täter die Umstände kennt, aus denen sich die Gefährlichkeit ergibt.

21
Q

Prüfungsschema der Erfolgsqualifikation des § 226 StGB?

entweder man prüft getrennt und verweist; oder man prüft zusammen:

A
A. §§ 223 I, 224 I, 226 I Nr...
I. Tatbestand
- Unrechtstb des Grunddelikts (hier obj. und subj. oder getrennt oben)
- Eintritt der schweren Folge (Erfolg, Kausalität)
- Unmittelbarkeitszusammenhang / tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang (hier wohl Schwerpunkt)
- mindestens Fahrlässigkeit, § 18 StGB (bei Wissen oder Absicht an § 226 II denken)
II. Rw und Schuld bzgl. beidem
II. etwaig: Rücktritt

alternativ: einfach Grunddelikt und Quali einzeln prüfen und dann in Erfolgsquali verweisen.

22
Q

§ 226 I Nr. 2: ein wichtiges Glied des Körpers dauerhaft nicht mehr gebrauchen kann

A

Glied = alle äußerlichen Körperteile, die eine besondere Funktion im Gesamtorganismus haben und mit dem Körper durch Gelenke verbunden sind (Arme, Beine, Finger..) (so die Rspr)

nach aA auch jeder Körperteil mit abgeschlossener Existenz und besonderer Funktion, etwa innere Organe; Gegarg. aber Wortlaut des Nr. 2 und Analogieverbot, weil man Organe nicht “gebraucht”, sie funktionieren vielmehr. (als Auffangtb dann Nr. 3, wenn Behinderung oder Siechtum)

Die dauerhafte Unbrauchbarkeit ist dem Verlust gleichgestellt; erfasst werden insbesondere Fälle der Lähmung.

(Fraglich, wenn besondere Unbrauchbarkeit aus mangelnder Nachsorge auf Seiten des Opfers resultiert: BGH bejaht 226 weiterhin, weil Gefährlichkeit aus der Sphäre des Täters herrührt und keine Obliegenheit des Opfers konstruiert wird, zudem sei Zumutbarkeit zu unbestimmt; aA in Lit aber, dass auch bei Nr. 3 mögliche, einfache Schönheitseingriffe zur Verneinung führen, sollte übertragen werden, und dass Zurechnungszusammenhang eben unterbrochen ist, str) –> merken, dass Rspr hier bei Nr. 2 und Nr. 3 eben einfach unterschiedlich ist… unbefriedigend, ist aber so.

Aus welcher Sicht bestimmt sich Wichtigkeit des Glieds?
A1: aus der subjektiven Sicht des Betroffenen (kleiner Finger aus der Sicht des Konzerpianisten: soziale Sphäre)
A2: objektive Wichtigkeit im Gesamtorganismus; wenn Verlust zu wesentlicher Beeinträchtigung von Körperfunktionen führt (man darf es nicht einfach zu einem Delikt zum Schutz bestimmter sozialer Rollen uminterpretieren, muss immer noch um körperliche Integrität gehen)

herrschende Rspr und Lit:
–> hingegen ist die individuelle körperliche Verfassung jedes Einzelnen zu berücksichtigen (Links- oder Rechtshänder, Vorschädigungen etc.); damit wird Schutzgut Körper beachtet, aber auch individuelle Konstitution

23
Q

§ 226 I Nr. 3

A

Entstellung = wenn äußerliche Gesamterscheinung in unästhetischer Weise verunstaltet wird

wichtig ist Dauer: nicht gegeben, wenn es mit zumutbaren Maßnahmen beseitigt werden kann. (hier ist Rspr. anders als bei Nr. 2!!!)

hier normales Beispiel das Ausschlagen von Schneidezähnen: wohl eher -, weil Beseitigung durch Prothese möglich ist und daher nicht DAUERND entstellt (anders bei erforderlichen schwierigen und erfolgsunsicheren Schönheitsoperationen)

Genitalverstümmelung extra in 226a

auch hier für Erheblichkeitsschwelle immer Strafrahmen beachten

24
Q

Prüfungsschema Körperverletzung mit Todesfolge, § 227

wie bei 226: entweder getrennt prüfen; oder bei Bedarf zusammen

A

Merke: Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang: die deliktsspezifische Gefahr muss bei § 227 nicht vom KV-Erfolg kommen (Letalitätstheorie), sondern kann auch aus KV-Handlung resultieren (dafür Tatbestand auslegen, Wortlaut, Systematik, Telos); es braucht keine Kausalität zwischen KV-Erfolg und Tod

Def = entscheidend ist stets, ob der Geschehensablauf zwischen Grunddelikt und schwerer Folge nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt und sich nicht nur als Verkettung außergewöhnlicher Umstände darstellt.! –> wie objektive Zurechnung!

1) Täterverhalten führt mittelbar zum Todeseintritt (Opfer stirbt nach Prügel durch Infektion im KH: 227 +)
2) Opferverhalten begründet unmittelbare Todesursache (Verfolgungsfall, 227 +) (anders bei mittelbarer Folge, wenn sich Opfer durch Depression Leben nimmt)
3) erfolgsqualifizierter Versuch (Gubener Hetzjagd)

  • merke (Gubener Verfolgungsfall): Bei KV von einigem Gewicht mit tödlicher Flucht, wird § 227 eher bejaht, wenn Flucht und Panik nachvollziehbare und typische Folge ist; verdrängt dann §§ 223, 224 und 222, die mitverwirklicht sind
    (Schema: zuerst 223, 224; dann 227; dann 222 zurücktreten lassen)
25
Q

Sonderproblem 1:

Schwere Folge als Konsequenz aus Handlung oder Erfolg?

A

Frage ist also, ob der KV-Erfolg zum Tod geführt haben muss, oder ob sich der Todeserfolg auch aus der spezifischen Gefahr der KV-Handung ergeben kann.
Diese Frage ist gleichzeitig ausschlaggebend dafür, ob man beim Versuch einer KV § 227 zulassen möchte. (BGH bejaht dies: Stichwort: Versuch der Erfolgsqualifikation idF des erfolgsqualifizierten Versuchs und der versuchten Erfolgsqualifikation)

Lit verfolgt Letalitätstheorie, danach ist diese Konstellation ausgeschlossen; soll sich aus Wortlaut des § 227 ergeben, Verweis auch dafür; auch Sinn der Norm war wohl eher tödliche Konsequenzen aus KVerfolg
–> nach BGH jetzt aber Handlung maßgeblich: muss immer bei konkretem Delikt geschaut werden, ob auf Handlung oder Erfolg abzustellen ist.

Todesfolge muss sich immer aus vorsätzlicher KV ergeben, nicht aus fahrlässiger, nur dann kann Vorsatz-Fahrlässigkeit-Kombi vorliegen, klar.

26
Q

(Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen, §§ 227, 13 I)

A
  • wird vom BGH uneinheitlich behandelt
  • wohl ja, wenn Mutter die Gewalttaten am Kind, die später zum Tode führen, zulässt
  • wohl auch ja, wenn Unterlassender die Gefahr zuvor selbst geschaffen hat
27
Q

Körperverletzung im Amt, § 340 (Quali zu 223 als unechtes Amtsdelikt, § 11 I Nr. 2; Sonderdelikt)

A
  • va bei KV durch Lehrer oder Polizeibeamte
  • Amtsträgereigenschaft ist besonderes persönliches Merkmal nach § 28 II !
  • § 340 ist zum einen Quali zu 223
  • § 340 ist zum anderen aber Grundtatbestand für §§ 224 ff., § 340 III
  • Versuch nach § 340 II strafbar
  • während der Dienstzeit (Var. 1) oder mit sachlichem Zusammenhang zum Dienst (Var. 2)
  • es ist aber immer! ein innerer, sachlicher Zusammenhang zum Dienst erforderlich, weil sich Strafschärfung aus Missbrauch der Amtsgewalt erklärt; rein örtlich und zeitliche Nähe genügt nicht. IMMER FESTSTELLEN. es darf keine rein private Motivation des Täters sein.
28
Q

Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225

Tathandlungen:

A

Quälen = Zufügung länger dauernder oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden

= Misshandlung körperlicher oder seelischer Natur, sofern sie aus roher oder gefühlloser Gesinnung erfolgt

= Gesundheitsschädigung durch böswillige Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht (= Hass, Eigensucht, Lust am fremden Leid)

29
Q

Beteiligung an einer Schlägerei, § 231

sieben Punkte merken: (Tutfall sehr umfassend)

abstraktes Gefährdungsdelikt!

A
  1. Eine Schlägerei ist eine mit gegenseitigen Körperverletzungen verbundene tätliche, aktive Auseinandersetzung von mindestens drei Personen.
    (2. Angriff ist hingegen von zwei Personen auf Dritten zielende Einwirkung)

(P: reicht psychische Mitwirkung aus?: dagegen spricht, dass dadurch nicht die schwere Folge eintreten kann; Dafür spricht, dass es zu Eskalation beiträgt und Gefährlichkeit erhöht; entspricht dem Wesen des abstrakten Gefährdungsdelikts)

1,5. Beteiligung ist die aktive Mitwirkung in nahem räumlich-zeitlichem Zusammenhang.

  1. Schwere Folge ist objektive Bedingung der Strafbarkeit (! wichtig ! merken), sodass sich Vorsatz darauf nicht beziehen muss. Wird daher nach Vorsatz als eigener Prüfungspunkt geprüft. !!! (und muss in ursächlichem Zusammenhang zur Schlägerei stehen)
  2. Egal, ob sich Täter vor, bei oder nach dem Eintritt der schweren Folge an der Schlägerei beteiligt;
    Wenn Tod nach Verlassen eintritt, dann auch 231 (+); Arg.: 231 dient gerade der Überwindung von Beweisschwierigkeiten; außerdem ist 231 ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das die Gefährlichkeit einer einmal begonnenen Schlägerei pönalisiert; Mitwirkung steigert die Streitfreudigkeit der Beteiligten, auch wenn später Beteiligung aufgegeben wird, wirkt gesteigerte Gefährlichkeit fort;
    wenn Tod vor Hinzukommen eintritt auch (+); Arg: Beweisprobleme umgehen; und Schlägerei muss kausal für Tod sein, nicht einzelne KVhandlung (aA vertretbar, weil eigene Handlung nicht fortwirkt, und eigentlich gegen Schuldprinzip verstößt!!!)

richtigerweise dürfte jedoch der nachträglich Beitretende nach allgemeinen Zurechnungsgrundsätzen nicht für das zuvor gesetzte Unrecht bestraft werden (Arg: Sinn des 231 ist es gerade, Beweisschwierigkeiten aus dem Weg zu gehen; ist wohl kaum mit Schuldprinzip vereinbar, wenn Täter erst nach Eintritt der schweren Folge erscheint; wohingegen sein Tatbeitrag fortwirkt, wenn er bereits weg ist)

  1. Derjenige, der sich an einer Schlägerei beteiligt und in Notwehr tötet, kann trotzdem nach § 231 strafbar sein = abstraktes Gefährdungsdelikt, wonach schon die bloße schuldhafte Beteiligung strafbar ist
  2. auch das Opfer einer Schlägerei (226) kann strafbar sein, und zwar selbst dann, wenn außer ihm niemand zu Schaden gekommen ist (Arg: genau das ist Wesen des abstrakten Gefährdungsdelikts; wegen Beteiligung bestraft; aA mittelbare Selbstverletzung straflos, widerspricht allgemeinen Zurechnungskriterien, ungeschriebenes Merkmal eines “anderen” in 231 ??)
  3. § 231 II (entweder am Ende des obj TB oder als RF oder Entschuldigungsgrund prüfen) beinhaltet die Klarstellung, dass derjenige, der zwar schuldlos hineingezogen wurde, sich jedoch im weiteren Verlauf trotz Möglichkeit nicht entfernt, genauso strafbar ist
  4. Versuchte KV (Beihilfe) kann in Tateinheit dazutreten
30
Q

Kann §§ 212, 22, 23 gegeben sein und gleichzeitig § 226 II ?

A

Jaein, unterscheiden:
–> es kann nicht Absicht auf Tötung und Absicht auf schwere Folge nebeneinander bestehen, da 226 das Überleben des Opfers voraussetzt (Gegensatztheorie)
–> was aber schon geht, ist Alternativvorsatz: dann kann direkter Tötungsvorsatz neben direktem KVvorsatz bestehen (BGH)
–> was aber schon geht, ist, dass dolus eventualis hinsichtlich der Tötung und Absicht hinsichtlich des 226 vorliegt; dann muss Absicht zu 226 aber positiv festgestellt werden, weil das kein Durchgangsstadium ist.

31
Q

Prüfungsschema § 231:

A

I. Tatbestand

  • Schlägerei (Def)
  • Beteiligung (Def; untechnisch)
  • subj: Vorsatz hierauf

II. Objektive Bedingung der Strafbarkeit

  • Eintritt des Todes oder des 226 (mit Problemen: Zeitpunkt etc.)
  • Kausalität der Schlägerei für schwere Folge

III. RW und Schuld

32
Q

Körperverletzungsdelikte im Sport möglich?

Jus 2004, 409

A

A1: Tatbestandslösung: 223, 224 ausschließen, weil keine objektive Zurechnung gegeben ist; erlaubtes Risiko oder Sozialadäquanz: in gewissen Grenzen üblich und toleriert;

wenn es jedoch ausschließlich auf die Verletzung ankommt und kein sportlicher Zusammenhang mehr gegeben ist, dann kein Tatbestandsausschluss; dann ist es nicht sozial- oder sportadäquat.

___
möglich ist auch, die Problematik auf RF-Ebene anzusprechen, ob vielleicht Einwilligung vorliegt in Verletzungen im Sport; wohl eher (-), weil höchstens in das Verletzungsrisiko, nicht aber in die Verletzung ernsthaft eingewilligt wird.

33
Q

Strafantragserfordernis, § 230 I 1

A
  • relatives (am Ende der Prüfung ansprechen)
  • nur bei § 223 I und § 229

nicht vergessen zu erwähnen!

  • wenn kein Strafantrag, dann besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung erörtern.
  • KV ist ebenfalls Privatklagedelikt (öffentliches Interesse hier..)
34
Q

Merken Beulke Fall 1:

A

Beim Würgegriff GANZ KURZ mal § 224 I Nr. 2 Var. 2, ggf. Nr. 3 und kurz Nr. 5 ansprechen und andenken

35
Q

Merkposten für die Rw bei 223 StGB:

A
  1. An Einwilligung nach 228 StGB denken
    = bei verabredeten Schlägereien von Hooligans: Sittenwidrigkeit grds nur dann, wenn KV mit konkreter Gefahr des Todes verbunden ist. Bei Hools aber schon vorher, weil Schlägereien als solche schon erhebliche Gefährdung des Lebens darstellen (gruppendynamische Eskalationsgefahr).
    - hier keine Überwachung durch neutrale Instanzen, die Gefährdungsgrad begrenzen.

(Sportwettkämpfe: konkludente Einwilligung für Verletzungen aus regelkonformem Verhalten und die üblich und erwartbar sind; Doping kann entgegenstehen!)

  1. Knabenbeschneidung aus religiösen Gründen: 1631d BGB als Rechtfertigungsgrund!
36
Q

Konkurrenzen 223

A
  • zu Tötungsdelikten subsidiär (Einheitstheorie), da in Tötungsvorsatz als notwendiges Durchgangsstadium immer auch KVvorsatz
  • zu versuchter Tötung ist vollendete KV in Tateinheit, da Erfolgsunrecht zum Ausdruck kommen muss.
37
Q

HIV-Viren Fall

A
  • körperliche Misshandlung und Gesundheitsschädigung (schon mit Infektion, nicht erst mit Ausbruch der Krankheit)
  • an § 224 I Nr. 1 und 5 denken
  • Problempunkt hier dann die Kausalität: ist die Ansteckung durch diesen Sexualkontakt gekommen? = umfassende Beweiswürdigung.
  • falls nicht nachweisbar, an versuchte gefährliche KV denken. (hier dann Vorsatz problematisch)
  • sonst noch fahrlässige KV prüfen
  • wenn nicht feststellbar ist, durch welchen von mehreren Sexualkontakten zwischen Täter und Opfer Übertragung stattgefunden hat, dann kommt echte Wahlfeststellung in Betracht.
38
Q

§ 229

A

typische Klausurfälle sind Aufsichtspflichtverletzungen (zB Kampfhunde), Sorgfaltspflichtverletzungen (zB Straßenverkehr), Behandlungsfehler (Ärzte)