Anschlussdelikte, §§ 257, 259, 261 Flashcards
Geschütztes Rechtsgut der Begünstigung, § 257 StGB
Verhältnis zu anderen Delikten
= bestraft die Verhinderung der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustands (Restitutionsvereitelung)
Abgrenzungsschwierigkeiten zu § 258 und § 259:
§ 257 nur dann eigenständige Bedeutung, wenn der Täter über Strafvereitelung bzw. über Verwertungshandlung hinausgehend eine Vorteilssicherungsabsicht hat; dann kann Tateinheit bestehen (!) NICHT VERGESSEN –> etwa in Examensklausur Herbst 2014 war dies zu prüfen.
kein Versuch möglich, da Vergehen.
Tatbestand, § 257:
- rechtswidrige Vortat eines anderen (jede beliebige Vortat; Vortat muss nicht gegen das Vermögen gerichtet gewesen sein; Versuch genügt, sofern Vortäter bereits Vorteile erlangt hat; muss tatsächlich begangen sein, auf Verfolgbarkeit kommt es nicht an)
- -> Selbstbegünstigung nicht nach § 257 I strafbar (für Mittäter und Teilnehmer gilt § 257 III 1, außer S. 2 greift ein, dann wohl aber mitbestrafte Nachtat)
- Hilfeleisten = jede Handlung oder Unterlassung, die objektiv geeignet (!) ist, dem Vortäter seine aus der Vortat erlangten Tatvorteile zu erhalten; also dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten des Opfers (!) entzogen werden
(muss nicht erfolgreich sein)
(hier Abgrenzung sukzessive Beihilfe)
- subjektiv: Vorsatz (Täter muss nur grobe Umstände kennen, Irrtum über genaue Tat ist irrelevant) und Vorteilssicherungsabsicht (dolus directus 1. Grades, dh dem Täter muss es gerade darauf ankommen, im Interesse des Vortäters die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustands zu verhindern oder zu erschweren) (kann auch bei Absatzhilfe vorliegen, Verwertung muss dann aber einem Entzug vorbeugen sollen) –> dh in Ausnahmefällen können 257 und 259 nebeneinander bestehen!
Vorteile müssen unmittelbar durch die Vortat erlangt sein; hier aber keine Sachidentität erforderlich (wie bei 259), bei Vermögensdelikt nur geldwerter Vorteil
Vorteilssicherungsabsicht oder schon Hilfeleisten jedenfalls dann -, wenn nur zur Sacherhaltung oder zur Abwehr rechtswidriger Angriffe, weil es nicht Sicherung gegen Entziehung zugunsten des Opfers ist !
Abgrenzung Begünstigung - sukzessive Beihilfe
§ 257 wird regelmäßig mit Raub oder Diebstahl zu prüfen sein, weil hier Vollendung und Beendigung auseinanderfallen
- erfolgt die Hilfeleistung, solange die Vortat noch nicht vollendet ist, so ist Beihilfe anzunehmen
- erfolgt die Hilfeleistung nach Beendigung der Tat, so ist Begünstigung anzunehmen
- erfolgt die Hilfeleistung zwischen Vollendung und Beendigung der Vortat, so ist Abgrenzung schwierig:
1. Zuerst Möglichkeit der sukzessiven Beihilfe feststellen (schon str)
2. Dann Abgrenzung: es soll die innere Willensrichtung ausschlaggebend sein (nach Rspr): will der Hilfeleistende den erfolgreichen Abschluss der Vortat fördern, dann Beihilfe; wenn er Vorteile aus Vortat sichern will, dann Begünstigung (aber sehr unsicher, weil subjektiver Wille schwer feststellbar ist); aA will immer Beihilfe annehmen vor Beendigung
–> Möglichkeit der sukzessiven Beihilfe?:
A1: Lit: Nein, geht nicht; Arg: für derlei Handlungen gibt es die Anschlusstaten der §§ 257 ff., dort nur partiell strafbar (fragmentarischer Charakter des Strafrechts), sukzessive Beihilfe würde jene Wertungen unterlaufen; außerdem geht StGB von Vollendung als Ende des Straftatbestands aus, nur bis dahin § 27 möglich; Rechtsunsicherheit/Abgrenzungsschwierigkeiten sukzessive Beihilfe / Anschlusstaten verstoßen gegen Art. 103 II GG und daher verfassungswidrig; Abgrenzung nach subjektiver Willensrichtung ist nicht sachgemäß, da nicht eindeutig feststellbar
A2: Rspr: Ja, geht; Arg: Beendigung ist materieller Abschluss der Tat, damit erst endgültige Rechtsgutsverletzung eingetreten, daher grundsätzlich möglich (Rspr)
In Klausur:
- immer mit Beihilfe anfangen; da dann diskutieren, ob sukzessive Beihilfe möglich ist (eher -, Lit folgen, dann kann man Anschlussdelikte prüfen und Können zeigen)
- -> wenn ablehnen, dann 257 prüfen!!
- -> wenn immer annehmen, dann 27
- -> ansonsten nach innerer Willensrichtung abgrenzen
(alles möglich, aber am ehesten Anschlussdelikte prüfen, klausurtaktisch)
Prüfungsschema Begünstigung
I. Objektiver Tatbestand
- rechtswidrige Vortat eines anderen
- Tathandlung: Hilfeleistung
- -> Abgrenzung Begünstigung – sukzessive Beihilfe
II. Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- Vorteilssicherungsabsicht
- -> Unmittelbarkeit des aus der Vortat stammenden Vorteils
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld
V. Strafantrag gem. § 257 Abs. 4
A lagert Diebesgut unmittelbar nach der Tat in einer Tasche verpackt in der Garage seines Nachbarn. Am nächsten Tag bittet er seine Ehefrau E, die Tasche zu holen und im Schrebergarten zu vergraben. Die Ehefrau handelt wie befohlen. Allerdings hat der Nachbar zuvor das Diebesgut entdeckt und durch Ziegelsteine ausgetauscht, was E nicht weiß.
(zur objektiven Eignung und zum straflosen Versuch)
Die Handlung der Ehefrau war objektiv nicht geeignet, die Vorteile der Tat zu sichern, da die Vorteile bereits verschwunden waren. Gäbe es den strafbaren (untauglichen) Versuch der Begünstigung, so wäre die Ehefrau entsprechend strafbar. Mit der oben dargestellten h.M. ist sie hingegen straflos. Lediglich eine Minderauffassung in der Lit. würde in dem Verhalten der E eine Hilfeleistung erblicken.
Ehemann ist mangels Haupttat nicht wegen Anstiftung strafbar. Versuchte Anstiftung scheitert an Vergehenscharakter. (Strafbarkeit Anstiftung aus 257 III 2)
Wesen der Hehlerei, geschütztes Rechtsgut und Verhältnis zu anderen Delikten
Aufrechterhaltung des durch die Vortat (!) geschaffenen rechtswidrigen Vermögenszustandes (!) im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Vortäter
(Perpetuierungstheorie)
geschütztes Rechtsgut ist daher das Vermögen
Strafgrund: Der Hehler bietet erheblichen Anreiz zur Begehung der Vortat!
Verhältnis zur Unterschlagung:
1. Häufig mit der Hehlerei einhergehende Unterschlagung subsidiär!
- Hat der Vortäter zur Hehlerei angestiftet, so ist diese Anstiftung als mitbestrafte Nachtat anzusehen. (immer im Dreischritt prüfen: Vortäter - Anschlussdelikte - Teilnahme Anschlussdelikte durch Vortäter)
- Verwirklicht die Hehlereihandlung gleichzeitig ein anderes Vermögensdelikt, etwa einen Betrug (oft), dann liegt Tateinheit vor, weil Hehlerei das Vermögen des Voropfers schützt und Betrug das Vermögen des Erwerbenden, andere Schutzrichtungen!
Problem 1: Wer ist “ein anderer” iSd § 259 ?j
- Der Täter (unmittelbarer, mittelbarer, Mittäter) der Vortat kann niemals Hehler sein. Der Stehler ist niemals Hehler!!! (wie 257)
(nach der Rspr kann Mittäter nach Verteilung der Beute wieder Hehler sein..?) - Fraglich ist, ob Teilnehmer der Vortat Hehler sein können:
A1: Nein, weil 259 nur Perpetuierungshandlungen im Hinblick auf gänzlich fremde Vortaten erfassen will
A2: hM: Anstifter und Gehilfen können Hehler sein, weil Teilnehmer die Tat “eines anderen” unterstützen (s. §§ 26, 27);
außerdem e contrario aus 257 III 1, dort wurde Nicht-Strafbarkeit der Teilnehmer extra normiert, und um Gleichklang herzustellen, müsste es hier auch so sein
Problem 2: Ist Ersatzhehlerei, dh Hehlerei an einem Surrogat der ursprünglich erlangten Sache, möglich?
(Problem 2,5: Das aus der Vortat Erlangte muss Sachqualität besitzen)
Wenn Täter Sache gegen eine andere umgetauscht hat, ist dann noch Hehlerei möglich?
–> wenn Tauschgeschäft keine strafbare Handlung darstellt: nach hM nein, weil Wechselgeld nicht aus einer strafbaren Handlung stammt, es wird keine rechtswidrige Besitzlage perpetuiert (auch Wertsumme nicht entscheidend, weil das eine Analogie zulasten des Täters wäre, gegen Art. 103 II GG)
–> wenn Tauschgeschäft strafbare Handlung darstellt: dann ist Hehlerei schon möglich
–> Merke: Also immer die konkrete Sache anschauen, ob diese aus einer strafbaren Handlung herrührt ! unmittelbare Perpetuierungskette notwendig!
daher hier oft Betrug zwischendrin, weil Vermögensschaden entsteht, weil kein Eigentum an Sache erworben werden kann, weil § 935 BGB greift.
Problem 3: “gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat”
Qualität der Vortat?
- –> die Vortat muss fremde Vermögensinteressen verletzt haben, muss sich jedoch nicht um Eigentums- oder Vermögensdelikt im engeren Sinne handeln!
Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Untreue, Raub, Erpressung, aber auch §§ 133, 136, 289; auch Hehlerei (dann Kettenhehlerei, nicht vergessen!!)
§§ 331 ff. jedoch nicht, da diese ausschließlich die Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums schützen!
- –> Vortat muss rechtswidrig, nicht schuldhaft sein, also auch Diebstahl durch Minderjährigen geeignete Vortat
Die Vortat muss jedoch vorsätzlich begangen sein, andernfalls kommt ein einverständliches Zusammenwirken nicht in Betracht; fehlt es an der Vorsätzlichkeit, so kommt allenfalls Unterschlagung in Betracht
- –> gleichgültig ist die Verfolgbarkeit der Vortat (wie 257)
Problem 4: Muss Vortat bereits vollkommen abgeschlossen sein? (“erlangt hat”)
hM: nach Wortlaut und Wesen als Anschlussdelikt erst nach Abschluss=Vollendung der Vortat (kann aber unmittelbar zeitlicher Zusammenhang sein)
Aber Achtung: da 246 schon die objektive Manifestation des Zueignungswillens bestraft, ist quasi noch im Versuchsstadium, deshalb kann das mit 259 faktisch “zusammenfallen”
(also: sehr frühe Vollendung des 246)
Definitionen
Verschaffen
Ankaufen
Verschaffen ist das Erlangen tatsächlicher, selbstständiger Verfügungsmacht im Einvernehmen (!) mit dem jetzigen Sachherrn, meist dem Vortäter (derivativer Erwerb) = zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken erlangt
-> daher Diebstahl der gestohlenen Sache keine Hehlerei (Stehler niemals Hehler auch hier)
Ankaufen = einen durch Kauf verwirklichten gesetzlichen Unterfall des Sichverschaffens
Problem 5: Kann Hehlerei auch durch Betrug, Erpressung Nötigung am Vortäter verwirklicht werden?
Fall: B hat aus Betrugsreihe mehrere Millionen Euro erlangt. B hat noch Schulden bei A. A nötigt B, ihm 500.000€ zu zahlen, andernfalls werde er ihn anzeigen.
Ist A auch Hehler? (neben Nötigung/Erpressung mal andenken)
259:
- Sachen, ein anderer, aus tauglicher Vortat +
Problematisch ist dabei, ob sich A das Geld auch verschafft hat.
Verschaffen ist das Erlangen der tatsächlichen Verfügungsgewalt IM EINVERNEHMEN mit dem jetzigen Sachherrn
tatsächlich liegt Einvernehmen vor
rechtlich: = Erfordernis einverständlichen Zusammenwirkens hat seinen Grund darin, dass gerade aus diesem Zusammenwirken den allgemeinen Sicherheitsinteressen Gefahren erwachsen; wenn Vortäter in Aussicht hat, Beute durch Straftat zu verlieren, dann kein Anreiz, daher teleologische Reduktion.
- -> Strafgrund der Hehlerei nicht erfüllt.
–> KEINE Hehlerei
(in diesem Zusammenhang auch mal an Chantage, § 32, denken)
Definitionen
Absetzen
Absetzen ist die eigentliche Übertragung der Verfügungsmacht im Einverständnis und im Interesse des Vortäters auf einen Dritten durch den selbstständig handelnden Täter (niemals aber durch den Vortäter selbst) (Stichwort: Verkaufskommissionär)
Absatzhilfe ist jede unselbstständige Unterstützung des Vortäters beim Absatz (führen von Vertragsverhandlungen, Käufersuche etc) (NUR bei Vortäter)
Absatzhilfe musste in den Tatbestand, weil keine beihilfefähige rechtswidrige Haupttat vorliegt (weil Vortäter ja nicht strafbar ist)
–> jede anderweitige Absatzförderung durch den Hehler wie zB Verschaffenshilfe ist dann aber e contrario als Beihilfe zur Hehlerei strafbar, 259, 27
–> Absatzhilfe findet auf Vortäterseite statt, während Beihilfe zur Hehlerei auf Hehlerseite stattfindet !
Problem 6: Setzt vollendete Hehlerei einen Absatzerfolg voraus oder reicht bereits jede auf Absatz zielende Tätigkeit aus?
Der BGH hat hier Rechtsprechungsänderung vollzogen und fordert nun Erfolg des Absetzens:
Wortlaut: Absetzen ist nicht gleich Absetzen versuchen, sondern setzt eigentlich Erfolg voraus.
Systematisch: Auch bei Verschaffen wird Übergang der Verfügungsgewalt gefordert.
Teleologisch: erst dann kann von Perpetuieren der rechtswidrigen Vermögenslage gesprochen werden.
–> Versuchsstrafbarkeit ist ja auch möglich, daher keine Strafbarkeitslücken und keine Notwendigkeit.
Versuch zu bejahen
257 immer mal daneben anprüfen, stünde in Tateinheit!!!
hM: man braucht Erfolg; davor ist es eben Begünstigung, weil bei § 257 jede Handlung ausreicht, die objektiv geeignet ist; Erfolg nicht notwendig.
Subjektiver Tatbestand
Problem 7: Kann der Vortäter bereicherter Dritter sein ?
- Vorsatz: Täter muss wissen, dass Gegenstand der Hehlerei durch eine rechtswidrige Vortat erlangt worden ist; genauere Kenntnisse von Vortat nicht erforderlich, nur ungefähre Umstände
- Bereicherungsabsicht: Gewinnerzielung oder aber auch in Belohnung für Absatz bestehen kann –> der Vorteil muss nich unmittelbar aus dem gehehlten Gegenstand fließen !!!
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Problem: Wenn A die gestohlene Sache absetzt, dies aber aus Freundschaft zu B tut, also nur den Vortäter B bereichern will.
A1: hM: Vortäter ist schon aufgrund des Wortlauts nicht identisch mit Drittem iSd 259; außerdem kein 259, um sachgemäße Abgrenzung zu 257 zu haben.
A2: Da Vortäter aber nicht Täter oder Teilnehmer der Hehlerei ist, ist es schon möglich nach Wortlaut; Außerdem besteht Strafgrund in der Perpetuierung der rechtswidrigen Vermögenslage
–> daher iErg eher § 259 -