Auslegung Von Rechtsnormwn Und Lückenfüllung Flashcards
Juristische Methodenlehre
• Gesetzgeber bedient sich zur Darlegung seines Willens der Sprache → Mehrdeutigkeit, Missverständlichkeiten und Unklarheiten unvermeidbar
• regelungsbedürftige Fragen bleiben oft unbeantwortet
• Verbot der Rechtsverweigerung: man darf sich nicht angesichts eines unklaren
Gesetzes auf unklare Rechtslage berufen
• gibt Gesetz keine Auskunft, muss Rechtsanwender versuchen, im Gesetz wenigstens
mittelbare Antwort zu finden
• Auslegung: wenn bestimmtes Verständnis einer (geschriebenen) Norm noch vom
äußerst möglichen Bedeutungsgehalt der vom Gesetzgeber verwendeten Worte erfasst sein kann (überall sonst→Rechtsfortbildung)
Was ist Wortinterpretation
(grammatische/grammatisch-logische Interpretation):
- jede Auslegung hat mit Erforschung des Wortsinns zu beginnen
- prüft, welche Bedeutung einem Wort, einem ganzen Satz oder einer Satzfolge
in ihrem logischen Zusammenhang zukommt
- Frage nach Sprachgebrauch
- je nach Art der Tatbestandsbegriffe kommt allgemeine, fachliche oder
rechtlich spezifischer Sprachgebrauch in Betracht
- Hilfsmittel bei allgemeiner Wortbedeutung: Wörterbücher, Synonymlexika,
Lexika
- Sprachgebrauch ist zeitgebunden und kontextgebunden
• Systemische Interpretation:
Was ist systematische Interpretation?
- Bedeutungszusammenhang und Gesamtkonzeption des Gesetzes
- Ableitung eines Rechtssatzes oft erst aus an verschiedenen Stellen des
Gesetzes verankerten Rechtsnormen möglich - gegliedert in sachliche Zusammenhänge → Sinngefüge → Gesamtstruktur
- verfassungskonforme und unionsrechtskonforme Interpretation:
▪ einfache Gesetze sind im Zweifel so zu verstehen, dass sie dem ihnen übergeordneten Verfassungsrecht nicht widersprechen
▪ gleiches gilt für das dem österreichischen Rechts übergeordnete europäische Unionsrecht (Primärrecht, EU-Verordnungen, EU- Richtlinien)→richtlinienkonformer Auslegung
Was ist historische Interpretation?
- Rechtsnormen in ihrem historischen Entstehungskontext gesehen
- blickt auf den gesamten Entstehungshintergrund (Genese) einer Norm
einschließlich der tatsächlichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der
Normentstehung - ordnet Norm in zeitlicher Hinsicht in einen weiteren Zusammenhang ein
- Gesetzesmaterialien
▪ wichtigstes Hilfsmittel
▪ stenographische Protokolle des Nationalrats, deren Beilagen,
Regierungsvorlagen, Initiativanträge, Erläuterungen
▪ widersprechen Gesetzesmaterien dem Gesetzestext in klarer Weise
oder im Falle eigener Widersprüchlichkeit und Unklarheit sind sie
irrelevant
Was ist teleologische interpretation
- fragt nach Sinn und Zweck einer gesetzlichen Regelung (telos)
- zwei verschiedene Auslegungsmöglichkeiten → diejenige hat Vorrang, welche
den Sinn und Zweck der Norm in höherem Maß verwirklicht - Regelungsziele, die der geschichtliche Gesetzgeber verfolgt hat (subjektiv-
teleologische Auslegung), müssen nicht Regelungszielen übereinstimmen, die ein Adressat der Regelung heutzutage vernünftigerweise unterstellt/im Lichte der gesamten Rechtsordnung unterstellen darf (objektiv-teleologische Auslegung) - Grenze zwischen Rechtsdogmatik (Erwägungen de lege lata) und Rechtspolitik (Erwägungen de lege ferenda) darf nicht überschritten werden→ Rechtsanwender darf dem Gesetz nicht die eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen unterstellen
Was ist authentische Interpretation?
• durch den Gesetzgeber (§ 8 ABGB)
• Erklärung eines Gesetzes auf eine allgemein verbindliche Art
• neues Gesetz, das ein früheres näher erklären soll
Was sind Methoden Der rechtsfortbildung?
Weichen Überlegungen zum richtigen Verständnis des Gesetzestextes vom äußersten möglichen Wortsinn des Textes ab, kann richtiges Verständnis durch Rechtsfortbildung erzielt werden
Was ist feststellen einer Rechtslücke?
• Rechtslücke: planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, gemessen an seinem eigenen Regelungsplan und der gesamten Rechtsordnung
• Interpretation nach Heranziehung aller maßgeblichen Interpretationsmethoden zu dem Schluss gelangt, dass das richtige Verständnis des Gesetzes außerhalb des äußersten möglichen Wortsinns liegt
• Plan des Gesetzgebers wird anhand der vorhandenen Gesetzestexte erkannt und zu Ende gedacht→partielle Hinwegsetzung über entgegenstehenden Wortlaut
• Rechtsanwender muss streng vom Plan des Gesetzes ausgehen→darf nicht seine eigenen Wertungen an Stelle der Wertungen des Gesetzes setzen
• wollte Gesetzgeber nach dem Gesamtplan der Rechtsordnung an einen bestimmten Sachverhalt keine Rechtsfolge knüpfen, liegt keine Lücke vor→Umkehrschluss (argumentum e contrario) gerechtfertigt
Was ist Lückenschließung durch Analogie?
• wurde Rechtslücke mit Hilfe des Gleichheitssatzes aufgedeckt, ist sie durch Analogie zu schließen
• Analogie = Ähnlichkeitsschluss: positivierte Rechtsfolge eines geregelten Tatbestandes wird auf einen nicht geregelten Sachverhalt angewendet, der im Wesentlichen gleiche Merkmale wie der geregelte Tatbestand aufweist
• Gleichheit im Wesentlichen: Unterschied zwischen dem nicht geregelten Sachverhalt und jenen Sachverhalten, für die der Gesetzgeber einen Tatbestand geschaffen hat, sind teleologisch unerheblich
• Gesetzesanalogie:
- Rechtsfolge einer einzelnen, bestimmten Rechtsnorm wird auf einen dem
Wortlaut nach nicht geregelten Sachverhalt angewendet, der aus
teleologischer Sicht gleich zu bewerten ist
- Gesetzesanwendung per analogiam
- Größenschluss:
▪ argumentum a maiori ad minus: vom Größeren wird aufs Kleinere
geschlossen
▪ argumentum a minori ad maius: vom Kleineren wird aufs Größere
geschlossen
• Rechtsanalogie (Gesamtanalogie):
- Rechtsanwender orientiert sich zur Lösung eines nicht geregelten Falles an einer Anzahl verschiedener Rechtsnormen, aus denen sich eine allgemeine Regel ableiten lässt
- aus vorhandenen Normen wird ein allgemeiner Grundsatz abgeleitet
Natürlicher Rechtsgrundsatz?
• § 7 ABGB wenn weder Gesetzes- noch Rechtsanalogie möglich ist
• allgemeinsten Prinzipien und Werte, die der Rechtsordnung zugrunde liegen
• darf erst zum Einsatz gelangen, wenn sich kein konkreter Analogieschluss anbietet
natürlichen Rechtsgrundsätze sind die allgemeinsten Prinzipien und Werte, die der Rechtsordnung zugrunde liegen
Was ist eine teleologische Reduktion?
bezieht sich auf Normen, die nach ihrem Wortlaut Fälle oder Lebenssachverhalte erfassen, die nach dem Sinn und Zweck der Norm nicht erfasst werden sollen. Eine buchstabengetreue Anwendung der Norm würde dazu führen, dass der vom Gesetz verfolgte Zweck in sein Gegenteil verkehrt würde