9. Integrative Wirtschaftsethik Flashcards
Integrative Wirtschaftsethik: Einführung
▪ Integration Ethik und Ökonomik
▪ Überwindung der Zwei-Welten (Ethik, Ökonomik) -Konzeption
Integrative Wirtschaftsethik: Ausgangsthese
▪ Gedachter und praktizierter Vorrang (Primat) „des Marktes“ vor „der Politik“ –> Wirtschaft bestimmt Politik
➔ Sachzwangdenken und -argumentation
Wettbewerb hart -> gezwungen, Menschen zu entlassen…
Integrative Wirtschaftsethik: Sachzwangargumentation
- Es wäre sinnvoll, gerecht, moralisch richtig etc. X zu tun, aber wir sind gezwungen den Markt-, Wettbewerbs-, Standort- und Kostenargumenten zu folgen
- Gedachter Vorrang von Markt-, Wettbewerbs-, Standort und
Kostenargumenten impliziert Werturteile (normativer Gehalt!)
Demnach: Effizienz und Wohlstand für bestimmte Gruppen
wichtiger als alles andere
▪ Zwang suggeriert Alternativlosigkeit => keine Handlungsfreiheit
▪ Reflexionsstopp
▪ Höhere Wohlfahrt (unbewiesen)
Marktmetaphysische Gemeinwohlfiktion
Integrative Wirtschaftsethik: Sachzwangargument Beispiel Massentierhaltung Hühner
- Massentierhaltung von Hühnern
- Die Bauern argumentieren, sie seien preislich sonst nicht
wettbewerbsfähig - Zusätzliches Argument: Billiges Fleisch für Konsumenten
Aufgrund der Massenhaltung muss den Tieren - Antibiotika gespritzt –> sonst hygienische Probleme
–> Verbraucher nehmen Antibiotika über die Nahrung auf, gelangt so auch ins Grundwasser → Antibiotikaresistenzen - Privater und gesamtwirtschaftlicher Schaden der Konsumenten und aller Bürger (negative externe Effekte)
Normativer Gehalt: Wettbewerbsfähigkeit, niedrige Nahrungsmittelpreise, quantitativ hoher Fleischkonsum sind wichtiger als qualitativ hochwertige Nahrungsmittel, die Gesundheit der Bevölkerung und das Tierwohl.
Integrative Wirtschaftsethik: Sachzwangargument Beispiel Fichten
▪ Waldbauern pflanzen vorwiegend Fichten
▪ Naturschützer argumentieren, dass Mischwälder besser
wären, da sie weniger sturmanfällig und artenreicher seien
▪ Waldbauern sagen, sie seien mit Mischwäldern preislich nicht wettbewerbsfähig
▪ Billiges Holz für Konsumenten („Pellets“)
- Sturm Kyrill 2007: Gesamtschaden von ca. 4,3 Mrd. €
- Zentrale Ursache: monotone Fichtenwälder
- 2007/08: viele Waldbauern kurz vor dem Bankrott. EU-Solidaritätshilfe: 167 Mio. €
Bis heute: Borkenkäfer befallen vorwiegend Fichtenwäldermonokulturen
Normativer Gehalt: Wettbewerbsfähigkeit, hohe Gewinne und niedrige Preise sind wichtiger als finanzielle Schädigung der Allgemeinheit und nachhaltige Ökosysteme.
Integrative Wirtschaftsethik: Ursache für Akzeptanz des Sachzwangdenkens
▪ Altliberalismus
Marktwirtschaft = natürliche Wirtschaftsordnung
Durchgesetzt = Gut
▪ Kritik:
Sein-Sollen-Fehlschluss
politisch und institutionell errichtete Wirtschaftsordnung, daher nicht natürlich
Integrative Wirtschaftsethik: Begründung des republikanischen Liberalismus
- Republikanischer Liberalismus (Ordoliberalismus)
- Diese höhere Gesamtordnung bildet die normative Grundlage für die konkrete Ausgestaltung der Marktwirtschaft
→Einbettung der marktwirtschaftlichen Institutionen in eine moralische Gesamtordnung
▪ Primat der politischen Ethik vor der ökonomischen Logik des Marktes
Einbettung des marktwirtschaftlichen Systems in eine höhere Gesamtordnung, die nicht auf Angebot und Nachfrage, Preisen und Wettbewerb beruht, sondern sich an ethischen Gesichtspunkten der Lebensdienlichkeit orientiert.
Integrative Wirtschaftsethik: Aufgaben pol. Institutionen (konkrete Ausgestaltung diskursiv + demokratisch)
- Gewährung subjektiver Bürger- und Wirtschaftsbürgerrechte
- Rechtnormen (z.B. Preiskorrekturen, Internalisierung ext. Effekte…)
- Randnormen (z.B. soz. & ökologische Grenzwerte, Mindestlohn…)
➔ Moralimplementierung durch Institutionen
➔ Moralbegründung: öffentlicher Diskurs
Integrative Wirtschaftsethik: Neoliberalismus - Konzept des Besitzbürgers (Bourgeois)
▪ Individuen:
eigennutzmaximierende Individuen (HO) ohne jegliche Tugendzumutung
Fokus = private Rechtsansprüche, Interessen
Jedes Individuum = ungebundenes Selbst, privates Sozialleben irrelevant
Soziale Interaktionen
(1) Nur, wenn nützlich
(2) Kauf/Verkauf von Gütern, Arbeit, Finanzanlagen oder Gesellschaftsvertrag
▪ Institutionen:
Wirtschaft dominiert Politik
Dies ist nicht schädlich, da hoher Wohlstand (z.B.: ÖTM)
Integrative Wirtschaftsethik: Integrative Wirtschaftsethik
- Konzept des Staatsbürgers des modernen republikanischen Liberalismus
▪ Selbstinteressierte und moralische Individuen (Tugendethik)
▪ Menschen = soz. Wesen
Konditionierung durch Moralkodex
Bürgerrechte und -pflichten
Diskursbegegnung
- Integrative Wirtschaftsethik – Grundkonzeption
▪ Marktwirtschat = Systemsteuerung -> funktionale Prämisse
▪ Marktwirtschaftliche System mit Charakter eines Subsystems in einem Gesamtsystem der
Koordination aller sozialen Interaktionen einer Gesellschaft -> normative Prämisse - Implikationen:
▪ Einerseits: Marktsteuerung (Lenkungs- und Anreizfunktion)
▪ Andererseits: Primat der Politik vor der Logik des Marktes
Integrative Wirtschaftsethik: Integrative Wirtschaftsethik als Diskursethik - Gesellschaftliches Ziel
- Gesellschaftliches Ziel: Lebensdienlichkeit, erreichen durch:
▪ Sinnfrage
Welche Werte sind zu erzeugen? →Lebenspraktisches sinnvolles Wirtschaften.
Wie wollen wir in Zukunft leben? → Kulturelle Motive, attraktive Lebensform
Ist unser Wirtschaften uns selbst zuträglich (individuell)? →Gutes Leben
–> Primat der Lebenswelt vor dem Eigensinn des ökonomischen Systems
▪ Legitimationsfrage
Für wen sind welche Werte zu erzeugen? →Gesellschaftlich legitimes Wirtschaften
Wie sollen wir zusammenleben? → Soziale Regeln
Ist unser Wirtschaften gegenüber allen Lebewesen vertretbar? →Gerechtes und nachhaltiges Zusammenleben
–> Primat der Lebenswelt vor dem Eigensinn des ökonomischen Systems
Integrative Wirtschaftsethik: Sozialökonomische Rationalität
Aufhebung: Ökonomische Rationalität + Philosophisch-ethische Vernunft –> “Sozialökonomische Rationalität”
➢ Die sozialökonomische Rationalität ist global umzusetzen
Integrative Wirtschaftsethik: Beispiel zur sozialökonomischen Rationalität: Reispreis
▪ Ökonomische Rationalität: Knappe Ressourcen
▪ Philosophisch ethischer Ansatz: Hungersnöte
➔ Integration/ Aufhebung in einer Diskursethik
Integrative Wirtschaftsethik: Orte der Moral
Wirtschaftsbürgerethik (Individualethik, Tugendethik)
Umsetzung einer Tugendethik
▪ Im Konsum,
▪ Als Unternehmer,
▪ Als Arbeitnehmer,
▪ Als Kapitalanleger usw.
+ Bereitschaft zur Gestaltung und aktiven Teilnahme an Diskursen
Ordnungsethik/ Institutionenethik
Diskurse, national und international, unter Einbeziehung Sinn- und Legitimationsfragen sowie sozial- ökonomischer Rationalität
Konkreter u. A.:
1. Gewährung subjektiver Bürger- und
Wirtschaftsbürgerrechte (siehe 7.)
2. Rechnungsnormen: Internalisierung
externer Effekte, Preiskorrekturen
3. Randnormen: Setzung humanitärer,
sozialer und ökologischer Grenzwerte, z. B. max. Arbeitszeiten, Emissionsgrenzwerte, Existenzminimumsicherung
Integrative Wirtschaftsethik: Wirtschaftsbürgerethik (Tugendethik): Def. Wirtschaftsbürger
▪ Alle, die am volkswirtschaftlichen Konsum- und Produktionsprozess beteiligt sind. („Wirtschaftssubjekt“)
&
▪ Alle, die mitverantwortlich Anteil nehmen an einem guten und gerechten Zusammenleben in einer wohlgeordneten Gesellschaft freier und gleicher Bürger („moralische Person“).