7. Ethik des Mitgefühls Flashcards
Ethik des Mitgefühls: Zentrales Motiv
Durch Mitgefühl mit allen leidensfähigen Wesen (heute & zukünftig) global Leid verhindern/ minimieren
Ethik des Mitgefühls: Rolle der Gefühle in bisherigen Ansätzen:
1. Aristoteles
Vernunft & Emotionen schließen sich nicht aus
Emotionen können zu vernunftmäßigen Handlungen führen
Bsp.: Tugend der Tapferkeit vs. Furcht
Ethik des Mitgefühls: Rolle der Gefühle in bisherigen Ansätzen: 2. Kant
Vernunft & Emotionen schließen sich aus
Begründung:
(a) Keine universellen Emotionen
(b) Kein universelles ethisches Gesetz begründbar
(c) Gefühle (fast) keine moralische Legitimation
Ethik des Mitgefühls: Rolle der Gefühle in bisherigen Ansätzen: Klassischer Utilitarismus
Emotionen als mögliche Ergebnisse
Jedoch: Nutzenmaximierung anhand rationaler Überlegungen
Ethik des Mitgefühls: Rolle der Gefühle in bisherigen Ansätzen: Utilitarismus nach Singer
- Präferenzutilitarismus: Interessen werden gegeneinander abgewogen
- Effektiver Altruismus: moralisch wichtig, effektiv & effizient zu helfen
–> Nachdenken und Rationalität gefordert - Tendenz nahestehenden Menschen “mit Gesicht” mehr zu helfen, als anonym
–> Unreflektierter Altruismus bzw. Mitgefühl utilitaristisch falsch
Ethik des Mitgefühls: Rolle der Gefühle in bisherigen Ansätzen: Diskursethik
Vernunftethik
Aber: Gefühle vernünftig berücksichtigen
Ethik des Mitgefühls: Fazit: Rolle der Gefühle (andere Theorien)
▪ Vernunft vordergründig, Gefühle im Hintergrund
▪ Gefahr der moralischen Fehlleitung
▪ Hohe Anforderungen an Vernunft, geringe an Gefühle
- Vernunft, Gefühle scheinbar erlernbar
- Gefühle erscheinen gegeben, kaum formbar & nicht schulbar
Ethik des Mitgefühls: Kritik an westlichen Theorien:
▪ Zu abstrakt, theoretisch und elitär
▪ Zu reduktionistisch, einseitig
▪ Zu unpersönlich (Ausnahme: Diskursethik)
▪ Vernunft zu vordergründig - Emotionen vernachlässigt
▪ Zu imperialistisch (Ausnahme: Diskursethik, Tugendethik)
Ethik des Mitgefühls: Säkularisierter Buddhismus
▪ Fokus auf Ethik, nicht Religion (Wissenschaft des Geistes)
▪ Geistesschulung („Meditationen“)
Bewusstseins- und Achtsamkeitsschulungen
Gefühlstraining
Mitgefühlstraining
Ethik des Mitgefühls: Grundidee einer Ethik des Mitgefühls (Thesen)
▪ Mitgefühl wünschenswerte moralische Eigenschaft
▪ Mitgefühl führt zu prosozialeren & moralischeren Entscheidungen
▪ Mitgefühl erlernbar und trainierbar
➔ Wenn Thesen korrekt, dann Mitgefühl fördern
Ethik des Mitgefühls: Emotionale Ansteckung
Unbewusste Auslösung derselben Emotion wie bei beobachteter Person (schon bei Säuglingen)
–> OHNE Selbst-Andere-Unterscheidung
Ethik des Mitgefühls: Empathie
Fähigkeit, die Emotionen eines anderen Menschen zu teilen (verstehen und nachempfinden), im Bewusstsein darüber, dass es nicht die eigenen Emotionen sind
- Wenn jemand z.B. stark leidet, dann impliziert die Forderung nach Empathie, das Leid nachzuempfinden, aber es fordert nicht, irgendetwas dagegen zu unternehmen –> kann passiv sein
–> Mit Selbst-Andere-Unterscheidung
Ethik des Mitgefühls: Kognitive Perspektivübernahme
kognitive Fähigkeit: Schlussfolgerungen über geistigen Zustand eines anderen Menschen ziehen (engl.: „Theory of Mind“)
–> Mit Selbst-Andere-Unterscheidung
Ethik des Mitgefühls: Mitgefühl
Fähigkeit, die Emotionen eines anderen Menschen zu verstehen, verbunden mit (einem „warmem“ Gefühl der) Fürsorge („warm glow “) und der Motivation, das Wohlergehen des anderen zu erhöhen.
–> Mit Selbst-Andere-Unterscheidung)
Ethik des Mitgefühls: Ergebnisse Studie von Gehirnen langjähriger Meditierender
▪ Starke Abweichungen bzgl. Empathie- und Mitgefühlsregionen in Gehirn
▪ Regionen konnten getrennt/ gezielt „ein und ausgeschaltet“ werden
Ethik des Mitgefühls: Neurowissenschaftliche Grundlagen
Bei komplexen Handlungs- & Entscheidungsprozessen i.d.R. mehrere Hirnareale aktiv
▪ Auch gegenseitige Beeinflussung
Ethik des Mitgefühls: Neurowissenschaftliche Grundlagen
- Bei komplexen Handlungs- & Entscheidungsprozessen i.d.R. mehrere Hirnareale aktiv
▪ Auch gegenseitige Beeinflussung
Ethik des Mitgefühls: Forschung zu Empathie
▪ Spiegelneuronen (veraltet!)
▪ Empathie-für-Schmerz-Netzwerk (neuere Sichtweise)
Bei Empathie aktive Gehirnregion
▪ Einflussfaktoren auf Empathie (Empirie):
Personen- und kontextspezifisch
Gruppenzugehörigkeit relevant
Vorhergehendes Fairness-Verhalten
Leidensäußerungen
auch Schadenfreude möglich
Ethik des Mitgefühls: Forschung zu Mitgefühl
▪ Andere Gehirnareale aktiv
▪ Mitgefühl reduziert Angstzustände, Depressionen & Mitgefühl erhöht Zufriedenheit
▪ Schmerz anderer:
Negatives Gefühl, aber auch positives Gefühl
Keine Verleugnung des Leids
Positives Gefühl: Verbundenheit, prosoziale Gefühle
➔ Mitgefühl = Gefühlsregulierende Strategie
o Dämpft negativeGefühle
o Generierung positiver Gefühle (Belohnung, Bindung)
Ethik des Mitgefühls:Mögliche Konsequenzen von Empathie
Empathie: –> empathischer Stress –> negative selbstbezogene Emotionen, z.B. Hilflosigkeit (bei sehr nahestehenden Personen kann es trotzdessen zu prosozialem Verhalten führen) –> Rückzug
Empathie: Mitgefühl –> positive fremdbezogene Emotionen –> prosoziales Verhalten (gesamter Prozess: kognitive Perspektivübernahme)
empathischer Stress & Mitgefühl: Neurologisch & verhaltensökonomisch zu trennende Reaktionen
Ethik des Mitgefühls: Effekte durch Meditationstraining: ReSource Projekt 2015/16
▪ Max Planck Institut für Kognitions-
und Neurowissenschaften
▪ 300 Testpersonen ohne Meditationserfahrungen
▪ 9 Monate (3x3 Module - siehe rechts)
▪ 30 min mentales Training (Meditation) / Tag
Ethik des Mitgefühls: ReSource: Drei Module
▪ Präsenz: Aufmerksamkeit & Interozeptives Gewahren: Achtsamtkeitstraining (Meditation, Bodyscan,…)
▪ Perspektive: Metakognition & Perspetkivübernahme: Kognitives Perspektivmodul (Eigene Gedanken beobachten, Zweiergespräch, zuhören, verschiedene. Perspektiven einnehmen)
▪ Affekt: Mitgefühl, Fürsorge, Prosoziale Motivation & Emotionsakzeptanz: Gefühlsmodul (Liebende Güte Meditation) –> Zweiergespräch
Ethik des Mitgefühls: ReSource: Ergebnisse
▪ Plastizität nachgewiesen
(Plastizität = Veränderlichkeit der Areale des menschl. Gehirns als Reaktion auf verstärkte Nutzung bzw. gezieltes Training)
▪ Neurologische Prozesse selektiv trainierbar
▪ Meditation geeignet für Mitgefühl
▪ Achtsamkeitsübungen: geringer Effekt auf Mitgefühl
▪ Kognitives Perspektivmodul: mittlerer Effekt auf Mitgefühl ▪ Gefühlsmodul: stärksten Effekt auf Mitgefühl
Ethik des Mitgefühls: ReSource: Liebende Güte Meditation
▪ Beginnt mit Selbstmitgefühl
▪ Erinnern und visualisieren: Moment, in dem sich selbst geliebt, vollkommen angenommen
und akzeptiert
▪ Intensivierung des Momentes
▪ Dann: Übertragung des Gefühls auf Freunde, dann Feinde, dann alle Menschen
Universelles Mitgefühl
➔ Mitgefühlstraining erhöht prosoziales Verhalten in empirischen Studien
Ethik des Mitgefühls: Ethischer Ansatz und praktische Umsetzung
- Moralische Ausrichtung: Leid der Welt verringern
- Moralisches Vorgehen:
▪ Mitgefühl entwickeln (Selbstmitgefühl!)
▪ Mitgefühl für andere entwickeln (Geisttraining, Meditation)
Ideal: universelles Mitgefühl - „Ethics of Care“ -> Ethik der Fürsorge (für einen selbst & andere)
▪ Nicht überarbeiten, nicht überfordern
▪ Leid anderer vermeiden
▪ Freude bei anderen verursachen
▪ Nachbarschaftshilfe - Spenden
- Leidvolle Wirtschaftsstrukturen vermeiden
Ethik des Mitgefühls: Anwendung in der…
▪ Individualethik z.B.:
Regelmäßige Mitgefühlsmeditation
Nachhaltiger und fairer Konsum
Vermeidung negativer externer Effekte
▪ Unternehmensethik z.B.:
Nachhaltige und faire Produktion
Vermeidung negativer externer Effekte
▪ Institutionenethik z.B.:
Geeigneter Rahmen: Möglichkeiten zur individuellen Mitgefühlsschulung (z.B. Integration
ins Bildungssystem)
Ethik des Mitgefühls: Einordnung
- Leid verringern -> utilitaristischer Grundgedanke
- Motiv – besserer Mensch -> deontologischer Grundgedanke
- Systematische Schulung -> Tugendethischer Ansatz
➔ Mischethik: teleologische, deontologische und tugendethische Elemente