4. Utilitarismus Flashcards
Utilitarismus: Einführung: Utilitaristisches Prinzip:
Diejenigen Handlungen bzw. Handlungsregeln sind moralisch richtig, durch die ein Maximum an Gesamtnutzen über sämtliche Betroffene erreicht wird.
Utilitarismus: Einführung: Utilitaristischer „Imperativ“:
Handle so, dass im Ergebnis, nach allen direkten und indirekten, gegenwärtigen und zukünftigen Folgen der Gesamtnutzen maximal ist.
Utilitarismus: Merkmale des Utilitarismus
▪ Richtigkeit von Handlungen abh. von Folgen/Ergebnissen/Konsequenzen
▪ Nutzen aller Betroffenen relevant (daher per se kein Egoismus)
▪ Teleologische Ethik
▪ Moralisch Verbindliches muss rational und wissenschaftlich begründet werden
Utilitarismus: Der klassische Utilitarismus von Bentham
- Jeremy Bentham, 1748 – 1832
▪ Englischer Jurist, Philosoph und Sozialreformer
▪ Ethisches Hauptwerk: Introduction to the Ethics of Morals and Legislation (1789) - Mensch unter Diktat von Freude und Leid:
▪ Bestimmt, wie er handeln wird (deskriptiver Hedonismus, psychologischer Egoismus)
▪ Bestimmt, wie er handeln soll (normativer Hedonismus, normativer Egoismus)
➔ Gesucht: Ergebnis mit max. Gesamtnutzen/Gesamtglück
- Schritt: Ermittlung Gratifikationswert (Glück, Nutzen) pro Handlung
& Betroffenen - Schritt: Ermittlung kollektiver Gratifikationswert (Gesamtglück, Gesamtnutzen) –> Nettonutzen (Nutzen-Schaden) aller direkt und indirekt Betroffenen, inklusive aller Sekundär- und Folgeeffekte, heute und in der Zukunft berücksichtigt werden
-> Summe der individuellen Nutzen = Kollektiver Gesamtnutzen - Schritt: Auswahl der Handlung („greatest happiness principle“)
keine Geldbeträge, sondern Nutzenindexwerte
Utilitarismus: Bentham und die Einkommensverteilung – Zwei Thesen
- These: Zsm.hang zw. Geld/Einkommen und Nutzen nicht linear
Nutzen steigt unterproportional
Max. Gesamtnutzen in einer Gesellschaft => Gleichverteilung der Einkommen
Aber: Großes Leid bei den Besitzenden, Zerstörung von Leistungsanreizen - These: Zsm.hang von Geld/Einkommen und Nutzen linear
Maximaler Gesamtnutzen in einer Gesellschaft entsteht nicht zwingend durch Gleichverteilung der Einkommen
Utilitarismus: Der klassische Utilitarismus von Mill
- John Stuart Mill, 1806 - 1873
▪ Engl. Staatsdenker, Nationalökonom, Philosoph - Mill: Qualitativer Hedonismus
▪ Verschied. Qualitäten von Lust: Hedonismus wohlinformierter Präferenzen
▪ Glück ≠ abstakt; Glück = „konkretes Ganzes“
▪ Teil des Glücks: Tugend, Gesundheit, Liebe,…
Nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Teil des Zwecks
➔ Aus der moralischen Forderung der Maximierung des individuellen Glücks/Nutzens wird die
moralische Forderung den Gesamtnutzens zu maximieren
Pyramide:
oben: höhere Freuden = geistige Freuden
unten: niedere Freuden = körperliche Freuden
Utilitarismus: Die Egoismus-Frage
- Utilitarismus: Maximierung Individualnutzen = Maximierung Gesamtnutzen? *(Annahme)
- Argumentation dafür:
(1) Natürliche Übereinstimmung
(a) Adam Smith: Größter wirtschaftlicher Gesamtnutzen durch größten eigenen Nutzen (Widerlegt durch Spieltheorie)
(b) Langfristige Interessensharmonie (unbewiesen)
(2) „Künstliche“Übereinstimmung
(a) Politische, wirtschaftliche und juristische Institutionen so gestalten, dass Interessenharmonie entsteht
Utilitarismus: Gefangenendilemma
➔ Wahl einzelwirtschaftlich rationalen Verhaltens ≠ gesamtwirtschaftlich rational (pareto- ineffizient, nicht gesamtnutzenmaximal)
➔ Moderner Utilitarismus: Annahme (*) aufgegeben, insbes. wegen Spieltheorie (s.u.))
Utilitarismus: Die Problematik der Nutzenaggregation
- Methodische Probleme der Nutzenaggregation ▪ Problem 1: Kardinale Nutzenmessung
Wahrnehmung Nutzenabstand immer gleich
Z.B.:2->4=96->98
▪ Problem 2: Interpersoneller Nutzenvergleich
Aufaddierung muss möglich sein
Person A, Nutzen 5 = Person B, Nutzen 5?
Praktisch unmöglich, da nicht vollständig in anderen reinversetzen
➔ Ökonomische Wohlfahrtstheorie aus Utilitarismus hervorgegangen
Utilitarismus: Wohlfahrt
Wohlfahrt W = Gesamtnutzen = Summe individueller Nutzen
Utilitarismus: Die Gerechtigkeitsfrage
- Kritik an Utilitarismus: Kriterium des max. Gesamtnutzen über Gerechtigkeitsaspekten
1. Gerechtigkeit der Nutzen-, Einkommens- und Vermögensverteilung
2. Gerechtigkeit bzgl. Menschenwürde
Zu 1.: Nutzen-, Einkommens- und Vermögensverteilung:
siehe Grafik
Zu 2.: Menschenwürde
* Utilitarismus: Kein Anspruch auf Mindestnutzen -> kein Anspruch auf Menschenwürde –> Gefahr der Ausbeutung einzelner Menschen aus Gruppen (Minderheiten)
▪ Moderner Utilitarismus: Nebenbedingung der Achtung der Menschenwürde
–> Berücksichtigung im Utilitarismus: Missachtenden der Menschenwürde führen zu Leid und äußern sich in sehr starken Nutzenverlusten
Utilitarismus: Moderne utilitaristische Ansätze: Handlungsutilitarismus
- Kriterium nicht eine einzelne Handlung selbst, sondern die Konsequenzen dieser einzelnen Handlung
▪ Folgende Schritte für alle zur Auswahl stehenden Handlungen durchführen:
1. Nutzen aller direkt/ indirekt, heute/ zukünftigen Betroffenen
2. Inklusive Sekundär- und Folgeeffekte
3. Bestimmung indiv. Nutzenindexwerte aus Nutzenfunktionen
4. Gesamtnutzen = Σ individueller Nettonutzenwerte
5. Auswahl Handlung mit höchstem Gesamtnutzen
▪ Moralisches Krit.: Nicht Handlung, sondern Konsequenz
–> teleologischer Ansatz
Utilitarismus: Moderne utilitaristische Ansätze: Regelutilitarismus
Kriterium, ob die Handlung der Regel folgt, die nach dem Kriterium des maximalen Gesamtnutzens aufgestellt wurde
▪ Schritt I: Regel aufstellen (Aufstellen von mindestens zwei Regeln, und überprüfen, bei welcher Regel das Gesamtnutzenmaximum erreicht wird)
Fragen, welche Ergebnisse je Regel, wenn jeder so handelt
Wahl der Regel mit max. Gesamtnutzen
Gesamtnutzen = Nettonutzen aller direkt/ indirekt, heute/ zukünftigen Betroffenen
▪ Schritt II: Folgt infrage kommende Einzelhandlung der nutztenmax. Regel?
Wenn ja, dann moralisch
Wenn nein, dann unmoralisch
Utilitarismus: Moderne utilitaristische Ansätze: Handlungs- und Regelutilitarismus - Aufstellen der Regeln
− Es müssen mindestens zwei Regeln aufgestellt und verglichen werden.
− In der zu überprüfenden Regel darf sowohl ein „dürfen“ als auch ein „sollen“ stehen, je nach Fall.
− Grundsätzlich muss sich die Regel bei Anwendung des Regelutilitarismus nicht auf die gesamte Menschheit beziehen, sondern kann sich auch nur auf kleine oder große Gruppen beziehen, z.B. wäre es hier auch richtig gewesen die Regel 1 so aufzustellen:
„Alle Menschen in Deutschland, die für ein Wochenendshopping auf einen anderen Kontinent fliegen wollen, dürfen dies tun.“
Utilitarismus: Der Ansatz des effektiven Altruismus von Peter Singer
- Argumentation:
1. Prämisse: Menschliches Leid (keine Nahrung, …) schlimm
2. Prämisse: Hilfe unterlassen schlimm, ohne vergleichbares Opfer bringen zu müssen
3. Prämisse: Spenden erfüllt o.g. Voraussetzungen
Schlussfolgerung: Wer kein Geld für Hilfsorganisationen spendet, handelt falsch - Interpretation i.S.d. Handlungs- oder Regelutilitarismus:
▪ Singers Ziel: Weltnutzen
▪ Nutzenverlust Spender < Nutzengewinn armer Menschen
▪ Aber: Singer Präferenzutilitarist - Interpretation i.S.d. Präferenzutilitarismus:
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▪ Präferenzutilitarismus: Interessen werden gegeneinander abgewogen
▪ Glück, Nutzen irrelevant
Glück/ Nutzen: Empfindungen, primär affektiv
Präferenzen: kognitiv
▪ Prinzip gleicher Interessensabwägung: Handlungswahl hinsichtlich Interessen aller
Betroffenen
➔ Zu maximieren ist Gesamtmenge an befriedigter Präferenz