8. Ressourcen- und Resilienzförderung Flashcards
Ressource:
Als Ressource können jeder Aspekt des seelischen Geschehens und darüber hinaus der gesamten Lebenssituation eines Patienten aufgefasst werden, also z. B. motivationale Bereitschaften, Ziele, Wünsche, Interessen, Überzeugungen, Werthaltungen, Geschmack, Einstellungen, Wissen, Bildung, Fähigkeiten, Gewohnheiten, Interaktionsstile, physische Merkmale wie Aussehen, Kraft, Ausdauer, finanzielle Möglichkeiten sowie seine zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Gesamtheit all dessen stellt, aus der Ressourcenperspektive betrachtet, den Möglichkeitsraum des Patienten dar, in dem er sich gegenwärtig bewegen kann, oder anders ausgedrückt, sein positives Potential, das ihm zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse zur Verfügung steht.
Es gibt verschiedene Merkmale zur Systematisierung von Ressourcen:
– Objektiv(z.B.Geld)vs.subjektiv(z.B.Optimismus)
– Intern (z.B. Fähigkeiten, Kompetenzen) vs. extern (z.B. soziale Beziehungen)
– Stabil(z.B.Wohnung)vs.erschöpfbar,variabel(z.B. Selbstregulation → ego-depletion)
–…
Ressourcen bedingen sich oft gegenseitig: Hobfoll (1989) spricht in diesem Zusammenhang von Ressourcengewinn- und Ressourcen- verlustspiralen:
– Beispiel Verlustspirale: Arbeitslosigkeit → Verlust Einkommen → Umzug in kleinere Wohnung → Verlust Freunde in räumlicher Nähe → Verlust positive Emotionen → etc.
– Beispiel Gewinnspirale: erfolgreiche Prüfung → Zunahme der Selbstwirksamkeit → mehr Motivation → mehr Erfolge, auch in anderen Lebensbereichen → gesteigertes Wohlbefinden
Was versteht man unter Resilienz?
- Englisch: resilience = Spannkraft, Strapazierfähigkeit, Lateinisch: resilere = abprallen
- Definition 1: Resilienz meint die Widerstandskraft von Individuen angesichts belastender Lebensereignisse (Bengel & Lyssenko, S. 24),
- Definition 2: Resilienz ist die Aufrechterhaltung oder schnelle Wiederherstellung der psychischen Gesundheit während und nach Widrigkeiten (Kalisch, 2020, S. 28)
- Definition 3: Individual resilience refers to the processes of, capacity for, or patterns of positive adaptation during or following exposure to adverse experiences that have the potential to disrupt or destroy the successful functioning or development of a person« (Masten und Obradovic, 2008, p. 2).
- Ann Masten (2001) spricht von „ordinary magic“ - Resilienz ist ein verbreitetes Phänomen, die menschliche Psyche besitzt große Anpassungsfähigkeit:
- “Resilience does not come from rare and special qualities, but from the everyday magic of ordinary, normative human resources in the minds, brains, and bodies of children, in their families and relationships, and in their communities”. (Masten 2001, p. 235)
Drei Formen von Resilienz (nach Lepore und Revenson (2006, Zautra &
Reich, 2011, p. 175):
– ResilienzalsStressresistenz (sustainability; Stabilität des Baumstammes)
– Resilienz als (schnelle) Regeneration (recovery; Biegsamkeit bei Sturm)
– ResilienzalsRekonfiguration (growth; Wuchs neuer Triebe)
- Resilienz ist…
– dynamisch, d.h. entwickelt sich über die Zeit im Kontext von Mensch-Umwelt-
Interaktion
– zeitlich variabel, d.h. Personen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Lebens relativ resilient sind, können zu anderen Zeitpunkten wesentlich vulnerabler erscheinen. Besonders im Kindes und Jugendalter sind verschiedene Phasen erhöhter Vulnerabilität im Entwicklungsverlauf zu unterscheiden
– Situationsspezifisch, d.h. Personen, die sich gegenüber einem bestimmten Stressor resilient zeigen, können angesichts anderer Stressoren durchaus größere Bewältigungsprobleme aufweisen.
– multidimensional, d.h. es können unterschiedliche Grade von Resilienz auf unterschiedlichen Dimensionen vorkommen (z.B. intellektuell hoch, aber soziale Kompetenz niedrig)
Bengel & Lysenko (2012, S. 44ff) führen in ihrem Bericht zum Stand der Forschung zu psychischen Schutzfaktoren von Gesundheit im Erwachsenenalter 11 Resilienzfaktoren auf:
- Positive Emotionen (dynamic affect model)
- Optimismus (trait-Optimismus, better-than-average-Effekt, Kontrollillusionen)
- Hoffnung (Snyder, 2002: pathway thinking, agency-thinking)
- Selbstwirksamkeitserwartung (3 Wirkmechanismen, Benight & Bandura (2004)
- Selbstwertgefühl
- Kontrollüberzeugungen (internal, external)
- Kohärenzgefühl (Verstehbarkeit, Managebarkeit, Sinnhaftigkeit)
- Hardiness (commitment, control, challenge)
- Religiosität und Spiritualität
- Coping
- Soziale Unterstützung (instrumentell, emotional, informativ, evaluativ)
Günstiger Genesungsverlauf nach Bypass-Operation am Herz bei Optimisten (Scheier et al., 1989)
Wirkmechanismen der Selbstwirksamkeit bei hoher Belastung:
- Personen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung nehmen sich als weniger verletzlich wahr und schätzen ihre Umgebung als weniger bedrohlich ein. Daher kommen sie seltener in die Situation, angesichts eines Ereignisses große Hilflosigkeit und Stress zu erleben (attentional and construal processes).
- Bei der Konfrontation mit Ereignissen, die das individuelle Bewältigungspotenzial übersteigen, tendieren Personen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung dazu, trotzdem aktive, problemorientierte Bewältigungsstrategien zu initiieren (transformative actions).
- Personen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung haben außerdem größeres Vertrauen in ihre Selbstregulationsfähigkeiten und sind in stark belastenden Situationen in der Lage, auch eigene, sich aufdrängende Gedanken unter Kontrolle zu bringen oder sich davon zumindest nicht in einem hohen Ausmaß beunruhigen zu lassen (thought control efficacy).
Ansatzpunkte von Ressourcenförderung und Empowernment
- Grundidee Ressourcen-/Resilienzförderung: modularer Aufbau zur gezielten Förderung einzelner oder mehrerer Ressourcen/Schutzfaktoren
Wie fördert man Schutzfaktoren? (Einige Hinweise)
Metaanalyse zur Effektivität von Resilienzförderungstrainings (Leppin et al., 2014)
- Across 13 contributing trials (782 participants), random effects meta-analysis showed an overall benefit of generalized stress-directed resiliency training in improving resilience in individuals within 3 months of follow-up [pooled SMD* 0.37 (95% CI 0.18 to 0.57].
- The estimated effect of these programs on quality of life and depression was also favorable but not statistically significant.
- Trauma-focused resiliency training programs showed a moderate effect in reducing stress symptoms [pooled SMD −0.53 (−1.04 to −0.03)] and a moderate effect in reducing depression [pooled SMD −0.51 (−0.92 to −0.10)
- Conclusion: “Resiliency training programs seem to have benefit in improving mental health and well-being in diverse adult populations, although the quality of the randomized trial evidence precludes conclusions based in high confidence. There is no specific format, structure, or theoretical basis that defines a resiliency training program. In addition, no gold standard method of evaluation or measurement exists.” (p. 13)