8/10 (Sicherungsübereignung; Abwehransprüche) Flashcards

1
Q

§ 1004: Systematische Einordnung

A
  • Generalklausel dinglicher Schutzansprüche gegen Eigentumsbeeinträchtigungen
  • > erga omnes, nicht abtretbar
  • > § 985 als speziellerer Anspruch, neben dem jedoch auch § 1004 bestehen kann
  • > (zukunfts)gerichteter, verschuldensunabhängiger Beseitigungs- / Unterlassungsanspruch
  • > bei Verschulden: SEA mit Naturalrestitution nach § 823 I bzw. (auch) § 823 II iVm § 1004 (hM)
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2
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen (Beseitigungsanspruch)

A
  1. Anspruchsberechtigung: Eigentümer oder Inhaber einer vom erweiterten Anwendungsbereich des § 1004 erfassten Rechtsposition
  2. Passivlegitimation: richtiger Anspruchsgegner ist der Störer
  3. Gegenwärtige Beeinträchtigung: des Eigentums (oder eines sonstigen geschützten Rechts des Anspruchsstellers in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzers)
  4. Fehlen eines Ausschlussgrunds oder einer Duldungspflicht des beeinträchtigten Eigentümers oder Rechtsinhabers (§ 1004 II)
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3
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen (Unterlassungsanspruch, S. 2)

A
  • Wiederholungsgefahr = die auf objektiven Tatsachen beruhende ernstliche Besorgnis weiterer Störungen
  • > widerleglich vermutet, wenn Störung tatsächlich vorausgegangen ist
  • (Erst)Begehungsgefahr nach hM auch umfasst
    con: Wortlaut
    pro: Telos - Eigentümer soll nicht gezwungen sein, rechtswidrige Beeinträchtigung eintreten zu lassen
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4
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen: Anspruchsberechtigung

A
  • Eigentümer oder Inhaber einer vom erweiterten Anwendungsbereich des § 1004 erfassten Rechtsposition
  • Miteigentum: jeder Miteigentümer (ggf. nach hM auch ggü anderen Miteigentümern vs. mM: im Verhältnis zueinander nach §§ 743 ff. BGB)
  • (-) bei nur obligatorisch Berechtigtem - aber ggf. schuldrechtlicher Anspruch gegen Vertragspartner (Eigentümer) darauf, dass dieser seinen Anspruch aus § 1004 geltend macht
  • (-) bei Nichteigentümer (Zession nicht möglich, da nicht von Stammrecht Eigentum abtrennbar)
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5
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen: Beeinträchtigung

A
  • wenn in die Herrschafts- oder Verfügungsmacht des Eigentümers aus § 903 eingegriffen wird

a) In anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes ( § 985)
- > P: Abgrenzung vom Schadensersatz über Eingrenzung auf Ebene der Beeinträchtigung

b) Zurückführbar auf menschliches Verhalten
- > BGH: auch bei Naturkräften kann Verhalten des Eigentümers, von dessen Grundstück Naturkraft wirkt, herangezogen werden, wenn dieser durch sein Verhalten eine Gefahrenquelle geschaffen hat (Sicherungspflicht, vgl. Störerbegriff)

c) Fortdauern (Gegenwärtigsein im Zeitpunkt der Abspruchsstellung bzw. der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung)

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6
Q

§ 1004 I: P: Abgrenzung vom Schadensersatz über Eingrenzung auf Ebene der Beeinträchtigung

A
  • eA: Usurpationstheorie (nach Picker):
  • > mit 1004 sind gegenwärtige Rechtsanmaßungen - in Form von Verhalten, räumlicher Lage oder Ausstrahlungen der störenden Sache - zu beseitigen (Usurpationen)
  • > wer sich gegenwärtig Eigentümerbefugnisse anmaßt, muss die Anmaßung beseitigen
  • > Vorstellung von Rechtskreisen (bei 1004: Rechtskreise überlappen sich): Störer soll sich in seinen Rechtskreis zurückziehen
  • -> gegenwärtige Überlagerung der Rechtssphären muss beseitigt werden
  • > wer in der Vergangenheit Eigentümerbefugnisse angemaßt hat, schuldet nur nach Maßgabe des Schadensersatz- und des Bereichungsrechts Ausgleich
    con: Möglichkeit zur Dereliktion als Haupteinwand (aber: Dereliktor haftet im Ergebnis dennoch nach 823 I)
  • aA (BGH): § 1004 sei über einen Störerbegriff zu konturieren - Beeinträchtigung sei jede von außen kommende Einwirkung auf eine Sache, für die der Störer lediglich kausal gewesen sein muss
    pro: weiter Eigentumsschutz (neben der ursprünglichen Beeinträchtigung ist auch der herbeigeführte Zustand abwehrfähig)
    -> Handlungsstörer (wer eine Störung durch Tun oder Unterlassen verursacht hat)
    -> Zustandsstörer (wer für die Störungsquelle, bspw. als Eigentümer, verantwortlich ist, jedoch nur für zurechenbare Störungen im Rahmen der Vorhersehbarkeit
    -> weitere Begrenzungen auf Rechtsfolgenseite
    con letztlich können Einschränkungen nicht verhindern, dass § 1004 zum verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch wird
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7
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen: Beeinträchtigung: Arten von Einwirkungen

A

a) Positiv = aktive Angriffe auf den räumlich- gegenständlichen Bereich

b) Negativ = wenn der Eigentümer sein Grundstück in den Grenzen seiner Befugnisse (§ 903 BGB) nutzt, dem Nachbargrundstück dabei jedoch (mittelbar) Vorteile entzieht (bspw. Entziehung von Licht / Aussicht) (§ 906 wird nicht nur zur Feststellung von Duldungspflichten, sondern auch von Beeinträchtigungen herangezogen)
-> hM: nicht umfasst (außer wenn zugleich relevante rechtliche Beeinträchtigung)
pro: Telos von § 906, der nur die “Zuführung” erfassen soll
pro: Benutzung, die sich innerhalb der eigenen
Grenzen des Grundstücks halte, ist vom Eigentumsinhalt gedeckt, §§ 903, 905
-> mM: ebenfalls umfasst
pro: § 906 differenziert dem Wortlaut nach nicht zwischen negativen und positiven Einwirkungen

c) Ideell = Einflüsse, die ohne räumlichen Grenzübertritt das ästhetische oder sittliche Empfinden des Nachbarn beeinträchtigen
- > BGH: (-)
pro: ähnlich negativen Einwirkungen fehle die “Zuführung” und Wirkung auf das Grundstück bzw die Sachen
pro: uferlose Anwendung des § 1004 soll verhindert werden
- > aA: differenzierend
pro: anhand der Kriterien “Unwesentlichkeit” und “Ortsüblichkeit” aus § 906 kann einer uferlosen Anwendung begegnet werden

d) Rechtlich = unmittelbarer Angriff auf die Rechtsposition Eigentum
- > Geltendmachen von Dienstbarkeit oder Miteigentum
- > bevorstehende Verfügung (§ 1004 I S. 2)
- > abgeschlossene Verfügung: nicht mehr gegenwärtig/fortdauernd

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8
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen: Passivlegitimation

A
  • Handlungsstörer = wer die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten – positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen – zumindest adäquat kausal mitverursacht hat
  • > auch derjenige, der die Beeinträchtigung durch einen Dritten adäquat kausal verursacht hat und die hätte verhindern könne (mittelbarer Störer)
  • > pflichtwidriges Unterlassen aus Ingerenz, nachbarlicher Rücksichtnahmepflicht (str.), allgemeiner Sozialpflichtigkeit des Eigentums (str.)
  • Zustandsstörer = derjenige, der die Herrschaft über eine gefahrbringende Sache, durch die die Störung mitverursacht wird, ausübt und von dessen Willen die Beseitigung der Störung abhängt
  • > gilt auch für Rechtsnachfolger, der Störung bewusst aufrechterhält
  • > gilt auch für Halter von auf fremdem Grund abgestellten Pkw
  • weitere Voraussetzung: muss zur Beseitigung der Störung in der Lage sein
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9
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen: Passivlegitimation: Beendigung durch Dereliktion?

A
  • eA: (-), da mit Eigentum auch negatorische Verantwortlichkeit entfalle
    pro: es werde auf eine rein faktische Verantwortlichkeit abgestellt
  • aA: (+)
    pro: einmal begründete Verantwortlichkeit nicht durch Dereliktion beseitigbar (kein tauglicher actus contrarius)
    pro: Eigentumsschutz
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10
Q

§ 1004 I: Voraussetzungen: Passivlegitimation: Mieter-Vermieter

A
  • auch wenn Mieter stört, soll Vermieter Störer sein, wenn er dem Mieter die störende Benutzung ausdrücklich oder stillschweigend gestattet hat und zur Beseitigung in der Lage ist
  • > Vermieter übt seine Eigentumsbefugnisse durch Mietvertrag aus
  • > ggf. gesamtschuldnerische Haftung
  • BGH: auch dann,wenn Vermieter dem Mieter zwar verboten hat, das er aber dann »in ungehöriger Weise« duldet
    pro: Vermieter kann auf Mieter mit Kündigungsdrohung etc einwirken
  • > con: Vermieter ist grds. nicht verpflichtet, für rechtmäßiges Verhalten des Mieters ggü Dritten zu sorgen
  • > con: Störung müsse aktive Komponente haben - Einflussmöglichkeit auf Mieter mit Kündigungsdrohung etc. ist nicht ausreichend
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11
Q

§ 1004 II: Überblick über Ausschlusstatbestände und Duldungspflichten

A

a) öffentlich-rechtlich Ausschlusstatbestände

b) allgemeine gesetzliche Rechtfertigungsgründe
- > Notwehr oder Notstand
- > aber auch Art. 5 I GG

c) einstweilige Verfügungen nach § 935 ZPO
d) rechtsgeschäftliche Vereinbarungen
e) gesetzliche Duldungspflichten privatrechtlicher Natur, insbesondere aus § 906 BGB, §§ 912 ff. BGB, §§ 917 ff. BGB, § 242 BGB

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12
Q

§ 1004 II: rechtsgeschäftliche Vereinbarungen und Einwilligung

A
  • schuldrechtlicher Vertrag oder vertragliche Bestellung eines dinglichen Rechts (bspw. Nießbrauch)
  • Einbeziehung Dritter in rechtsgeschäftlich vereinbarte Duldungspflicht
  • > § 986 I S. 1 Alt. 2 analog
  • Einseitige Einwilligungsmöglichkeit (ohne Vertragscharakter) mit Widerrufsmöglichkeit
  • > eA: wegen jederzeitiger Widerrufsmöglichkeit ergibt sich keine Duldungspflicht
  • > aA: zumindest für Vergangenheit (Bestehen der Einwilligung) ergibt sich Duldungspflicht
  • > nach beiden Ansichten: Duldungspflicht von Dauerzustand, wenn dieser durch Einwilligung des Eigentümers in der Vergangenheit erst geschaffen wurde (venire contra factum proprium)
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13
Q

§ 906 I: “ähnliche” Einwirkungen

A

= mit den gesetzlichen Beispielen vergleichbare Erscheinungen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie unkontrollierbar und unbeherrschbar sind und sich daher auch über die Grundstücksgrenzen hinweg ausbreiten

  • > nicht zwingend sinnlich wahrnehmbar (Röntgenstrahlen)
  • > bspw. Blütenbefall, Lichteinfall; Naturereignisse, soweit sie durch menschliches Verhalten auf dem anderen Grundstück ermöglicht worden sind
  • Auf alle anderen (“Grob-“)Immissionen ist § 906 nicht anwendbar
  • > keine Duldungspflicht, selbst wenn Grobimmission unwesentlich oder ortsüblich ist
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14
Q

§ 906: P: Wesentlichkeit der Beeinträchtigung

A
  • frühere Rspr.: normaler Durchschnittsmenschen im Hinblick auf Natur und Zweckbestimmung des beeinträchtigten Grundstücks
  • heutige Rspr: Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, was diesem auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billi- gerweise nicht mehr zuzumuten ist
    pro: Allgemeininteressen können sowohl auf Seiten des Störers als auch auf Seiten des Berechtigten berücksichtigt werden
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15
Q

§ 906 II S. 2: Voraussetzungen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs

A
  1. Anspruchsberechtigung: Eigentümer, aber auch sonstiger dinglich oder obligatorisch Berechtigter am Grundstück
  2. Passivlegitimation: Benutzer des störenden Grundstücks (= derjenige, der die Nutzung des Grundstücks bestimmt)
  3. Duldungspflicht nach § 906 II S. 1
  4. Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung des Grundstücks oder dessen Ertrags (§ 906 II 2 BGB) (ohne Entschädigung)
    - > umfassende Interessensabwägung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls, insb. auch Mitverschulden des Anspruchstellers (§ 254 analog)
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16
Q

§ 906 II S. 2: Folgen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs

A
  • kein SE, sondern Wertersatz
    = für den rechtmäßigen Entzug von Eigentümerbefugnissen soll ein im Wesentlichen nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bemessender Wertausgleich geleistet werden
    -> eA (BGH): nur unzumutbarer Teil der Beeinträchtigung
    -> aA: volle Schadloshaltung iSd §§ 249ff.
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17
Q

§ 906 II S. 2: P: Herleitung und Prüfung des nachbarschaftlichen Ausgleichsanspruchs gem. § 906 II 2 analog

A
  • Herleitung: durch die Rechtsprechung entwickelt als „zivilrechtlicher Aufopferungsanspruch“; er kommt dann in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer rechtlich oder faktisch zur Duldung bestimmter Immissionen (auch Ponderabilien umfasst!) gezwungen wird
  • > umfasst auch Schaden an Mobilien, wenn dieser durch die Eigentumsstörung am Grundstück entstanden ist
  • > Analogie: planwidrige Regelungslücke (nur für Fälle der Duldungspflicht nach § 906 II S. 1 geregelt) und vergleichbare Interessenlage (der rechtswidrig Beeinträchtigte soll nicht schlechter stehen als der rechtmäßig Beeinträchtigte)
  • Prüfung:
    1. Aktivlegitimation: Berechtigter am Grundstück*
    2. Passivlegitimation: Benutzer bzw. Eigentümer
    3. Rechtswidrige, nicht duldungspflichtige Einwirkungen, die nicht nach §§ 1004 I, 862 I abzuwehren waren
    4. Verhalten, das die Einwirkung und den Schaden ausgelöst hat, muss dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen sein und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweisen
    5. Nachteile, die das Zumutbare einer entschädigungslos hinzunehmende Beeinträchtigung übersteigen
    6. Subsidiarität ggü. vorrangigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen
  • > vor allem dann, wenn Verschulden nicht nachweisbar
  • obligatorisch Berechtigter nur dann, wenn Beeinträchtigung von anderem Grundstück ausgeht
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18
Q

§ 912: Typen des Überbaus

A

a) Rechtmäßiger Überbau

b) Unrechtmäßiger Überbau
aa) Entschuldigt (§ 912 I)
bb) Unentschuldigt

c) Eigengrenzüberbau (§§ 912 ff. analog)
aa) Ursprünglich
bb) Nachträglich

d) Überbau von Grundstücksabstandsflächen (§§ 912 ff. analog)

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19
Q

§ 912 I: Voraussetzungen des unrechtmäßigen entschuldigten Überbaus

A
  1. Errichtung eines einheitlichen Gebäudes durch den Grundstückseigentümer
  2. 􏰀 Grenzüberbauung (Grenzüberschreitung)
  3. 􏰀 kein Vorsatz und keine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Grenzunterschreitung
  4. 􏰀 keine Gestattung des Eigentümers des Nachbargrundstücks
  5. 􏰀 kein sofortiger Widerspruch des Nachbarn
  • Ausschluss weitergehender Ansprüche (§ 823; § 906 II S. 2; § 1004 I wegen Duldungspflicht)
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20
Q

§ 912 I: Voraussetzungen des unrechtmäßigen entschuldigten Überbaus: Errichtung eines einheitlichen Gebäudes durch den Grundstückseigentümer

A
  • hM: nur durch Grundstückseigentümer wirksam
    pro: Belastung des Grundstücks mit Überbaurente hat verfügungsähnlichen Charakter
  • > aber: Einwilligung in den Überbau des Besitzers nach §§ 184, 185 analog als Überbau des Eigentümers
  • “bei Errichtung”: zu enger Wortlaut, auch Veränderung oder Erweiterung eines bereits vorhandenen Gebäudes erfasst, wenn es sich bei den überragenden Gebäudeteile um wesentliche handelt
21
Q

§ 912 I: P: Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen

A
  • eA (BGH): Differenzierung zwischen Architekt und sonstige (Bauunternehmer, Handwerker)
  • > Architekt als Sachwalter sei Repräsentant des Bauherrn -> § 166 analog
  • > Sonstige: weder § 166 noch § 278 oder § 831 analog
  • aA: für Hilfspersonen § 831 analog
    pro: § 912 hat deliktsähnlichen Charakter und bewirkt, dass - entgegen § 823 I - nicht für Fahrlässigkeit gehaftet wird (Baur/Stürner)
  • > jedoch: idR kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Bauherr und Bauunternehmer
  • wA: für Hilfspersonen nach § 278 analog
    pro: über das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis
  • > con: § 278 wegen höchstpersönlichem Charakter nicht anwendbar
22
Q

§ 912 I: P: Eigentümerstellung am überbauten Gebäude

A
  • Grundproblem: Ordnungfunktionen von Gebäudeakzession (§§ 93, 94) und Grundstücksakzession (§§ 946, 93, 94) kollidieren; keine Regelung im Gesetz
  • > ganz hM: zugunsten des Überbauenden
  • hM: mit der Duldungspflicht aus § 912 I beim unrechtmäßigen entschuldigten Überbau findet § 95 I S. 2 analog Anwendung (Scheinbestandteil des anderen Grundstücks)
    pro: kein dauerhaftes Auseinandertreten von Nutzungsbefugnis und Eigentum
    pro: wirtschaftliche Bedeutung von einheitlichem Gebäudeeigentum
  • mM: bereits mit § 94 II sei ausgesagt, dass Gebäudeakzession vorrangig sei
    con: Auslegung führt zu einer Eigentümerstellung des Überbauenden selbst bei unentschuldigten Überbau
23
Q

Unrechtmäßiger unentschuldigter Überbau: Rechtsfolgen

A
  • § 1004 I und § 985
  • § 823 I iVm § 249
  • Besitzstörungsansprüche, EBV
  • Ausschluss des Beseitigungsanspruchs nach § 275 II bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit, dann jedoch auch Anspruch aus § 912 II analog
  • wegen mangelnder Duldungspflicht findet § 95 I S. 2 keine analoge Anwendung: Bodenakzessorietät setzt sich durch
    pro: eigentumsmäßige Zusammenfassung wirtschaftlicher Einheiten (Gebäude) findet ihre Grenze in der Eigentumsverletzung anderer
24
Q

Rechtmäßiger Überbau: Zulässigkeit und Rechtsfolgen

A
  • Duldungspflicht trotz sachenrechtlichen Typenzwangs durch Rechtsgeschäft (abweichend von § 912) vereinbar
  • > Eigentum am Überbau steht erst recht dem Überbauenden zu
  • Bei späterem Widerruf (des Einzelrechtsnachfolgers)
    -> § 912 (+), da zur Zeit der Errichtung kein Verschulden
    -> neuer Eigentümer hat jedoch auch § 912 II
    => “Verdinglichung” der obligatorischen Zustimmung
25
Q

P: Rechtsnatur und Duldungspflichten aus nachbarschaftlichem Gemeinschaftsverhältnis (§ 242)

A
  • Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, was in Einzelfällen zu in §§ 906 ff. nicht normierten Duldungspflichten und Ausgleichsansprüchen (§ 906 II S. 2 analog) führt
  • hM: nur in Ausnahmefällen besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis mit echten Pflichten, ansonsten gesteigerter Kontakt tatsächlicher Art
  • mM: typische Konfliktlage benachbarter Grundstücke erfordere rechtlich konturierte Lösungsmöglichkeiten
26
Q

§ 1004 I: Rechtsfolge: Beseitigung

A

= Veränderung des jetzigen, realen Zustandes dergestalt, dass sich Störer in seinen Rechtskreis zurückzieht
(keine Naturalrestitution)

  • bei Beseitigung durch Eigentümer: GoA, Bereicherungsrecht
27
Q

§ 1004 I: Rechtsfolge: § 251 II bzw. § 275 II analog

A
  • früher: § 251 II analog
    con: gerade kein SEA
  • heutige hM: § 275 II analog
    pro: auch auf Sachenrecht anwendbar
    pro: allgemeiner Rechtsgedanke: Anspruchstellung rechtsmissbräuchlich, wenn der in Anspruch Genommene den Zustand nur mit unverhältnismäßigen, unzumutbaren Mitteln herstellen könne
    pro: § 275 II nimmt auch Gläubigerinteresse in Betrachtung
  • mM: (-)
    pro: “private rechtswidrige Enteignung”
    pro: mit Verschuldenskomponente innerhalb der Abwägung wird SEA und negatorischer Anspruch vermischt
28
Q

§ 1004 I: Rechtsfolge: § 254 analog

A
  • hM: (+)
    pro: allgemeiner Rechtsgedanke
  • > modifiziert: da kein SEA, geht es um bloße Mitverursachung
  • aA: (-)
    pro: im Ergebnis ergibt sich eine in § 1004 II nicht vorgesehene Duldungspflicht für den nach § 254 analog mitverursachenden Eigentümer
29
Q

§ 1004 I: Rechtsfolge: P: Abgrenzung zum SE

A
  • hL: Anspruch aus § 1004 I 1 ist auf die Rückgängigmachung der störenden Handlung – durch Vornahme des actus contrarius – bzw. die Beseitigung der primären Störungsquelle zu beschränken; weitere Folgen der Störung: §§ 823 ff.
    pro: Eindämmung der Gefahr, dass § 1004 analog zum verschuldensunabhängigen SEA wird
    pro: Parallele zu § 985, wo auch nur Herausgabe des Besitzes der Sache geschuldet ist und für weitere Beeinträchtigungen der Sache verschuldensabhängige EBV-Ansprüche
    pro: auch beim actus contrarius kann die Frage nach der Störungsquelle etwas weiter verstanden werden (bspw. sind auch Beeinträchtigungen mit umfasst, die notwendigerweise bei Beseitigung entstehen)
  • mM (Rechtsusurpationstheorie): Beseitigung meint lediglich Rückzug in den eigenen Rechtskreis; Störungsfolgen nicht umfasst, soweit sie sich nicht als Rechtsusurpation darstellen
    con: Beschneidung des Eigentumsschutzes
  • BGH: Wiederbenutzbarkeitstheorie: umfasst sind auch Begleitschäden, die zwangsläufig durch die Beseitigung der primären Störung entstehen (bspw. nicht nur das Abtragen und Entsorgen verunreinigten Erdreichs, sondern auch die anschließende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks)
  • > aber: Mitverschulden des anderen und Abzug “Neu für Alt” (Vorteilsausgleichung) möglich (§ 254 analog)
30
Q

Sicherungsübereignung: Charakteristik und Bedeutung

A
  • “besitzloses Pfandrecht”
  • > Entwicklung durch Rspr. praeter legem, da Übergabeerfordernis beim Mobiliarpfandrecht wirtschaftlichen Interessen oft nicht gerecht wird
  • Hauptzweck: Sicherung des Gläubigers (Sicherungsnehmer)
  • > Sicherungsnehmer wird Volleigentümer
  • > Sicherungsgeber bleibt (idR alleinig) nutzungsberechtigt
  • idR nach §§ 929, 930
  • > jedoch auch (bspw. bei Warenlagern) unter Abtretung des Herausgabeanspruches gegen den Lagerverwalter möglich, §§ 929, 931
31
Q

Sicherungsübereignung: Rechtliche Einordnung und Rechtsverhältnisse

A
  • fiduziarisches Sicherungsmittel
  • > Treuhänder erhält von Treugeber Rechtsposition, die in ihrem Bestand und Umfang nicht von der zu sichernden Forderung abhängig ist (= nicht akzessorisch)
  • > Überschuss an Rechtsmacht: Treuhänder ist nach außen hin Vollrechtsinhaber, nach innen aber durch Sicherungsabrede rechtlich beschränkt
  • Zwischen Sicherungsgeber (Eigentümer) und Sicherungsnehmer: dingliche Sicherungsübereignung und schuldrechtliche Sicherungsabrede
  • > grds. Trennung von Sicherungsabrede und Forderung; insb. bei Personenidentität von Sicherungsgeber und Schuldner oder bei Vertragsschluss uno actu Geschäftseinheit (§ 139 BGB) denkbar
  • > grds. auch Trennung von Sicherungsabrede und Übereignung, jedoch - bei Wahrung strenger Anforderungen - auch § 139 oder § 158 I möglich
  • Zwischen Sicherungsnehmer und Schuldner (kann personenverschieden sein von Sicherungsgeber): persönliche Forderung
  • Zwischen Sicherungsgeber und Schuldner (wenn personenverschieden): Auftrag; GoA
32
Q

Sicherungsübereignung: Voraussetzungen

A
  1. dingliche Einigung zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber darüber, dass der Sicherungsnehmer das Eigentum am Sicherungsgut erhalten soll (§ 929 S. 1 BGB)
  2. 􏰀 Vereinbarung eines konkreten Besitzkonstituts, vermöge dessen der Sicherungsgeber weiterhin den Besitz am Sicherungsgut behalten kann (§§ 930, 868 BGB)
  3. 􏰀 Einigsein bei der Vereinbarung des Besitzkonstituts
  4. 􏰀 Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers über das Sicherungsgut bzw. gutgläubiger Erwerb nach § 933 BGB
    - > idR jedoch keine Übergabe
    - > strenge Maßstäbe an guten Glauben (“unübliches Geschäft”)
    - > insb. bei Waren (wegen EVB) besondere Nachprüfungs- und Erkundigungspflichten
33
Q

Sicherungsübereignung: Voraussetzungen: Bestimmtheit der Übereignung

A
  • Bewegliche Sachen oder Anwartschaftsrechte an beweglichen Sachen
  • > Sachgesamtheiten und Vermögen im Ganzen idR (-), es sei denn, die Sammelbezeichnung genügt dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz
  • Allgemein: dingliche Einigung muss so bestimmt sein, dass ein Dritter, der die Parteiabreden kennt, bei Vollendung des Rechtserwerbs allein aufgrund des Inhalts der Einigung, dh ohne weitere Informationen außerhalb der Sicherungsabrede heranziehen zu müssen, die zu übereignende Sache von den anderen abgrenzen kann
  • > Sicherungsübereignung von Warenlager bzw. Teilen davon: rein wert- oder mengenmäßige Bezeichnung genügt nicht, aber möglich:
  • -> Raumsicherungsvereinbarung: Verbringung in Raum als ausreichende Markierung
  • -> Markierungsvereinbarung: gesonderte Markierung oder konkret in einem eigenen Verzeichnis eingetragen
  • -> Inventarverzeichnis: einzelne Gegenstände hinreichend dort konkret bestimmt und vom Parteiwillen umfasst
  • > Sicherungsübereignung von gemischten Warenlagern (Sachen im Eigentum und Sachen mit AWR nicht räumlich abgetrennt): wenn nur die im Eigentum stehenden Sachen übereignet werden sollen, bedarf es einer hinreichenden (räumlichen) Bestimmtheit (Auftrennung)
  • -> wenn ohnehin sowohl Eigentum als auch AWR-Sachen übereignet werden sollen, muss die rechtliche Qualifikation der jeweiligen Sache nicht benannt werden (BGH)
34
Q

Sicherungsübereignung: Voraussetzungen: antizipierte Übereignung

A
  • grds. anerkannt (auch bezgl. noch zu produzierenden oder noch zu erwerbenden Sachen), sofern hinreichend bestimmt
  • P: Ausführungshandlung erforderlich?
  • > BGH: “nach außen erkennbare Ausführungshandlung” aus Gründen der Publizität erforderlich
    con: Sicherungsübereignung gerade als Sicherungsmittel geschaffen, um Publizitätserfordernisse abzuschwächen
  • > hL: Ausführungshandlung allenfalls nötig zur Bestimmung, um dem Bestimmtheitsgrundsatz bei der Einigung zu genügen
  • > Streit idR nicht zu entscheiden, da geringe Anforderungen des BGH an die Ausführungshandlung
  • idR Durchgangserwerb des Sicherungsgebers
    [-> Ausnahme: Geschäft für den, den es angeht: Sicherungsgeber ist Vertreter des Sicherungsnehmers und dem Dritten die Person, an die er übereignet, gleichgültig ist]
35
Q

Sicherungsübereignung: Voraussetzungen: Auflösende Bedingung

A
  • Konstruktionsmöglichkeiten
  • > Sicherungsübereignung unter der auflösenden Bedingung der Erfüllung der zu sichernden Forderung (§ 158 II BGB) mit AWR des Sicherungsgebers
  • > Unbedingte Sicherungsübereignung mit obligatorischem Rückübereignungsanspruch bzw. § 812 I S. 2 Alt. 1
  • str. ob konkludente Bedinungsvereinbarung, im Zweifel wohl ja, da Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer nicht eine noch bessere Rechtsposition einräumen will (bei Bedingungseintritt fällt automatisch Eigentum zurück; davor ist Sicherungsgeber über AWR geschützt)
  • > bei Sicherungsübereignung an Banken: BGH: Bankenpraxis sei es, nur schuldrechtliche Rückübertragungspflichten zu übernehmen (Bank will Verlust ihrer dinglichen Sicherheit selbst in der Hand haben)
  • strenge Akzessorietät kann nicht durch Parteivereinbarung hergestellt werden, jedoch gewisse Akzessorietät über Bedingungskonstruktion möglich
36
Q

Sicherungsübereignung: Voraussetzungen: Übergabe

A
  • konkretes BMV ergibt sich idR bereits aus Sicherungsabrede, da hier vereinbart wird, dass der Sicherungsgeber nur bis zum Verwertungsfall ein Recht zum Besitz gegenüber dem Sicherungsnehmer hat und ansonsten zur Herausgabe verpflichtet ist
  • Unwirksamkeit der Sicherungsabrede schadet nicht, soweit BMV zumindest vermeintlich wirksam ist (natürlicher Wille)
37
Q

Sicherungsübereignung: Sicherungsabrede: typischer Inhalt

A
  • Bestimmung der zu sichernden Forderung
  • > auch Forderungsmehrheiten, jedoch evtl. Unwirksamkeit gem. § 138 I BGB oder §§ 305c, 307 sowie wegen Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes
  • Genaue Umschreibung des Sicherungsgutes
  • Vereinbarung der Verpflichtung des Sicherungsgebers zur Übereignung des Siche- rungsguts an den Sicherungsnehmer
  • Konkretisierung des treuhänderischen Bindung des Sicherungsnehmers
  • > insb. (rein im Innenverhältnis beschränkende!) Pflicht des Sicherungsnehmers, sich jeder Verfügung zu enthalten, die die Rückübertragung des Sicherungsguts nach Wegfall bzw. Erfüllung des Sicherungszwecks vereiteln würde
  • idR Rückübereignungspflicht
  • gewisse Sorgfaltspflichten
38
Q

Sicherungsübereignung: Sicherungsabrede: Rückübereignungspflicht

A
  • idR auch als konkludent vereinbart anzunehmen
  • > jedenfalls dann nach §§ 133, 157, wenn Sicherungszweck durch Erlöschen der Forderung endgültig wegfällt
  • P: Auch, wenn Forderung nicht valutiert wurde?
  • > hM: (+), über ergänzende Vertragsauslegung
  • > aA: entweder Einklagen der Valutierung oder gem. §§ 323, 346 Rückabwicklung gerichtet auf Rückübereignung der Sache
    con: Unabhängigkeit von Kreditvertrag und Sicherungsübereignung
    con: Unstimmig bei Mehrpersonenverhältnissen (Schuldner war zuvor nicht Eigentümer)
39
Q

Sicherungsübereignung: Sicherungsabrede: Ablösungsrecht des Sicherungsgebers im Dreipersonenverhältnis

A
  • Droht die Verwertung der Sache des Sicherungsgebers (=/ Schuldner), ergibt sich idR aus der Sicherungsabrede ein Ablösungsrecht
  • > kein automatischer Forderungsübergang gegen den Schuldner
  • > pro: § 1225 BGB findet keine analoge Anwendung, da das Sicherungseigentum nicht akzessorisch ist
  • > aber: Verpflichtung des Sicherungsnehmers, dem Sicherungsgeber die gesicherte Forderung gegen den Schuldner abzutreten (§ 398 BGB)
40
Q

Sicherungsübereignung: Sicherungsabrede: verlängerte Sicherungsübereignung

A
  • Berechtigung des Sicherungsgebers (!), die sicherungshalber übereigneten Sachen im gewöhnlichen Geschäftsgang zu veräußern (§ 185 I BGB)
  • entstehende Kaufpreisforderungen gegen seine Abnehmer werden im Wege der Vorausabtretung an den Sicherungsnehmer übertragen
41
Q

Sicherungsübereignung: Sicherungsabrede: P: Zulässigkeit von Verfallsklauseln (§ 1229 analog)

A
  • Inhalt: Eigentum bleibt im Falle des Schuldnerverzugs endgültig beim Sicherungsnehmer (Sicherungseigentum an Erfüllungs statt)
  • > ungünstig für Sicherungsgeber, da Sache idR mehr wert als Forderung (im Pfandrecht: gem. § 1229 ist eine solche Vereinbarung vor Pfandreife unwirksam)
  • RG: (+)
  • mM: (-)
    pro: Wertung des § 1229 als allgemeiner Rechtsgedanke
  • hL: zu differenzieren danach, ob bei Mehrerlös dem Sicherungsgeber ein Ausgleichsanspruch zusteht (ansonsten sittenwidrig nach § 138 I oder § 307)
42
Q

Sicherungsübereignung: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit: anfängliche Übersicherung

A
  • Übersicherung = wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert der sicherungsübereigneten Sachen und dem Wert der zu sichernden Forderung besteht und den Sicherungsnehmer insoweit auch eine verwerfliche Gesinnung trifft
  • > anfänglich: wenn bereits bei Vertragsschluss gewiss ist, dass im noch ungewissen Verwertungsfall ein grobes Missverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und den gesicherten Forderungen bestehen wird
  • Nichtigkeit der Sicherungsabrede nach § 138 I BGB: umfassende Einzelfallbetrachtung - jedenfalls bei 200% der zu sichernden Forderung (Staudinger/Palandt)
43
Q

Sicherungsübereignung: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit: nachträgliche Übersicherung

A
  • Konstellation: möglich, wenn ein Teil der gesicherten Forderungen inzwischen getilgt ist oder ein übereignetes Warenlager nun einen deutlich größeren Bestand aufweist
  • BGH
  • > Übersicherung ab einem Deckungswert von 110% (= wenn der im Zeitpunkt der künftigen Verwertung realisierbare Wert der Sicherheiten 110% des Forderungswerts beträgt)
  • > wegen Unsicherheit und Unbestimmbarkeit des realisierbaren Werts bei der zukünftigen Verwertung: Schätzwert (zum Zeitpunkt des Freigabeverlangens) plus Risikozuschlag
  • -> Risikozuschlag ergibt sich aus § 237 S. 1 analog (Sicherheitsleistung nur in Höhe von 2/3 des Schätzwerts der Sache - 1/3 des Schätzwertes der Sache wird als Abschlag berechnet)
  • -> um 100% des Forderungswerts sichern zu können, kann somit bis zu 150% des Forderungswerts an (geschätztem) Sicherheitseigentum bestellt werden (da ein Abschlag von 1/3 bei 150% die 100% Forderungswert ergibt)
  • Rechtsfolge
  • > keine Unwirksamkeit der Sicherungsabrede
  • > ermessensunabhängiger (schuldrechtlicher) Freigabeanspruch gem. §§ 242, 157 iVm der Sicherungsabrede (gerichtet auf Rückübereignung)
  • > Sicherungsnehmer hat ein Wahlrecht über die zu freigebenden Sicherheiten gem. § 262 analog
  • > auch bei formularmäßig vereinbarten Sicherungsklauseln -> ersetzt nach § 306 II die nach § 307 II Nr. 2 unwirksame Klausel
44
Q

Sicherungsübereignung: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit: Schuldnerknebelung

A

= wenn der Sicherungsgeber durch die Sicherungsübereignung in eine vernichtende Abhängigkeit vom Sicherungsnehmer gelangt, sodass er wirtschaftlich praktisch nicht mehr selbstständig handeln kann und der Sicherungsnehmer eigentlicher Herr des Unternehmens des Sicherungsgebers wird

45
Q

Sicherungsübereignung: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit: Gläubigergefährdung oder -täuschung

A
  1. Sicherungsnehmer hält gebotene Rücksichtnahme ggü anderen Gläubigern des Sicherungsgebers nicht ein
    - > insb. wenn die Sicherungsübereignung dazu geeignet ist, über die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers hinwegzutäuschen, und diese Möglichkeit so nahe liegt, dass mit der Schädigung anderer Gläubiger zu rechnen ist
  2. Grobe Fahrlässigkeit ausreichend
46
Q

Sicherungsübereignung: Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit: Folgen der Nichtigkeit der Sicherungsabrede für das dingliche Geschäft

A
  • mM: Durchschlagen nur bei gravierenden Nichtigkeitsgründen (Kredittäuschung)
    pro: TAP
  • BGH und hL: Sicherungsübereignung ist bei Sittenwidrigkeit der Sicherungsabrede stets sittenwidrig
    pro: Lehre von der Fehleridentität, da der dingliche Vollzug sittenwidrige Zwecke verfolgt
    pro: durch Sittenwidrigkeit ist der Sicherungsnehmer gar nicht mehr treuhänderisch gebunden, sodass er besser steht als bei einer rechtmäßigen Sicherungsabrede
47
Q

Sicherungsübereignung: Verwertung

A
  • hM: freihändiger Verkauf mit automatischer Verrechnung; ggf. muss Mehrerlös ausgekehrt werden (keine dingliche Surrogation wie bei Pfandrecht)
  • > mM: Pfandrechtsvorschriften analog wegen Charakter des besitzlosen Pfandrechts
  • -> dagegen con: Sicherungseigentum eigenständiges Sicherungsmittel
  • Zeitpunkt der Verwertungsbefugnis:
  • > nach Sicherungsabrede
  • > wenn nicht explizit bestimmt: idR nach §§ 133, 157 erst, wenn Sicherungsgeber in Verzug gerät (noch nicht bei bloßer Fälligkeit der Forderung!)
  • > vorherige Verwertung: Sicherungsnehmer verfügt als Berechtigter, ist jedoch aus § 280 I iVm der Sicherungsabrede schadensersatzpflichtig
  • keine Verwertungspflicht, Klage auf Zahlung der gesicherten Forderung möglich
  • > Gefahr der doppelten Inanspruchnahme (-), § 767 ZPO (Vollstreckungsabwehrklage)
48
Q

Sicherungsübereignung: Verwertung: Herausgabeanspruch des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber zur Vorbereitung der Verwertung

A
  • idR aus Sicherungsabrede
  • § 985, mit Verwertungsreife hat der Sicherungsgeber kein Recht zum Besitz mehr
  • > auch wenn die Forderung bereits verjährt ist (§ 216 II S. 1)
49
Q

Sicherungsübereignung: Schutz des Sicherungseigentums

A
  1. Vor Rechtsverletzungen
    - formal genießt der Sicherungsnehmer vollen Rechtsschutz als Eigentümer
    - in der Sache steht ihm aber nur Rechtsschutz eines Pfandrechtsinhabers zu
    - > eigentlich nur schuldrechtliche Sicherungsabrede beeinflusst die absolute Eigentumsposition = Rechtsfortbildung trotz numerus clausus (Annäherung an Pfandrecht)
    - > laut BGH kann der Sicherungseigentümer keine Ansprüche auf Nutzungsherausgabe (§ 812 I S. 1 Alt. 2 oder §§ 987, 990) geltend machen, da er selbst nicht nutzen darf
  2. Vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen
    a. Rechtsbehelfe des Sicherungsnehmers bei Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Sicherungsgebers
    - > mM: vorzugsweise Befriedigung gem. § 805 ZPO (wegen besitzlosem Pfandrecht)
    - > hM: § 771 ZPO
    b. Rechtsbehelfe des Sicherungsgebers bei Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Sicherungsnehmers
    aa. Sache (wie idR) beim Sicherungsgeber: hat als Gewahrsamsinhaber Vetorecht gem. §§ 808, 809 ZPO
    bb. Sache (ausnahmsweise) beim Sicherungsnehmer:
    - > mM: § 771 ZPO nur bei tatsächlicher Rechtsposition (bspw. AWR bei bedingter Sicherungsübereignung)
    - > hM: § 771 ZPO wegen quasi-dinglichem Charakter der Treuhand (bis zur Verwertungsreife steht das Eigentum wirtschaftlich gesehen dem Sicherungsgeber zu)