1/10 (Grundlagen, Besitz) Flashcards

1
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Absolutheitsmerkmale im Einzelnen (drei charakteristische Konstellationen) - Trias der Dinglichkeitseigenschaften

A
  1. Sukzessionsschutz: der Erwerber einer absoluten Rechtsposition wird vor weiteren Verfügungen des Veräußerers an Dritterwerber (=Sukzession) geschützt (vs. schuldrechtlich kann ein Verkäufer die Sache so oft verkaufen (=versprechen) wie er möchte, als Eigentümer aber nur einmal verfügen)
    - > es gilt das verfügungsrechtliche Prioritätsprinzip (hat jedoch keine Auswirkung auf Verpflichtungsgeschäft, dh bedeutungslos, an wen zuerst “verkauft” wurde)
  2. Schutz vor der Rechtsverletzung Dritter: der Inhaber der absoluten Rechtsposition wird vor Rechtsverletzungen Dritter geschützt:
    a. negatorisch (1004)
    b. schadenersatzrechtlich (823 I)
    c. bereicherungsrechtlich (812)
    (relative nur inter partes geschützt)
  3. Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen: Inhaber einer abs. Rechtspos. wird vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Drittgläubigern geschützt
    - > Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahme vs. Gesamtvollstreckung (=Insolvenz)
    - > Insolvenz als Prüfstein des Sachenrechts: Quote der Insolvenz erstreckt sich nur auf relative Positionen, absolute nicht antastbar

=> Absolute Rechtspositionen behelligen den Rechtsverkehr (Erfordernis der Feststellung der Inhaberschaft)

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2
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Warum strikte Entkoppelung von inter partes vs. erga omnes?

A
  1. Verkehrsschutz: Auseinandersetzung mit relativen Rechtspositionen soll vermieden werden (Rechtsklarheit) -> Orientierungssicherheit des Rechtsverkehrs im Umgang mit absoluten Rechtspositionen
  2. Vertragsautonomie: kann derart frei gestaltet sein, indem Sachenrecht als Verkehrsschutzfilter dient

(Bspw. wird in Frankreich tw. die Vertragsfreiheit eingeschränkt, um den Verkehrsschutz zu gewährleisten)

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3
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Abschließende Regelung der absoluten Rechtspositionen?

A

Nein, nur bezogen auf körperliche Gegenstände (§ 90)

  • nicht erfasst ist das Immaterialgüterrecht, oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht
  • Fragestellung jedoch ähnlich: Unterschied von absolut vs. relativ und Übergang derselben ineinander findet sich als Problemstellung auch im Immaterialgüterrecht (Sachenrecht als Vorbild für Immaterialgüterrecht)

Die absolute Zuordnung anderer Rechtsgüter ist nicht im Sachenrecht geregelt
(bspw. Inhaberschaft von Forderungen - s. Abtretungsrecht, s. §§ 398 ff.)

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4
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip (Bedeutung und Funktionsweise)

A
  • Das schuldrechtliche und das dingliche Geschäft werden rechtlich getrennt
    (- Abstraktionsprinzip auch im Stellvertretungsrecht (Vollmachtserteilung und Grundgeschäft: Innen vs. Außenwirksamkeit); Abtretungsrecht)
  • BSp: C wird davor geschützt, dass Verpflichtungsgeschäft zwischen A und B unwirksam ist (C muss sich nicht mit der davorliegenden causa befassen) -> kann sich auf klare Sachenregelung verlassen
  • durch das Abstraktionsprinzip wird das dingliche Geschäft vor Fehlern des schuldrechtlichen Geschäfts isoliert und geschützt -> dingliche Rechtslage wird dadurch stabilisiert (“Eigentum ist stabil und gesund, während die schuldrechtliche causa von Siechtum und Krankheit geprägt ist.”)
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5
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip: Zwingend?

A

Möglichkeiten aus BGB AT:

  • 158, 159: Bedingungskonstruktion, sodass Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft in ihrer Wirksamkeit voneinander abhängig sind (nur bei konkreten Anhaltspunkten)
    pro: e con § 925 II: Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung explizit normiert
  • 139: Teilnichtigkeit (konkludent bzw. ergänzende Vertragsauslegung) (konsequent betrieben würde jedoch bei ergänzender Vertragsauslegung das TAP für den Großteil der Verträge hinfällig)
  • > Jedoch: Verkehrsschutz als Grund des TAP - über diesen dürfen die Vertragsparteien nicht im Wege der Privatautonomie disponieren (Dritte werden ja durch TAP geschützt)
  • > jedoch hM: es muss ausdrücklich vereinbart sein, dann Aufhebung des TAP möglich (nicht durch ergänzende Vertragsauslegung)
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6
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip (Reduzierte Fehler von Verfügungsgeschäften)

A
  • Verfügungsgeschäfte können ihrerseits Mängel haben
  • soweit Mangel sowohl Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft betrifft, spricht man von Fehleridentität (oder Fehlerkongruenz), bspw. Geschäftsunfähigkeit
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7
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Trennungs- und Abstraktionsprinzip (echte Durchbrechungen)

A
  • ausnahmsweise wird der Nichtigkeitsgrund wichtiger befunden als der Verkehrsschutz, bspw. bei Sittenwidrigkeit (aber bei Verfügungsgeschäft: Eigentumslage als solche ist sittlich indifferent, nur Zwecke sind für Sittenwidrigkeitsbewertung relevant), oder Bsp. 3 (sicheres Wissen um Nichtigkeit der vorhergehenden Causa, dann disk.: 826?)
  • bei Kreditsicherheiten wird im Falle einer Übersicherung (wenn sich jemand zu viel Kreditsicherheit einräumen lässt) die Sittenwidrigkeit aber auch auf das dingliche Geschäft erstreckt (später detailliert)
  • 123: Täuschung: müsse auch das Verfügungsgeschäft erfassen (hM) -> in der Sache eine echte Durchbrechung des Abstraktionsprinzips, begründbar als Ausnahme mit der Interessenslage des Getäuschten (Täuschung und Drohung als schlimmste Widerfahrnis im Rechtsverkehr - aber dagegen: Verkehrsschutz Dritter!)
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8
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Traditions- und Publizitätsgrundsatz

A
  • zur Änderung der dinglichen Rechtslage ist über den rechtlichen Konsens hinaus ein tatsächlicher Manifestationsakt erforderlich
  • > bei Grundstücken: Eintragung ins Grundbuch § 873ff.
  • > bei beweglichen Sachen: grds. Übergabe § 929ff.
  • > Telos: Verkehrsschutz (wenn A an B übereignet, muss er das irgendwie nach außen zu erkennen geben, damit C sich dies ansehen können -> Ermöglichung für Dritte, Eigentumszuordnung zu treffen)
  • Konsensprinzip in anderen Rechtsordnungen (dort: anderer Verkehrsschutz)
  • bei Forderungszession: kein Publizitätsakt notwendig
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9
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Spezialitätsgrundsatz (Bestimmtheitsgrundsatz)

A
  • im Ausgangspunkt muss jede verbindliche Regelung in der Rechtsordnung hinreichend bestimmt sein
  • weil absolute Rechte aber auch Dritte betreffen, ist im Verfügungsrecht ein höherer Grad an Bestimmtheit erforderlich als im Vertragsrecht
    -> dingliche RG müssen sich auf konkrete, bereits vorhandene oder zumindest bestimmbare Sachen beziehen
    –> RG muss inhaltlich so bestimmt sein, dass ein Dritter allein anhand des Inhalts der Vereinbarung ohne Zuhilfenahme anderer Anhaltspunkte erkennen kann, an welcher einzelnen Sache welches dingliche Recht besteht bzw. welche Rechtsänderung vorgenommen wird
    => weder an Teilen von Sachen noch an Sachgesamtheiten bestehen dingliche Rechte
  • beachte: asset deal vs. share deal
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10
Q

Sachenrechtliche Grundsätze: Numerus clausus (der Sachenrechte) / Typenzwang / Typenfixiertheit

A
  • die Erscheinungsformen dinglicher Rechte sind zwingend abschließend gesetzlich geregelt
  • > Typenzwang: Beschränkung auf die gesetzlich normierten Typen
  • > Typenfixierung: Inhalt und Umfang der dinglichen Rechte sind durch das Gesetz zwingend vorgeschrieben
  • Verkehrsschutzgründe: Berechenbarkeit für Dritte (Rechtsverkehr (jedermann) muss sich auf absolute Rechtspositionen verlassen können)
  • Kein Verbot der Rechtsfortbildung für die Rspr. (aber hohe Anforderungen) - “Gebot der ruhigen Hand”
  • > Treuhandeigentum (Sicherungsübereignung), AWR
  • Teilaspekt des n.c.: § 137 (Rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot)
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11
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Begriff des Besitzes

A

= die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache

  • > zwischen Person und Sache muss eine räumliche und auf gewisse Dauer angelegte feste Beziehung bestehen, die die tatsächliche Einwirkung auf die Sache ermöglicht
  • > maßgeblich ist die Verkehrsanschauung
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12
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Eigenbesitz (§ 872) vs. Fremdbesitz

A
  • maßgeblich ist der natürliche Wille, der sich in seiner jeweiligen Ausprägung nach außen manifestieren muss
  • > auch der Wechsel von Fremd- zu Eigenbesitz muss nach außen deutlich werden
  • unabhängig von der Eigentumslage
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13
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Fremdbesitz (vs. Eigenbesitz)

A
  • Fremdbesitzer: jeder, der eine Sache besitzt, aber so, dass er anerkennt, dass ein anderer Eigentümer ist (Bspw. Mieter)
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14
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Unmittelbar (vs. mittelbar)

A
  • unmittelbar:
    1. tatsächliche Gewalt wird selbst (§ 854 I) - nach Verkehrsauffassung (auch Schlafende, abgeschlossene Fahrräder, vgl. Gewahrsambegriffe aus dem Strafrecht) - oder durch einen Besitzdiener (§ 855) ausgeübt
    2. + Besitzwille (Fremder Ball landet in umzäuntem Garten): setzt keine Geschäftsfähigkeit voraus; hat keinen rechtsgeschäftlichen Charakter
  • 854 II: auch durch Rechtsgeschäft übertragbar, bspw. Besitz an Holzhaufen im Wald durch Einigung
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15
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Mittelbar (§ 868) (vs. unmittelbar)

A

= der es in der Hand hat, die tatsächliche Sachherrschaft durch Vermittlung eines anderen auszuüben

  • > zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitzer: Besitzmittelverhältnis (Besitzkonstitut)
  • > rein kraft rechtlicher Regelung (unmittelbarer Besitzer hat nach wie vor alleinige tatsächliche Gewalt): “vergeistigte Sachherrschaft”
  • auch gestufter mittelbarer Besitz möglich
  • > Eigentümer -> Pächter -> Mieter : Bezeichnet als : Mittelbarer Eigenbesitzer 2. Stufe -> Mittelbarer Fremdbesitzer 1. Stufe -> Unmittelbarer Fremdbesitzer
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16
Q

Vererblichkeit (§ 857 BGB)

A
  • der (unmittelbare/mittelbare/Eigen-/Fremd-) Besitz des Erblassers geht auf die Erben über
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17
Q

Besitzdiener (§ 855)

A
  1. Soziales Abhängigkeitsverhältnis,
  2. das nach außen erkennbar ist*
  3. Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft
  4. Unterordnungswille
    - > “Herrschaft über den Besitzdiener ist die Herrschaft über die Sache”
    - > Besitzdiener hat zwar tatsächliche Gewalt, aber keinen Besitz (§ 855 aE)
  • klassisches Beispiel: Arbeitnehmer
  • nicht zu verwechseln mit Besitzmittler oder Geheißperson

*eA: stets erforderlich wegen Sicherheit des Rechtsverkehrs (Publizität)
aA: nur erforderlich, wenn für das jeweilige Rechtsgeschäft (bspw. Verfügung) Publizität erforderlich ist

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18
Q

Schutz des Besitzes - Possessorischer Besitzschutz (§ 858 ff.)

A
  • geschützt wird der Besitz als Faktum unabhängig davon, wem der Besitz zusteht (possessorisch); Recht zum Besitz ist grds. irrelevant (missv. § 863) - Schutz des staatlichen Gewaltmonopols
  • aktivlegitimiert sind uB, mB (§ 869), und Mitbesitzer (§ 866)
  • > der mB macht letztlich den uB geltend, deshalb ist erforderlich, dass gegen den uB verbotene Eigenmacht ausgeübt wird
  • > bspw. nicht der Fall, wenn ein Mieter gegen den Willen des Vermieters die Sache an X gibt
  • > Mitbesitz wird nur vor Dritten geschützt und ist nicht zwischen Mitbesitzern anwendbar
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19
Q

Schutz des Besitzes - Petitorischer Besitzschutz (§ 1007)

A
  • Anspruch gem. § 1007 I
  • Anspruch gem. § 1007 II
  • zwei unterschiedliche AGL
  • Bedeutung des 1007:
  • aus 1007 III S. 2 iVm 986 setzt sich Recht zum Besitz stets durch - warum existiert dieser aber neben 985
    • Besitzschutz, um Ersetzung zu ermöglichen
    • Es werde das “bessere Recht zum Besitz” (hM)
    • Vorschrift trage einer Verdinglichung obligatorischer Besitzrechte Rechnung
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20
Q

Funktionen des Sachenrechts

A
  1. 􏰀 Zuordnungsfunktion: Klärung der Berechtigung - negativ formuliert: der Ausschließung (zB § 903 BGB)
  2. Definitionsfunktion: Schaffung von Rechtsklarheit und -sicherheit (zB §§ 854 I, 855, 1113 I BGB)
  3. Differenzierungsfunktion: Schaffung von Voll- und Teilrechten zur Nutzungs- und Vermarktungsoptimierung (zB §§ 1018 ff., 1204 ff. BGB)
  4. 􏰀 Transaktionsfunktion: Bereitstellung von Erwerbsregelungen, um die Umlauffähigkeit von Sachen zu ermöglichen (zB §§ 873 ff., 929 ff. BGB)
  5. Absicherungs- und Gewährleistungsfunktion: Ausgleich für Verletzung und Gefährdung zugewiesener Voll- und Teilrechte durch ein System von Ansprüchen des Berechtigten auf Herausgabe (zB § 985 BGB), Schadensersatz (zB § 989 BGB), Nutzungsersatz (zB §§ 987 I, 988 BGB), Wertersatz (zB § 987 II BGB) und Ent- schädigung (zB § 906 II 2 BGB) sowie Abwehr – Beseitigung und Unterlassung – von Störungen (zB § 1004 I BGB)
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21
Q

Begriff der Sache: körperlicher Gegenstand

A
  • Gegenstand = alles, was Objekt von Rechten sein kann
  • körperlich = wenn die Materie räumlich zutage tritt; auf den Aggregatzustand kommt es nicht an
  • str. insb. bei Daten
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22
Q

Begriff der Sache: Bestandteile

A

= Teile einer Sache, die durch körperliche Verbindung miteinander ihre zunächst bestehende Selbstständigkeit verloren haben

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23
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Funktionen des Besitzes

A
  1. Schutzfunktion (Erhaltung des status quo zur Wahrung und Sicherung des Rechtsfriedens)
  2. Publizitätsfunktion (Rechtsscheins- und Legitimationswirkung, § 1006, § 1362)
  3. Erhaltungs- und Kontinuitätsfunktion (Interesse des Besitzers, möglichst lange im Besitz der Sache zu bleiben, § 986 I, § 566)
  4. Übertragungs- und Traditionsfunktion
    - > Übertragung (Tradition) des Besitzes stellt bei Rechtsänderungen (Eigentumsübertragung, Pfandrecht an beweglichen Sachen) neben dem stets erforderlichen Willensmoment den Vollzugsakt dar und dient der Dokumentation der Rechtsänderung nach außen (Publizität)
24
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Alleinbesitz vs. Mitbesitz (§ 866)

A
  • Alleinbesitzer: übt die tatsächliche Herrschaft über eine Sache allein, unter Ausschluss anderer, ausübt
  • Mitbesitzer (zB mehrere Mieter derselben Räume): ist durch die Besitzerstellung der anderen Mitbesitzer in der Ausübung seiner Sachherrschaft beschränkt (§ 866 BGB
25
Q

Besitz §§ 854 ff BGB - Arten: Vollbesitz vs. Teilbesitz (§ 865)

A
  • Teilbesitz: Besitz, der auf einen realen Teil der Sache beschränkt ist
  • > gesonderte räumliche Herrschaft über einen einzelnen Teil der Sache muss neben der Herrschaft einer anderen Person über einen anderen Teil der Sache (daher: kein Mitbesitz an der ganzen Sache) möglich und von der Verkehrsanschauung anerkannt sein
  • > somit auch an wesentlichen Bestandteilen möglich
26
Q

Besitzerwerb: Erwerb unmittelbaren Besitzes: Erwerb nach § 854 I

A
  1. Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft des neuen Besitzers
    a) Selbst
    b) Besitzdiener
    c) Geheißperson
  2. Aufgabe der tatsächlichen Gewalt über die Sache durch den Vorbesitzer
  3. Objektiv erkennbarer (natürlicher, nicht rechtsgeschäftlicher) Besitzbegründungswille des neuen Besitzers
    pro: Wortlaut “Erlangung” anstatt “Erhaltung
27
Q

Besitzerwerb: Erwerb unmittelbaren Besitzes: Erwerb nach § 854 II

A
  1. Erwerber muss zur sofortigen Besitzausübung in der Lage sein
  2. 􏰀 Erwerber muss sich mit dem bisherigen Besitzer rechtsgeschäftlich einigen
  3. 􏰀 Vorbesitzer muss seine tatsächliche Sachherrschaft objektiv erkennbar vollständig aufgeben
28
Q

Besitzerwerb: Erwerb unmittelbaren Besitzes: Stellvertretung

A

a) Rechtsgeschäftlich
- § 854 I: Besitzerwerb des Vertretenen ist gem. §§ 164 ff. (analog) nicht möglich, da Realakt (bzw. nur dann, wenn Vertreter gleichzeitig auch Besitzdiener ist)
- § 854 II: Besitzerwerb des Vertretenen ist aufgrund rechtsgeschäftlicher Einigung möglich (auch bei § 870, mittelbarer Besitz)

b) Gesetzlich
- Grds. wie rechtsgeschäftliche Stellvertretung
- Besonderheiten:
- > Sache im Gewahrsam des gesetzlichen Vertreters: dieser übt als Fremdbesitzer die Sachherrschaft für den Vertretenen (=insoweit mittelbarer Besitzer) aus
- > Sache im Gewahrsam des Vertetenen: in der Regel ist dieser dann Eigenbesitzer

29
Q

Geheißperson (vs. Besitzdiener)

A

= Dritter, der weder Besitzmittler noch – mangels sozialer Abhängigkeit – Besitzdiener ist und den
der Erwerber bei der Übereignung einer Sache anweist, die tatsächliche Sachherrschaft an seiner – des Erwerbers – Stelle zu übernehmen
-> aufgrund der Befolgung dieser Weisung (Geheiß) wird der Besitz der Geheißperson dem Erwerber zugerechnet

  • Besitzdiener generell weisungsabhängig vs. Geheißperson nur für einzelnen Erwerbsvorgang abhängig
30
Q

Besitzerwerb: Erwerb mittelbaren Besitzes: Erwerb nach § 868

A
  1. Konkretes* – nicht notwendig rechtlich wirksames** – Rechtsverhältnis iSv § 868 BGB (sog. Besitzmittlungsverhältnis), aus dem sich ergibt, dass Fremdbesitz auf Zeit besteht***
  2. Fremdbesitzerwillen des unmittelbaren Besitzers zugunsten des Oberbesitzers
  3. Wirksamen Herausgabeanspruch (Anspruch auf Einräumung des unmittelbaren Besitzes) des Oberbesitzers (vertraglich, dinglich, deliktisch, bereicherungsrechtlich,…)
  • hM (vs. abstrakter Willen des Veräußerers, künftig für den Erwerber besitzen zu wollen)
  • *hM (vs. wirksames Rechtsverhältnis erforderlich - con: tatsächliche Natur des Besitzes)
  • **auch bei Vorbehaltsverkäufer; Sicherungsvereinbarung
31
Q

Besitzerwerb: Erwerb mittelbaren Besitzes: Erwerb nach § 868: Antizipiertes Besitzkonstitut (vs. Insichkonstitut)

A

= Vereinbarung über ein zukünftiges Besitzmittlungsverhältnis, das entstehen soll, sobald der Veräußerer den Besitz an der zu übereignenden Sache erhält

  • > Hauptanwendungsfall: Sicherungsübereignung von Warenlagern mit wechselndem Bestand; Sicherungsübereignung noch herzustellender Sachen
  • > Oberbesitzer muss vorher nicht unmittelbaren Besitz gehabt haben, sondern Besitzmittler erhält Sache von einem Dritten
  • > besonders ist der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten!
  • Insichkonstitut = wenn der Besitzmittler ein Besitzmittlungsverhältnis als Vertreter des Oberbesitzers und zugleich mit sich selbst im eigenen Namen abschließt (Besitzmittlungsverhältnis durch Selbstkontrahieren, gestattet durch Oberbesitzer nach § 181 BGB)
  • > Wille muss nach außen treten (Publizität)
32
Q

Beendigung des Besitzes, § 856

A

1) Unmittelbarer Besitz
- > objektiv erkennbares willentliches Handeln oder Unterlassen (natürlicher Wille), § 856 I Alt. 1
- > in anderer Weise verliert, § 856 I Alt. 2 (Parallele zum Abhandenkommen)

2) Mittelbarer Besitz
- > Verlust der tatsächlichen Gewalt des Besitzmittlers
- > nach außen objektiv erkennbare Aufgabe des Besitzmittlungswillens (Eigenbesitz oder neues Besitzmittlungsverhältnis für anderen Oberbesitzer)

33
Q

Gleichstufiger Nebenbesitz: P: Begriff und rechtliche Zulässigkeit

A
  • Nebenbesitz = Vermittlung von Besitz durch einen unmittelbaren Besitzer an mehrere mittelbare Besitzer, die untereinander in keiner Besitzbeziehung stehen
  • > Gleichstufigkeit = wenn der Besitzmittlungswille des Besitzmittlers für mehrere mittelbare Besitzer gleichermaßen besteht und damit deren besitzrechtliche Gleichstellung bewirkt
  • eA: mehrere Ebenen des mittelbaren Besitzes denkbar
    pro: besitzrechtliche Beteiligung (§§ 866, 868, 871) nur als Beispielsfälle, die erweitert werden können
  • > con: numerus clausus
    pro: erster Oberbesitzer verdienen denselben Schutz wie der zweite Oberbesitzer
    pro: Vermeidung des gesetzlichen Wertungswiderspruchs der §§ 930, 933 und §§ 931, 934 Alt. 1 (s. “Gleichstufiger Nebenbesitz: Gutgläubiger Erwerb gem. §§ 931, 934 Alt. 1”)
    pro: faktische Einwirkungsmöglichkeit als Element des mittelbaren Besitzes besteht auch noch für früheren Oberbesitzer
    con: unmittelbarer Besitzer kann nicht mehrere gleich nebeneinander stehende Willen auf Herausgabe an jeweils unterschiedliche Personen gleichzeitig haben (notwendige Zerstörung der “Interesseeinheit” zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitzer)
  • aA (hM): (-); mit einem neuen Besitzmittlungsverhältnis endet das erste, wenn die Besitzmittlungskette nicht aufgedeckt wird
    pro: Wortlaut “der Besitz”, Verdoppelung des Besitzes nicht denkbar
    pro: Rechtssicherheit (jeweiliger Besitzmittlungswille nicht eindeutig oder kohärent feststellbar)
    pro: Systematisch: §§ 1006 (Eigentumsvermutung), 937 (Ersitzung) setzen einheitlichen Besitz voraus
  • > Ausnahmen sind explizit und abschließend geregelt (§§ 866, 868, 871)
34
Q

Gleichstufiger Nebenbesitz: Gutgläubiger Erwerb gem. §§ 931, 934 Alt. 1 (Abtretung des Herausgabeanspruchs)

A
  • eA (Lehre vom Nebenbesitz): kein Eigentumserwerb gem. §§ 931, 934 Alt. 1, da keine völlige Besitzentäußerung (Nebenbesitz verbleibt beim ersten Oberbesitzer)
    pro: Doppelspiel des Besitzmittlers führt dazu, dass der (gutgläubige) Erwerber nicht näher an die Sache heranrückt als der (nebenbesitzende) Eigentümer
  • > pro: mit diesem Ergebnis soll der Wertungswiderspruch zwischen §§ 930, 933 einerseits (unmittelbarer Besitzerwerb vorausgesetzt) und §§ 931, 934 Alt. 1 andererseits (Erwerb nur durch Abtretung des Herausgabeanspruchs; mit Nebenbesitzkonstruktion scheitert dies jedoch, solang der Besitzmittler nach wie vor dem ersten Oberbesitzer mittelt)
  • aA (hM): Eigentumserwerb möglich
    pro: Wertungswiderspruch besteht nicht, da das Gesetz keinen Unterschied zwischen mittelbarem und unmittelbarem Besitz macht
    pro: mM würde Nebenbesitz - da er nicht zum Eigentumserwerb führt - zu einem Besitz “zweiter Klasse” herabstufen, was als Differenzierung dem Besitzrecht fremd ist
35
Q

Gleichstufiger Nebenbesitz: Bedeutung des § 871

A
  • § 871 allgemein:
  • > der zweite Besitzer (dem der Besitz durch den unmittelbaren Besitzer vermittelt wird) vermittelt über ein Besitzmittlungsverhältnis dem ersten mittelbaren Besitzer, (sog. mittelbaren Eigenbesitzer), den Besitz als mittelbarer Fremdbesitzer
  • > bei mehreren mittelbaren Besitzern: mittelbarer Fremdbesitzer, dem Besitz vom unmittelbaren Besitzer gemittelt wird, ist Fremdbesitzer 1. Grades; alle folgenden mittelbaren Fremdbesitzer vermitteln den Besitz der jeweils nächsthöheren »Sprosse« auf der »Besitzleiter« und bekommen den Besitz von der jeweils niedrigeren, näher am unmittelbaren Besitz liegenden Stufe gemittelt bzw. der Eigentümer ist dann Eigenbesitzer der X. Stufe (entsprechend des Ranges seines mittelbaren Besitzes)
  • Probleme des (möglichen) Nebenbesitzes entstehen, wenn die Besitzmittlungskette nicht offen liegt
36
Q

Gleichstufiger Nebenbesitz: Sicherungsübereignung

A
  • eA (Lehre vom Nebenbesitz): Erwerber erhält vom Veräußerer (Sicherungsnehmer/Bank) allenfalls Nebenbesitz (den dieser wiederum vom Besitzmittler erhalten hätte)
  • > Erwerber kann nicht gutgläubig erwerben, da er durch Nebenbesitz nicht näher heranrückt als Eigentümer
  • aA (hM): gutgläubiger Erwerb (gem. §§ 931, 934 Alt. 1) vom Sicherungsnehmer möglich, da sich der Besitzmittler wie ein Eigenbesitzer geriert (§ 872) und damit den mittelbaren Besitz des Eigentümers beendet
37
Q

Gleichstufiger Nebenbesitz: Übertragung des AWR

A

Ergänze nach Lektüre des AWR, s. Vieweg/Werner § 2 Rn 44 und Baur/Stürner § 59 Rn 35

38
Q

“Rechtsbesitz”

A

= der rechtlich anerkannte äußere Herrschaftstatbestand hinsichtlich eines Rechts

  • > in besonderen Fällen »der Sache nach« anerkannt (vgl. §§ 900 II, 1029, 1090 BGB)
  • > §§ 858 ff., 861 ff. BGB analog
39
Q

“Organbesitz”

A
  • auch juristische Personen (eingetragener Verein (§§ 21 ff. BGB), selbstständige Stiftung (§§ 80 ff. BGB), AG (§ 1 AktG), GmbH (§ 13 GmbHG)) können durch ihre Organe Besitz haben (die wiederum selbst keine Besitzer sind)
  • Personenhandelsgesellschaften (OHG (§§105ff. HGB) und KG (§§161ff. HGB))
  • > hM: Organbesitz durch vertretungsberechtigte Gesellschafter
    pro: hinreichende körperschaftlichen Struktur
    pro: weitgehende Annäherung an eine juristische Person (vgl. Rechtsgedanken der §§ 124 I, 161 II HGB)
  • > aA: Gesellschafter als Mitbesitzer
    pro: eben keine juristischen Personen, sondern um Gesamthandsgemeinschaften
  • > jedenfalls: Kommanditisten sind keine Besitzer
  • BGB-Gesellschaft (§§ 704 ff. BGB, Gesamthandsgemeinschaft)
  • > hM: Differenzierung zwischen Außen-GbR und reiner Innengesellschaft
    pro: Rechtsfähigkeit der Außen-GbR soll auch nach außen als Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft auftreten können
  • > Außen-GbR (Gruppentheorie): Besitz der Gesellschaft selbst durch Gesellschafter als Organe
  • > Innengesellschaft: individualistische Konzeption; grundsätzlich gleichberechtigter Mitbesitz der Gesellschafter
40
Q

§ 858 I: Prüfung der verbotenen Eigenmacht

A
  1. Entziehung oder Störung des unmittelbaren Besitzes
  2. 􏰀 ohne den Willen des unmittelbaren Besitzers
  3. 􏰀 ohne vertragliche oder gesetzliche Gestattung
41
Q

§ 859: P: Selbsthilfe bei mittelbarem Besitz

A

eA: (-)

pro: gegen den Gesetzeswortlaut (§ 859 iVm § 869)
pro: mB übt gerade keine tatsächliche Sachherrschaft aus, worauf aber Selbsthilfe als Schutz des tatsächlichen (unmittelbaren) Besitzes zugeschnitten sei
pro: ausreichender Schutz über §§ 227, 229 BGB

aA (hM): (+)

pro: nur so lässt sich lückenloser Besitzschutz gewährleisten
pro: Gleichstellung von uB und mB durch § 868
pro: § 861 f. stellt nur besondere Ausgestaltung des Besitzschutzes des mB dar, nicht abschließende Regelung
- > Disposition über unmittelbaren Besitz liegt jedoch nur beim unmittelbaren Besitzer, sodass der mittelbare Besitzer Besitzbeeinträchtigung mit seiner Zustimmung gelten lassen muss
- > Ausübung des Selbsthilferechts ist nur zu Wiederherstellung des unmittelbaren Besitzes beim vorherigen unmittelbaren Besitzer zulässig

42
Q

§ 863: Bedeutung und Anwendungsbereich

A
  • Bedeutung: Ausschluss petitorischer Einwendungen (= aus Recht zum Besitz)
  • > Telos des possessorischen Besitzschutzes (= rein aus dem Besitz selbst): durch vorläufige Herstellung der ursprünglichen Besitzlage soll der Rechtsfrieden gesichert und das staatliche Gewaltmonopol erhalten werden (»Schnellrechtsschutz«)
  • Anwendungsbereich: Zulassung nur possessorischer Einwendungen aus dem Besitz als solchem
  • > bloße Besitzdienerschaft; keine verbotene Eigenmacht; die Wiedereinräumung des Besitzes sei unmöglich oder Verlust des Besitzes nach Eintritt der Rechtshängigkeit in anderer Weise als durch Veräußerung
43
Q

P: Zulässigkeit der Widerklage (§ 33 ZPO) gegen eine possessorische Klage

A
  • eA (Rspr): (+)
    pro: »Schnellrechtsschutz« des Besitzschutzes wegen der Möglichkeit des Erlasses eines sog. Teilurteils (§ 301 ZPO) oder einer Prozesstrennung nicht gefährdet
    pro: schon aus Gründen der Prozessökonomie könne es dem Beklagten nicht versagt werden, eigene Rechte mittels einer petitorischen Klage geltend zu machen
  • > idR werde über die zuerst entscheidungsreife Besitzschutzklage durch Teilurteil gem. § 301 ZPO entschieden, da die Voraussetzungen der §§ 861, 862 BGB leichter geprüft werden könnten als die Voraussetzungen der Widerklage (zB aus § 985 BGB) (sind beide entscheidungsreif, ist gem. § 864 II analog der petitorische Rechtsschutz stärker)
  • aA (Teile der Lit): (-)
    pro: bei Zulässigkeit würden im Ergebnis petitorische Ansprüche als Gegenrechte zu possessorischen Ansprüchen geltend gemacht
    pro: derjenigen wäre zu illegaler Selbsthilfe animiert, der ein sofort beweisbares Recht -> Telos des Rechtsfriedens (durch Schnellrechtsschutz beim possessorischen Besitzschutz) wäre gefährdet
44
Q

§ 867 S. 1 (Verfolgungsrecht): Anspruchsinhalt

A
  • Duldung des Aufsuchens und Wegschaffens der Sache (Abholungsrecht)
  • > kein Recht zum eigenmächtigen Betreten des Grundstücks!
  • ->hierzu müssen die Voraussetzungen der §§ 227 ff., 904 BGB vorliegen
45
Q

§ 1007: Prüfung des petitorischen Herausgabeanspruchs bei bösgläubigem Besitzerwerb (Abs. 1)

A
  1. Anspruchsberechtigter: früherer Besitzer (aufgrund seines vermuteten besseren Rechts zum Besitz; auf die Besitzart kommt es nicht an)
    􏰀2. Anspruchsgegner: gegenwärtiger Besitzer
    3.􏰀 bösgläubiger Besitzerwerb des Anspruchsgegners
    -> wenn er sich nicht auf ein Recht zum Besitz gegenüber dem Anspruchsberechtigten berufen kann und bei Besitzerwerb Kenntnis von seinem mangelnden Besitzrecht hatte bzw. das Fehlen grob fahrlässig nicht kannte
    4.􏰀 kein Ausschluss des Anspruchs (§ 1007 III BGB):
    a) § 1007 III 1 Alt. 1 BGB schließt den Anspruch aus, wenn der frühere Besitz des Anspruchstellers unrechtmäßig und dieser bei Besitzerwerb selbst bösgläubig
    bezüglich seines Besitzrechts war
    b) § 1007 III 1 Alt. 2 BGB gibt dem Anspruchsgegner die Einwendung, der Anspruchsberechtigte habe den Besitz freiwillig aufgegeben
    c) § 1007 III 2 BGB (iVm § 986 BGB) gibt dem Anspruchsgegner eine Einwendung, wenn dieser gegenwärtig ein Recht zum Besitz oder ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 1000 BGB gegenüber dem Anspruchsberechtigten hat
46
Q

§ 1007: Prüfung des petitorischen Herausgabeanspruchs bei Besitzerwerb von abhandengekommenen Sachen (Abs. 2)

A
  1. Anspruchsberechtigter: früherer Besitzer (aufgrund seines vermuteten besseren Rechts zum Besitz; auf die Besitzart kommt es nicht an)
    􏰀2. Anspruchsgegner: gegenwärtiger - auch gutgläubiger - Besitzer
    3.􏰀 Abhandenkommen der Sache aus dem Machtbereich des Anspruchstellers (II)
    -> ausgenommen sind wie bei § 935 BGB Geld und Inhaberpapiere (§1007 II 2 BGB)
    4.􏰀 kein Ausschluss des Anspruchs gem. § 1007 II 1 BGB aE: Der Anspruchsgegner darf nicht Eigentümer der Sache sein, ihm darf die Sache nicht vor der Besitzzeit des Anspruchstellers abhandengekommen sein
    5.􏰀 kein Ausschluss des Anspruchs (§ 1007 III BGB):
    a) § 1007 III 1 Alt. 1 BGB schließt den Anspruch aus, wenn der frühere Besitz des Anspruchstellers unrechtmäßig und dieser bei Besitzerwerb selbst bösgläubig
    bezüglich seines Besitzrechts war
    b) § 1007 III 1 Alt. 2 BGB gibt dem Anspruchsgegner die Einwendung, der Anspruchsberechtigte habe den Besitz freiwillig aufgegeben
    c) § 1007 III 2 BGB (iVm § 986 BGB) gibt dem Anspruchsgegner eine Einwendung, wenn dieser gegenwärtig ein Recht zum Besitz oder ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 1000 BGB gegenüber dem Anspruchsberechtigten hat
47
Q

P: (Unmittelbarer) Besitz als sonstiges Recht iSd § 823 I BGB?

A
  • hM: Differenzierung zwischen berechtigtem und unberechtigtem Besitz
    con (generell): Besitz als tatsächliche Gewalt gem. § 854

1) Berechtigter Besitz: (+) - eigentümerähnliche Position
pro: beim berechtigen Besitz liegt ein Recht zum Besitz vor, das ein sonstiges Recht sein könnte
-> Ausschließungsfunktion: bspw. §§ 566, 986 Abs.2, 861f.
-> Zuweisungsgehalt/Nutzungsfunktion: vertragliches Recht zum Besitz, Nutzung, Gebrauch
=> zu ersetzende Schäden:
a) Nutzungsschäden (abzugrenzen wie beim Eigentums ggü bloßer Nutzungsbeeinträchtigung)
b) Haftungsschäden (Besitzer wird durch Verhalten eines Dritten ggü dem Eigentümer schadensersatzpflichtig)
con: Trennung von absoluten und relativen Rechtspositionen wird berührt
-> pro: Rechtsverletzer nicht unbedingt schutzwürdig (in § 851 ist eigener Verkehrsschutz bestimmt)

2) Unberechtigter Besitz: (-)
con: (possessorischer) Besitzschutz auch für unberechtigten Besitzer
-> dagegen con: wollen nur verhindern, dass der Berechtigte eigenmächtig den Zustand herstellt, auf den er einen Anspruch hat (Verhinderung von ‘Selbstjustiz’) -> begründen aber kein Nutzungsrecht
pro: Gerade kein “Recht zum Besitz”, sondern nur tatsächliche Herrschaftsgewalt
pro: Wertungen des EBV: §§ 987 ff. belassen dem (redlichen) Besitzer in bestimmten Fällen die Nutzungen, was nicht bedeutet, dass der Besitzer auch ein Recht auf Nutzung hat
(Looschelders differenziert: ggü Dritten ergibt sich hieraus eine Schutzwürdigkeit des redlichen Besitzers, nicht jedoch ggü dem Eigentümer)

3) Berechtigter Mitbesitz
con: § 866 (Beschränkung des Besitzschutzes unter Mitbesitzern)
- > con: betrifft nur Besitzschutz aus §§ 859 ff., sodass § 823 I weiteren Besitzschutz ermöglich

48
Q

P: § 858 (Verbotene Eigenmacht) als Schutzgesetz iSd § 823 II

A
  • mM: (-)
    pro: Telos sei das grundsätzliche Verbot, andere in ihrem Besitz zu stören oder sogar zu verdrängen -> somit primär auf Verhinderung der gewaltsamen Durchsetzung eines Rechts auf Besitzveränderung angelegt (Besitzschutz um seiner selbst willen)
    con: Schutz Einzelner zumindest als Nebenzweck verfolgt, da sich aus § 858 ein Schutz des privaten Kontinuitätsinteresses ergibt
  • hM: (+)
  • > pro: s. mM
  • wA: § 858 BGB nur in den Fällen Schutzgesetz, in denen der Besitz als sonstiges Recht iSd § 823 I BGB anerkannt ist
    pro: sinnvolle Differenzierung bei § 823 I würde sonst durch § 823 II einfach unterlaufen
49
Q

P: § 1004 analog als Besitzschutz (quasinegatorischer Anspruch)

A
  • eA: (+)
    pro: vergleichbare Interessenlage: Analogie allgemein für sonstige Rechte iSd § 823 I (berechtigter Besitz nach hM als sonstiges Recht)
  • aA: (-)
    pro: angesichts von §§ 861, 862 fehlt planwidrige Regelungslücke
50
Q

Besitz als Bereicherungsgegenstand

A
  1. Leistungskondiktion:
    a. Berechtigter Besitz: (+)
    b. Unberechtigter Besitz: (+)
  2. Eingriffskondiktion
    a. Unberechtigter Besitz: (-), da es am erforderlichen Zuweisungsgehalt fehlt
    - > Schutz durch §§ 861, 1007
    b. Berechtigter Besitz: (+), sofern in Zuweisungsgehalt (aus Recht zum Besitz) eingegriffen wurde
    - > Verhältnis zu possessorischem und petitorischem Besitzschutz: Ansprüche bestehen nebeneinander, da Kondiktion auf Vermögenswert abzielen, Besitzschutzansprüche auf den tatsächlichen Besitz
51
Q

P: Vollstreckungsrechtlicher Schutz des unmittelbaren Besitzes (von Dritten)

A
  1. § 766 ZPO: Vollstreckungsorgan hat den unmittelbaren Besitz eines Dritten zu beachten (§§ 808, 809 ZPO)
    - > Verstoß gegen diesen Grundsatz kann der unmittelbare Besitzer mit der sog. Vollstreckungserinnerung rügen (§ 766 ZPO)
  2. P: § 771 ZPO (Drittwiderspruchsklage)
    - > eA: § 766 ZPO ausreichend
    con: greift tw. nicht, § 739 ZPO
    - > aA: § 766 nicht ausreichend- str. aber, welche Anforderungen an Besitz zu stellen sind - grundsätzlich: “veräußerungshindernd” sind Rechtspositionen, die auch bei Veräußerung durch den Schuldner einen widerrechtlichen Eingriff in eine fremde Vermögenssphäre darstellen würden
    - -> eA: nur Recht zum Besitz (Besitz als solcher sagt nichts über die Zuordnung einer Sache aus und wird auch nicht durch Veräußerungen/Verfügungen beeinträchtigt, vgl. § 986 II)
    - -> aA: jedenfalls berechtigter Besitz
    pro: auch andere Rechte, die eine Veräußerung nicht unmöglich machen (zB Herausgabeansprüche), sind für die Klage aus § 771 ZPO anerkannt
    pro: teilweise Verdinglichung des berechtigten Besitzes
    - -> unstr.: Besitz an unbeweglichen Sachen (-), da keinerlei Veräußerungshindernis (vgl. § 891)
52
Q

Vollstreckungsrechtlicher Schutz des mittelbaren Besitzes (von Dritten)

A
  • unstr. (+), da obligatorisches Recht eines Dritten auf Herausgabe einer nicht zum Schuldnervermögen gehörenden Sache ein die »Veräußerung hinderndes Recht« iSd § 771 ZPO ist
53
Q

P: Erlangung tatsächlicher Sachherrschaft bei verlorenem Gegenstand in Geschäft

A

eA: (-)

pro: nur vom Zufall abhängig, ob Dritter oder Geschäftsnaher tatsächlichen Zugriff durch Auffinden erlangt
- > andere Ansicht würde geringe Anforderung an obj. Herrschaftsmöglichkeit stellen
con: Probleme bei der Grenzziehung hins. der “Wahrscheinlichkeit”/”Zufall”

aA (hM): (+) aufgrund der tatsächlichen Herrschaftsbereichszuordnung

pro: tatsächliche Anschauung lässt Wissen der Geschäftsnahen oder Geschäftsinhabers außer Acht
pro: entspricht eher der Verkehrsanschauung als eA

54
Q

P: Zurechenbarkeit der Bösgläubigkeit des Besitzdieners (§ 855)

A

eA: § 831 analog

pro: §§ 989, 990 I haben als Sonderregelungen quasi-deliktischen Charakter
pro: kein Grund ersichtlich, warum Besitzherr nach dem Besitzerwerb (des Besitzdieners) die Exkulpationsmöglichkeit verlieren soll

aA (Rspr, hM): § 166 I analog
pro: es geht nicht um die Haftung für fremdes Verhalten, sondern um die Zurechnung von Bewusstseinsinhalten -> § 166 I passender aufgrund des allgemeinen Rechtsgedankens der vertreterähnlichen Stellung (derjenige, der anderen mit Erledigung eigener Angelegenheiten betraut, muss sich dessen in diesem Rahmen erlangtes Wissen zurechnen lassen)

55
Q

Übersicht: Besitzschutzansprüche

A

A. Gewaltrechte, sog. Selbsthilfe gem. § 859 BGB (§ 860 BGB: Anwendung auf den Besitzdiener):

  1. Besitzwehr (§ 859 I BGB)
  2. Besitzkehr (§ 859 II BGB)
  3. Entsetzung (§ 859 III BGB)

B.􏰀 Direkt aus dem Besitz abgeleitete possessorische Besitzschutzansprüche (§§ 861 ff. BGB):
1. Wiedereinräumungsanspruch (§ 861 I BGB)
2. Abwehranspruch (§ 862 I BGB)
3. Anspruch auf Verfolgung und Wegnahme (§ 867 S. 1 BGB),
4. Anspruch auf entschädigenden Ausgleich (§ 867 S. 2 BGB)
􏰀
C. Aus dem Recht zum Besitz abgeleitete petitorische Besitzschutzansprüche:
1. Herausgabeansprüche des früheren Besitzers (§ 1007 I und II BGB)
􏰀2. sonstiger Besitzschutz nach allgemeinen Normen:
a. deliktische Besitzschutzansprüche (§ 823 I BGB, § 823 II BGB ua iVm § 858)
b. bereicherungsrechtliche Ansprüche (§§ 812 ff. BGB)
c. Unterlassungsanspruch (§ 1004 I BGB analog – str.)

D.􏰀 Vollstreckungsrechtlicher Besitzschutz (§§ 766, 771 ZPO, §§ 49 ff. InsO):

  1. Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO)
  2. Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO)
  3. Klage auf abgesonderte Befriedigung (§§ 49 ff. InsO)