2/10 (Rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Eigentumserwerb) Flashcards
Eigentumsarten: Treuhandeigentum
- fiduziarische Übereignung: Trennung von rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentumszuordnung
- > Treuhänder ist sachenrechtlich Volleigentümer, jedoch schuldrechtlich beschränkt durch Treuhandvereinbarung
a) Eigennützige Treuhand: dient den Interessen des Treuhänders (zB Sicherungsübereignung)
b) Uneigennützige Treuhand: dient den Interessen des Treugebers (zB Inkassoabtretung)
- > Berechtigter zur Drittwiderspruchsklage? hM differenziert zwischen a) und b)
Eigentumsarten: Berechtigung mehrerer
a) Miteigentum nach Bruchteilen: jeder Miteigentümer hat einen ideellen Anteil an der gesamten Sache (zusätzlich: Beteiligung an der Miteigentümergemeinschaft)
- > s. §§ 741 ff. 1008 ff.
- > Miteigentümer kann grds. nur über seinen Anteil verfügen (Übertragung richtet sich nach 929 ff.)
- > jeder Miteigentümer kann Herausgabe verlangen, allerdings nur an alle gemeinsam §§ 1011, 432 (Prozessstandschaft)
b) Teileigentum: Alleineigentum mehrerer an realen Teilen einer Sachgesamtheit (nur an sonderrechtsfähigen realen
Sachteilen möglich, wie Zubehör oder nichtwesentliche Bestandteile)
c) Gesamthandsgemeinschaft (bspw. § 719 I): Rechte am gesamten Vermögen (Bruchteilsgemeinschaft: Rechte an der einzelnen Sache!)
- > gesetzlich abschließend geregelt (GbR; Personenhandelsgesellschaften; eheliche Gütergemeinschaft; Miterbengemeinschaft)
- > nur gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis
Prüfung: Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1
- Einigung
- Übergabe
- Einigsein bei Übergabe
- Berechtigung zur Verfügung
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Einigung
- (Dinglicher) Verfügungsvertrag (grds. zweckneutral): Angebot und Annahme
- Abstraktionsprinzip
- Bestimmtheitsgrundsatz/ Sachenrechtlicher Minimalkonsens (Sache und Erwerber sind nach §§ 133, 157 bestimmt)
- > Raumsicherungsklausel: wenn sie sich auf alle Waren einer bestimmten Gattung bezieht, die sich zu einer festgelegten Zeit in einem genau bestimmten Raum befinden
- > Markierungsvertrag: Individualisierung durch Markierung der zu übereignenden Sachen ausreichend
- Zeitpunkt: auch antizipiert möglich
- > Noch herzustellende Sachen: ausreichend, wenn Sache erst bei Übergabe konkretisiert wird
- Stellvertretung: (+), auch “Übereignung für den, den es angeht” (Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip)
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Einigung:
Abgrenzung: antizipierte Einigung vs. dingliche Einigung mittels Insichgeschäfts beim Durchgangserwerb
- idR durch Auslegung:
- > soll es dem Handelnden freistehen, die Sache an seinen Vertragspartner zu veräußern: Selbstkontraktion (§ 181 HS. 2) (Pflichten aus Auftrag werden erfüllt)
- > wenn eine solche Entscheidungsfreiheit nicht gewollt ist: wohl antizipierte Einigung
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Einigung: P: Sachenrechtliche Dimension des § 1357 I (Schlüsselgewalt)
- hM: Mitverpflichtung und -berechtigung gilt nur schuldrechtlich (-> kein automatisches Miteigentum)
pro: Wortlaut (“berechtigt und verpflichtet”)
pro: Grundsatz der Vermögenstrennung (§ 1363 ff.)
pro: allgemeine Grundsätze (Erwerbswille der Ehegatten entscheidend) -> idR (Mit-)Übereignung an den, den es angeht
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Einigung: Dinglicher Vertrag zugunsten Dritter, § 328 ff. (analog)
- wohl hM: (-)
pro: Systematik: Anwendung der Vorschriften des allgemeinen Teils, nicht jedoch solcher, die speziell schuldrechtliche Verträge betreffen
pro: Ausnahmecharakter der § 328 (Ausnahme vom Vertragsprinzip)
pro: keine Regelungslücke, andere Konstruktionsmöglichkeiten - mM: (+)
pro: Systematik ist rein formales Argument
pro: Zurückweisungsrecht besteht - > jedoch: auch nach dieser Ansicht ist Mitwirkung des Dritten erforderlich (Publizität) -> Notwendigkeit/Praktikabilität somit fragwürdig
P: Sittenwidrigkeit der Einigung
- Dingliche Geschäfte grds. wertneutral
- Ausnahme: § 138 II, Wucher (dingliches RG des Bewucherten ist erfasst: “versprechen oder gewähren lässt”)
- § 138 I: Durchschlagen der Sittenwidrigkeit des Grundgeschäfts auf das Verfügungsgeschäft
- > eA: (-), inhaltliche Abstraktion
- > aA: (+), Billigkeitserwägungen
pro: Sittenwidrigkeit des Verfügungsgeschäfts könne sich wohl auch aus dessen Zweck und Wirkungen ergeben
pro: Lehre der Fehleridentität
pro: zumindest dann Nichtigkeit, wenn Verfügung die Sittenwidrigkeit des Kausalgeschäfts verstärkt oder perpetuiert
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Einigung: Bedingung
- grds. möglich (e con § 925)
- insbesondere Eigentumsvorbehalt (aufschiebende Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, § 158 I)
- insbesondere Kauf bei Warenautomaten: Angebot (jeweils für KV und Einigung) bedingt durch
1. Ware vorrätig
2. Automat funktioniert
3. vom Erwerber ordnungsgemäß bedient
4. Annahme des Kaufangebots (nur für Angebot der Übereignung, keine Verletzung des TAP)
P: Rechtlicher Nachteil durch Übereignung wegen Erlöschens des schuldrechtlichen Anspruchs gem. § 362 bei Minderjährigen
eA: rechtlich nachteilig, da durch § 362 schuldrechtlicher Anspruch erlischt
aA: Gesamtschau von schuldrechtlichen und dinglichem RGen -> Eigentumserlangung wertvoller -> rechtlich vorteilhaft
wA (hM): dingliches RG vorteilhaft; schuldrechtlicher Übereignungsanspruch erlischt nicht, da Minderjähriger keine Empfangszuständigkeit habe (argumentum e § 131 I)
pro: dogmatisch korrekt und sachgerecht
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Übergabe
- Besitzerwerb des Erwerbers oder seiner Mittelspersonen (Besitzdiener, Besitzmittler, Geheißperson)
-> auch Erwerb mittelbaren Besitzes ausreichend, jedoch darf Besitzmittler nicht personenidentisch mit Veräußerer sein (-> § 930)
2. Aufgabe jeglicher Besitzposition des Veräußerers
3. Besitzwechsel auf Veranlassung, dh mit Willen des Veräußerers
-> Ausschluss bei verbotener Eigenmacht und Möglichkeit des Einsatzes von Hilfspersonen auch auf Veräußererseite
4. Dauerhaftigkeit der Besitzaufgabe
-> gewisse Endgültigkeit
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Übergabe: Umwandlung der Besitzverhältnisse
= ausnahmsweise übt der bisherige Inhaber der unmittelbaren Sachherrschaft diese auch nach der Übereignung aus, nunmehr jedoch mit anderer Willensrichtung
a) Veräußerer wird Besitzdiener des Erwerbers
- > hohe Anforderungen an Publizität: tatsächlich nach außen erkennbare Eingliederung in Herrschaftsverhältnis
b) Besitzdiener des Veräußerers wird Besitzdiener des Erwerbers
- > Anweisung des Veräußerers an Besitzdiener und tatsächliche Ausübung der neubegründeten Besitzdienerschaft
c) Besitzmittler des Veräußerers wird Besitzmittler des Erwerbers (str.) : Veräußerer weist seinen Besitzmittler an, mit dem Erwerber ein BMV abzuschließen (Aufgabe unmittelbaren Besitzes), und der Besitzmittler leistet nach Abschluss des BMV den Weisungen des Erwerbers tatsächlich Folge
- > eA (hM): § 929 S. 1 (+)
pro: kein BMV zwischen Veräußerer und Erwerber selbst, § 930 (-)
pro: mit neuem BMV auch keine bloße Abtretung eines Herausgabeanspruches, § 931 (-)
- > aA: § 931 (+) (Abtretung des Herausgabeanspruches gegen den unmittelbaren Besitzer bei BMV ebenfalls möglich)
pro: keine Veränderung des unmittelbaren Besitzes, sodass § 929 S. 1 nicht anwendbar ist
- > dagegen con: unmittelbarer Besitz im Wortlaut von § 929 S. 1 nicht enthalten
pro: wegen Publizitätsfunktion sind die Fälle der Übereignung ohne Wechsel des unmittelbaren Besitzes abschließend geregelt
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Übergabe: Geheißperson und Geheißerwerb
- weder Besitzdiener noch Besitzmittler
- handelt allein auf Weisung des Veräußerers oder Erwerbers
-> Auf Seiten des Veräußerers: unmittelbarer Besitzer der zu übereignenden Sache, die er auf Weisung des Veräußerers zu übergeben hat (keine Besitzposition des Veräußerers; die rein tatsächliche Besitzverschaffungsmacht des Veräußerers wird der Innehabung einer Besitzposition gleichgeachtet)
-> Auf Seiten des Erwerbers: Person, auf die auf Weisung des Erwerbers der Besitz übertragen wird (keine Besitzposition des Erwerbers)
=> Befolgebereitschaft der Geheißperson weist den Veräußerer/Erwerber selbst als den Herrn der Sache aus (Rechtsschein des Besitzes)
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Übergabe: Übergabe und Eigentumsübertragung bei einer Veräußerungskette (-> Streckengeschäft) und bei abgekürzter Lieferung
- Hersteller -> Händler -> Kunde ; Hersteller beliefert Kunden direkt - Konstruktionsmöglichkeiten:
1. Direkterwerb (nur wenn offensichtlich unproblematisch: Hersteller kennt Weisungssituation oder eventuelle EVB zwischen den nachgeschalteten Gliedern nicht)
2. Übereignung vom Händler an den Kunden unter Zustimmung von Hersteller (§ 185 I)
3. Geheißerwerb, bei dem durch eine einzige Übergabe vom Hersteller auf den Kunden ein Eigentumserwerb jeweils zwischen allen Zwischenabnehmern untereinander vollzogen wird
a. Eigentumserwerb Hersteller -> Händler
aa. Einigung (antizipiert)
bb. Übergabe direkt an Kunden
aaa. Kunde weder Besitzdiener noch Besitzmittler
bbb. Geheißkonstruktion: Kunde als Geheißperson auf Erwerbsseite
b. Eigentumserwerb Händler -> Kunde
aa. Einigung (antizipiert)
bb. Übergabe direkt an Kunden
aaa. Hersteller weder Besitzdiener noch Besitzmittler
bbb. Geheißkonstruktion: Hersteller als Geheißperson auf Veräußererseite (Anweisung der Direktlieferung durch Händler)
=> Händler wird für eine logische Sekunde Eigentümer
pro: wirtschaftliches Interesse an Durchgangserwerb (evtl. vereinbarte EVB etc)
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Übergabe: P: Scheingeheißperson
eA: bloß anweisender Veräußerer soll nur bei tatsächlich bestehender Besitzverschaffungsmacht (tatsächlichem Geheiß) dem besitzenden Veräußerer gleichgestellt werden
- > nur tatsächliche Unterordnung erlaube Gleichstellung
- > innerer Bezug zwischen Einigung und Übergabe erfordere das Tätigwerden der Geheißperson in tatsächlicher und bewusster Unterordnung unter den Willen des Veräußerers
- > bloße Möglichkeit des Dispositionserfolgs genügt nicht (Finalität (Eigentumserwerb soll ermöglicht werden) erforderlich)
aA: Empfängerhorizont (wie bei Auslegung der Einigungserklärung) maßgeblich (hM)
- > Erwerber könne nicht erkennen, ob sich Geheißperson tatsächlich unterwerfe
- > nach § 133, 157 Geheißperson, dann genauso als Herr der Sache ausgewiesen wie bei willentlicher Unterwerfung
- > pro: Verkehrsschutz
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Übergabe: Übergabe durch »Wegnahmeermächtigung«
= wenn sonstige Voraussetzungen des § 929 S. 1 vorliegen, kann Übergabe durch besitzrechtliche Wegnahmeermächtigung des Veräußerers vorgenommen werden
- > Maßgeblicher Zeitpunkt: Besitzergreifung
- > Subjektives Element: Erwerber muss aufgrund von Wegnahmeermächtigung handeln
- > nachträgliche Genehmigung nicht möglich (wegen Publizitätsfunktion)
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: P: Einigsein
- maßgeblicher Zeitpunkt: bei Vollendung des Rechtserwerbs (Beteiligten müssen sich bei der Übergabe noch einig sein - rechtsgeschäftliche Voraussetzung für wirksame Einigung müssen noch vorliegen)
- > Fortschreibung des durch die Einigung geäußerten Übertragungs- und Erwerbswillens
- P: Bindungswirkung der Einigung:
- > hM: dingliche Einigung entfaltet anders als schuldrechtliche Verträge keine Bindungswirkung (aber: einseitiger Widerruf erforderlich); Einigungswille wird erst durch Übergabe bestätigt und erlangt erst dadurch Wirksamkeit
pro: Teil eines Verfügungsgeschäft ohne - im Gegensatz zu Verpflichtungsgeschäft - Rechte und Pflichten
pro: bei Bindungswirkung würde Einigung als TBM zu großes Gewicht zugesprochen; Realakt ist jedoch genauso entscheidend (pro: Realakt ist maßgeblicher Zeitpunkt für gutgläubigen Erwerb)
pro: Fehlen eines § 873 II (der die Bindungswirkung vor Eintragung nur im Ausnahmefall anordnet) - > mM: Bindungswirkung der Einigung (+)
pro: andere Verträge binden auch
pro: § 873 II speziell für Grundstücke (Übereilungsschutz) - > Einigsein hat aufgrund der Bindungswirkung keine praktische Bedeutung
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, § 929 S. 1: Berechtigung
- maßgeblicher Zeitpunkt: bei Vollendung des Rechtserwerbs
1. Verfügungsbefugter Rechtsinhaber
- Verfügungsbefugter Nichtrechtsinhaber
a. Gesetzlich: Pfandgläubiger bei rechtmäßiger Pfandveräußerung (§ 1242 BGB); Testamentsvollstrecker an Stelle der Erben (§ 2205 iVm § 2211 BGB)
b. Rechtsgeschäftlich
aa. Einwilligung, § 185 I
bb. Genehmigung, § 185 II S. 1 Var. 1
cc. Konvaleszenz (nachträglicher Rechtserwerb des Verfügenden), § 185 II S. 1 Var. 2, 3
- > automatischer Übergang ex nunc
P: Wirkung des § 105a (Geschäfte des täglichen Lebens) auf sachenrechtlicher Ebene
- Telos: Verringerung der Diskriminierung geschäftsunfähiger Erwachsener -> auch sachenrechtliche Rechtswirkungen müssen vorliegen, damit der geschäftsunfähige Erwerber nicht weiterhin § 985 BGB ausgesetzt ist
- > eA: § 105a BGB bewirkt Vindikationsausschluss
pro: Parallele zur hM im Schuldrecht, wonach kein wirksamer Vertrag, aber Kondiktionsanspruch besteht - > aA (hM): § 105a BGB führt zur Wirksamkeit der Erfüllungsgeschäfte
pro: aus Wirkung der umfassenden Fiktion geschlossen
pro: Eigentumserwerb soll ermöglicht werden
pro: Eigentum und Besitz sollen nicht dauerhaft auseinanderfallen
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, §§ 929ff.: Übergabesurrogat: § 929 S. 2 (brevi manu traditio)
- Erwerber ist bereits im Besitz der Sache: Einigung ausreichend zum Eigentumsübergang
- > Veräußerer muss jedweden Besitzrest (Mitbesitz) vollständig aufgeben
- > hM auch antizipierte Einigung bei 929 S. 2 möglich, soweit sich die Parteien noch zur Zeit der Besitzerlangung über den Eigentumsübergang einig sind
- > Mittelbarer Besitz genügt
- > Erwerber kann auch durch den unmittelbaren Besitzer als Vertreter erwerben
Derivativer Erwerb vom Berechtigten, §§ 929ff.: Übergabesurrogat: § 930 (Besitzkonstitut)
- konkretes BMV (§ 868) nötig
- unerheblich, ob Veräußerer mittelbarer oder unmittelbarer Besitzer ist
- trotz Wortlaut (“Vereinbarung eines BMV) reicht auch ein gesetzlich bestehendes BMV aus
- > bspw. können Eheleute die im Miteigentum und Mitbesitz befindlichen Haushaltsgegenstände gem. §§ 929 S. 1, 930 zum Alleineigentum übertragen
- antizipiertes Besitzkonstitut möglich
- auch Insichkonstitut möglich = wenn der Besitzmittler ein Besitzmittlungsverhältnis als Vertreter des Oberbesitzers und zugleich mit sich selbst im eigenen Namen abschließt (Besitzmittlungsverhältnis durch Selbstkontrahieren, gestattet durch Oberbesitzer nach § 181 BGB)
- > Wille muss nach außen treten (Publizität)