6.3 Stress als Folge von Krankheit Flashcards

1
Q

Wie wird eine (chronische) Krankheit aus Sicht der situationsbezogenen Stresskonzeption betrachtet

A

Sie wird sowohl als kritisches Lebensereignis als auch als Alltagsbelastung betrachtet.

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2
Q

Inwiefern kann eine (chronische) Krankheit als kritisches Lebensereignis betrachtet werden

A

So wird in der SRRS (Holmes & Rahe, 1967) „personal injury or illness“ bei den Ereignissen mit den höchsten Life Change Units eingeordnet (siehe auch Kap. 1.2). Die Klassifizierung von Krankheiten als kritisches Lebensereig- nis ist demnach nicht unüblich und intuitiv nachvollziehbar: Eine Krankheit stellt einen einschnei- denden und emotional bedeutsamen Bruch im Lebenslauf dar. Dies gilt vor allem für schwerwie- gende Erkrankungen, für die Diagnosestellung chronischer Erkrankungen sowie für besonders schmerzhafte Behandlungen oder Behandlungen, die die Betroffenen aus ihrem Alltag herausrei- ßen.

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3
Q

Inwiefern kann eine (chronische) Krankheit als Alltagsbelastung betrachtet werden

A

Auf der anderen Seite geht eine (chronische) Krankheit mit typischen Verläufen einher, die sich hauptsächlich im Alltag der Betroffenen äußern. Zum Beispiel dürfen sie nur spezielle Speisen essen, müssen regelmäßig Medikamente einnehmen und den Tagesrhythmus auf die Erkrankung einstellen.

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4
Q

Wann ist es sinnvoller (chronische) Krankheit als Alltagsbelastung zu sehen und wann ist es sinnvoller sie als kritisches Lebensereignis zu sehen.

A

Für eine Beschreibung der andauernden Belastungen, ist es daher zielführend, (chroni- sche) Krankheiten als (eine Verkettung von) Alltagsbelastungen zu konzipieren. Wenn es hingegen um die großen Entwicklungslinien im Leben von Menschen geht, ist der Zugang im Sinne der kritischen Lebensereignisse hilfreicher (DeLongis et al., 1982).

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5
Q

Warum ist es erforderlich mit der Betrachtung von Krankheiten nicht erst zum Zeitpunkt der Diagnose zu beginnen

A

Dies ist im Sinne des biopsychosozialen Krankheitsmodells, welches Gesundheit als ein mehrdimensiona- les Phänomen versteht und Gesundheit und Krankheit nicht als einander ausschließende Pole ei- nes Kontinuums betrachtet. Zum einen treten Beschwerden häufig bereits lange vor einer Diagnose auf und zum anderen gibt es auch zahlreiche Personen, die zwar medizinisch relevante Beschwerden haben, sich aber nicht in Behandlung befinden. In diesem Sinne unter- scheidet Faltermaier (2023) fünf Phasen des Krankheitsprozesses:

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6
Q

Nenne die fünf Phasen des Krankheitsprozesses von Faltermaier (2023)

A
  1. Wahrnehmung körperlicher Beschwerden
  2. Erstellen einer „Laiendiagnose“
  3. Krankheitsverhalten, Selbstbehandlung und Hilfesuchen im „Laiengesundheitssystem“
  4. Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, medizinische Diagnose, Krankenrolle
  5. Ärztliche Behandlung und Compliance
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7
Q

Fünf Phasen des Krankheitsprozesses von Faltermaier (2023):
Wahrnehmung körperlicher Beschwerden

A

Erste Phase.
Die Wahrnehmung des eigenen Körpers und von Körpersignalen (Interozeption) ist ein relativ neuer Forschungsbereich (Palatos & Fischer, 2018). Grundsätzlich ähneln die dabei wirksamen Mechanismen denen, die bei der allgemeinen Wahrnehmung wirksam werden. Eigene Erfahrun- gen und Erlebnisse sowie der Kontext können die individuelle Wahrnehmung von Körpersignalen prägen.

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8
Q

Fünf Phasen des Krankheitsprozesses von Faltermaier (2023):
Erstellen einer „Laiendiagnose“

A

Zweite Phase.
Wenn körperliche Beschwerden wahrgenommen werden, wägen Betroffene ab, ob es sich um eine ernstzunehmende und/oder langfristige Erkrankung handelt oder um vorübergehende, harm- lose Beschwerden. Aus dem eigenen Alltagswissen und möglicherweise im Austausch mit dem sozialen Umfeld wird eine „Laiendiagnose“ erstellt, die auf einem alltäglichen Verständnis von Krankheiten beruht.

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9
Q

Fünf Phasen des Krankheitsprozesses von Faltermaier (2023):
Krankheitsverhalten, Selbstbehandlung und Hilfesuchen im „Laiengesundheitssystem“

A

Dritte Phase
Das Krankheitsverhalten in diesem Stadium kann daraus bestehen, weitere Informationen zu den Beschwerden oder der „Laiendiagnose“ einzuholen, soziale Unterstützung zu suchen oder Be- handlungsmaßnahmen, wie Selbstmedikation, zu ergreifen. Alltägliche Erkrankungen (z. B. Erkäl- tungen, Rückenschmerzen, Magen und Darm Infekte) verbleiben häufig im „Laiengesundheitssys- tem“ und lassen sich durch Selbstbehandlung lindern, während schwere Erkrankungen ab einem bestimmten Stadium in der Regel ärztliche Hilfe erfordern. In der Regel wird auch die Entschei- dung, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen im „Laiengesundheitssystem“ gefällt.

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10
Q

Fünf Phasen des Krankheitsprozesses von Faltermaier (2023):
Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, medizinische Diagnose, Krankenrolle

A

Vierte Phase
Wenn eine Person zu der Ansicht gelangt, ein gesundheitliches Problem nicht selbstständig oder mithilfe des sozialen Umfelds bewältigen zu können, sucht sie oder er professionelle Unterstüt- zung. Eine Diagnose kann einerseits dabei helfen, Unsicherheiten in Bezug auf die eigenen Symp- tome zu beseitigen. Sie kann aber auch neue Unsicherheiten und Belastungen mit sich bringen.
Mit der Diagnose geht häufig eine Krankenrolle einher, das heißt eine gesellschaftlich definierte und sozial anerkannte Rolle (z. B. bedeutet eine Krankschreibung, dass von der kranken Person erwartet wird, der Erwerbsarbeit fern zu bleiben und keinen anstrengenden Tätigkeiten nachzu- gehen). Darüber hinaus birgt die Diagnose bestimmter Krankheiten in manchen Kulturkreisen im- mer noch ein gewisses Stigma.

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11
Q

Fünf Phasen des Krankheitsprozesses von Faltermaier (2023):

A

Fünfte Phase
Auf die medizinische Diagnose folgen in den meisten Fällen gewisse Routinemaßnahmen (z. B. ärztliche Behandlung, pflegerische Versorgung, zusätzliche Behandlungsmaßnahmen). Die einzel- nen Akteure im Gesundheitssystem erwarten dabei von den Patientinnen und Patienten ein ge- wisses Maß an Mitarbeit (Compliance). Wenn Patientinnen oder Patienten sich nicht an die Emp- fehlungen des ärztlichen Personals halten, Medikamente nicht wie verschrieben einnehmen oder eine mangelnde Kooperationsbereitschaft zeigen, wird das auch als Non-Compliance bezeichnet. Ursachen dafür sind häufig in der Arzt-Patienten-Beziehung zu finden (z. B. fehlendes Vertrauen oder mangelnde Kommunikation).

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12
Q

Welche zwei Sichtweisen sind voneinander abzugrenzen, wenn man das Krankheitsreleben betrachtet

A

Aus medizinischer Sicht lässt sich eine Krankheit durch ihre Symptome beschreiben, welche objektiviert erfasst werden und zu einer reliablen Diagnose führen. Aus der Diagnose las- sen sich Methoden zur Behandlung oder zumindest zur Linderung der Beschwerden ableiten.
Im Gegensatz dazu hat Krankheit aber auch eine subjektive Komponente, welche sich im subjektiven Krankheitserleben der Betroffenen äußert. So nehmen Betroffene die mit der Krankheit verbun- denen Veränderungen und Beschwerden wahr, machen sich Sorgen oder sind verunsichert und vermuten möglicherweise bereits früh, dass eine Krankheit hinter diesen Veränderungen steht.

Im Englischen werden diese zwei Seiten manchmal als „disease“ (medizinisch-wissenschaftliche Krankheit) und „illness“ (subjektives Krankheitserleben) bezeichnet (Faltermaier, 2023).

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13
Q

In welche Prozesse lässt sich das subjektive Krankheitserleben unterteilen

A

Das subjektive Krankheitserleben lässt sich in kognitive und emotionale Prozesse unterteilen.

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14
Q

Das subjektive Krankheitserleben lässt sich in kognitive und emotionale Prozesse unterteilen. Was ist ein einflussreiches Modell zur Beschreibung dieser Prozesse

A

Leventhal et al.‘s (2003) Selbstregula- tionsmodell (auch Common-Sense Modell; engl.: common-sense model of illness self-regulation)

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15
Q

Von was geht das Selbstregulationsmodell (auch Common-Sense Modell; engl.: common-sense model of illness self-regulation) von Leventhal et al. (2003) aus

A

Dieses Modell geht davon aus, dass der Umgang mit einer Erkrankung ganz wesentlich von der persönlichen Theorie beeinflusst wird, die Betroffene über ihre Krankheit entwickeln. Durch krank- heitsbezogene Stimuli, etwa eine (wahrgenommene) gesundheitliche Bedrohung, Informationen über eine Diagnose oder Symptomveränderungen, werden parallel verlaufende kognitive und emotionale Prozesse ausgelöst, die einander wechselseitig beeinflussen. Diese prägen wiederum das Krankheits- und Bewältigungsverhalten, welches wiederum zu einer Anpassung der Krank- heitsrepräsentationen beiträgt (siehe Abb. 6.3; Leventhal et al., 2003).

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16
Q

Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)
Was sind Krankheitstheorien

A

Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)
Im kognitiven Pfad werden kognitive Repräsentationen der Krankheit gebündelt. Diese kognitiven Repräsentationen werden auch als Krankheitstheorien bezeichnet. In ihnen werden Annahmen über die Symptomatik, den Zeitverlauf (z. B zum Beginn, der Dauer und der Abnahme der Symp- tome), die Folgen (z. B. körperliche, soziale oder kognitive Einschränkungen), die Ursachen (z. B. durch eigenes Verhalten oder durch externale Einflüsse), die Kontrollierbarkeit (durch ärztliches Personal oder eigenes Handeln) einer Erkrankung zusammengefügt (Leventhal et al., 2016).

17
Q

Erkläre die Zusammenhänge der Konstrukte im Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)

A

(Abbildung 6.3)

18
Q

Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)
Was leitet sich je nach Ausgestaltung der Krankheitstheorie ab

A

Je nach der Ausgestaltung der Krankheitstheorie leitet sich ein anderes Krankheits- und Bewälti- gungsverhalten ab

19
Q

Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)
Erkläre zwei Beispiele, wie je nach Ausgestaltung der Krankheitstheorie verschiedene Krankheits- und Bewältigungsverhalten abgeleitet werden

A

Personen, die ein frisch diagnostiziertes Magengeschwür für stressbedingt halten, werden wahrscheinlich versuchen mit der Erkrankung umzugehen, indem sie neue Formen der Entspannung zum besseren Umgang mit Stress erlernen und ausprobieren. Wird das Magen- geschwür jedoch als ernährungsbedingt wahrgenommen, dann dürfte die Wahrscheinlichkeit groß sein, dass die betroffene Person eine Ernährungsumstellung als Krankheitsbewältigungsmaß- nahme anstrebt. Der Effekt einer jeden Bewältigungsmaßnahme wird anschließend evaluiert und diese Bewertung wirkt auf die Krankheitstheorie zurück. Wenn also die neu erlernten Entspannungstechniken nicht wirksam waren, könnte sich die Krankheitstheorie entsprechend verändern, dass die Ursache auch in der Ernährung gesucht wird.

20
Q

Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)
Erkläre, was emotionale Reaktionen, welche durch krankheitsbezogene Informationen ausgelöst werden, beeinflussen

A

Neben den bereits beschriebenen kognitiven Repräsentationen lösen krankheitsbezogene Infor- mationen emotionale Reaktionen aus, die das Bewältigungsverhalten ebenfalls beeinflussen.

21
Q

Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)
Erkläre ein Beispiel, wie je nach emotionaler Reaktion auf krankheitsbezogene Informationen verschiedene Bewältigungsverhalten abgeleitet werden

A

Die Erwartung schwerwiegender Konsequenzen und der Unheilbarkeit der eigenen Krankheit kann zum Beispiel zu einer Erhöhung der Ängstlichkeit führen, die durch die Diagnose „Arthritis“ her- vorgerufen wurde. Auch das Bewältigungsverhalten im Umgang mit emotionalen Reaktionen wird eruiert und wirkt auf die emotionale Befindlichkeit und die Krankheitstheorien zurück.

22
Q

Wofür wird das Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003) verwendet

A

Das Selbstregulationsmodell ist ein maßgebendes Modell, wenn es darum geht, zu erklären, wie Menschen die Bedeutung von akuten und chronischen Krankheiten verstehen und mit ihnen um- gehen. Oft wird es auch dazu angewendet, bestimmte Krankheitsoutcomes (z. B. Krankheitsver- lauf, wahrgenommene Gesundheit, Wohlbefinden) durch die Krankheitsrepräsentationen und das Bewältigungsverhalten vorherzusagen.

23
Q

Inwiefern wurde das Selbstregulationsmodell von Leventhal et al. (2003) bestätigt

A

Die Grundahme, dass das Krankheitsverhalten und weitere Outcomes durch Krankheitsrepräsentationen vorhergesagt wird, wurde in verschiedenen Meta- Analysen bestätigt: Eine Krankheitsrepräsentation als Bedrohung und emotionale Repräsentationen sind eher mit vermeidendem Verhalten, weniger adaptivem Verhalten und weniger adaptiven Outcomes (z. B. negatives emotionales Befinden, geringere Lebensqualität, geringere Behand- lungsbereitschaft) verbunden, während wahrgenommene Kontrolle und kohärente Annahmen über die Krankheit eher zu (annäherndem) Bewältigungsverhalten, höherem täglichen Funktio- nieren, höherer Behandlungsbereitschaft, weniger Stress und geringerem Krankheitsfortschreiten führen (Hagger et al., 2017; Hagger & Orbell, 2003).

24
Q

Was kann man am Selbesrregulationsmodell von Leventhal et al. (2003) kritisieren

A

Die verschiedenen Krankheitsrepräsentationen haben eine hohe Vorhersagekraft für das Krankheitsverhalten. In den Studien werden jedoch häufig isolierte Dimensionen von Krankheitsrepräsentationen untersucht und seltener, wie ursprünglich im Modell angenommen, das Zusammenspiel dieser Dimensionen. Einige Studien haben versucht, diese Limitation mithilfe von Clusteranalysen zu umgehen, was jedoch die Ein- schränkung mit sich bringt, dass sich die gefundenen Cluster nur auf die zugrundeliegende Stich- probe anwenden lassen und entsprechend nicht generalisierbar sind. Kritisch ist außerdem, dass die meisten Studien, die die Theorie überprüft haben, ein querschnittlichen Korrelationsdesign hatten und somit die angenommenen Dynamiken und Kausalitäten nur eingeschränkt abbilden können.

25
Q

Was ist wichtig für folgende Studien mit dem Selbesrregulationsmodell von Leventhal et al. (2003)

A

Die Erkenntnisse sollten daher zukünftig durch innovative Designs (z. B. N-of-1), längs- schnittliche Studien und experimentelle Designs gestützt werden. Hagger und Orbell (2022) wei- sen zudem auf die Notwendigkeit hin, das Modell an verschiedenen Stellen weiter zu konkretisie- ren, etwa wie die Mediation von Krankheitsrepräsentationen über das Bewältigungsverhalten auf krankheitsbezogene Outcomes ausgestaltet ist oder welche Prozesse bei der Aktivierung von Krankheitsrepräsentationen ausschlaggebend sind.