5.1 Erfassung von Stress und Stressbewältigung Flashcards
Nenne die Einteilung der Instrumente zur Erfassung von Stress
Instrumente zur Erfassung von Stress können in ereignisspezifische, kognitive und generische In- strumente eingeteilt werden.
Erkläre kurz was Ereignisspezifische Instrumente sind
Im Sinne der situationsbezogenen Stresskonzeption erfassen ereignisspezifische Instrumente das Auftreten bestimmter Ereignisse (siehe Kap. 1.2). Häufig werden dazu vorgefertigte Listen genutzt, bei denen das Auftreten der aufgeführten Ereignisse in einem bestimmten Zeitraum angegeben werden soll (z. B. in den letzten vier Wochen oder in den ver- gangenen 24 Stunden).
Erkläre kurz was kognitive Instrumente sind
Kognitive Instrumente haben ein transaktionales Verständnis von Stress (siehe Kap. 1.3) und fragen demzufolge explizit nach der Bewertung von bestimmten Situationen.
Erkläre kurz was generische Instrumente sind
Bei der generischen Erfassung wird wiederum ein Gesamtscore der akuten und/oder chronischen Stressbelastung berechnet (O’Connor & Ferguson, 2016). Dabei sind die Kategorien ereignisspezifisch, kognitiv und generisch nicht exklusiv, sondern Instrumente können sowohl ereignisspezifische als auch kognitive und generische Anteile haben.
Nenne zwei Beispiele für ein ereignisspezifisches Messinstrument von Stress
Die bereits in Kapitel 1.2.1 vorgestellte Social Readjustment Rating Scale (SRRS; Holmes & Rahe, 1967).
Auch die Erfassung von Alltagsbelastungen (siehe Kap. 1.2.2) zählt zur ereignisspezifischen Erfassung. Zu diesem Zweck kann der Alltagsbelastungsfragebogen (ABF; Traue et al., 2000), eine deutsche Übersetzung des Daily Stress Inventory (DSI; Brantley et al., 1987), eingesetzt werden.
Erkläre was die Social Readjustment Rating Scale ist
Die bereits in Kapitel 1.2.1 vorgestellte Social Readjustment Rating Scale (SRRS; Holmes & Rahe, 1967) ist eines der ersten ereignisspezifischen Messinstrumente von Stress. Sie erfasst das Auftreten kritischer Lebensereignisse und konzipiert die Stressbelastung als die Summe der dazu- gehörigen Life Change Units.
(Nach diesem Ansatz wurden im Laufe der Zeit weitere Instrumente entwickelt, bei denen das Auftreten von Ereignissen innerhalb eines bestimmten Zeitraums ange- geben werden soll. Dazu gehören zum Beispiel der Stressful Life Events Screening Questionnaire (SLESQ; Goodman et al., 1998) und der Traumatic Life Event Questionnaire (TRQ; Kubany et al., 2000), welche vor allem in der Traumaforschung und -diagnostik angewendet werden.)
Kritik an ereignisspezifischer Erfassung
Die Erfassung von Lebensereignissen mithilfe von vorgefertigten Listen wird heutzutage vermehrt kritisch betrachtet.
- Die Auswahl und Gewichtung der einbezogenen Ereignisse sind theoretisch und methodisch zumindest fraglich (siehe auch Kap. 1.2.1).
- Außerdem hat sich gezeigt, dass sich mit den Ereignissen verbundene Erfahrungen und Konsequenzen zwischen und innerhalb von Personen stark unterscheiden können (Kohlmann et al., 2021). Während eine Person berufliche Veränderung möglicherweise selbst gewählt hat und als positiv und begrüßenswert empfindet, könnte eine derartige Veränderung bei einer anderen Person unfreiwillig erfolgt sein. Diese Person würde dieselbe Änderung möglicherweise weniger positiv und stattdessen als stark belastend bewerten.
Was ist der Alltagsbelastungsfragebogen (ABF)
Die Erfassung von Alltagsbelastungen (siehe Kap. 1.2.2) zählt zur ereignisspezifischen Erfas- sung. Zu diesem Zweck kann der Alltagsbelastungsfragebogen (ABF; Traue et al., 2000), eine deutsche Übersetzung des Daily Stress Inventory (DSI; Brantley et al., 1987), eingesetzt werden.
Der ABF enthält 58 Items mit potenziell belastenden Alltagsereignissen und zwei Leerkategorien für belastende Ereignisse, die aufgetreten sind, aber in der Liste nicht enthalten sind. Der ABF bezieht sich in seiner Normalform auf die letzten 24 Stunden. Die Ereignisse werden auf einer Skala von 1 (das Ereignis hat mich nicht belastet) bis 7 (das Ereignis war unerträglich) bewertet. Nicht eingetretene Ereignisse können als nicht eingetreten gekennzeichnet werden und werden mit 0 bewertet.
Welche Aspekte können beim Alltagsbelastungsfragebogen (ABF) ausgewertet werden.
Welches Modell ist hier miteinbezogen
Beim ABF können verschiedene Aspekte ausgewertet werden.
- Zum einen kann die Anzahl der aufgetretenen Ereignisse (Frequenz) bestimmt werden.
- Zum anderen können die Gesamtbelastung (Summe der Bewertungen) und
- die durchschnittliche Belastung (Summe/Frequenz) errechnet werden.
Dadurch wird Stress stimulusbezogen erfasst (Frequenz), aber auch die subjektive Kom- ponente einbezogen (Summe; Summe/Frequenz). Letzteres ist auf den Einfluss der transaktionalen Stresskonzeption zurückzuführen und bietet gegenüber rein ereignisbasierten Instrumenten den Vorteil, dass im Einklang mit dem aktuellen Stressverständnis das subjektive Stresserleben berück- sichtigt werden kann.
(Bild, Auszug aus dem ABF)
Vorteile und Nachteile Alltagsbelastungsfragebogens (ABF)
Vorteile:
- Der ABF enthält eine breite Spannweite von Ereignissen und mithilfe der zwei Leerkategorien kön- nen auch darüberhinausgehende Ereignisse erfasst werden, was besonders für die individuelle Diagnostik von Bedeutung ist.
- Die interne Konsistenz ist sehr hoch (Cronbach’s α > .94).
Nachteil:
- Für ein Instrument, welches die aktuelle Stressbelastung abbilden soll, ist allerdings die Test-Retest-Reliabilität relativ hoch (rtt > .60 für die Frequenz und rtt > .70 für die Summe; Kohlmann et al., 2021). Demnach kann intraindividuelle Variabilität möglicherweise nicht angemessen abgebildet werden.
Was ist grundsätzlich bei der Verwendung von ereignisspezifischen Instrumenten zu beachten
Bei der Verwendung von ereignisspezifischen Instrumenten ist grundsätzlich zu beachten, dass die Bewertung, wenn überhaupt, nur minimal Berücksichtigung findet. Bei der SRRS und vergleichbaren Instrumenten wird bereits das bloße Auftreten eines Ereignisses als ein Indikator für Stresserleben gesehen. Wenn die persönliche Bewertung der Ereignisse einbezogen wird, beschränkt sich diese in der Regel auf eine Dimension (z. B. im ABF belastend vs. nicht belastend). Folglich ist eine differenzierte Betrachtung des Stresserlebens kaum möglich (O’Connor & Ferguson, 2016).
Was wurde entwickelt um den Problematiken ereignisspezifischer Instrumente zu begegnen
Um einigen der Problematiken ereignisspezifischer Instrumente zu begegnen, entwickelten Brown und Harris (1989) den Life Events and Difficulties Schedule (LEDS) als ein Interviewverfahren zur Erfassung von Lebensereignissen.
Was sind die (Nachteile und) Vorteile des Interviewverfahrens Life Events and Difficulties Schedule (LEDS)
Die Durchführung und Auswertung ist zwar aufwändiger als die Erhebung mithilfe von Listen, jedoch können Lebensereignisse so deutlich flexibler erfasst werden und auch die Bewertung der Ereignisse kann stärker berücksichtigt werden.
Erkläre wie das Life Events and Difficulties Schedule (LEDS) Interviewverfahren aufgebaut ist
Bei diesem standardisierten Interview werden 38 mögliche Ereignisse abgefragt und durch Nachfragen von trainierten Interviewenden präzisiert. Dazu sind im Manual Regeln und Beispiele festgehalten. Mit diesem Verfahren können auch seltene oder sehr individuelle Ereignisse berücksichtigt werden. Durch Erfragen der genaueren Umstände (z. B. Vorgeschichte, Veränderungen in der sozialen Rolle, erste Reaktionen) kann außerdem die Bedeutung der Ereignisse bewertet werden. Dazu liegen detaillierte Bewertungsregeln in Bezug auf verschiedene Bedeutungsqualitäten vor.
So wird zum Beispiel die Geburt eines Kindes als „langfristig stark bedrohlich“ bewertet, wenn die Umstände als entsprechend schwierig beschrieben wurden (z. B. schlechte Wohnverhältnisse, finanzielle Prob- leme, schlechte Gesundheit der Mutter; Faltermaier, 2023).
Kognitive Erfassung:
Was ist die assoziierte Theorie, was wird häufig explizit erfasst, und was steht im Vordergrund
Kognitive Instrumente wurden dazu entwickelt, Bewertungsprozesse im Sinne der transaktionalen Stresstheorie (Lazarus, 1966) abzubilden und erfassen häufig explizit die primäre und/oder sekun- däre Bewertung. Hier stehen also die Interpretation und Bewertung eines konkreten Ereignisses sowie dessen Kontrollierbarkeit im Vordergrund.