5.3 Relevante Aspekte bei der Erfassung von Stress und Stressbewältigung Flashcards

Alle hier vorgestellten Verfahren beanspruchen für sich, jeweils Stress und Stressbewältigung va- lide und umfassend zu erfassen. Dennoch sollten bei der Auswahl und Verwendung von Messin- strumenten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden.

1
Q

Wie sollte die Erfassung von Stress und Stressbewältigung grundsätzlich gestaltet sein

A

Die Erfassung von Stress und Stressbewältigung sollte grundsätzlich so gestaltet sein, dass die Art der Erhebung zum Erhebungszweck passt. Daher gilt es, die theoretischen Grundannahmen der einzelnen Instrumente zu kennen. Es ist also relevant zu wissen, welche Stresskonzeption dem jeweiligen Instrument zu Grunde liegt.

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2
Q

Was gilt, wenn eine Untersuchung auf Stressexposition abzielt

A

Wenn eine Untersuchung auf die Stressexposition abzielt (z. B. Wie viele/welche Stressereignisse sind in der Vergangenheit aufgetreten?), gilt es, nach dem Auftreten von potenziell stresshaften Ereignissen zu fragen. Stress sollte demnach ereignisspezifisch erfasst werden.

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3
Q

Wann sind ereignisspezifische Instrumente in der Forschung sinnvoll

A

In der Forschung sind ereignisspezifische Instrumente immer dann sinnvoll, wenn es darum geht, zu ergründen, ob und in welchem Bereich eine Stressexposition vorliegt oder ob es diesbezüglich systematische Un- terschiede zwischen Personengruppen gibt (z. B. Gibt es systematische Geschlechterunterschiede in den Arten und der Anzahl von potenziell belastenden Situationen? Siehe auch Kap. 7.2.1). Da es bei der Diagnostik von Traumata relevant ist, zu wissen, ob in der Vergangenheit traumatisie- rende Ereignisse aufgetreten sind, finden in diesem Kontext unter anderem ereignisspezifische Instrumente Anwendung.

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4
Q

Was ist zu beachten bei ereignisspezifischen Instrumenten und wie könnte man damit umgehen

A

Insgesamt sind rein ereignisspezifische Instrumente jedoch für die Di- agnostik nicht zu empfehlen, da fraglich ist, ob die Messung des bloßen Auftretens von Ereignis- sen ein ausreichender Indikator für tatsächliches Stresserleben ist. Lediglich Instrumente, welche die Bewertung einbeziehen, wie der ABF oder der LEDS, können zu diesem Zweck eingesetzt werden.

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5
Q

Wann sind kognitive Instrumente sinnvoll

A

Liegt das Augenmerk auf Bewertungsprozessen in umrissenen Situationen (z. B. Wie wurde ein bestimmtes Ereignis bewertet? Sagt die Ausprägung eines Persönlichkeitsmerkmals positivere/ne- gativere Bewertungen eines konkreten Ereignisses vorher?), sollte das Stresserleben mithilfe von kognitiven Instrumenten erfasst werden.

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6
Q

Was muss beachtet werden bei kognitiven Instrumenten und wie könnte die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht werden

A

Es muss bedacht werden, dass die Ergebnisse nur für die erfragte Situation gelten und nicht auf andere Situationen generalisierbar sind. Um die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen, könnten zum Beispiel Bewertungen in verschiedenen Situationsklassen (z. B. Umgang mit einer Krankheit, Umgang mit sozialen Konfliktsituationen) untersucht und verglichen werden.

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7
Q

Wann sind generische Instrumente passend und in welchem Rahmen werden sie eingesetzt

A

Wenn es darum geht, die Stressbelastung auf einer übergeordneten Ebene zu untersuchen (z. B. Wie hoch ist die momentane Stressbelastung insgesamt? Wirkt sich soziale Unterstützung positiv auf die Stressbelastung aus?), sind generische Instrumente passend (O’Connor & Ferguson, 2016). Generische Instrumente werden im Rahmen von Forschung, individueller Diagnostik und für die Evaluation von Interventionen eingesetzt.

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8
Q

Wann sind physiologische Stressmarker nützlich

A

Physiologische Prozesse in Verbindung mit Stress (z. B. Gibt es geschlechtsspezifische physiologi- sche Stressreaktionen? Durch welche physiologischen Prozesse kann Stress Krankheiten mitbedin- gen?) können über die entsprechenden physiologischen Stressmarker gemessen werden. Hier werden objektiv messbare Stressreaktionen erfasst.

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9
Q

Was sollte kontrolliert werden beim erfassen physiologischer Stressmarker

A

Es sollte kontrolliert werden, ob die entsprechende Reaktion auch tatsächlich auf ein Stressereignis zurückzuführen ist oder ob es sich um natürliche Schwankungen handelt. Zum Beispiel führt neben akut stresshaften Ereignissen auch physische Aktivität zu einem erhöhten Herzschlag. Darum ist eine genaue Kenntnis der ent- sprechenden Mechanismen und Prozesse erforderlich, um physiologische Prozesse sinnvoll inter- pretieren zu können.

Insgesamt ist es sowohl in der Forschung als auch in der Diagnostik oftmals sinnvoll, verschiedene Erhebungsarten zu kombinieren, um unterschiedliche Stadien im Stresspro- zess abbilden zu können. So können Unterschiede im Stressgeschehen sowohl in der Stressexpo- sition als auch in der Bewertung und in physiologischen Prozessen begründet sein.

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10
Q

Inwiefern sind Erfassungszeiträume relevant bei der Erfassung von Stress
Verdeutliche das am ABF und am SRRS

A

Neben den theoretischen Grundannahmen beziehen sich Instrumente zur Erfassung von Stress auf unterschiedliche Zeiträume. Beim ABF sind das etwa die letzten 24 Stunden und beim TICS die letzten drei Monate. Die SRRS kann hingegen sogar auf die Lebenszeitprävalenz von Stressoren abzielen. Bei der Entscheidung für ein Instrument sollte also berücksichtigt werden, ob aktueller, akuter, chronischer oder retrospektiver Stress von Interesse ist.

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11
Q

Was bedeuten lange Erfassungszeiträume für die entsprechenden Instrumente

A

Lange Erfassungszeiträume bedeu- ten, dass die entsprechenden Instrumente nur bedingt änderungssensitiv sind. Wenn es also ein Untersuchungsziel ist, die Entwicklung im Stresserleben über die Zeit abzubilden, wie es etwa im Kontext von Evaluationsstudien der Fall ist, sind Instrumente mit langen Erfassungszeiträumen weniger geeignet.

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12
Q

Was muss analog zusätzlich zu dem “puren Zeitraum” abgewogen werden bei der Entscheidungfür ein Verfahren zur Erhebung von Stressbewältigung

A

Analog muss bei der Entscheidung für ein Verfahren zur Erhebung von Stressbewältigung abge- wogen werden, ob situative, habituelle oder dispositionale Bewältigung relevant ist.

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13
Q

Situative, habituelle, oder dispositionale Bewältigung.
Mit was davon beschäftigt sich der WCQ, COPE, und SVF

A
  • Der WCQ erfasst ausschließlich situative Bewältigung, also Gedanken und Verhalten einer Person im Um- gang mit einer konkreten Stresssituation. Theoretisch könnte man mit dem WCQ auch dispositi- onale Bewältigung erfassen. Dazu müsste man ihn von einer Person mehrfach bezüglich verschie- dener Stresssituationen bearbeiten lassen und anschließend die Konsistenz der Bewältigungsstrategien über die verschiedenen Situationen hinweg beurteilen. Dieses Verfahren wird allerdings so gut wie nie angewendet, da es relativ umständlich ist und es hierfür geeignetere Instrumente gibt.
  • Mit dem COPE und dem SVF können mit den entsprechenden Versionen dispo- sitionale Bewältigung und Bewältigung in einem begrenzten Zeitraum erhoben werden. Es stellt sich also die Frage, welche Art der Bewältigung für den konkreten Kontext „die Richtige“ ist und somit erfasst werden sollte.
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14
Q

Nach welcher Art der Bewältigung sollte man sein Instrument auswählen nach der Transaktionalen Stresstheorie (Lazarus & Folkman, 1984)

A

Folgt man den Annahmen der transaktionalen Stresstheorie (Lazarus & Folkman, 1984), ist Stressbewältigung situationsabhängig und sollte dementsprechend auch situativ erfasst werden. Wenn es darum geht, zu ergründen, ob die Art der Situation einen Einfluss auf die Adaptivität von Bewältigungsstrategien hat, muss auch Stress entsprechend situativ erfasst werden (siehe auch Kap. 2).

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15
Q

Was ist der Nachteil einer situativen Erfassung von Bewältigungsstrategien (welche nach der Transaktionalen Stresstheorie genutzt werden würde).
Was wäre deshalb sinnvoller?

A

Fraglich, inwieweit das Wissen um den Einsatz von Bewältigungsstrategien in einer einzelnen Situation im Kontext von individueller Diag- nostik hilfreich ist, da es keine Aussagen über problematische Bewältigungstendenzen und mög- liche Ansatzpunkte für Präventionsmaßnahmen und Interventionen zulässt. Zu diesem Zweck wäre es wahrscheinlich zielführender, über die Zeit und in verschiedenen Situationen präferierte Bewältigungsstrategien zu erfassen, um (zu) häufig eingesetzte maladaptive Strategien aufzude- cken. Insgesamt muss also abgewogen werden, welche Art von Stress und Bewältigung erfasst werden soll und geeignete Erhebungsinstrumente ausgewählt werden.

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16
Q

Stresserfassung & Augenscheinvalidität

A

Die meisten Instrumente zur Erfassung von Stress haben eine sehr hohe Augenscheinvalidität.

17
Q

Welche Aspekte können mitunter die Validität in Instrumenten zu Erfassung von Stress beeinträchtigen.

A

Mitunter konfundierende Faktoren (z. B. Persönlichkeitsmerkmale, Geschlecht), welche insbesondere bei der kogniti- ven und generischen Erfassung berücksichtigt werden sollten. Bei der ereignisspezifischen Erfas- sung sollten hingegen die Gewichtung und Auswahl der Ereignisse neu evaluiert oder zumindest kritisch hinterfragt werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss darüber hinaus bedacht werden, dass das alleinige Auftreten eines bestimmten Ereignisses noch keine Aussagen über das individuelle Stresserleben zulässt. Und die oftmals uneindeutige Faktorenstruktur!

18
Q

Generell, wie sieht es aus mit der (Un)Eindeutigkeit der Faktorenstruktur von den Instrumenten zur Erfassung von Stressbewältigung und Stress

A

Wie bereits dargestellt, ist bei den drei Fragebögen zur Erfassung von Stressbewältigung (und auch bei anderen Instrumenten zur Erfassung von Stressbewältigung) die faktorenanalytische Un- termauerung der Subskalen beziehungsweise die Zuordnung der einzelnen Strategien zu den Sub- skalen nicht eindeutig. Ähnliches gilt für einige kognitive und generische Messinstrumente von Stress, welche Bewertungsprozesse sehr differenziert erfassen sollen. Wechselnde Zuordnungen der Items zu den Faktoren basierend auf deren Ladungsmustern und unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Anzahl von Faktoren sind keine Seltenheit.

19
Q

Welche Fragen stellen sich im Hinblick auf die Uneindeutigkeit der Faktorenstuktur von den Instrumenten zur Erfassung von Stressbewältigung und Stress

A
  • Es stellt sich daher die Frage, wie distinkt die einzelnen Bewertungsprozesse und Bewältigungsstrategien tatsächlich sind. In Anbe- tracht teilweise hoher Skaleninterkorrelationen, könnte man den Schluss ziehen, dass die Auftei- lung in bis zu 20 Bewältigungsstrategien eher künstlich erzeugt wurde.
  • Zusätzlich stellt sich die Frage, ob es überhaupt nützlich und erforderlich ist, Bewertungsprozesse oder Bewältigung derart differenziert zu erheben. Möglicherweise sind übergeordnete Kategorien, wie in Tabelle 2.1 dar- gestellt, bereits ausreichend. Zum Beispiel könnte es der Leitung eines Stressbewältigungspro- grammes genügen zu wissen, dass Teilnehmende (zu) häufig problemorientierte Vermeidungs- strategien verwenden, um diesen anschließend verschiedene problemorientierte Annäherungsstrategien beizubringen.

(Tabelle 2.1)

20
Q

Den Annahmen der klassischen Testtheorie zufolge können Konstrukte mit einer höheren Genau- igkeit gemessen werden je …

A

… mehr Items verwendet werden.

21
Q

Den Annahmen der klassischen Testtheorie zufolge können Konstrukte mit einer höheren Genau- igkeit gemessen werden je mehr Items verwendet werden.
Woraus wird dies ersichtlich

A

Dies wird ersichtlich, wenn man bei- spielsweise die Reliabilitäten des SVF und des COPE miteinander vergleicht. Der SVF, bei dem die einzelnen Bewältigungsstrategien mit jeweils sechs Items erfasst werden, erreicht im Schnitt hö- here Reliabilitäten als der COPE oder der brief COPE mit vier beziehungsweise zwei Items pro Strategie. Will man viele Bewältigungsstrategien möglichst reliabel messen, bekommt man also schnell einen sehr langen Fragebogen (z. B. 120 Items im Falle des SVF-120). Gleiches gilt für viele Instrumente zur Erfassung von Stress. Um möglichst viele potenzielle Ereignisse abzufragen, sind insbesondere ereignisspezifische Instrumente in der Regel relativ lang (z. B. der ABF mit 58 Items). Aber auch generische Instrumente, welche verschiedene übergeordnete Bereiche des Stresserle- bens abdecken und dabei hohe Reliabilitäten erreichen, können schnell eine gewisse Länge errei- chen (z. B. die TICS mit 57 Items).

22
Q

Da Stress und Stressbewältigung sowohl in der individuellen Diagnostik als auch im Forschungskontext meistens zusammen mit anderen Variablen wie Befind- lichkeit und Persönlichkeit erhoben wird, und die Instrumente sehr viele Items haben, kann der Aufwand für die Testperson somit erheblich sein.
Wie kann man diesen Aufwand verringern?

A

Im Prinzip hat man zwei Möglichkeiten, um diesen zu verringern: Entweder man erfasst we- niger Stressoren beziehungsweise Stressbereiche und Bewältigungsstrategien oder man verwen- det (auf Kosten der Messgenauigkeit) weniger Items pro Stressbereich oder Bewältigungsstrate- gie.

23
Q

Was ist die generelle Regel, in welchem Kontext wie viel Aufwand zumutbar ist für welchen Nutzen

A

Insgesamt muss demnach abgewogen werden, wie viel Aufwand im jeweiligen Kontext zumutbar ist und wieviel Nutzen eine hochgradig genaue Messung (viele Items -> mehr Genauigkeit -> mehr Reliabilität) bringt.

Im Allgemeinen gilt die Regel, dass bei individueller Diagnostik höhere Ansprüche an die Messgenauigkeit gestellt werden als im Forschungskontext, da aus der Erfassung im Forschungskontext keine Entscheidungen getroffen werden, die einzelne Individuen betreffen. Im Forschungskontext gilt zudem, dass längere Instru- mente eher bei ein- oder zweimaliger Messung eingesetzt werden, während sie für den Einsatz in Tagebuchstudien eindeutig zu lang sind.

24
Q

Kurz Zusammenfassend: welche Überlegungen sollten getroffen werden bei der Auswahl von Instrumenten für die Erfassung von Stress & Stressbewältigung

A

Insgesamt ist festzuhalten, dass sowohl bei der Erfassung von Stress als auch bei der Erfassung von Stressbewältigung verschiedene Instrumente in Frage kommen. Bei der Entscheidung für ein Instrument sollten verschiedene Überlegungen getroffen werden und die Auswahl eines Instru- ments sollte gut begründet werden. Dazu gehören theoretische und testtheoretische Annahmen, aber auch Überlegungen zum Kontext und zur Länge des Fragebogens sowie dem damit verbun- denen Aufwand für die ausfüllende Person.