! 6. Sitzung (5.12. Materialgestütztes Schreiben) Flashcards
Was ist materialgestütztes Schreiben
- SuS verfassen auf Grundlage von Materialien (Grafiken, Tabellen, Bildern, et.) und Texten unterschiedlicher Art einen längeren eigenen informierenden oder argumentierenden Text zu einem Sachthema
Aufgaben der SuS dabei:
- Adressaten und Schreibziel bestimmen
- Inhaltlichen Fokus schaffen und Gliederung für Bearbeitung d. Themas entwickeln
- Relevante Informationen aus heterogenem Material auswählen
- Informationen in eigenem Text schreibend verarbeiten, sprachlich aufeinander beziehen und in Darstellung integriere
Wie funktioniert Schreiben zum Erkenntnisgewinn? (Fix 2008)
- Basisannahme: Schreiben bewirkt Lernen
Schreiben kann Erfahrungen vermitteln, die für das Denken und Wissen gewinnbringend sind bewirkt Lernen - Schreiben nicht als Lerngegenstand (Lernen des Schreibens) sondern als Lernmedium (Lernen durch Schreiben)
- Verfassen eines Textes: Lesbarmachung der Gedanken greift in Denkstrukturen ein: Zusammenhänge zerlegen, rearrangieren, erweitern, modifizieren
- Schreibaufgaben aktivieren Vorwissen
- Studie: Kombination des Lesens eines Sachtextes mit der Aufgabe, selbst einen Sachtext schreiben zu müssen: erfolgreiche Verarbeitung des Gelesenen.
Phasen Schreiben zum Erkenntnisgewinnung
- Vorbereitungsphase
- Entwurfsphase
- Überarbeitungsphase
Zentrale Schreibfunktionen
Zentrale Schreibfunktionen (Ossner (1995) und Ludwig (1980) nach Fix (2008))
- Psychische Funktion
Für sich selbst schreiben
- Soziale Funktionen
Schreiben für andere
Schreiben an andere
- Kognitive Funktionen
Schreiben, um Erkenntnisse zu gewinnen
Schreiben zur Gedächtnisentlastung
Exemplarische Schreibprozesse und Funktionen
- Ideen entfalten:
Generieren von Ideen durch Aktivierung von vorhandenen Strukturen im Gehirn
Ziel: vorhandenes Wissen und semantische Vernetzung soll durch Aufschreiben sichtbar werden
z.B. Cluster oder automatisches Schreiben -
Ideen strukturieren, Assoziationen ordnen
Grafische Darstellung der Beziehungen verschiedener Begriffe und Textelemente
Ziel: ungeordnete Begriffssammlung prüfen, strukturieren, hierarchisieren
Z.B. Mind-Map, Flussdiagramm oder Exposé -
Wissen konservieren/extrerne Speicher anlegen
Niederschrift für die Entlastung des Gedächtnisses, “Gedächtnisstütze“
Ziel: mehrfaches Lesen, Einprägen, Reformulieren des geschriebenen Wissens, Reduzieren und Komprimieren
z.B. Mitschrift, Exzerpt oder Spickzettel -
Wissen für andere aufbereiten
Reformulierung für andere Leser:innen
Ziel: Recherchieren, Infos auswerten, Reduktion, Hervorhebung des Wichtigen und Nachvollziehbarkeit
Z.B. Lexikoneinträge, Inhaltsangaben, Thesenpapiere, Referate oder Seminararbeiten
Probleme und Herausforderungen der Textsorte „Materialgestütztes Schreiben“
- Hohe Komplexität und Hybridität durch Verknüpfung der Textrezeption und Textproduktion
- Kopplung von lebensweltbezogenen Zieltextsorten mit inhaltlichen Auseinandersetzungen ist dysfunktional und kontraproduktiv
- Rezeption durch sehr heterogenes Textkorpus extrem herausfordernd —> Produktion wenig lernwirksam
- Unbestimmtheit der Textsorte in Bezug auf:
Ziel, Relation von Produktion und Rezeption,
Bezugnahme auf Material - Textverarbeitungsprozesse werden unterschätzt: Vollständiges Verstehen notwendig
Menge des zu verarbeitenden Materials ist hochgradig überfordernd
Entscheidungsräume maximal weit - Inhaltliches Lernen wird nachrangig betrachtet
Betrachtung hauptsächlich als Lerngegenstand
Fachinhaltliche Einbindung fehlt oder wirkt künstlich
Chancen materialgestütztes schreiben
- ist das produktive Komplement sich wandelnder Textstrukturen und einer sich wandelnden Lesepraxis (Feilke 2017).
- Textformationen nehmen Züge des Hypertexts auf, der erst im Kopf der Leserinnen und Leser zur Einheit und Geschlossenheit findet – oder auch nicht“ (Rosebrock 2017: 71).
- aber Studie Fazit:
Die SchülerInnen nutzen die Bearbeitungszeit unabhängig vom Materialumfang nicht vollständig aus!
Situierung und Kompetenzaspekte Materialgestütztes Schreiben
- MS sollte in für SuS sinnvolle Handlungskontexte eingebettet werden
- SuS sollen Funktion des Schreibens erkennen können, Material im Sinne des Kommunikationsziels auswerten, strukturieren und inhaltlich, textlich und sprachlich zu eigenem Text synthetisieren
- Geforderte Fähigkeiten sind zentral für schulische, außerschulische und berufliche Handlungsfelder
Prozessbezogene und sprachliche Kompetenzen materialgestütztes Schreiben
- Prozessbezogene Kompetenzen: Fähigkeit, gesamten Schreibprozess zu strukturieren, Plan für Text entwickeln
- Sprachliche Kompetenzen: Bild/Grafik/Tabelle erläutern, Auffassungen von anderen Personen wiedergeben, Einschätzungen von Materialien sprachlich zum Ausdruck bringen, Textquellen vergleichend aufeinander beziehen, Texte bewerten, etc.
➔ Produktive intertextuelle Fähigkeiten nicht ausreichend ausgebildet in Schule
Besondere Anforderungssituation
- Schreiben zu verschiedenen Materialien und Texten, sind aufeinander zu beziehen
- Selektive Nutzung der Bezugstexte und -materialien à Vollständige Analyse idR nicht erforderlich
Versorgung materialgestütztes Schreiben
Kommunikationsbezogen und adressatenorientiert
Neue Aufgabenformate
- Fordert spezifische Textkompetenz, die über bloße Wiedergabe deklarativen Wissens zu einem Thema hinausgeht à von fremden Text zu eigenem
- Förderung von neuen Kompetenzen notwendig: Entwicklung von Themen und Fragestellungen, Recherche, Lesen, Verstehen und Umformen (nicht-)linearer Texte in einen kontinuierlichen Text, Vertrautheit mit Textprozeduren zum Vergleichen, Zusammenfassen, Zitieren etc.
Anforderungen an alle Schulstufen
- Anforderungsprofil soll in allen Schulstufen berücksichtigt werden
- Reading-to-write-Ansatz à gelesene Texte sollen Ausgangspunkt des eigenen Schreibens werden
- MS fördert Schreib-Lese-Kompetenz
Didaktische Herausforderungen von MS
Neue Lesekompetenzen
- Prinzip der auswählenden Lektüre verändert Umgang mit Texten und Ansprüche daran
- MS fordert ein Lesen auf das Schreiben hin, veränderte Lesefähigkeiten
- Kein vollständiges repräsentieren aller Materialien nötig à selektives Vorgehen
Kriterien zur Beurteilung
- Auswahl der Komponenten aus Materialien für Text
- Komponenten sinnvoll aufeinander bezogen
- Materialien verlässlich dargestellt (sachgerechte Zitation)
- Verkürzungen, Verzerrungen, aus Zusammenhang gerissene Formulierungen nicht zulässig
Textprozeduren
- SuS benötigen für MS Sprachhandlungen und Formulierungen, die sie noch nicht kennen
- Textprozeduren mit vers. Funktionen erlernen (Gliedern, Zitieren/Referieren, Vergleichen, Bewerten, Argumentieren, Zusammenfassen) und reflektieren
Offene Aufgaben
- Differenzierung gut möglich
- Materialgestützte Präsentation statt Text auch möglich
- Integration in Kompetenzbereiche des Deutschunterrichts
Auswahl der Materialien
- Herausfordernd und aufwändig für LK à Bedarf an Beispielaufgaben
- Zu wenig Vorgaben für die Themen- und Textauswahl und Bewertung für Prüfungsformate
Schreiben bewirkt Lernen
- Schreiben als heuristische Funktion für das Lernen in allen Fächern
- Verbindung von Schreiben und Lernen: Schreiben kann Erfahrungen vermitteln, die für Denken und Wissen gewinnbringend sind à bewirken Lernen
- Schreiben nicht als Lerngegenstand (Lernen des Schreibens) sondern als Lernmedium (Lernen durch Schreiben)
Schreiben und Denken
- Während des Verfassens eines Textes entstehen weitere Einsichten, weil man versucht Gedanken lesbar darzulegen à Produktion von Schriftsprache greift tiefer in Denkstrukturen ein
- Schreiben kann für abstraktes Denken konstituierend sein à Strategie des Problemlösens
- SuS denken sich schreibend in die Literatur hinein, eignen sich Literatur durch schreibende Verarbeitung an
Schreiben und Wissen
- Schreibdenken kann zu Transformation und Erweiterung des vorhandenen Wissens führen, SuS rufen ständig Wissen über Kommunikationsnormen, Inhalte und Sprache ab
- Schreibprozess wirkt über das Denken auf das vorhandenen Wissen zurück
- Aus Schreiben, das Wissen wiedergibt wird ein Wissen schaffendes Schreiben à Schreiben als Methode des Lernen-Lernens
- SuS lernen sachliche Vertiefung zu Unterrichtsgegenstand durch Wechsel von Rezeption, Produktion und Kommunikation
Lernen durch Schreiben im Deutschunterricht und anderen Fächern
- Lesekompetenz ist grundlegende Qualifikation und Teil der Lernkultur in allen Fächern
- Überarbeiten gehört zum Schreibprozess dazu:
1. Vorbereitungsphase ßà 2. Entwurfsphase ßà 3. Überarbeitungsphase - In jeder Phase findet Lernen durch Schreiben statt
Zentrale Schreibfunktionen für das Lernen
Ossner (1995):
- Eine psychische (für sich schreiben)
- Zwei soziale (für und an andere schreiben)
- Zwei kognitive (konservierend und heurisitsch-epistemisch)
- Besonders relevant: zwei kognitive Schreibfunktionen
1. Konservierendes Schreiben (Wissen wird aufbereitet, um es später wieder zu verwenden)
2. Heuristisch-epistemisches Schreiben (Durch das Schreiben werden Probleme gelöst oder neue Erkenntnisse gewonnen)
Didaktische Arrangements
- Unterrichtskontexte für Lernen durch Schreiben: Thematische Einheiten, die das Schreiben in Verbindung mit der Erarbeitung eines anderen Unterrichtsgegenstands situieren
- Verschiedene didaktische Arrangements/Textarten je nach Funktion (Mind-Map, Spickzettel, Zusammenfassung, Protokoll, Erörterung, Interpretation)
Probleme und Herausforderungen von MS
Köster/Pabst 2017
- Hohe Komplexität und Hybridität durch Verknüpfung der Textrezeption und
Textproduktion
- Kopplung von lebensweltbezogenen Zieltextsorten mit inhaltlichen
Auseinandersetzungen ist dysfunktional und kontraproduktiv
- Rezeption durch sehr heterogenes Textkorpus extrem herausfordernd —> Produktion
wenig lernwirksam
- Unbestimmtheit der Textsorte in Bezug auf:
– Ziel
– Relation von Produktion und Rezeption
– Bezugnahme auf Material
Zabka 2017
- Textverarbeitungsprozesse werden unterschätzt: Vollständiges Verstehen notwendig
– Menge des zu verarbeitenden Materials ist hochgradig überfordernd
– Entscheidungsräume maximal weit
- Inhaltliches Lernen wird nachrangig betrachtet
– Betrachtung hauptsächlich als Lerngegenstand
– Fachinhaltliche Einbindung fehlt oder wirkt künstlich