6. Psychodynamische Verfahren 1 Flashcards
Historischer Hintergrund Sigmund Freud
- Gründer der Psychoanalyse
- Ursprünglich als Physiologe und Neurologe ausgebildet
- Auseinandersetzung mit Hypnose (Charcot, Bernheim), karthartische Methode
(Breuer) und Philosophien des Unbewussten (Schopenhauer, Harmann, Nietsche, Lipps)à1890er Jahren: Entwicklung der ursprünglichen psychoanalytischen Methode und Theorie - Freuds Vergleich Psychoanalyse und Archäologie: Bei beiden gehe es darum, die Vergangenheit auszugraben
- In früher Psychoanalyse Ziel realer Fakten einer vergessenen Lebensgeschichte aufzudecken (historische Wahrheit); moderner Therapieprozess wird als eine
Konstruktion von Geschichte durch das gemeinsame Erzählen / Neuerzählen von Geschichte verstanden (narrative Wahrheit)
- Tiefe:
Leitmetapher aller psychoanalytisch begründeten Therapieverfahren mit zwei Bedeutungshorizonten:
- Tiefe als das Tiefgründige, Wahrhaftige, Innerste, Substanzielle (im Gegensatz zum „bloß“ Oberflächlichen, Äußerlichen, Akzidentiellen)
- Tiefe als das Niedere, Dunkle, Abgründige, Körperliche (im Gegensatz zur „Höhe“ des Reinen, Lichten, Geistigen)
- Das Unbewusste:
Grundannahme, dass das menschliche Seelenleben im Wesentlichen unbewusst ist; Freud konzipierte die psychische Realität in einer Parallelführung zur materiellen Wirklichkeit
- Träume:
Freud verstand Träume als Zugang zur Welt des UnbewusstenàTräume als durch den Schlaf begünstigten regressiven Prozess; latente Traumbedeutung wird in Bilder verwandelt, die wir als manifesten Trauminhalt erinnern können (Traumarbeit)
- Trieb:
Grenzbegriff zwischen Seelischem und SomatischemàBiologische Basis des Psychischen, d.h. unsere Begierden, Ängste etc. sind letztendlich in basalen Körperbedürfnissen verwurzelt
- Objekt:
Das worauf wir intentional bezogen sindàsowohl Gegenstände als auch Personen (real und imaginiert)
- Selbst:
Person in ihrer Totalität und Subjektivität (= das Ganze der Psyche)
- Topografisches Modell
- Unbewusst * Vorbewusst * Bewusst
- Instanzenmodell
- Es: Trieb-Pol der Persönlichkeit, das Hauptreservoir der psychischen Energie
- Über-Ich: Jene inneren Objekte, denen zuliebe wir moralisch handeln; „Richter
und Zensor“, der für Gewissen, Idealbildung und Selbstbeobachtung
verantwortlich ist - Ich: der Abwehr-Pol der Persönlichkeit, muss zwischen den Triebwünschen
des Es, den Geboten, Verboten und Idealen des Über-Ich und den
Anforderungen der äußeren Realität vermitteln
Psycho-Dynamik Grundannahmen
- Psychische, psychosomatische oder psychosoziale Symptome aus psychodynamischer Sicht: Oberflächenerscheinungen oder Momentaufnahmen
- Daher beschränken sich psychodynamischen Methoden nicht darauf, manifeste Symptome und Phänomene festzustellen und verändern zu wollen
- Es wird in Diagnostik und Behandlung immer mitbedacht, was diesen Phänomenen, Symptomen oder Beeinträchtigungen zu Grunde liegen könnte
Psychodynamische Verfahren Denkweise
- Das psychodynamische Konzept besagt, dass im nicht wahrnehmbaren (unbewussten) Untergrund einer Person unterschiedliche Kräfte am Werk sind, die Spannungen erzeugen
- Diese Spannungen sind für die Person dysfunktional
- Sie kosten Kraft bis zur Erschöpfung (weil etwas mühsam unter Kontrolle
gehalten werden muss) - Sie sind bedrohlich (weil die berechtigte Sorge besteht, dass etwas
zerbrechen, explodieren oder implodieren könnte) - Sie führen zu Gegenregulationen und Notlösungen, die so dysfunktional sind,
dass sie als psychische oder körperliche Symptome imponieren
Psychoanalytisches Paradigma Rolle für psychodynamische Verfahren
- Psychodynamische Psychotherapie umfasst:
- Psychoanalytische Psychotherapie
- Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
- Der Begriff (und Inhalt) „Psychodynamische Psychotherapie“ ist durch die Arbeit des Wissenschaftlichen Beirats geprägt
Ø Sozialrechtlich weiterhin zwei getrennte Verfahren (Analytische Psychotherapie oder Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) - Das psychoanalytische Paradigma als (theoretisches) Verbindungselement, das die
Begründung für ein gemeinsames Verfahren rechtfertigt
Psychodynamische Krankheitslehre (Gemeinsame) Grundprinzipien
- Verhalten wird bestimmt durch
- untergründige psychische Kräfte
- denen sich die Person nicht bewusst ist
Ø Relevantes Konzept: (dynamisches) Unbewusstes - Entwicklung in frühester Kindheit mit andauernder BeeinflussungàBedeutung der Lebensgeschichte für die Krankheitsentstehung und -aufrechterhaltung
Ø Relevantes Konzept: (biografisch determinierter) intrapsychischer Konflikt - Deterministische SichtweiseàKein Symptom oder Verhalten eines Menschen ist zufällig
Vier klassische Psychologien / Theorien Überblick
Trieb-Psychologie (ab 1890 bis 1930/40er Jahre)
In der Trieb-Psychologie Freuds wird das ganze seelische Erleben und Verhalten unbewusst von Trieben verursacht und gesteuert. Zu viel Anspannung und Triebverzicht wird als symptomauslösend angesehen à geprägt z. B. durch Sigmund Freud
Ich-Psychologie (ab 1930/40er Jahre)
Die Ich-Psychologie beschäftigt sich mit der Frage der Anpassung des Menschen an soziale Anforderungen, insbesondere mit der Entwicklung des Ich, Funktionen des Ich und der Abwehràgeprägt z. B. durch Anna Freud
Objektbeziehungstheorie (ab 1930er bzw. 1950/60er Jahre)
Die Objektbeziehungstheorien untersuchen die Frage, wie sich frühe Beziehungen zu wichtigen Bezugspersonen (Objekten) in Erinnerungsspuren innerseelisch niederschlagen (Repräsentanzen) und wie diese später den Umgang mit anderen beeinflussenàgeprägt z. B. durch Melanie Klein
Selbstpsychologie (ab 1970er Jahre)
In der Selbstpsychologie wird das Selbst und sein Erleben als entscheidender Inhalt/Kern der Persönlichkeit angesehen. Es wird weniger in Konflikten gedacht, sondern mehr die Entwicklung des Selbst betrachtetàgeprägt z. B. durch Heinz Kohut
Trieb-Psychologie Grundlagen
- Psychoanalyse (der 1. Generation): Sigmund Freud, Karl Abraham, Sándor Ferenczi, Otto Fenichel, Carl Gustav Jung…
- Psychoanalyse als persönlichkeitstheoretische Vorstellungen:
- Topographischer Aspekt (unbewusste, vorbewusste, bewusste Prozesse) - Dynamischer Aspekt (Libidotheorie)
- Struktureller Aspekt (Es, Ich, Über-Ich und Abwehrmechanismen)
- Genetischer Aspekt (Phasenlehre)
- Energetisch-ökonomischer Aspekt (Konflikttheorie)
- Psychosozialer Aspekt (soziokulturelle Bedingtheit psychischer Störungen)
- Grundlage: Erforschung des Unbewussten und Triebhaften im Menschen
- Denkweise: Das triebtheoretische Modell denkt aus der Sichtweise des im Subjektiv
lauernden Unbewussten (Es) - Seelisches Erleben und Verhalten wird unbewusst von Trieben angetriebenà
Menschenbild: Lustsucher*innen - Grundprinzip: Lust erleben und Unlust vermeidenàführt zu Konflikt
Ø Zuviel Anpassung und Triebverzicht wird als symptomauslösend angesehen; neurotische Störungen werden als Ausdruck innerseelischer, unverarbeiteter, unbewusster Konflikte verstandenàKonfliktpsychologie