2. Allgemeine Psychotherapie, Begriffsklärung und Indikation Flashcards

1
Q

Wirkung von Psychotherapie

A
  • Es gibt mittlerweile eine große Vielfalt von therapeutischen Verfahren, Methoden und Techniken
  • Psychotherapie: hohe Effektivität und wirksamer als ein natürlicher Heilungsprozess, schützendes Umfeld oder Placebo (Pfammatter, Junghan & Tschacher, 2012)
  • Gesamtwirkung von Psychotherapie (inkl. Spontanheilung und Placeboeffekt) über alle Therapieformen: Effektstärke d = 1.2
    ➢ Offene Fragen: Wie können unterschiedliche Psychotherapieansätze in ihrer Wirksamkeit verglichen werden? Wie wirkt Psychotherapie?
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2
Q

Vergleich von Psychotherapieverfahren

A
  • Es gibt eher kleinere Unterschiede in der Wirkung zwischen unterschiedlichen
    Psychotherapieverfahren; Effektstärke bei d = 0.15 (Hautzinger & Eckert, 2007)
  • Störungsspezifische Unterschiede: bei Depressionen ähnliche Wirkung über Verfahren hinweg, bei Angst- und Zwangsstörungen kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden (KVT) effektiver (Pfammatter, Junghan & Tschacher, 2012)
  • Verfechter*innen zweier Standpunkte: Alle psychotherapeutischen Verfahren sind gleich gut vs. KVT ist besser
  • Zu berücksichtigen: nicht alle psychotherapeutischen Verfahren werden gleich viel getestet (KVT am meisten, manche anderen Verfahren kaum)
  • Zwar erreichen die Therapien das gleiche Ergebnis, aber durch unterschiedliche Wege
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3
Q

Wie wirkt Psychotherapie?

Allgemeine Psychotherapie

A

Positive therapeutische Wirkungen können auf unterschiedliche Weise herbeigeführt werden. Verschiedene Wege können zu einem ungefähr gleichen Ergebnis führen. Therapeuten sollten sich demnach nicht auf eine bestimmte Methode fixieren, sondern im individuellen Fall entscheiden, welche Möglichkeiten es gibt, dem Patienten wirksam zu helfen.

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4
Q

Wie wirkt Psychotherapie?

Allgemeine Wirkfaktoren

A

Die Wirkung verschiedener Therapiemethoden beruht auf einer Reihe allgemeiner Wirkfaktoren. Sie unterscheiden sich in Aspekten, die für die eigentliche Wirkung der Therapie nicht entscheidend sind. Die Wirkung einer Psychotherapie hängt davon ab, wie gut es gelingt, die allgemeinen Wirkfaktoren zu realisieren.

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5
Q

Spezifische Wirkfaktoren

A
  • Vom psychotherapeutischen Ansatz abhängig, z. B.
  • Exposition in der VT
  • Übertragung in der AP
  • Vom Störungsbild abhängig, z. B.
  • Planung angenehmer Aktivitäten bei Depressionen
  • Esstagebuch bei Essstörungen
  • Theoriegeleitet (vom Störungsmodell mit Krankheitsursachen des jeweiligen Ansatzes abgeleitet)
  • Empirisch fundierte und störungsspezifische Psychotherapieansätze und Therapieleitlinien mit standardisierter Umsetzung
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6
Q

Sechs allgemeine Wirkfaktoren (nach Frank, 1961, 1971)

A
  • Sollten in jeder Form von Psychotherapie (mehr oder weniger stark) zum Tragen kommen
  • Sind nicht beliebig variierbar, also nicht Bestandteil der therapeutischen Technik

Intensive, emotional besetzte vertrauensvolle Beziehung zwischen Hilfesuchenden und Helfer

Erklärungsprinzip (Glaubenssystem, Mythos) bezüglich der Ursachen der Erkrankung und eine damit zusammenhängende Methode für ihre

Beseitigung bzw. Behebung
Problemanalyse, die dem Patienten Möglichkeiten der Bewältigung eröffnet

Vermittlung von Hoffnung mit dem Ziel, die Demoralisation des Patienten abzubauen

Vermittlung von Erfolgserlebnissen, die sowohl der Hoffnung weitere Nahrung geben als auch dem Patienten zunehmend Sicherheit und Kompetenz vermitteln

Förderung emotionalen Erlebens als Voraussetzung für eine Einstellungs- und Verhaltensänderung

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7
Q

Allgemeine Wirkfaktoren
Drei „Change Agents“ (nach Karasu, 1986)

A

Effektives Erleben (Gefühle hervorrufen und auf Widerstände, Abwehrmechanismen und Konflikte verweisen

Kognitive Bewältigung (z. B. Klärung von Motiven/Bedeutungen, Korrektur von dysfunktionalen Einstellungen, Integration neuer Perspektiven)

Verhaltensregulation (z. B. Erlernen neuer Verhaltenskompetenzen und verbesserte Verhaltenskontrolle)

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8
Q

Allgemeine Wirkfaktoren
Fünf Faktoren (nach Weinberger, 1995)

A

Vertrauensvolle Therapiebeziehung

Positive Therapieerwartung

Konfrontation mit den Problemen
Vermittlung von

Bewältigungserfahrungen oder kognitiver Kontrolle über problmeatische Aspekte des Erlebens/Verhaltens

Attribuierung des Therapieerfolgs auf sich selbst (also die Verbesserung auf das eigene Tun beziehen)

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9
Q

Modell einer allgemeinen Psychotherapie

A
  • Modell einer allgemeinen Psychotherapie nach Grawe (1995, 1999, 2005) und Grawe et al. (1994)
  • Stellt kein vollständiger Entwurf einer Allgemeinen Psychotherapie, aber wichtige Bestandteile für eine allgemeine psychotherapeutische Veränderungstheorie dar
  • Vier Wirkfaktoren einer allgemeinen Psychotherapie: - Ressourcenaktivierung
  • Problemaktualisierung
  • Aktive Hilfe zur Problembewältigung
  • Motivationale Klärung
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10
Q

Würfelmodell einer allgemeinen PT

A

Erweiterung um Dimensionen „interpersonal vs. intrapersonal“

Jede Seite des Würfels entspricht einer Perspektive, unter der therapeutisches Handeln bzw. therapeutische Prozesse betrachtet werden können

Kritik: Bedeutsamer Wirkfaktor “Therapeutin- Patientin-Beziehung nicht berücksichtigt; utopischer Anspruch an Psychotherapie

Fazit: Allgemeine Psychotherapie als Leitbild, das Grenzen überschreiten will, um bestmögliche Behandlungsergebnisse zu erzielen

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11
Q

Klärung von Begriffen aus dem PsychThG
Psychotherapeutisches Verfahren:

A

Umfassende theoretische Grundlage (Entstehung, Aufrechterhaltung, Behandlung) mit abgeleiteten psychotherapeutischen Behandlungsstrategie(n) für ein breites Spektrum von Anwendungsbereichen sowie Konzepte zur Indikationsstellung, Behandlungsplanung und Beziehungsgestaltung

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12
Q

Psychotherapeutische Methode:

A

Theorie der Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung; Indikationskriterien einschließlich deren diagnostischer Erfassung; Beschreibung der Vorgehensweise und angestrebten Behandlungseffekte

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13
Q

Psychotherapeutische Technik:

A

Konkrete Vorgehensweise, mit deren Hilfe die angestrebten Ziele im Rahmen der Anwendung von psychotherapeutischen Methoden und Verfahren erreicht werden sollen

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14
Q

Was bedeutet Indikation allgemein?

A
  • Indikation
  • stammt vom lateinischen Wort indicare, das “anzeigen” bedeutet
  • Heilanzeige über die zwingenden Notwendigkeit der Anwendung eines bestimmten Heilverfahrens bei einem gegebenen Krankheitsfall
  • Medizinische Indikationsbegriffe:
  • Indicatio causalis: Heilanzeige aufgrund der Leidensursache
  • Indicatio morbi: Heilanzeige aufgrund der Krankheit selbst
  • Indicatio symptomatica: Heilanzeige aufgrund der Symptome
  • Indicatio vitalis: Heilanzeige aufgrund einer Lebensgefahr
  • Kontraindikation: Gegenanzeige, wenn es einen zwingenden Grund gibt, ein Verfahren nicht anzuwenden
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15
Q

Entscheidungsablauf bei psychotherapeutischen Indikation typischerweise anhand von
4 Stufen:

A
  • Entscheidung durch Laien (z. B. Betroffene*r selbst, Freunde, Bekannte)
  • Entscheidungen durch Professionelle außerhalb des Gesundheitssystems (z. B.
    Pfarrerin, Sozialarbeiterin, Lehrkräfte, Jurist*innen)
  • Entscheidungen durch Angehörige des Gesundheitssystems ohne spezielle psychotherapeutische Qualifikation wie etwa Allgemeinärzte/-ärztinnen oder somatische Fachärzte/-ärztinnen
  • Entscheidung durch Psychotherapeut*innen vor und während der Therapie
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16
Q

Indikation in der Psychotherapie beinhaltet nacheinander Antworten auf folgende
Fragen:

A
  • Ist im konkreten Fall überhaupt eine Psychotherapie angezeigt?
  • Wenn ja, welche psychotherapeutische Maßnahmen sind angebracht?
  • Wie können die Maßnahmen an den Einzelfall bzw. den Verlauf der Behandlung angepasst werden?
17
Q

Selektive Indikation:

A

geeignete Therapieverfahren werden für bestimmte Patientinnen oder umgekehrte geeignete Patientinnen für bestimmte Therapiemethoden ausgewählt

18
Q

Adaptive Indikation oder auch prozessuale Indikation:

A

Anpassung des therapeutischen Vorgehens an den jeweiligen Einzelfall; erfolgt häufig erst im Verlauf des therapeutischen Prozesses

19
Q

Differenzielle Indikation:

A

Entscheidung zwischen verschiedenen Therapieverfahren (Welche Therapie ist für die einzelne Person geeignet?)
Pragmatischer Lösungsansatz: In der Praxis muss für die Indikationsstellung auch auf weitere Wissensbereiche zurückgegriffen werden (z. B. Individuelle praktische Erfahrungen, Experten- und Kolleg*innenmeinungen, Alltagswissen etc.)
Zu beachten: Indikationsstellung folgt oft dem YAVIS-Stereotyp (“young, attractive, verbal, intelligent, successful”)

20
Q

What to take home?
* Effektive Wirkung von Psychotherapie jedoch nur kleinere Unterschiede zwischen unterschiedlichen …
* Es gibt spezifische und allgemeine …, die therapeutische Wirkung erzielen; … als wichtiger Vertreter der deutschen PT Forschung
* Im PsychThG wird zwischen wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren, psychotherapeutischen Methoden und psychotherapeutischen Techniken unterschieden Unterschiede insbs. in der Breite des Spektrums von Anwendungsbereichen und sozialrechtlicher Anerkennung
* Indikation als „Heilanzeige über die zwingende Notwendigkeit der Anwendung eines bestimmten Verfahrens“ hat unterschiedlichen Fokus (medizinische Indikationsbegriffe) und kommt zu unterschiedlichen Entscheidungen (z. B. selektive Indikation vs. adaptive Indikation)

A

What to take home?
* Effektive Wirkung von Psychotherapie jedoch nur kleinere Unterschiede zwischen unterschiedlichen Psychotherapieverfahren
* Es gibt spezifische und allgemeine Wirkfaktoren, die therapeutische Wirkung erzielen; Klaus Grawe als wichtiger Vertreter der deutschen PT Forschung
* Im PsychThG wird zwischen wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren, psychotherapeutischen Methoden und psychotherapeutischen Techniken unterschieden Unterschiede insbs. in der Breite des Spektrums von Anwendungsbereichen und sozialrechtlicher Anerkennung
* Indikation als „Heilanzeige über die zwingende Notwendigkeit der Anwendung eines bestimmten Verfahrens“ hat unterschiedlichen Fokus (medizinische Indikationsbegriffe) und kommt zu unterschiedlichen Entscheidungen (z. B. selektive Indikation vs. adaptive Indikation)

21
Q
A