2 Ätiologie & Epidemiologie Flashcards
Rechtliche Rahmenbedingungen
Schweigepflicht und Datenschutz
§ Schweigepflicht für Psychologen ist in der Berufsordnung und im Strafgesetzbuch (StGB), unter § 203 über die Verletzung von Privatgeheimnissen geregelt
§ Bruch der Schweigepflicht kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr geahndet werden (bei Vorsatz bis zu 2 Jahren)
§ Schweigepflicht muss nach §139StGB gebrochen werden, um eine zukünKige, schwere Straftat zu verhindern (Mord, erpresserischer Menschenraub, Völkermord oder terroristische Angriffe)
§ Bruch der Schweigepflicht kann im Rahmen des„gerechtfertigten Notstands“ (§34 StGB) das letzte Mittel sein, um eine drohende Gefahr von sich und anderen abzuwenden
Wie werden psychische Störungen erfasst?
§ Klinische Interviews (z.B. SCID)
§ Klinische Tests (Projektive Tests, Persönlichkeitsfragebögen, spezifische Selbstbeurteilungsfragebögen, Psychophysiologische Tests, Neurologische und neuropsychologische Tests, Intelligenztests)
§ Klinische Beobachtungsverfahren (natürliche und strukturierte Beobachtungen, Selbstbeobachtung)
§ In der Praxis i.d.R.: Fachurteil des Klinikers
SCID
Für die Evaluation von psychischen Hauptdiagnosen und psychischen komorbiden Störungen empfiehlt sich das SCID (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-5)
Was soll wie diagnostiziert werden?
§ Zweck der Diagnos(k: KlassifikaJon und Aufdeckung auslösender und aufrechterhaltender Faktoren einer ErkrankungàBasis für profunde Therapieplanung
§ Mul(methodale Diagnos(k: möglichst umfassende Diagnosestellung, die sich verschiedener Datenquellen bedient
§ Zweck der Diagnos(k:
Klassifikation und Aufdeckung auslösender und aufrechterhaltender Faktoren einer ErkrankungàBasis für profunde Therapieplanung
§ Mul(methodale Diagnos(k:
möglichst umfassende Diagnosestellung, die sich verschiedener Datenquellen bedient
Hauptursachen unreliabler und unvalider Diagnosen
- Schilderung der Beschwerden durch PaJenten
- Klassifikationssystem (ICD, DSM)
- Erfassung durch DiagnosJker
– Bestätigungsdiagnostik
– Komorbidität
Diagnostk ist relevant um:
§ deskripNve diagnosNsche Kategorien zu schaffen
§ klinische Phänomene in ihrer Komplexität zu reduzieren
§ eine Verbesserung der Kommunika(on zwischen Klinikern und in der Forschung herzustellen
§ eine Grundlage für die klinisch-psychiatrische Ausbildung zu schaffen
§ eine Grundlage für die Indikationsstellung und Einleitung von Behandlungsmaßnahmen herzustellen sowie deren Überprüfung am Therapieerfolg zu gewährleisten
§ kurz- wie langfrisNge Prognosen zu ermöglichen.
§ eine Basis für die Kostenabrechnung zu bilden
§ PaNentengruppen in Therapie- und Verlaufsstudien charakterisieren zu können
§ eine Grundlage für die empirischer Untersuchungen von ÄNologie und Verläufen von Störungen zu bilden und um die Entwicklung, DokumentaNon und Überprüfung therapeuNscher IntervenNonen zu ermöglichen
Diagnosen sind
Konstrukte!
Menschen HABEN nicht eine psychische Störung, sondern…
bei einem Menschen sind die Kriterien einer psychischen Störung erfüllt!
SPRACHE schafft Wirklichkeit
Im Rahmen der Diagnostik sollen folgende Faktoren erfasst werden:
Prädisponierende Faktoren
Auslösende Faktoren
Aufrechterhaltende Faktoren
Prädisponierende Faktoren
Faktoren, die eine erhöhte Vulnerabilität für eine psychische Erkrankung bedingen.
Genetische Disposition, Schwangerschaas- und GeburtskomplikaJonen, Frühentwicklungsstörungen, TraumaJsche Ereignisse, Alkohol- oder Drogenkonsum
Auslösende Faktoren
Faktoren, die bei einer erhöhten Vulnerabilität die psychische Erkrankung auslösen.
Bei hoher Vulnerabilität häufig normale Lebensereignisse, sonst
z.B. akute Lebensbelastung, Tod eines Angehörigen, Mobbing durch Kollegen etc.
Aufrechterhaltende Faktoren
Faktoren, die nach Auslösung der Erkrankung zu deren Aufrechterhaltung beitragen. Fortgesetzter Alkohol- oder Drogenkonsum, medikamentöse Non-Adhärenz, Gesamtbehandlungsabbruch
Allgemeines Modell der Entstehung psychischer Störungen und Salutogenese
Protektive und salutogenetische Faktoren (modellieren)
Anfälligkeit (Vulnerabilität, Prädisposition)
Auslösende Bedingungen
Aufrechterhaltende Bedingungen
Ä5ologie psychischer Störungen
Begriffe:
§ Ätiologie, Pathogenese, Salutogenese
Ä5ologie psychischer Störungen
Kausalkonzepte
Unikausalität: causa efficiens, eine notwendige und hinreichende Ursache (inzwischen aufgegeben)
§ MulJkausalität
§ Entstehung psychischer Störungen als Veränderungs- und Entwicklungsprozess
§ abhängig von prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen
Modelle zur Ätiologie psychischer Störungen
§ Lerntheorien und kognitive Ansätze § Somatische Ansätze § Soziale Faktoren § Genetische Ansätze § Vulnerabilitäts-Stress-Modelle
Lerntheorien
• Theorien auf Basis der experimentellen Psychologie: Meist exakt formuliert, manchmal erkauft durch Einengung
• Tierexperimente häufig (daher Verhalten mehr betont als Erleben)
Klassische Konditionierung: Reize werden aversiv durch Kopplung mit negativem Ereignis (Trauma)
Operante Konditionierung: Vermeidungsverhalten wird durch Angstreduktion (negative Verstärkung) aufrechterhalten
Lerntheorien
Experiment von Miller (1948):
§ Ratten wurden in einem weißen Käfigabteil wiederholt Stromstöße gegeben
§ Ratten flüchteten darauein in ein anderes, schwarzes Käfigabteil
§ Fluchtverhalten zeigte sich auch dann noch, wenn das weiße Abteil nicht mehr unter Strom gesetzt wurde
§ RaVen haVen offenbar Furcht vor dem weißen Abteil (klassische Konditionierung)
§ Fluchtverhalten hingegen wurde negative verstärkt (operante KondiNonierung)
Lerntheorien
Zwei- Prozess- Theorie der Angst (Mowrer, 1960)
- Initiale klassische Konditionierung
CS (konditionierter Stimulus-Bus fahren)
US (umkonditionierter Stimulus-Panikattacke-Schreckreiz)
UR (unkend. Angstreaktion)
CR (kond. Reaktion: Bus= Angstreaktion) - Operanden Kondintionierung
Die UR & CR sind unangenehm & damit negative Konsequenzen (C-) des CS & US- Vermeidung des CS wird durch Ausbleiben der CR (= Ausgeblieben C- ) belohnt!
Antizipation des CS
R (Vermeidung)
C+ (Ausbleiben der CR-)
Je variabler & unregelmäßiger dies erfolgt umso stabiler wird das Vermeiden konditioniert!
Lerntheorien
Varianz psychischer Störungen v.a. durch Lernvorgänge erklärbar
§ Lernmechanismen:
– klassische KondiNonierung
– operante KondiNonierung
– Modellernen
– Lernen von (sozialen) Regeln (InstrukNonslernen)
§ PosiNve Punkte:
– generelle Überprügarkeit
– Annahme eines KonNnuums von normal zu abnorm
– Entwicklung effekNver Therapieverfahren
§ NegaNve Punkte:
– Intrapsychische Konflikte, Rolle von GesellschaK/ Kultur vernachlässigt
Kognitive Ansätze
§ WichJge Konzepte:
– Wahrnehmung,Aufmerksamkeit,Gedächtnis,Bewertung,
A`ribuJon
§ Bekannte Beispiele:
– kogniJveTheorienderDepression(Beck,Seligman)
– WechselwirkungvonTheorienundtherapeuJschenAnsätzen – ZunehmendeVerschmelzunglerntheoreJscherundkogniJver
Ansätze
Denkfehler als
Ursache psychischer Störungen Wunschdenken - Es muss so kommen, weil ich es so wünsche Personalisieren - Das hat alles mit mir zu tun Selektive Abstraktion - Bestimmte Erfahrungen werden bevorzugt verallgemeinert Dichotomes Denken - Es gibt nur gut oder schlecht, schwarz
Somatische Ansätze
durch bildgebende Ve
Somatische Ansätze: Forschungsmethoden
§ Tierversuche:
- Läsionen
- Reizung von Hirnarealen
- Beeinflussung biochemischer Prozesse
§ Post-mortem Untersuchungen
§ Biochemische Veränderungen bei psychiatrischen PaJenten
§ Biochemische Veränderungen durch kontrollierte Beeinflussung des Erlebens (Stress, EmoJonen)
§ Biochemische Veränderungen durch Pharmaka
Neurobiologische Korrelate psychischer Störungen
§ Psychische Störungen gehen mit Veränderungen einher:
– hormonell(z.B.HPA-SystembeiDepression),
– neurobiologisch(z.B.Neurotransmi`erhaushalt),
– neurofunkJonal(z.B.Gedächtnis,Aufmerksamkeit)
– neuroanatomisch(z.B.VolumenminderungeninGehirnregionen)
Soziale Faktoren: Schicht
§ Forschungsprobleme
– Humanstudien korrelaJv, analog, retrospektiv
– Experimentelle Studien nur am Tier
§ Klassisches Beispiel: New Haven Studie
– 1891 Personen
– Aufsuchen psychiatrischer InsJtuJonen: 31.5. - 1.12.1950
– 1% PaJenten aus oberster Schicht (Bevölkerung: 3%)
– 38% aus unterster Schicht(Bevölkerungsanteil: 18%)
§ Schichteffekt
– am stärksten bei Schizophrenien,
– weniger bei Persönlichkeitsstörungen,
– gar nicht bei affekJven Störungen
§ Art der Behandlung hängt von Personenmerkmalen ab (somaJsche vs. Psychotherapie, Psychopharmaka)
§ Kausalzusammenhang unklar: soziale Verursachung vs. soziale SelekJon (Stress-and- Strain Hypothese, Social-Dria-Hypothese)
Macht Geld glücklich? Einkommen und Angststörungen
u förtiger Verlauf
deutlich höheres unteres Einkommen höhere WSK für Angststörungen
beide mehr sorgen