13. Auswertung Qualitativer Texte Flashcards
Wissenschaftstheoretische Grundannahmen der qualitativen Inhaltsanalyse
Grundannahmen beeinflussen die Art und Weise der Benutzung von qualitativen Inhaltsanalysen
Teilweise unterscheiden sich diese Grundannahmen auch grundsätzlich.
Dies gilt z.B. für die Frage, inwieweit Wissen über den Kontext von dem untersuchten Material einbezogen werden soll oder nicht.
Auswertung qualitativer Texte:
Konstruktion der Wirklichkeit
Viele Ansätze gehen grundlegend davon aus, dass der Mensch nicht die Wirklichkeit betrachtet, sondern eine Konstruktion davon.
Diese Konstruktion muss durch den Forscher verstanden werden, um Handlungen und Meinungen verstehen zu können.
Abgrenzung der Auswertung qualitativer Texte: Hermeneutik
Definition Hermeneutik: „Kunst, jemandem die Bedeutung oder Sinn von etwas auszulegen.“
Herausarbeitung von objektiven Bedeutungsstrukturen (Verstehen sprachlicher Äußerungen anderer).
- Sehr detailgenau
- Kompetenz kann nicht gelernt werden, Verständnis als „Kunstlehre“
- Kontext wird nicht berücksichtigt („Dekonstruktion“ verlangt)
- Innere Zusammenhänge eines Analysegegenstandes werden erfasst.
- Offene Theoriebildung
- Annahme, dass so Objektivität der Analyse herstellbar ist.
Diskursanalyse
Welt existiert nur durch Konstruktion sozialer Interaktion
Folge: Es existiert keine objektive Wahrheit
- Diskurse dieser Konstruktion sollen erkannt werden.
- Ziel: Kritik an bestehenden Herrschaftsverhältnissen.
- Starker Kontextbezug (Frage: In welchem Rahmen wird soziale Wirklichkeit konstruiert / wozu?)
Grounded Theory (hier bezogen auf Inhaltsanalyse)
= „In der Empirie verankerte Theorie“
Theorie soll aus der empirischen Forschung generiert werden.
- Aus der konkreten Analyse erfolgt zuerst eine Erklärung des Gegenstandes.
- Aus dieser kann dann eine allgemeine Theorie entwickelt werden.
Vorgehensweise:
- Wichtige Textstellen werden kodiert.
- In sog. Memos werden Reflexionen festgehalten.
- Diese werden fortlaufend analysiert, um Erklärungen zu finden.
qualitative Inhaltsanalyse
Kein feststehender Begriff!
-> Abgrenzung gegenüber quantitativer Inhaltsanalyse wie auch anderen qualitativen Verfahren notwendig.
Anlehnend an Schreier kann qualitative Inhaltsanalyse „als ein Verfahren zur Beschreibung ausgewählter Textbedeutungen verstanden“ werden.
Wir beschäftigen uns hier mit qualitativer Textanalyse, die Ideen können aber auf andere Materialarten (Inhalte) übertragen werden.
Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse
Die qualitative Inhaltsanalyse kann unterschiedliche Ziele verfolgen (vgl. Schreier 2014):
- Inhaltlich-strukturierende Analyse (werden wir gleich detailliert betrachten).
- Evaluierend. Ziel dabei ist es, Einstellungen in den untersuchten Inhalten festzuhalten.
- Formale qualitative Inhaltsanalyse. Beschreibung des Textes anhand syntaktischer Elemente.
- Typenbildung. Einteilung der Fälle in prägnante Gruppen.
- Explikative qualitative Inhaltsanalyse. Genauere Bedeutung einzelner Textstellen soll erläutert werden.
- Summative qualitative Inhaltsanalyse. Auftrittshäufigkeiten von Aussagen stehen im Fokus.
Bedeutung des Kategorienschemas
Unterschiede bestehen darin, ob das Kategorienschema vorher deduktiv festgelegt wird und dann ohne Änderungs- bzw. Ergänzungsmöglichkeit angewendet wird.
Häufig werden Kategorienschema im Laufe des Forschungsprozess iterativ anhand der untersuchten Texte entwickelt (induktives Vorgehen).
Bei qualitativer Inhaltsanalyse handelt es sich um:
- ein interpretatives Vorgehen
- ein systematisches Vorgehen
- eine Methodik, bei welcher latente Bedeutungen wichtig sind. Wissen über Kontext fließt ein.
Reliabilität & Validität sind als Qualitätskriterium dabei von Bedeutung.
Textanalyse
Ziel: die Information im Text zu verdichten, um diese gemäß der untersuchten Fragestellung interpretieren zu können.
- Deskription
- Überprüfung von theoretischen Annahmen
- (Weiter-) Entwicklung von Theorien
Eine Textanalyse i.d.S. basiert immer auf einer konkreten Fragestellung und arbeitet nach klaren Regeln.
Quantitative Textanalyse
Quantitative Textanalysen versuchen Auskunft über die Arten, Häufigkeiten und relativen Platzierungen von Textkategorien in untersuchten Texten zu untersuchen.
Abgewandelt z.B. Comparative Manifestos Project. Kodierung von Parteiprogrammen im Längs- und Querschnitt.
- Kodieren von Aussagen nach festgelegtem Muster
- Problem: Bedeutungszusammenhang nicht unbedingt klar („Wir wollen die Wehrpflicht abschaffen“).
Beispiel: Arbeit von Phillip Mayring
Durch eine mehrstufige Vorgehensweise sollen Dokumente auf wichtige Inhalte und Zusammenhänge hin überprüft werden:
- Zusammenfassung, d.h. Identifikation relevanter Textstellen
- Iterative Kategorienbildung (Analysekategorien werden im Laufe der Analyse angelegt)
- Ggf. werden Probekodierungen durchgeführt.
- Kategorienschema wird auf gesamtes Material angewendet.
- Strukturierung (Zusammenfassung wichtiger Textstellen sowie den Kodierungen und dazugehöriger Dokumentation zu diesen)
Wichtige Elemente der qualitativen Dokumentenanalyse nach Mayring
Kontextbezug
Erstellung von Regeln
Hohe Güte der Analyse nur bei ausführlicher Dokumentation möglich
Ergänzung durch/zu anderen Methoden
Gültigkeit von Textanalysen
Die Gültigkeit der gefundenen Aussagen ist an eine korrekte Vorgehensweise gebunden:
- Wie werden wichtige Elemente identifiziert
- Wie werden Elemente kodiert
Es müssen feste Regeln erstellt werden, welche die Kodierung einzelner Elemente festlegen.
Wichtig: DOKUMENTATION
Resultate müssen anhand öffentlich zugänglicher Regeln/Beschreibungen reproduzierbar sein (teilweise auch mit Software möglich).
Textanalyse: Verfahren
Bei der Analyse von Texten haben unterschiedliche Einstellungen zum Forschungsziel unterschiedliche Auswertungsansätze zur Folge (hier nur Vorstellung einer Auswahl).
Unterschiede beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte:
- Inwieweit werden Texte als einzelne, inwieweit unabhängige Gegenstände der Analyse betrachtet?
- Inwieweit spielen theoretische Grundannahmen eine Rolle?
- Wie stark strukturiert ist die Analyse?
Kodierung
Da Aussagen interpretiert werden, ist eine sehr genaue Dokumentation notwendig.
- Den einzelnen Aussagen werden Codes zugewiesen.
- Durch die PC-gestützte Verarbeitung von Codes sind Vergleiche zwischen Fällen möglich.
- Auch Längsschnittanalysen sind möglich.
-> Iterative, im Prozess erfolgende Erweiterung des Kategorienschemas erlaubt eine flexible Erweiterung. Dies macht gerade in explorativ angelegten Studien Sinn.
-> Aber: Kodierung dient auch dem einfachen Zugang zur Auswertung der Texte. Wenn zu viele individuelle Kategorien erstellt werden, erschwert dies den Vergleich und somit Analyse der Inhalte. Daher muss genau bedacht werden, welches Maß an Abstraktion bezüglich des Kategorienschemas notwendig ist.
Dokumentation der Kodierung
Die Dokumentation erfolgt anhand einer Definition der Kodierregeln sowie Angabe von sogenannten Ankerbeispielen.
-> Tabelle
Bedeutung der Kodierung
Letztendlich: Systematische Kodierung der Texte nur Vorarbeit. Eigentliche inhaltliche Einordnung und somit Beantwortung der Fragestellung erfolgt erst danach!
Daher: Kategorienschema und Kodierung kein Selbstzweck!
Auswertung qualitativer Interviews
Unterschied Quellenanalyse: Qualitative Interviews sind i.d.R. im Forschungskontext entstanden.
- Interviews müssen vor Textanalyse niedergeschrieben werden, dabei sind auch Interventionen des Interviewers festzuhalten. (Folge: Wortwörtliche Niederschrift, Interview muss aufgezeichnet werden.)
- Teilweise existieren hoch anspruchsvolle Transkriptionsverfahren über das gesprochene Wort hinaus (Pausen, Betonungen, Charakterisierung sprachlicher Zustände: Lachen, Unsicherheit, Lautstärke).
- Abwägung: Was macht Sinn?
Reliabilität bei Textanalysen
- Anspruch an Wissenschaft: Inhalte sollten stets vollständig (sprich nicht selektiv) analysiert werden.
- Mehrere Forscher müssen bei der Analyse des Interviews / des zu analysierenden Textes zu gleichen Ergebnissen kommen. Daher werden Kodierungen teilweise von mehreren Personen vorgenommen, um Unklarheiten bei der Einordnung von Inhalten offen zu legen.
- Mehrere Interviews zum gleichen Gegenstand müssen ähnliche Ergebnisse liefern.