10 Prävention und Intervention: Straftäterbehandlung und Rehabilitation Flashcards
Was ist das Ziel von Strafvollzug?
- Resozialisierung (Erwerb sozialer Verantwortung)
2. Schutz der Allgemeinheit
Nenne verschiedene Behandlungsangebote im Strafvollzug.
- Beratung: Schuldner- / Ausländerberatung
- Schulische Förderung: Schulabschluss, Berufsschule
- Berufliche Förderung: Lehre / Ausbildung, Anlerntätigkeit
- Freizeitgestaltung: Sport, AGs
- Ethisch-Religiöse Förderung: Seelsorge, Pastoren
- Therapeutische Intervention: PT, soziale Trainings
Was sind häufige Probleme im Strafvollzug?
- limitierende Faktoren: schlechter Personalschlüssel, Ausstattung
- mangelnde Problemeinsicht, Veränderungs-/Kooperationsmotivation
- psychische Störungen bei Inhaftierten (Substanz, PS)
- Gefängnissubkulturen mit Compliance verbietenden Verhaltenskodizes
- Aufbau Vertrauensverhältnis zum Therapeuten schwierig (Schweigepflicht, hostile attribution)
- Transfer des Gelernten auf Kontexte nach Haftentlassung
- Haftzeit oft zu kurz für intensive Behandlung
Wirksamkeit von Inhaftierung auf Rückfallrisiko, Probleme?
- wenig fundierte Studien zu kriminalitätssenkenden Inhaftierungen
Wirksamkeit von Inhaftierung auf Rückfallrisiko,Probleme?
leichter Trend: Freiheitsentzug erhöht Rückfallrisiko leicht, ABER:
- wenig fundierte Studien, denn:
- Ethik / Recht verbieten experimentelle Zuteilung von Strafen
- stattdessen: quasi-experimentelle Zuteilung via matching - Konfundierung von Haftstrafe und schwerer Kriminalität
Die rückfallmindernden Maßnahmen innerhalb der Haft (PT etc) wirken allerdings ambulantnoch besser.
Kognitiv-Verhaltenstherapeutische Programme (KVT): Form und theoretische Basis
- Form: strukturierte, manualisierte Programme, als Gruppentrainings
- Theorie:
- Theorien des sozialen Lernens
- der SIP
- des moralischen Denkens
- Handlungstheorien
Kognitiv-Verhaltenstherapeutische Programme (KVT): Zielkonstrukte
- Selbstkontrolle
- Wutregulation
- soziale Fertigkeiten, Konfliktlösekompetenzen
- Perspektivübernahme
- prosoziale Einstellungen
Kognitiv-Verhaltenstherapeutische Programme (KVT): Wirksamkeit
+ am gründlichsten evaluierte Maßnahmeform: wirksam!
+ Rückfallreduktionsrate 10-30%
+ KVT breit indiziert: positive Effekte bei Gewaltkriminalität, Substanz-Komorbiditäten, Sexualstraftätern
Evaluation: Gefahren nicht wirksamer Programme
- VERGEUDUNG von Ressourcen
- VERDRÄNGUNG wirksamer Programme
- GEFAHR für Gesellschaft: Fehlurteile über vermeintlich abgeschlossene Rehabilitation
- DEMOTIVATION der Teilnehmer (Täter)
Prozessevaluation: Was meint Integrität?
Wird die Maßnahme wie vorgesehen umgesetzt? (Wo sind Hürden, wo Optimierungspotential?)
WHAT WORKS
zwischen empirischer Wirksamkeit einzelner Behandlungsformen bestehen große Unterschiede: Was ist zu beachten, um einen guten Effekt zu erzielen?
Warum sind die Effekte der Straftäterbehandlung generell geringer als in der Psychotherapie ( .2 vs. .6) ?
- sehr heterogene Interventionen
- schwer Delinquente haben oft schwer behandelbare multiple Probleme (PS, Substanz)
- Teilnahme oft extrinsisch motiviert (schlechtes Commitment)
- Rahmenbedingungen in Haft ungünstiger
- Rückfälligkeit = distales Kriterium (weniger änderungssensitiv als zB Wohlbefinden) und nur verzerrte HF-Rückfälligkeit
- Rückfallkriterium bezieht sich auf mehrjährige Bewährungszeiträume (längerfristige Effekte als bei PT untersucht)
Risk-Need-Responsivity-Modell nach Andrews und Bronta: Erfolgreiche Straftäterbehandlung iSv What Works sollte den folgenden 3 Prinzipien folgen:
- RISIKOPRINZIP
Anpassung von Intensität und Dauer an (Rückfall)Risikograd der Täter - BEDÜRFNISPRINZIP
Orientierung der Behandlungsinhalte an spezifischen kriminogenen Faktoren / Bedürfnissen der Straftäter - ANSPRECHBARKEITSPRINZIP
Anpassung der Interventionsform / Methoden an die Denk-/Lernweisen der Täter (KVT)
Wirksamkeit RNR
linearer Zusammenhang zw Anzahl erfüllter Prinzipien und rückfallreduzierender Wirksamkeit (0 bis 20/30%)
Weitere Merkmale erfolgreicher Interventionen neben RNR
- evidenzbasiertes theoretisches Veränderungsmodell
- sorgfältige Diagnostik der Straftäter (Klärung Risiko und dynamische RF)
- effektive Methoden mit Einüben von Fertigkeiten (KVT)
- angemessene Intensität / Dauer / Abfolge
- Förderung der Änderungsmotivation / commitment
- Kontinuität der Betreuung (Nachsorge)
- hohe Quali der Durchführung (Supervision / Schulung des Personals)
- Kontinuierliche Prozess- und Wirkungsevaluation
Kritik am What Works Ansatz
- defizit- / risikoorientiertes Menschenbild: Ansatz bei RF, wenig Förderung von Ressourcen / nonkriminogenen Bedürfnissen
- keine positiven Annäherungsziele, nur Defizit-Kompensation (geringe Motivation)
- Vernachlässigung systemischer Ansätze (soziale Systeme: kriminelle Peers) ggü. Individuum
- ungenügende Berücksichtigung therapeutischer Beziehungen im Behandlungsprozess
- one size fits all: ungenügende individuelle Maßnahmezuweisung
Ergänzungen zu What works / RNR
- Good Lives Modell
> Fokus auf primary goods für zufriedenstellende Lebensführung (Lebenszufriedenheit der Straftäter verbessern) - Desistance Paradigm
> Fokus auf natürliche SF der Lebensführung (zB Bindung an prosoziale Personen, feste Arbeit)
Welche Merkmalsgruppen wirken sich auf Effekte von Interventionsmaßnahmen aus?
- Tätermerkmale
- Kontextmerkmale
- Evaluationsmerkmale
- Programmmerkmale
Nenne Teilnehmer-/ Tätermerkmale, die sich auf den Effekt auswirken / ihn moderieren können.
- Risikograd
- Alter
- Persönlichkeitsmerkmale
- andere biographische Merkmale
- Behandlungsmotivation
- Behandlungsabbruch
Nenne Kontextmerkmale, die sich auf den Effekt auswirken / ihn moderieren können.
- stationär vs. ambulant
- Institutionsklima
- Kompetenz des Personals
- Kontinuität der Betreuung
- SFn im Alltag
Nenne Merkmale der Evaluationsmethodik, die sich auf den Effekt auswirken / ihn moderieren können.
- Design-Qualität
- Stichprobengröße
- Modellprojekt vs. Praxis
- Selbst- vs. Fremdevaluation
- Art der Wirkungsmaße
- Länge des Follow-up Zeitraums
Nenne Programmmerkmale, die sich auf den Effekt auswirken / ihn moderieren können.
- Programminhalte
- Durchführungsgüte
- Individualisierung
- Intensität / Dosierung
- Inhalt der Kontrollbedingung
Nenne die verschiedenen Interventionsformen der Straftäterbehandlung
- Strafvollzug
- Täter-Opfer-Ausgleich (restorative justice)
- Intensiv- und freizeitpädagogische Programme
- Kognitiv-verhaltenstherapeutische Programme
- Therapeutische Gemeinschaften und Sozialtherapie