03412 - II.4 Methoden (Signalentdeckung) Flashcards

1
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Gibt es eine wirklich Schwelle?

A

Die reale Existenz einer Schwelle setzt voraus, dass sich so etwas wie reine Empfindungen oder elementare Wahrnehmungen identifizieren lassen, die nicht mit Urteilen verbunden sind.
Aber lassen sich reale Empfindungen oder elementare Wahrnehmungen identifizieren, die nicht mit Urteilen verbunden sind?

Wichtige Unterscheidung:

  • Wahrnehmungsfähigkeit als Diskriminationsfähigkeit (Ausdruck der Sinnesleistung)
  • Wahrnehmungsfähigkeit als Urteilsfähigkeit (über die Sinne hinausgehende kognitive Fähigkeit)

Entdeckungs- & Unterscheidungsaufgaben haben ein Problem: Die Urteile, die bei diesen Aufgaben verlangt werden, werden durch Faktoren mit beeinflusst, die mit dem sensorischen Leistungsaspekt nichts zu tun haben.

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2
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was ist die Reaktionsneigung?

A

Die sensorische Leistung, das Entdecken, Identifizieren & Unterscheiden, kann nicht unabhängig vom Entscheiden & Urteilen gemessen werden. Diese Entscheidungs- & Urteilaspekte werden unter dem Oberbegriff Reaktionsneigung zusammengefasst.

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3
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie kann die sensorische Leistung von der Reaktionsneigung getrennt werden?

A

Signalentdeckungstheorie SDT

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4
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie läuft ein Signalentdeckungsexperiment ab?

A
  • Beobachtungsinterfall
  • Vp entscheidet: Signal gegegen: ja/nein
  • mehrere hundert Wiederholungen
  • da der Vl sicher weiß, ob ein Signal vorliegt, gibt es richtige und falsche Antworten: (Grafik)
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5
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Welches sind die zentralen Annahmen des der SDT zugrunde liegenden psychophysischen
Modells?

A
  1. Mit wiederholter Darbietung von SN & N variieren die Empfindungswerte auf dem sensorischen Kontinuum.
  2. Die Verteilungen der Empfindungswerte bei SN & N „überlappen“ sich (Beobachter kann häufig nicht zwischen Signal & Rauschen unterscheiden).
  3. Die Verteilung der Empfindungswerte bei SN & N ist mit dem Modell der Normalverteilung verträglich.
  4. Der Beobachtende macht seine Entscheidung, ob ein Empfindungswert x aus der SN- oder der N-Verteilung stammt, vom Verhältnis der bedingten Wahrscheinlichkeiten p(x/SN) & p(x/N) abhängig, denen in der Dichtefunktion der Normalverteilung die Wahrscheinlichkeitsdichten f(x/SN) & f(x/N) entsprechen (likehood ratio l(x)).
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6
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was versteht man unter dem Leistungsmaß d´?

A
  • Maß der sensorischen Leistungsfähigkeit
  • abhängig von:
  1. physikalischem Signal-Rauschen-Verhältnis
  2. sensorische Leistungsfähigkeit des Beobachters
  • definiert als Distanz der SN & N-Verteilungen : d‘ = (μSN - μN) / σN
  • also Abstand der Mittelwerte der Verteilungen SN und N in Einheiten der Standardabweichung
  • bei konstanten physikalischen Bedingungen identisch mit der Diskriminationsfähigkeit
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7
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie lässt sich das Leistungsmaß d‘ empirisch bestimmen?

A
  • abzuleiten aus den empirisch ermittelten Proportionen für Treffer und falsche Alarme
  • z-Werte
  • Zp(ja/SN) = Zp(ja/N) + d‘ => d‘ = Zp(ja/SN) - Zp(ja/N)
  • d‘ wird bestimmt, indem man den z-Wert der Proportionen des falschen Alarms von dem z-
    Wert der Proportionen der Treffer abzieht.
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8
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was versteht man unter dem Maß für die Reaktionsneigung („bias“) beta?

A
  • diejenige kritische likehood ratio, bei deren Überschreitung mit „ja“ & bei deren Unterschreitung mit „nein“ geantwortet wird
  • also das Verhältnis der beiden Wahrscheinlichkeitsdichten beim Kriteriumspunkt xc
  • beta = f(xc/SN) / f(xc/N)
  • beta >1 => Vp möchte falsche Alarme vermeiden
  • beta <1 => Vp möchte Treffer maximieren
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9
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Worin bestehen die Analogien zwischen dem Modell der SDT und statistischem Hypothesentesten?

A
  • Fehler erster Art entspricht dem falschen Alarm
  • Teststärke = Wahrscheinlichkeit, einen tatsächlichen Unterschied zwischen den Populationsmittelwerten zu entdecken entspricht der Trefferwahrscheinlichkeit
  • Unterschied: beim Hypothesentest wird der Fehler erster Art konstant gehalten (z. B. α=5%)
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10
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was versteht man unter der Evidenzvariablen?

A

Die x-Achse = sensorisches Kontinuum ist als Evidenzvariable zu verstehen, sie ist der informative Maßstab dafür, eine bestimmte Entscheidung zu treffen.

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11
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie muss das formale Modell der SDT für psychologische Fragestellungen angepasst werden?

A
  • Unterscheidung von Reizklassen statt von Reizen
  • psychologische Reize können nicht einfach auf physikalischer Skala angeordnet werden
  • Beobachtungsachse x oft schwierig zu definieren, muss nicht eindimensional sein, kann auch dimensionslos gedacht werden
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12
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was sind nichtsensorische Faktoren?

A
  • Faktoren, die die Lage des Kriteriums xc beeinflussen
  • vom sensorischen Aspekt unabhängig
  • beeinflussen also nicht die Diskriminationsleitungen, sondern nur die Reaktionsneigung
  • keine Unterscheidungsfaktoren sondern Entscheidungsfaktoren
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13
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wovon hängt die Wahl von xc ab?

A
  • a-priori-Wahrscheinlichkeiten des Auftretens von N und SN
  • Konsequenz bzw. Konsequenzerwartungen der Entscheidungen (Nutzen und Kosten)
  • Falls alle Bedingungen bekannt, lässt sich ein optimales Entscheidungskriterium berechnen:
    betaop = (NutzenCR – KostenM) · p(N) / (NutzenH – KostenFA) · p(SN)

CR = korrekte Zurückweisung
M = Verpasser
H = Treffer
FA = falscher Alarm

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14
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was ist eine ROC-Kurve?

A
  • Funktionskennlinie eines Empfängers
  • ROC = Receiver Operating Characteristics curve
  • Auch: Kurven gleicher Sensitivität (isosensitivity curves)
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15
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie lässt sich eine ROC-Kurve empirisch ermitteln?

A
  • bei gleichen Reizbedingungen und physiologisch-sensorischen Bedingungen soll eine Vp ein verschiedenen Versuchsdurchgängen jeweils ein anderes Kriterium anwenden.
  • bei jedem Versuchsdurchgang wird die Proportion der Treffer gegen die Proportionen des falschen Alarms abgetragen
  • => links unten strikte Kriterien, rechts oben hohes Risiko für falschen Alarm
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16
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie kann man eine ROC-Kurve interpretieren?

A
  • Diagonale = Zufallslinie
  • je geringer die Diskriminationsfähigkeit, desto mehr nähert sich die ROC-Kurve der Zufallslinie
  • je größer die sensorische Leistungsfähigkeit, desto mehr nähert sich die Kurve der linken oberen Ecke
17
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wozu werden empirische ROC-Kurven erstellt?

A
  • Überprüfung des Zutreffens des angenommenen psychophysischen Modells
  • Vergleich der empirisch ermittelten mit der theoretisch zu erwartenden ROC-Kurve
18
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie wird das Vorliegen der Normalverteilungsannahme überprüft?

A
  • Transformation der Koordinaten, so dass bei vorliegender Normalität die ROC-Kurve eine Gerade sein muss (z-Werte)
  • liegen die Punkte der empirischen ROC-Kurve auf einer Geraden?
19
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie wird das Vorliegen gleicher Streuungen überprüft?

A
  • ebenfalls Transformation
  • Ist der Anstieg der Geraden der empirischen ROC-Kurve gleich 1?
20
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wozu dienten die Verfahren der klassischen Psychophysik?

A
  • Messung der Leistungsfähigkeit von Sinnessystemen
  • Bestimmung des Messbereichs eines Sinnessystems über die Bestimmung von oberer & unterer Schwelle
  • Bestimmung der Messgenauigkeit eines Sinnessystems über die Bestimmung von Unterschiedsschwellen
21
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie unterscheidet sich das Modell der SDT von der klassischen Schwellenbestimmung?

A
  • durch Vorgabe verschiedener Instruktionen werden verschiedene „Schwellen“ ermittelt obwohl physikalische und sensorische Parameter gleich bleiben
  • die Reaktionsneigung lässt sich von der Sensitivität trennen
22
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was ist die Ogiven-Form der psychometrischen Funktion?

A
  • kommt zustande, da Schwellen statistisch ermittelt werden und kein fester Wert sind (sonst Sprungfunktion)
  • ergibt sich, wenn der Wert der Reizschwelle normal verteilt ist
  • beinhaltet Annahme, dass unterhalb der aktuell wirksamen Schwelle keine Empfindung ausgelöst wird, oberhalb der Schwelle jedoch eine eindeutige Empfindung (nicht überprüft)
23
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was besagt die Theorie der hohen Schwelle?

A
  • Blackwell 1963
  • keine variable Schwelle, sonder konstante Schwelle und variabler sensorischer Effekt des Reizes
  • Schwellenwert L liegt weit oberhalb des Mittelwerts der N-Verteilung
  • Def: bei sensorischen Ereignissen unterhalb von L kann nicht mehr überzufällig zwischen N und SN unterschieden werden
  • falscher Alarm kommt deshalb praktisch nicht vor
  • empirisch unhaltbar, da empirische ROC-Kurven keinen Schnittpunkt mit der Ordinate haben
24
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was besagt die Theorie der zwei Zustände?

A
  • Luce 1963
  • two-state-theory, Theorie der niedrigen Schwelle
  • stimmt besser mit den empirischen Befunden überein
  • Abwandlung der Theorie der hohen Schwelle
  • Schwellenwert liegt zwischen dem Mittelwert der N-Verteilung und dem oberen Ende der N-Verteilung
  • Annahme: bei sensorischen Werten kleiner als L kann nur zufällig zwischen SN und N unterschieden werden, ebenso bei sensorischen Werten größer als L
25
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was besagt die Kombination von Schwellenkonzept und SDT-Entscheidungskonzept?

A
  • Es wird ebenfalls eine niedrige Schwelle angenommen
  • Bei sensorischen Zuständen kleiner als Schwelle L werden SN & N wiederum zufällig unterschieden, bei solchen größer als L gilt das Entscheidungsmodell der SDT.
  • Psychophysisches Modell einer Theorie niedriger Schwelle mit kontinuierlichen sensorischen Zuständen oberhalb der Schwelle.
  • Mit abnehmenden Schwellenwert L geht diese Theorie zunehmend in die SDT über
26
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Welche Kritik am Schwellenkonzept gibt es?

A
  • Annahme einer Alles-oder-Nichts-Regel (gilt auch für die Theorie der hohen Schwelle)
  • Schwelle als scharfe Grenze, unterhalb derer nur noch zufällig entschieden wird
  • wiederspricht Ergebnissen in Entdeckungs- und Diskriminationsexperimenten
  • nichtsensorische Aspekte in der klassischen Psychophysik unter dem Konzept desUrteilsfehlers
27
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Welche Methode zur sensorischen Leistungsprüfung ist vorzuziehen?

A
  • wo immer möglich SDT
28
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Was versteht man unter unterschwelliger Wahrnehmung?

A
  • Leibniz Begriff der „petit perceptions“
  • Eindrücke, die nicht wahrgenommen werden, aber deren Effekte sich an Veränderungen des Erlebens nachweisen ließen
  • Begriff ist Widerspruch in sich
  • SDT: Wenn es keine Schwelle gibt, gibt es auch keine unterschwellige Wahrnehmung
  • besser: Nichtbewusstheit der Reizaufnahme und Reizwirkung
29
Q

03412 - II. Methoden
2.4 Paradigma der Signalentdeckung

Wie kann eine unterschwellige Wahrnehmung nachgewiesen werden?

A
  • Vp entdeckt den Reiz nie (erst-Person-Perspektive)
  • Vl weist Kovariation zwischen Reiz und Verhalten nach (dritte-Person-Perspektive)