ZUWI 2 Globalisierung Flashcards
welche Phasen der wirtschaftlichen Entwicklung gab es?
erste Globalisierung (1850-1914)
eingebettete Globalisierung (1945-1973)
zweite Globalisierung (ab 1973 mit deutlichen Brüchen seit 2008)
erste Globalisierung
-kolonial-liberale Regulationsweise
-extensives Akkumulationsregime
-marktliberales Leitbild
-wirtschaftspolitisch: Außenorientierung; Löhne/Gehälter als Kostenfaktor
-Märkte: weitgehend unbeschränkte Finanzmärkte, vermehrt Schutzzölle
-Anstieg des Anteils der exportierten Güter am BIP von rund 5% zu leicht über 10%
-Außenorientierung, dominante Stellung des Finanzkapital, Goldstandard (fester Wechselkurs verhindert
Inflation)
-Globaler Süden (Kolonien) als Rohstofflieferant
eingebettete Globalisierung
-fordistische Regulationsweise
-intensives Akkumulationsregime
-wohlfahrtskapitalistisches Leitbild
-wirtschaftspolitisch: Binnenorientierung: Löhne/Gehälter als Kaufkraft
-Märkte: staatliche Marktregulation (inkl. Beschränkung von Märkten), schrittweise Reduktion von Zöllen
-Starker Anstieg nach dem Krieg, in den folgenden Jahrzehnten relativ konstanter Exportanteil zwischen 8% und 9%
-Strenge Kapitalverkehrskontrolle, Bretton-Woods-Abkommen (1944 – 1973) stabilisiert Finanzwirtschaft;
Binnenorientierung, nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik, dominante Stellung der Realwirtschaft,
-1973 Ölschock (starker Anstieg der Rohstoffpreise)
zweite Globalisierung
-neoliberale Regulationsweise
-extensives Akkumulationsregime
-marktliberales Leitbild
-wirtschaftspolitisch: AUßenorientierung: Löhne/Gehälter als Kostenfaktor
-Märkte: Globalisierte Güter- und Finanzmärkte; Schaffung von Märkten (Energie, Eisenbahn, ETS)
-Exportanteil am BIP steigt stark, Höhepunkt mit Finanzkrise 2008
-Deregulierung des Finanzmarktsektors; Wettbewerbspolitik (Senkung Löhne und Sozialleistungen),
Außenorientierung, dominante Stellung Finanzkapital, Austeritätspolitik (als Antwort auf steigende
Staatsverschuldung und Inflation)
Umbruchszeit/Krise der Globalisierung
seit 2008 (Globale Finanzkrise)
Anteil des Werts der exportierten Güter am BIP stagniert, bzw. sinkt leicht -> Deglobalisierung?
Krise:
-Selektive Formen wirtschaftlicher Deglobalisierung: Geopolitik wird
wichtiger als Punkteffizienz
-Reshoring: Produktion zurückholen in die eigene Volkswirtschaft (z.B.
Chipproduktion in USA)
-Nearshoring: Lieferketten verkürzen (regionalisieren), um Liefersicherheit zu
erhöhen
-Friendshoring: Verschiebung des Handels von Ländern, mit denen geopolitische
Konflikte bestehen, zu Ländern, die politische Verbündete sind (z.B. „Abkehr von
russischem Gas“, „Demokratien gegen Autokratien“)
-Industriepolitik:
China: Solar- und Windenergieförderung
USA: Inflation Reduction Act (IRA)
▪ EU: Net-Zero-Industry Act
Geldordnung in den Phasen wirtschaftlicher Entwicklung
erste Globalisierung:
-Goldstandard mit Rechtssicherheit für Investoren
-Pfund-Goldstandard (“Goldene Zwangsjacke”), deregulierte Finanzmärkte
-Finanzwirtschaft als dominante Wirtschaftsform
eingebettete Globalisierung:
-kein globaler Finanzmarkt, nationale wirtschaftspolitische Handlungsspielräume (GATT)
-Dollar-Goldstandard Bretton-Woods-System: streng regulierte Finanzmärkte
-Realwirtschaft als dominante Wirtschaftsform
-geprägt von Mainstream-Keynesianismus -> Massenproduktion für Massenkonsum, Produktivitätssteigerung basierend auf Taylorismus und Fordismus
zweite Globalisierung:
-Hyperglobalisierung: tiefe Integration mit supranationalen Institutionen (WTO)
-deregulierte Finanzmärkte, Finanzialisierung
-Finanzwirtschaft als dominante Wirtschaftsform
Globalisierungstrilemma
drei konkurrierende Ziele:
-Hyperglobalisierung (freier Kapitalverkehr)
-Demokratie (zb geldpolitische Autonomie)
-Nationale Selbstbestimmung (zb fixe Wechselkurse
nur zwei von drei Zielen können erreicht werden:
-bei flexiblen Wechselkursen: Hyperglobalisierung und Demokratie aber keine nationale Selbstbestimmung -> zb zweite Globalisierung keine fixen Wechselkurse
-bei Kapitalverkehrsbeschränkungen Demokratie und Nationale Selbstbestimmung, aber keine Hyperglobalisierung zb eingebettete Globalisierung kein freier Kapitalverkehr
-bei geldpolitischer Autonomie: Hyperglobalisierung und nationale Selbstbestimmung, aber keine Demokratie zb erste Globalisierung keine geldpolitische Autonomie
Theorien des Geldes: Neoklassik
-“reine” (pure) Ökonomie
-Tauschwirtschaft
-erleichtert Naturaltausch
-Geld als Ware
-Wert von Geld ergibt sich aus Angebot und Nachfrage
-Funktion: Zahlungsmittel und Recheneinheit
-Krisen: externe (oftmals politische) Faktoren (krieg, ernteausfall)
-Finanzmarkt: besonders effizient
Sozioökonomik (insbesondere Keynes)
-Interdisziplinäre Wirtschaftswissenschaft
-Geldwirtschaft
-Geld entsteht aus Schuldbeziehungen (Zahlungsversprechen von politischen Autoritäten)
-Geld als gesellschaftliche Institution (Geld bestimmt, was in einer Gesellschaft Wert hat)
-Funktionen: Kredit, Zahlungsmittel, Recheneinheit und
Wertaufbewahrungsmittel (Liquidität, Horten)
-Finanzmarkt: besonders krisenanfällig
Geldpolitik im Wandel
1970er Jahre: Bretton Woods und Ölpreisschock
-Stagflation: steigende Preise und wirtschaftliche Stagnation
1980er Jahre
-Dominanz der Neoklassik: Geld als Ware
-Hohe Zinssätze, um Inflation zu senken
1990er Jahre bis 2008
-Niedrige Zinssätze und niedrige Inflation, aber:
-Starker Anstieg von Vermögenswerten (insbes. Aktien und Immobilien)
Ab 2008: Quantitative Easing
-Sehr starke Ausweitung der Geldmenge
-Aktive Geldpolitik (Ankauf von Wertpapieren in großem Umfang)
-(Fast-)Nullzinssätze und trotzdem sehr niedrige Inflationsraten (tw. Deflation, dh. Rückgang
des Preisniveaus)
-Starker Anstieg von Vermögenswerten (insbes. Immobilien) => steigende
Vermögensungleichheit
Ab 2020: ???
Erkläre Bretton Woods
-1944 Bretton-Woods-Abkommen unterzeichnet
-regelte bis in die 1970er Weltwirtschaft im Einflussbereich des Westens
-förderte globalem Warenhandelt, regulierte Geld- und Kreditmärkte aber rigoros
-basierte auf General Agreement on Tariffs and Trade (GATT), Zoll- und Handelsabkommen und zwei neu geschaffenen Bretton-Woods-Institutionen:
Weltbank (Vergabe langfristiger Kredite zur Entwicklungsförderung) und
Internationaler Währungsfonds (IWF) (Unterstützung der Mitgliedsländer mit Krediten, um kurzfristige Leistungsbilanzungleichgewichte auszugleichen
-kein Projekt wirtschaftlicher Integration -> einige wenige, aber wirksame Verkehrsregeln
-strenge Kapitalverkehrskontrollen -> schwächte finanzwirtschaftlichen Machtkomplex
-> “goldene Jahrzehnte” mit hohen Wachstumsraten, Vollbeschäftigung
Geldpolitik heute aus Sicht Neoklassik
hohe Inflation und Ende der Niedrigzinspolitik
Neoklassik: Geld ist eine Ware
-Ursache der Inflation: „Nachfrageinflation“
-Das Quantitative Easing der Zentralbanken (Ausweitung der Geldmenge) führt zu großer Nachfrage (nach Gütern, Dienstleistungen und Krediten) bei beschränktem Angebot
=> Geld muss verknappt werden, d.h. durch höhere Zinsen muss Kreditaufnahme
verteuert werden. Damit wird es weniger attraktiv, weitere Kredite aufzunehmen =>
Neuaufnahme von Krediten sinkt
=> Inflation sinkt
-Aktuelle wirtschaftspolitische Forderung: Notenbanken sollen Zinsen erhöhen, um Inflation zu dämpfen
-EZB hat sich am 14.9.2023 erneut dieser Sichtweise angeschlossen und die Zinsen weiter erhöht.
Geldpolitik heute aus Sicht der Sozioökonomik
hohe Inflation und Ende der Niedrigzinspolitik
Ursache: -Preissteigerungen als Ausdruck von Verteilungskonflikten
-Verteuerung von Energie (verursacht mehr durch Geoökonomie als durch Geldpolitik)
-stark steigende Gewinne, aber langsamer steigende Löhne
-verteuerte Lieferketten (Umverteilung in Lieferkette)
-Allgemeine wirtschaftspolitische Forderung: Notenbanken sollen abwägen zwischen
Inflationsbekämpfung (durch Zinserhöhung) und Wirtschaftsbelebung (keine weiteren
Zinssteigerungen, um Rezession zu verhindern)
-Aktuelle wirtschaftspolitische Forderung: Regierungen sollen Marktversagen
bekämpfen (z.B. durch Preisdeckel für Schlüsselprodukte wie Energie oder Mieten)
Wer hat Macht und wie wirkt sie?
Wer hat Macht?
-Akteure, die anderen ihren Willen aufzwingen können (haben Geld, Netzwerke,
Ressourcen, können Regeln festlegen); aber auch Agenda Setting (worüber wird
gesprochen/worüber nicht?) durch Lobbying
Wie wirkt Macht?
-Macht wirkt in Strukturen: Sie ist da, bevor Menschen handeln. Z.B. Mädchen in Afghanistan, das in repressive Geschlechterverhältnisse
hineingeboren wird
-Mächtigste Akteure: Öffentliche Entscheidungstragende & transnationale
Unternehmen. Dwight Eisenhower: „Militärisch-industrieller Komplex“
Machtkomplexe
= Bündnisse von wirtschaftlich und politisch Mächtigen
zb fossiler Machtkomplex, Machtkomplex der Finanzwirtschaft, digitaler Machtkomplex
Drehtüreffekt
Vor oder nach politischer Tätigkeit arbeiten Mandatsträger:innen in der Privatwirtschaft, z.B.
Gerhard Schröder & Gazprom / Rosneft; Mario Draghi Goldman Sachs
Technologie und Energieträgern in den Phasen wirtschaftlicher Entwicklung
erste Globalisierung:
Technologien und Leitindustrien: Dampfmaschine, Eisenbahn, Elektrotechnik
Energieträger: Wasserkraft, Holz, später Kohle
Machtkomplexe: finanzwirtschaftlicher Machtkomplex
eingebettete Globalisierung:
Technologien und Leitindustrien: Petrochemie und Automobil
Energieträger: Öl und Gas
Machtkomplexe: Schwächung des
finanzwirtschaftlichen
Machtkomplexes, Aufstieg
des fossilen
Machtkomplexes
zweite Globalisierung:
Technologien und Leitindustrien: Kommunikations- und Informationstechnologien
Energieträger: Öl, Gas, Kohle, erneuerbare Energien gewinnen an Bedeutung
Machtkomplexe: finanzwirtschaftlicher, fossiler und digitaler Machtkomplex wirken zusammen
Kondratieff-Zyklen
beschreiben, die in Zyklen verlaufende Konjunktur
verschiedene Phasen: PRDE = prosperity, recession, depression, improvement
Innovation
-15.-19. Jh.: Drang nach (sozial-)revolutionären Veränderungen
Soziale Innovationen als Alternativen zu traditionellen
Vorgehensweisen => verstärkt verknüpft mit wirtschaftlichem
Unternehmertum
-Joseph Schumpeter: schöpferische Zerstörung: Neues und
Destruktion
▪ Ende des 2. Weltkrieges: Reduktion von Innovation auf technologische & unternehmerische Entwicklung -> technologischer
Determinismus
<-> Innovation als Entwicklung von sozio-technischen Systemen
Innovation in Leitbildern
Marktliberale Innovationspolitik:
-Steuererleichterung & Forschungsförderung
-Regulierung des Marktes aufgrund von wirtschaftspolitisch gesetzten Zielen (z.B.
Dekarbonisierung)
-Technologieneutralität
wohlfahrtskapitalistische Innovationspolitik:
-Mariana Mazzucato: missionsorientierter Innovationsansatz
-Öffentlich gesteuerte Innovationsentwicklung für systemische Effizienz
-Private Unternehmen scheuen vor grundlegenden Veränderungen zurück
-Z.B. Festhalten am Verbrennungsmotor durch deutsche und österreichische
Automobilindustrie
Innovationspolitik als Machtpolitik
-Private alleine scheuen oft vor grundlegenden Veränderungen zurück
-Hohe Unsicherheit, Marktpreise spiegeln oft nicht Knappheit wider
-Lock-in Effekt: getätigte Investitionen wollen nicht aufgegeben werden
-Etablierte Unternehmen verteidigen Marktanteile sowie vertraute
Produkte und Produktionsmethoden
zb OMV bis 2021: Fokus auf Öl und Gas trotz wachsendem
Klimaschutzbewusstsein; Automobilindustrie: verhinderte in den vergangenen 30 Jahren
Einführung von Elektroautos trotz vorhandener Technologien
braucht gemeinwohlorientierte staatliche Rahmensetzungen für
Unternehmen
-> Substanzielle finanzielle Anreize: Beispiel deutsche Energiewende –
Erneuerbare-Energien-Gesetz -> Boom erneuerbarer Energieträger und
dezentraler Anbieter
-> Verbote: Eliminieren nicht nachhaltiger Optionen; oftmals gewählte Methode,
wenn Zielerreichung wirklich wichtig ist
-FCKW-Verbot bei Kühlschränken
-Bei Sanktionen und Ausstieg aus (russischem) Öl und Gas im Gefolge des Ukraine-Kriegs:
-nicht bloß „Nudging“ [Anstupsen], sondern Zwang
Exnovation
Abschaffen und Beenden
-Innovationen gingen immer mit Exnovationen einher: zb Auto ersetzte zuerst Pferdekutschen, dann Straßenbahnen
-Angesichts der notwendigen Reduktion von Emissionen und
Ressourcenverbrauch ist geplante Exnovation ein Instrument der Klimapolitik
-Welche Produkte müssen abgeschafft werden? FCKW in Kühlschränken, Verbrennungsmotoren
-Womit (mit welchen Praktiken/Gewohnheiten) müssen wir aufhören Lineare Produktionsprozesse, Autozentrierte Siedlungsstrukturen
-Exnovationen sind Voraussetzung für Innovationen -> Ansonsten besteht die Gefahr der „Addition“ (Hinzufügung nachhaltiger Produkte zu
schädlichen)
neuer Konstitutionalismus
-in zweiter Globalisierung
-neues globales Regelwerk ohne Weltregierung -> strong rules and weak states
-GATT von WTO abgelöst -> unbeschränkter Welthandel, Abschaffung Zölle
Global Governance
-zweite Globalosierung
-Form der politischen Zusammenarbeit: nationale, trans- und supranationale Akteure verhandeln Strategien, Regeln und Instrumente für Probleme, die mehr als einen Staat oder eine Region betreffen
-versucht nationale Souveränität durch supranationale Institutionen zu ersetzen
Wie funktionierte Pfund-Goldstandard in der ersten Globalisierung?
-nationale Währungen waren über die Kopplung an den englischen Pfund indirekt an Gold gebunden
-Landeswährung repräsentierte einen Anspruch auf Gold
-> für Zentralbanken riskant, mehr Geld in Form von Banknoten in Umlauf zu bringen als sie über Goldreserven verfügten
->stabilisierte den Geldwert, schränkte aber politische Handlungsspielräume ein
Finanzialisierung
-zweite Globalisierung
-flexible Wechselkurse
-> Dominanz des US-Dollars vertiefte sich
-Währungshierarchie -> erschwert es Ländern des Globalen Südens periphere Position zu verlassen
Finanzialisierung = zunehmende Bedeutung von Finanzmärkten, -akteuren, -instiutionen und finanziellen Motiven; hängt zusammen mit dem Versuch der USA ihre hegemoniale Stellung abzusichern
-Globalisierung ihres Finanzwesens ermöglichte den USA, ihren Einflussbereich trotz schwindender industrieller Wettbewerbsfähigkeit und Ansehensverlust als Folge des Vietnamkriegs abzusichern
-Kapital von Real in Finanzwirtschaft verlagert