Vorschulbereich Flashcards
Was zählt zur “Vorschulischen Bildung”?
= alle öffentlich verantworteten & geförderten Bildungsangebote in Kindertageseinrichtungen & Kindertagespflege, für Kinder von Geburt bis Schuleintritt
-> auch in Familien
Wie ist Vorschulische Bildung entstanden?
Lange Tradition =/ unter Bildungsgesichtspunkt SONDERN Betreuungsaspekt
-> Industrialisierung im 19. Jhdt:
sich verändernde Familienstrukturen & Notwendigkeit mütterlicher Erwerbstätigkeit
+ ökonomische & soziale Stabilisierung der Unterschichthaushalte
+ Erziehung nach bürgerlichen systemstabilisierenden Ordnungsvorstellungen
+ Vorbeugung von physischer & psychischer Verwahrlosung
+ Entlastung der Armenkassen der Gemeinden (weil F auch berufstätig)
+ Befreiung des Schulwesens von teilweiser übernommener Bewahrfunktion
Wann, Wie und von Wem wurde der “Kindergarten” begründet? Wie werden Pädagog*innen ausgebildet?
! Friedrich Fröbel -> 1840 (explizit unter Bildungsgesichtspunkt)
- Prägendes Konzept der Kleinkindpädagogik (Begriff in vielen Sprachen zB: USA, =/ nur deutschsprachig; zB: spanisch: jardin d’infancia)
- Ambivalenz zwischen Bewahr- & Bildungsfunktion prägte Entwicklung -> heute noch spürbar
- aktuell: integrierte Aufgabenstellung der Bildung, Betreuung & Erziehung (BBE)
KIGA-Pädagogik Ausbildung:
- Bildungsanstalt / BHS: 5 J
- Kolleg: 4 Semester
-> Personal überwiegend weiblich!
Wie sieht Bildungsforschung im Vorschulischen Bereich aus?
-> eher vernachlässigtes Feld
=/ breiter & stabile Forschungsinfrastruktur
meiste Forschungen im Kontext bildungspolitischer Reformvorhaben -> unbefriedigende Designs & Methoden durch bildungspolitischen Handlungsdruck
& politische Vordefinition
Rückstand besonders gegenüber anglo-amerikanischer Forschung!
-> aktueller Erkenntnisstand beruht vorwiegend auf internationalen Untersuchungen
Wie sehen Theorien der frühen Bildung & Erziehung im 18. & 19. Jh aus?
Kinder durch Curricula & Materialen entsprechend fördern -> 18. & 19. Jhdt
basieren NICHT auf Lern- &/ Entwicklungstheorien -> holistische Konzepte aus philosophisch-weltanschaulichen Quellen
- Fröbel-Pädagogik (-> in modernen Konzepten aufgegangen)
- Montessori-Pädagogik
- Waldorf-Pädagogik
- > Montessori- & Waldorf-KIGA haben Identität bewahrt -> weltweit vertreten; ca. 600 in Deutschland
- > Bedürfnis von Eltern nach ganzheitlichen Erziehungskonzepten in letzten Jahren gewachsen
Erkläre die Fröbel-Pädagogik:
Friedrich Fröbel (1782-1852)
= Einheit von Individuum, Gott & Natur
Ziel: diese im Spiel erfahrbar machen
Materialien (“Spielgaben”, “Baugaben”) wie Ball, Kugel, Zylinder, Würfel, Legetäfelchen, Flecht- & Faltblätter & Perlenspiele
bildet seit 1839 “Spielführer” aus -> Grundlage für Beruf Kindergärtner*in
Fröbel-KIGA bis weit ins 20. Jhdt führende Konzeption in Früherziehung!-
Erkläre die Montessori-Pädagogik:
Maria Montessori (1870-1952)
Materialien = selbstkorrigierend vom Kind zu nutzen (Anleitung nicht erforderlich)
-> Entwicklung verläuft innengesteuert - kann von außen beeinflusst werden:
Gestaltung der Umgebung passend zu sensiblen Perioden!
-> Kind Erfahrungen ermöglichen, die Entwicklung vorantreiben
kindliche Entwicklung als natürlicher Entfaltungsprozess -> Sinnesschulung
Erkläre Waldorf-Pädagogik:
Rudolf Steiners (1861-1925)
= Anthroposophische Grundlegung (= spirituell, esoterisch) mit ganzheitlichem Menschenbild
-> Individuelle Entwicklung in Siebenjahresstufen (3 Stufen bis 21 J) = Leib-Geist-Seele-Wesen
erstes Jahrsiebt (durch Zahnwechsel):
- äußere körperliche Nachahmung im Zentrum kindlicher Tätigkeit
- hoher Grad an Plastizität: Leib, Geist & Seele
- > harmonische Sinneseindrücke vermitteln mit runden Formen, sanften Farben, wohltuenden Klängen & Bewegungen = Eurythmie
- > lebendige Eindrücke vermitteln -> Phantasie anregen (durch Spiel, Lied, selbst geschaffene Werkprodukte, Feste & Feiern)
- > Naturmaterialien: Steine, Kastanien, Holzwurzen (=/ vorgefertigtes Spielzeug & Material)
erziehende Person hohe Bedeutung -> Vorbildfunktion!
Wie sehen Theorien der frühen Bildung & Erziehung im 20. Jh aus?
zunehmende Anbindung der Frühpädagogik an einzelwissenschaftliche Ansätze
-> MENSCHENBILD
- Reifungstheoretische KIGA-Pädagogik
- Funktionsorientierter Ansatz
- Situationsansatz
Erkläre die Reifungstheoretische KIGA-Pädagogik:
erste Hälfte 20. Jh bis 1960er
-> G. Stanley Hall & Schüler Arnold Gesell
reifungstheoretisch begründete Entwicklungsnormen für unterschiedliche Altersstufen:
Vorstellung: naturgegebene Entfaltung sicherstellen & Einfluss störender Umwelteinflüsse abwehren
milieu- & lerntheoretische Wende -> KRITIK: “inaktive Zuschauerpädagogik”; KIGA diskreditiert - Kinder werden “künstlich dumm gehalten”
Erkläre den Funktionsorientierten Ansatz:
-> Milieu- & lerntheoretische Wende: Betonung frühe Anregung
Gegensatz zu holistischen Konzepten: Kind als psychologischer “Apparat” -> Einzelfunktionen (Wahrnehmung, Denken, Gedächtnis, Sprache, Bewegung, Empathie) durch gezieltes, isoliertes Training verbessern
Folge: Boom an Lernspielen, Arbeitsblättern, Legematerialien, Puzzles, Memories, Lottospielen & Frühleseprogrammen -> SCHULVORBEREITUNG
ABER: wenig Integration in didaktisches Konzept
Erkläre den Situationsansatz:
seit Mitte der 1970er:
- Unterstützung der Kinder bei Bewältigung aktueller Lebenssituationen
- Kinder als aktive Gestalter*innen ihrer Umwelt (Neugier & Wissbegier durch Entwicklungsanreize & Entfaltungsmöglichkeiten gefördert)
- außerinstitutionelle Lebensbezüge & generationsübergreifendes Lernen
- Funktionsbereiche NICHT isoliert trainiert -> lebensnahes praktisches Handeln
- Übergeordnete Kompetenzen -> “ICH-Autonomie”, “(Sach)-Kompetenzen” & “Solidarität”
Welche aktuellen Debatten um pädagogische Ansätze werden geführt?
vorwiegend als Konzeptdebatte (zB: Reggio-Pädagogik, offene KIGA-Arbeit, Wald-KIGA)
-> wenig empirische Studien über konkrete Umsetzung und Effekten!
Wie sieht der konzeptueller Rahmen für frühpädagogische Bildungsforschung aus?
drei größere Qualitätsbereiche:
- Prozessqualität
= Interaktionen & Aktivitäten, tagtäglich in KIGA mit erziehender Person, anderen Kindern & räumlich-materialen Umwelt -> zum Kind “proximale” Merkmale
- Strukturqualität
= Rahmen für Interaktionsgeschehen (Gruppengröße, Erzieher*in/Kind-Schlüssel, Qualifikation des Personals, räumlich-materiale Bedingungen) -> “distale” Bedingungen - Orientierungsqualität
= jeweiliges Curriculum, einrichtungsspezifische Konzeption, allgemeine Erziehungseinstellungen, Ziele & Werte
Kinder -> unterschiedliche Voraussetzungen, familialer & sozialer Hintergrund
Ziel: kurzfristige (während Vorschulzeit; = Entwicklungsaufgaben, sozio-emotionale, sprachliche, kognitive Entwicklung) UND mittel- & langfristige Bildungsoutcomes (Schulerfolg, Lebenserfolg - Einkommen, Abhängigkeit von sozialer Wohlfahrt, Kriminalität)
Input: Orientierungs- & Strukturqualität -> Output: Prozessqualität
Outcome: kurzfristig - Kindlicher Entwicklungsstand -> Schule - BLACKBOX -> Outcome: mittel-/langfristig - Kindlicher Bildungsstand
Welche Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für familienexterner Betreuung?
- erwerbstätige Mutter
- höherer Bildungsstand der Eltern
- höheres Haushaltseinkommen
- Ein- oder Zweikind-Familie
- Kinderbetreuung mit Bildungserwartung verknüpft wird
- Förderung der Selbstständigkeit wird erwartet
- höhere Betreuungsquoten im Umfeld gegeben
-> nicht nur Elterliche Orientierungen beeinflussen Betreuungsentscheidungen, sondern auch Konsequenzen des Betreuungsangebots
Inwiefern wirkt sich ein Kindergartenbesuch positiv auf weiteren Schulerfolg aus?
- geringer Quoten der Zurückstellung bei Schulbeginn & Überweisungen zur Sonderschule
- reduziert Sitzenbleibe-Quoten von Kindern aus benachteiligten Familien bzw bei Migrationshintergrund um 9-17%
- Wahrscheinlichkeit des Hauptschulbesuchs nimmt mit zunehmender Dauer ab
- positiver Effekt auf Leistungen in Lesen, Mathematik/NAWI von 4. Klässler*innen
Welche empirischen Befunde zur Prozessqualität gibt es?
Early Childhood Environment Rating Scale (ECERS-R)
besondere Bedeutung für Bildungsergebnisse
-> aufwändige Erfassung (direkte Beobachtung)
Zusammenhang Prozessqualität & verschiedene Bedingungen der Struktur- & Orientierungsqualität
- 25-50% der Prozessqualität durch Bedingungen erklärbar (als “Bündel”)
- gute Struktur ist Rahmen für hohe pädagogische Prozessqualität -> “determinieren” sie aber NICHT
- Ländervergleichend -> Stellenwert struktureller Bedingungen je nach kulturellem Kontext unterschiedlich
Höhere Prozessqualität durch:
- Personal mit höheren Bildungsabschlüssen & spezieller fachbezogener Ausbildung -> notwendig, aber KEINE hinreichende Bedingung
- günstiger Erzieher*in/Kind-Schlüssel
- bessere räumliche Bedingungen & mehr Vor- & Nachbereitungszeit
- bessere Bezahlung
Welche empirischen Effekte zeigt Vorschulische Bildung?
- kurzfristig (innerhalb Vorschulalter)
Kriteriumsmaße im kognitiv-sprachlichem (-> Konsistente Effekte bis zu 1 J Entwicklungsunterschied) UND sozialem Bereich (-> weniger konsistent; zB: Verhaltensprobleme) - mittelfristig
Schulleistungskriterien (Sprachkompetenz, Mathematikleistungen), Maße der sozialen Kompetenz & Integration (Bewältigung von Alltagssituationen), allgemeiner Schulerfolg (zB: Sitzenbleiben)
-> Rückstände gleichen sich bei hoher Grundschulqualität aus!
KIGA-Qualität erklärt genauso viel Varianz wie aktuelle Grundschulqualität - langfristig
Bildungsabschlüsse im jungen Erwachsenenalter, (Un-)Abhängigkeit von sozialer Wohlfahrt, Beschäftigungsstatus & Einkommen, geringere Kriminalitätsrate
-> große Rolle: Qualität anschließender Schule (wird oft nicht kontrolliert)
Wie können die 3 Qualitätsbereiche (Orientierung, Struktur, Prozess) verbessert werden?
Orientierungsqualität:
curriculare Rahmenpläne, einrichtungsspezifische Konzeptionen
Strukturqualität:
Anhebung der Erzieherinnenausbildung, Verbesserung des Erzieherin/Kind-Schlüssels
Prozessqualität:
vielfältige Fortbildungen & Trainings von Erzieher*innen -> günstigere Outcomes
Welche empirischen Ergebnisse liefern Studien zur Wirksamkeit von Interventionen?
im deutschsprachigen Raum sehr WENIG
Fukkink & Lont (2007): Metaanalyse von 17 (quasi-)experimentellen Untersuchungen mit d=.45 -> mittlerer positiver Trainingseffekt auf pädagogische Kompetenz (Prozessqualität) & ähnlich großer Effekt (d=.55) bei Child-Outcome-Variablen
- > klar strukturiertes Trainingsprogramm effektiver
- > breit streuende Large Scale Interventionen WENIGER effektiv als engere, gut kontrollierte Ansätze
“Does training matter?” -> JA! - Effekte von Art, Struktur, Form & Dauer abhängig
Metaanalysen bzgl. Curricula
Förderung Kindes in Einrichtung + Elternkomponente zur Stärkung von Erziehungskompetenz -> größte Förderungswirkung (speziell bei benachteiligten Kindern)
kaum nachhaltige Förderung bei reinen Elternbildungsprogrammen
-> institutionelle BBE = wichtiger Kern früher Förderung der Kinder
Welchen Ausblick gibt es auf die Vorschulische Bildungsforschung?
- Verbesserung der pädagogischen Qualität (Orientierung, Struktur, Prozess)
- Einbindung von Familien -> “positive parenting”
Bildungseinfluss, der auf pädagogische Qualität in Familien zurück geführt werden kann = 2 bis 4x so groß wie jener durch Qualitätsunterschiede in Einrichtungen
-> Fortentwicklung zu Familienzentren (Eltern-Kind-Zentren)
Ziel: niederschwellige Angebote für Eltern - Erziehungskompetenz stärken!
Illustration: Geschlechterstereotype im Kindergartenalter
Bildungskarriere: Vorschulbereich
Handlungsebene: Mikroebene
Aufgabenbereiche: Forschung, Prävention
kulturell geprägte Annahmen -> typisch Mann VS typisch Frau
-> Eigenschaften, Interessen, Fähigkeiten, Rollen etc
F: Fürsorge für andere, Attraktivität -> communion, Wärme, Expressivität
M: Durchsetzungsfähigkeit, Kontrolle -> agency, Kompetenz, Instrumentalität
-> deskriptive (Wie sind M & F?) & präskriptive (Wie sollten M & F sein) Anteile
= über Zeit sehr stabil
Lernprozess beginnt in früher Kindheit bis Erwachsenenalter (durch Eltern, Geschwister, Lehrpersonen, Peers oder Medien)
FOLGEN: unterschiedliche Erwartungen an M & F; massiver Einfluss auf Bildungskarrieren
Wie verändern sich Geschlechterstereotype?
Kindes- & Jugendalter:
- Grundschulalter: Höhepunkt an Rigidität
- Jugend: mehr Flexibilität
Erwachsenenalter:
- weniger gebildete Personen traditionellere Geschlechterstereotype als höher gebildete
- M traditioneller als F
- ältere Personen traditioneller als jüngere
-> Elternschaft bzw. Erziehungsaufgaben führen zu Erhöhung geschlechterstereotyper Einstellungen!
Wie wirkt sich Spielzeug auf Geschlechterstereotype aus?
“Mädchenspielzeug” -> Nachahmung von Haushaltstätigkeiten & mütterlichen Aufgaben, Betonung von Attraktivität
“Bubenspielzeug” -> Konstruktionsspiele, Fahrzeuge, Waffen
-> Zuordnung korrespondiert mit Geschlechterstereotypen
nur vereinzelte Verschiebungen zB bei LEGO, ursprünglich nur Buben zugeordnet -> mittlerweile für BEIDE Geschlechter adäquat angesehen
Geschlechtstypisierung von Spielzeug -> unterschiedlichen Lernerfahrungen -> unterschiedliche kognitive Fähigkeiten trainiert
Bausteine für Buben -> räumliche Fähigkeiten (mathematisch)
Puppen für Mädchen -> verbale Fähigkeiten
PISA: Mathematik -> Buben in meisten Ländern besser; Lesen -> Mädchen in allen Ländern besser
ABER: 128 Metaanalyen: kleine/keine Effektgrößen bei 78% der Geschlechtsunterschiede! -> Sozialisation herauspartialisiert
Welche Trainingskonzepte gibt es zur Geschlechtersensiblen Pädagogik im Elementarbereich?
Grundlagen geschlechtersensibler Pädagogik:
Modul 1 - Entwicklungspsychologische Grundlagen der Geschlechtsidentität
- Wie entwickelt sich geschlechtstypisches Verhalten im KIGA?
- Psychologische Ansätze zur Erklärung
- In welchem Alter treten geschlechtstypische Verhaltensweisen & Präferenzen auf?
Modul 2 - Geschlechterstereotype im KIGA
- Was sind Geschlechterstereotype?
- Wo können diese im KIGA sichtbar gemacht werden?
- Wie sind die EIGENEN Geschlechterstereotypen?
- Was sind mögliche Auswirkungen bei Kindern?
Modul 3 - Gestaltungsmöglichkeiten im KIGA
- Welche Rahmenbedingungen herrschen im eigenen KIGA? Stärken & Verbesserungspotentiale?
- Wo liegen Stärken & Lernfelder im eigenen Verhalten?
- Wie könne Interaktionen gestaltet werden?
- Welche Rahmenbedingungen können zu Einschränkungen führen?
Modul 4 - Vermittlung der Grundlagen an Eltern
- Wie kann ein Infoabend für Eltern gestaltet werden?
- Wie können Grundlagen & Vorteile vermittelt werden?
- Welche Auswirkungen können Geschlechterstereotype bei Eltern haben?