Vorlesung 9: Beschäftigung in der Schweiz und anderswo (Teil 2) Flashcards

1
Q

Welche drei Sektoren gibt es in der Schweiz und wie sah die Verteilung 2011/2012 aus?

A

> Schweiz 2011/12:
Land- und Forstwirtschaft (primärer Sektor): 3,2% der Frauen und 4,1% der Männer
Industrie (sekundärer Sektor): 10,4% der Frauen und 32,2% der Männer (1960: 50%)
Dienstleistung (tertiärer Sektor): 86,4% der Frauen vs. 63,8% der Männer

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2
Q

Tertiärisierungsprozess: Wie sieht die Verteilung auf die 3 Sektoren 2013 aus?

A

> Aktuelle Entwicklung in der Schweiz (Quelle: BfS, 2013)
Unternehmen nach Sektor – 2013 —
Total: 563’178
Sektor 1: 9,81% (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei)
Sektor 2: 15,97% (Bau, produzierendes und verarbeitendes Gewerbe)
Sektor 3: 74,20% (Handel, Versicherung, Hotel, Bildung, Gesundheit…)

Durchschnittliche Anzahl Beschäftigte je Unternehmen — Total: 7,6
Sektor 1: 2,9
Sektor 2: 12,2
Sektor 3: 7,3

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3
Q

Wie äusserte sich der Tertiarisierungsprozess in den letzten Jahren?

A

> Verschiebung der Bedeutung von Wirtschaftssektoren:
— Umschichtung der Güterproduktion und Erwerbstätigkeit von
Landwirtschaft über Industrie zu Dienstleistung
— Prozess der Ausweitung des Anteils des Dienstleistungssektors an gesamtwirtschaftlicher Wertschöpfung und Beschäftigung zu Lasten des industriellen Sektors = Deindustrialisierung
Verschiebung der Berufsstrukturen
— Zunehmende Bedeutung von Dienstleistungsberufen
— Einfache Dienste: Reinigungsberufe, Gastwirte, Kellner, etc.
— Qualifizierte Dienste: Polizei, Feuerwehr, Makler, Frisöre, Hauswirtschaftsberater, etc.
— Semiprofessionen: Krankenschwester, Sozialarbeiter, Real- und Volksschullehrer, Sozialpädagogen, etc.
— Professionen: Zahnärzte, Ärzte, Apotheker, Richter, Gymnasiallehrer, Sozial- und Geisteswissenschaftler, etc.

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4
Q

Drei-Sektoren-Hypothese: Wie sehen die Überlegungen von Jean Fourastié, 1949: Le Grand Espoir Du XXe Siècle aus?

A

— Einteilung der Volkswirtschaft in primären Sektor der Rohstoffproduktion,
sekundären des verarbeitenden Gewerbes & tertiären der Dienstleistungen
— Stabilisierung und Zivilisierung: Ende der für die Industriegesellschaft typischen Krisen (als grosse Hoffnung)
— sehr lang andauernder traditionelle Zivilisation und ihre Ablösung durch den Übergang der industriellen Gesellschaft in die „tertiäre Zivilisation“
— Mittlere Produktivitätssteigerung im primären Sektor,hohe Produktivitätssteigerung im sekundären Sektor und kaum bzw. keine Produktivitätssteigerung im tertiären Sektor

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5
Q

Drei-Sektoren-Hypothese: Wie sehen die Überlegungen von Colin Clark (Fisher), 1940: „The Condition of Economic Progress“ aus?

A

— 1.) Produktion der lebensnotwendigen Güter im primären Sektor
(Fischerei, Forst- und Landwirtschaft)
_ 2.) Produktion nachrangig notwendiger Güter im sekundären Sektor (Industrie, Handwerk, Bergbau) und
— 3.) Produktion von Luxusgütern im tertiären Sektor (Handel,Verkehr, Verwaltung, Bildung, Wissenschaft, Sozial- und Gesundheitswesen)

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6
Q

Theorie: Daniel Bell (1973) auf Basis der Arbeiten von Alain Touraine (1969):

A

> Wandel von Agrar- über Industrie- zur postindustriellen Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft (Bell 1973) oder technokratische Gesellschaft (Touraine 1969):
— ZentraleStellungdestheoretischenWissens,umdassichneue Technologien, Wirtschaftswachstum und soziale Schichtung der Gesellschaft organisieren → akademisierte und verwissenschaftlichte Gesellschaft
— ProzessderTertiarisierung(VerschiebunginderWirtschafts-und Berufsstruktur): Wissen als Wirtschaftsgut und als Humankapitalfaktor
— ProzessderHöherqualifikation(ZunehmendeBedeutungvon theoretischem Wissen und Informationen für das soziale Handeln und den Austausch)
Prozess der Machtverteilung in der Sozialstruktur: Wissen ist Macht!
1. Technisch-akademische Klasse mit einem Hauptanteil an Wissenschaftlern
2. Klasse der Ingenieure und Professoren
3. Klasse des “akademischen Mittelbaus”, der Techniker, Assistenten etc.
→ Aufstieg in höhere Klassen ist durch akademische Bildung möglich.
Zunehmende Bedeutung von kognitiven „Kompetenzen“ in Beruf und Alltag (Technokratie)

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7
Q

Entstehung eines Dienstleistungsproletariat? Gösta Esping-Andersen, 1991:

A

> Herausbildung eines neuen Dienstleistungsproletariats als Konsequenz des
— langfristigen berufsstrukturellen Wandels im Tertiarisierungsprozess
— Aufkommen seines postindustriellen Klassenstruktur
A) Struktur des nachindustriellen Berufsbereiches (unterschiedliche Berufwelten
– Dienstleistung vs. Verwaltung):
— Wissenschaftler und Professionen sowie Manager und leitende Angestellte;
— Semiprofessionen und Techniker sowie mittleres Management und mittlere Angestellte
— einfache und qualifizierte Dienstleistungsarbeiter so wie einfache und qualifizierte Arbeiter
B) Interpretation des Serviceproletariats:
— einfache Dienste als Notbehelf und Lückenbüßer (temporär beim
— einfache Dienste als Berufe des sekundären Arbeitsmarktes (dauerhafte dead-end-jobs für jüngere Arbeitskräfte beim Einstieg & für ältere Arbeitnehmer im Berufsverlauf)
— soziale Abstiege und Unterprivilegierung (vgl.den un-und angelernten Arbeitern im Industriesektor)

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8
Q

Wie sieht die Empirische Überprüfung der These von Esping-Andersen (1991) aus?

A

> Empirische Studie von Blossfeld und Mayer (1991)
Längsschnittdaten
— Deutsche Lebensverlaufsstudie (GLHS) — Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)
Kohortendesign, d.h. Unterscheidung von Geburtsjahrgängen von 1926-1960, unterteilt in 5-Jahreskategorien
Berufsklassifikation (ISCO = International Standard Classification of Occupation) und ihre Aufteilung in Bereiche wie
— Produktion, Dienstleistung und Verwaltung sowie in
— Qualifikationsanforderungen der beruflichen Tätigkeiten (z.B. einfache Dienste, qualifizierte Dienste, Semiprofessionen oder Professionen)

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9
Q

Wie sieht das Fazit aus?

A

> Keine Zunahme einfacher Dienstleistungsberufe beim Berufseinstieg (eher Abnahme bei Frauen)
Berufsverlauf: Stabilität der Platzierung in einfache Dienste
Einfache Dienste haben
— keine Lückenbüsserfunktion (zumindest für einheimische Arbeitskräfte)
— keine Funktion als Auffangbecken für ältere Arbeitnehmer
— Funktion als Aufstiegsmöglichkeit aus einfachen manuellen Berufen in der Produktion
Keine Entstehung eines Dienstleistungsproletariats wegen — Guter Ausbildung der Berufseinsteiger und
— Unterscheidung der Arbeitsmärkte nach Qualifikationsbarrieren
Untersuchung für CH steht noch aus!

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10
Q

Wie sieht Kriminalität aus Bildungsökonomischer Sicht aus?

A

> Bildungsinvestitionen und -renditen als Ausgangspunkt:
— EineBildungsinvestitionvonderobligatorischenBildungzueinem nachobligatorischen Abschluss erspart der Gesellschaft pro ausgebildete Person 10’000-14’000 CHF soziale Kosten.
— Als Vergleichsgröße dazu ergibt sich, dass die Schulkosten einer dreijährigen Ausbildung zwischen 35’000 und 50’000 CHF betragen.
— Die meisten im Gefängnis sitzenden Personen verfügen über keine oder geringe Bildung.
Ergo:
— Bildung hat positive Folgen und vermeidet gesellschaftliche Kosten.
— Investitionen in Bildung verringern Kriminalität und ihre Folgekosten
Frage:
— Senkt Bildung tatsächlich Kriminalität und der damit verbundenen Kosten für Individuen, Staat und Gesellschaft?
— Ist hierbei der kausal verursachte Nutzenvorteil bei mehr Bildung so hoch, dass die gesellschaftlichen Kosten der Bildung damit gerechtfertigt wären?
— Oder wäre es sinnvoller, in Polizei und Gefängnisse oder in Strafandrohung und Prävention zu investieren?

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11
Q

Wie sehen Skeptiker den Zusammenhang von Bildung und Kriminalität?

A

> Entwicklung der Kriminalität in der Schweiz nach PKS:
— 2011:559’877Straftatenbei7’870’134Einwohner=
71,1 Straftaten pro 1.000 Einwohner
— 2012:611’903Straftatenbei7’954’662EW= 78,9 Straftaten pro 1.000 EW
— Oder doch folgenlose Bildungsexpansion?
Ökologischer Fehlschluss:
— Zusammenhang aggregierter Größen wie Kriminalitätsraten in einer Gesellschaft und durchschnittliches Bildungsniveau ihrer Bevölkerung (siehe z.B. Studie von Entorf & Sieger, 2010)
Problem der so genannten Dunkelziffer:
— irreführende Probleme der Aggregatdatenanalyse mit amtlicher
Statistik
soziale Selektivitäten in der Strafverfolgung:
— Sozial verzerrte Strafverfolgung
— Zusammenhang von Bildung und Art der Kriminalität und Aufdeckungswahrscheinlichkeit

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12
Q

Welche theoretischen Erklärungsansätze gibt es?

A

> Robert K. Merton (1968): Anomietheorie
Richard Cloward (1968): Chancenstrukturtheorie
Edwin Sutherland & Donald Cressey (1966): Theorie der differentiellen Assoziation
Albert Bandura (2001): sozial-kognitive Lerntheorie
Gary S. Becker (1968): ökonomische Theorie der Kriminalität

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13
Q

Wie lautet die ökonomische Theorie der Kriminalität?

A

> strafbare Handlung als rationale Entscheidung zwischen Alternativen (um an Güter zu gelangen)
Kriminalität als Folge nutzenmaximierender Entscheidungen subjektiv rationaler Akteure
Strafbare Handlung als Sonderfall des sozialen Handelns (Kosten-Nutzen-Abwägung):
— Eine Straftat wird dann begangen, wenn bei gegebener Entdeckungswahrscheinlichkeit p der erwartete Nutzen U größer ist als die erwarteten Kosten C, die sich aus Festnahme und Bestrafung ergeben: U > p · C
Erweiterung bei Berücksichtigung individueller Fähigkeit q, eine Straftat begehen zu können:
— Eine Straftat S wird dann ausgeführt, wenn gilt: qU > pC.

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14
Q

Wie lautet das Fazit zu Kriminalität.

A

> Kein empirischer Beleg für Alltagshypothese (Mythenbildung), dass arme und deprivierte Personen eher kriminell sind als wohlhabende und sozial integrierte Personen
Fehlende Bildung = Anreiz für kriminelles Handeln für Zielverfolgung
Entscheidung für Kriminalität folgt einer gleichen Logik wie die Entscheidung für legale Erwerbstätigkeit: Kosten- und Nutzenabwägung
Straftaten = keine alltäglichen Handlungsroutinen, die automatisch- spontan ausgeführt werden
Erwarteter Nutzen (plus Erfolg) weniger gewichtig als Entdeckungswahrscheinlichkeit und Reputationsverlust („Kosten“)
Bedeutsame Faktoren: Differentielle Assoziation, Gelegenheitsstrukturen (d.h. Variation der Straftaten nach verfügbaren Mitteln und Zielen), internalisierte Normen, Überzeugungen und Bewertungen von sowie Erfahrung mit Straftaten
Übertragbar auf «schwerwiegende» Straftaten mit hohen Kosten?

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