Vorlesung 4: Bildung und gesellschaftliche Entwicklung (Teil 1) Flashcards

1
Q

Nachhaltigkeit der Bildungsexpansion: Wie sieht die Ausgangslage, die These von Bourdieu und die empirischen Befunde dazu aus?

A

> Ausgangslage:
— StrukturundMechanismendersozialenVererbungvonBildungserfolgen
über mehrere Generationen in Deutschland (Fuchs & Sixt 2007)
These (aus Sicht von Bourdieu [1983]):
— Kinder(G3)vonBildungsaufsteigern(G2)habengeringere Bildungschancen als Kinder von Eltern, die über Generationen bereits das Bildungsniveau aufweisen, das die Bildungsaufsteiger erreicht haben
— D.h.intergenerationalePersistenzvonungleichenBildungschancen,die die Nachhaltigkeit der Bildungsaufstiege der Eltern konterkarieren würden
— ZuwachsvonBildungskapitalbeiBildungsaufsteiger,abernichtzwingend über mehr ökonomisches wie soziales Kapital oder inkorporiertes und objektiviertes kulturelles Kapital, das an Kinder weitergegeben werden kann
Empirische Befunde:
— AnalysenmitSozio-oekonomischemPanel(SOEP):nurdasältesteKind
— EffektdesBildungsgewinnsfürBildungschancenderKinder „verschwindet“ bei Kontrolle der sozialen Mobilität

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2
Q

Nachhaltigkeit der Bildungsexpansion – mehr Bildungschancen und weniger Ungleichheit? Wie sieht die Gegenthese von Boudon aus?

A

> Gegenfrage (aus Sicht von Boudon [1974]):
— Kritische Replikation durch Becker (2006, 2007)
— Stimmt die Logik des „Buddenbrook-Effekts“ bei Bildungsaufstiegen im Zuge der Bildungsexpansion?
Gegenthese:
— Nachhaltigkeit der Bildungsexpansion und Verringerung der
Bildungsungleichheiten
— Weitergabe der Bildungsgewinne an die Kinder
— Abnahme dieser Bildungsaufstiegseffekte in der Abfolge von Geburtskohorten im Zuge der Bildungsexpansion
Empirische Analyse:
— Längsschnittdaten der Deutschen Lebensverlaufsstudie und
des SOEP
— Kohortendesign und Berücksichtigung aller Kinder der Eltern

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3
Q

Wie lautet das Zwischenfazit?

A

> Methodische Probleme bei Fuchs & Sixt (2007)
— Verzerrte Mobilitätsraten wg. Berücksichtigung nur eines Kindes
— Ahistorische „Poolung“ statt Differenzierung nach Kohortenschicksalen
— Multikollinearität zwischen den Aufstiegsdimensionen
Re-Analysen mit Kohorten- und Längsschnittdaten der Lebensverlaufsstudie (Becker 2007)
— Bestätigung der Überlegungen von Boudon (1974) zu Bildungs- und Mobilitätschancen
— Nachhaltigkeit der Bildungsexpansion
— Zunehmende Statuskonsistenz in der Kohortenabfolge
— Keine Bildungsinflation im Westen Deutschlands (d.h. Widerlegung von Bourdieu sowie von Fuchs & Sixt)
— Gleichzeitigkeit von Bildungs- und Statusaufstiegen
— Langsame Öffnung in der Abfolge von Kohorten

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4
Q

Wie lautet das Fazit der Re-Analyse von (Becker 2007 & 2009)?

A

> Positiver Bildungseffekt gemeinsamer Lebenszeiten, insbesondere in „sensiblen Bildungsphasen“
Direkte und indirekte Bildungseffekte durch Bildungsniveau der Grosseltern („langer Schatten der sozialen Herkunft“)
Transmission intergenerationaler Bildungsaufstiege
Bildungseffekte gemeinsamer Lebenszeit = Ergebnisse von
Erziehung?
Signifikante Unterstützungsleistungen der Grosseltern für ihre Familien
Langsamer Abbau von Bildungsungleichheiten durch Bildung und Bildungsexpansion

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5
Q

Wie lautet das Fazit von Kalter et al. (2011)

A

> Allgemeine Entwicklung
— TrendinRichtungAssimilation,wennmandiestrukturelleLageder
zweiten Generation in Deutschland betrachtet
— AssimilationstrendimZeitverlaufinnerhalbderzweitenGeneration
Mechanismen der Entwicklung (für 2. Generation)
— AssimilationstrendbestehendausKombinationmehrerereinzelner
Entwicklungen
— AbschwächungdesdirektennegativenEinflussesdes Migrationshintergrundes (ME und MD)
— Verringerungder‚ethnicpenalties‘aufArbeitsmarktundim Bildungssystem
— VergrösserungdesAbstandesbeimBildungserwerbzwischender zweiten Generation und der Referenzbevölkerung in Hinsicht auf den sozioökonomischen Hintergrund
— D.h.Bildungsexpansionnütztallen,aberdenEinheimischenmehrals den Migranten, daher Verschlechterung der Bildungschancen bei Migranten und konstante Arbeitsmarktchancen

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6
Q

Erkläre das Experiment : O-E-D in CH – Zur Entwicklung intergenerationaler Mobilität in der Schweiz (Jann & Gombet 2012)

A

> Ausgangslage
— Allokation sozialer Positionen nach meritokratischen Kriterien — Prinzip der Chancengleichheit (contest mobility)
— Ist die Schweiz eine „offene“ Gesellschaft?
Forschungsstand
— Transmission des sozialen Status der Eltern auf die Kinder
— Theorie der kulturellen Reproduktion von Bourdieu & Passeron (1971)
— Theorie von Boudon (1974)
— Modernisierungstheorie (Blau und Duncan 1967)
Fazit für CH
— Persistenz oder allenfalls eine leichte Erhöhung der
intergenerationalen Bildungsmobilität
— Veränderung der intergenerationalen Statusmobilität?

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7
Q

Empirisches Beispiel 5: Studie von Karl Ulrich Mayer & Heike Solga (1994): Mobilität und Legitimität: Zum Vergleich der Chancenstrukturen in der DDR und BRD

A

> Ausgangspunkt:
— Effekte der Berufsverläufe und Mobilität für gesellschaftliche Sozial-
und Systemintegration
— Überzeugung vieler DDR-Bürger, dass DDR eine offenere Gesellschaft sei als die BRD (mehr Aufstiegschancen)
Thesen:
— Ungleichzeitigkeit von einerseits sehr hohen (für 1930 und 1940 Geborenen) und andererseits blockierten Mobilitätschancen (ab 1960 Geborene) = Elitenreproduktion
— Generationenkonflikt mit Protest gegen DDR-Führung (Gerontokratie) und Zusammenbruch der DDR („Implosion“ vs. „Explosion“-These) = Illegitimität sozialer Schliessung sowie relative Deprivation
Analyse:
— Vergleich von Daten über die Berufsverläufe von Männern der
Geburtskohorten 1929-31, 1939-41, 1951-53 & 1959-61
— Relative Mobilitätschancen

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8
Q

Wie lautet das Schlussfazit?

A

> Ausgangspunkt
— Chancengleichheit durch Bildung? Oder: Ist Bildung ein Mittel für die Herstellung von
Chancengleichheit?
— Intergenerationale Aufstiege und mehr Bildungschancen durch Bildungsexpansion?
Boudon (1974) & Jencks et al. (1972)
— Geringe Effekte durch Chancengleichheit beim Bildungserwerb
— Arbeitsmarktregulierung und sozialstaatliche Umverteilung mit direkten und größeren Einflüssen auf soziale (materielle) Ungleichheiten in einer Gesellschaft
Jencks et al. (1972)
— Weg zu einer weniger durch Ungleichheit gekennzeichneten Gesellschaft
— Weniger über Reformen des Schulsystems
— Eher über direkt wirksame Maßnahmen zum Abbau von Ungleichheit
Boudon (1974)
— Bildungsgleichheit nur in einer völlig gleichen Gesellschaft
— Bildungsgleichheit nur mit einem undifferenzierten Bildungssystem
— Perspektive einer reduzierten Bildungsungleichheit durch erhöhte Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit der Bildungswege
— Aber soziale selektive Nutzung der Anschlussmöglichkeiten

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