Vorlesung 3: Gerechtigkeit vs. Meritokratie Flashcards
Wie kommt Legalität zustande?
> Legalität durch…
— positive Satzung, an deren Legalität geglaubt wird (z.B.
Gesetz oder Verfassung als Institution)
Legalität durch…
— wertrationalen Glaubens (Geltung des als absolut gültig
Ideologie der Leistungsgesellschaft
Was ist die Leistungsideologie?
> Modellvorstellung, dass die Verteilung knapper Güter (Einkommen, Ansehen, Macht, etc.) nach erbrachter Leistung erfolgt, die einem jeden Gesellschaftsmitglied jeweils zugerechnet wird
— Leistung=DefinitionnachgesellschaftlichgegebenerKonvention (Nützlichkeitserwägungen) = erworbene „Verdienste“ (z.B. Bildungsabschluss)
— Bildungssystem=DefinitionsmachtfürBeurteilungvonLeistungnach gesetzten Massstäben
— Verteilungnacherworbenen„Verdiensten“(zertifizierteBegabungund Anstrengung)
Leistung als Instrument zur Rechtfertigung von sozialer Ungleichheit und Herrschaft, d.h. privilegierte Positionsinhaber haben ihre sozialen Vorteile durch eigene Leistungen verdient
Funktion der Leistungsideologie:
— AnreizfürLeistungsbereitschaft(Arbeitsmoral)undfürHoffnungauf
sozialen Aufstieg (durch Leistung)
— Soziale Ungleichheit als Voraussetzung für Anreizwirkung
Was bedeutet Meritokratie?
> „Meritokratie“ (lat.: meritum für „das Verdienst“; griechisch: kratein für „herrschen“) = Herrschaftsordnung nach Massgabe von Begabung und Leistungsfähigkeit des Einzelnen
— Merit = intelligence plus effort → achievement (demonstrated performance)
— „Meritokratische“ Prinzipien als legitimer Mechanismus für die Verteilung von Gütern und des gesellschaftlichen Status
— ‚Contest mobility‘ (Status durch Wettbewerb) statt ‚sponsored mobility‘ (Status durch Herkunft): Leistungsprinzip auf der Basis einer formalen Chancengleichheit
Was sind konstitutive Elemente der Meritokratie
— Besetzung verantwortungsvoller Positionen auf Basis von Meriten (Notwendigkeit der Ungleichheit wg. Anreizstruktur von Belohnungen)
— Zuordnung von Bildungschancen anhand natürlicher Befähigung und Motivation für Anstrengung
— Meriten als Basis sozialer Ungleichheit → Legitimationsglaube: Chancen- & Leistungsgerechtigkeit (Ungleichheit als Voraussetzung = Tautologie)
Wie kann die Legitimität einer Ordnung zustande kommen?
— A) Vereinbarung der Interessenten für diese:
– ungebrochener Glaube an meritokratischen Zugang zu Bildung in westlichen Gesellschaften trotz Bildungsexpansion und weiterhin bestehenden ungerechtfertigten Bildungsungleichheiten
– Beitrag für Stabilität dieser sozial ungleichen Bildungschancen
— B) Oktroyierung auf Grund einer als legitim geltenden Herrschaft von Menschen über Menschen (und deren Fügsamkeit)
– Soziale Schliessung beim Zugang zu höherer Bildung durch Anhebung von Leistungsanforderungen und Schaffung neuer exklusiver Ausbildungsmöglichkeiten und Bildungstitel
– Befolgen der „Spielregeln“ bis zur „Selbsteliminierung“ aus dem Bildungssystem (Bourdieu & Passeron 1971)
Nenne die Fünf Charakteristiken der meritokratischen Ideologie (vgl. Solga 2005):
- Natürliche Fundierung sozialer Ungleichheit (Nature-Nurture: natürliche vs.
soziale Kategorisierungen von Bildungszertifikaten) - Darstellung von Ungleichheit als gesellschaftliches Funktionserfordernis (Stratifizierung von Status oder Hierarchisierung von Berufspositionen als selektiver Anreiz sowie Legitimierung von hierarchischen Bildungsstufen)
- Notwendigkeit organisierter Bildungsprozesse (Kompetenznachweise in institutionalisierten und zertifizierten Bildungsprozessen; Rationalisierung und Legitimierung durch Kodifizierung in Form von Patenten als Ergebnis bürokratischer Prozeduren, d.h. Legitimation durch intersubjektiv überprüfbare Rationalität)
- Individuelle statt kategoriale Ungleichheitsdefinition (Rechtfertigung bestehender Ungleichheiten durch universalistische Leistungskriterien statt durch partikularistische Kriterien der Statuszuweisung, d.h. individuell definierte Ungleichheit nach individuell erbrachter Leistung)
- Entpersonifizierung der Definition von Leistung (Ausblendung der Definitionsmacht von Leistung und Verdiensten; Ausblendung der Definition von Bildungsinstitutionen und ihrer Funktionen)