Vorlesung 4: Theorien der Wirtschaftsethik Flashcards
Peter Ulrich: Integrative Wirtschaftsethik
-> Ausgangspunkte
- Kritik an der reinen ökonomischen Vernunft (Ökonomismus)
- > Ansetzen an der (impliziten oder expliziten) Normativität der normalen ökonomischen Sachlogik - Klärung der ethischen Gesichtspunkte einer lebensdienlichen Wirtschaft
- > Bestimmung alternativer Normativität - Bestimmung der Orte der Moral des Wirtschaftens
- > Frage nach der wirtschaftsethischen Handlungsrelevanz in spezifischen Kontexten
Ulrich:
1. Schritt: Wirtschaftsethik einer lebensdienlichen Gesellschaft
= Frage nach der Lebensdienlichkeit, dem Sinn
- > durchbricht den ökonomischen Zirkel
- > Ökonomie in den Dienst höherer Zwecke stellen
- > in den Kontext einer kulturell gewollten Lebensform
Ulrich:
2. Schritt: Klärung der ethischen Aspekte einer lebensdienlichen Gesellschaft
- Wendung vom Utilitarismus zur kommunikativen Ethik (Diskursethik) -> verständigungsorientierter Austausch
- Idee des Konsenses aller Betroffenen, soweit sie unvoreingenommen und vernünftig sind
- kommunikative Ethik als Basis einer solidarischen Weltgemeinschaft über alle interkulturelle Gegensätze hinweg
- -> ideale Kommunikativgemeinschaft (=herrschaftsfreier Diskurs)
- -> Habermas: Theorie des kommunikativen Handelns
- > Normfindung als Resultat immanenter Kritik (entspricht in etwa dem Rawlschen Konstruktivismus)
Ulrich:
3. Schritt: Bestimmung von Ebenen wirtschaftsethischen Handelns
Vermittlung zwischen ethischen Ansprüchen einerseits und ökonomischen Funktion- und Sachzwängen andererseits
Ulrich: Organisationsbürger
- Menschen haben als Rollenträger eingegrenzte Teilverantwortung
-> kann in Konflikt geraten mit der prinzipiell unbegrenzten Bürgerverantwortung des Rollenträgers
-> Bürgerverantwortung ist unteilbar
zb auf Arbeit: Gefahr vor blinde innbetrieblichen Pflichterfüllung
KARL HOMANN: ETHIK MIT ÖKOMISCHER METHODE
- klassische Sichtweise stützt sich auf Kant und
a) Schema: Einsicht - Motivation - Handeln
b) einen Dualismus von Ethik und Ökonomie
ETHIK: Soziale Normativität (Fragen nach der Moral)
ÖKONOMIK: Individuelle Normativität (Fragen nach der Klugheit)
zentral hier: DURCHBRECHUNG DER ÖKONOMISCHEN LOGIK!
- Ablösung von ethischer und ökonomischer Rationalität ist widersinnig!
Homann: Das Problem dualistischer Konzeptionen
Problem: INDIVIDUELLES MARKTVERSAGEN
- > mit Moral lassen sich nicht die naturwissenschaftlichen Gesetze überwinden
- > genauso wenig kann man mit gutem Willen nicht Gesetzmäßigkeiten außer Kraft setzen
Homann: Definition Wirtschaftsethik
-> Ökonomische Rekonstruktion der Ethik
= allgemeine traditionell philosophische Ethik, die mit der ökonomischen Methode, also mit der individuellen Vorteils/Nachteils-Grammatik rekonstruiert wird
-> Ökonom. rekonstruierte Ethik hat den Vorteil, dass sie über das bloße Sollen hinauskommt und das Problem der Implementation moralischer Sollensforderungen unter den systematischen Bedingungen der Moderne erfolgreich anzugehen
Homann: Das Problem der Ausbeutbarkeit
Angesichts systematischer Handlungsrestriktionen gilt:
- es bestehen für jeden massive Anreize zu delektieren. eher um sich gegen eine drohende Ausbeutung durch andere zu schützen -> SELBSTSCHUTZ
- Logik der Selbstverteidigung gilt präventiv -> Wer die Problemstruktur erkannt hat, muss sich dieser Logik gemäß präventiv aufs Delektieren verlegen, solange das Kooperieren der Anderen nicht durch besondere Vorkehrungen sichergestellt ist -> PRÄENTIVE GEGENDEFEKTION
Homann: eine Problemstruktur, 2 Denkrichtungen
Wettbewerb (Dilemmastrukturen etablieren und sichern) vs Gemeinschaftsgüter (Dilemmastrukturen überwinden)
Gary S Becker: Rationalität als Heuristik
- Ökonomik umfasst Vorteile und Rationalität
- > anhand von HO-Prinzip (Wissenschaft) UND subjektive Präferenzen und subjektiven Restriktionen will man zb Irrationalität erklären
Spielzüge (Handlungen) vs Spielregeln (Institutionen)
Spielzüge
- Handlungsentscheidungen
- Individual und Unternehmensethik
Spielregeln
- Handlungsregeln
- Ordnungsethik
Wo befindet sich der systematische Ort der Moral in der Marktwirtschaft?
= die Rahmenordnung
Anreizkompatibilität moralischen Handelns (Homann)
- Dissoziation von Motivation und Wirkung
- Bestimmte Formen von Wettbewerb, die Machtpositionen implizieren, eliminieren; produktiven Wettbewerb um Preise, Qualität etc. entfesseln
- Allg Unvollständigkeit von Verträgen -> gilt auch für Regeln im ordnungsethischen Sinne
- … Unternehmensethik immer wichtiger. Sie übernimmt die Führungsrolle in der Entwicklung weltweiter Moralstandards
Vernunftsprinzip
Sollen impliziert Können
Praktischer Syllogismus
(1) Normative Prinzipien/Ideale/Werte
(2) Empirische Bedingungen zb Knappheit, Wettbewerb
(3) Normative Urteile
Wie nennt man das Phänomen, bei den welchem man sich nur auf normative Prinzipien festlegt?
Fundamentalismus
Wie nennt man das Phänomen, bei den welchem man sich nur auf empirische Bedingungen festlegt?
Sachzwangslogik
Autonome Ethik
eher deontolgisch orientierte und auf grundlegende philosophische Prinzipien hin ausgerichtet
zb Kantische Ethik, Diskursethik
Naturalistische Ethik
eher konsequentialistisch und an einzelwissenschaftlichen Erkenntnissen (Ökonomie, Psychologie,..) orientiert
zb Wohlfahrtsökonomik, Soziobiologie,.
Vorbehalte der „autonomen Ethik“ gegenüber der „naturalistischen Ethik“
- NE-Ansätze verfehlen den „moral point of view“.
- NE-Ansätze verfehlen das moralische Selbstverständnis der Menschen.
- NE-Ansätze sind reduktionistisch.
- NE-Ansätze unterstellen ein verkürztes Menschenbild (homo oeconomicus)
Vorbehalte der „naturalistischen Ethik“ gegenüber der „autonomen Ethik“
- AE-Ansätze sind „idealistisch“ i.S.v. realitätsfremd (Formulierung von Prinzipien, auf die sich alle vernünftigen Gesellschaftsmitglieder einigen können müssten).
- Normative Vorstellungen von AE-Ansätzen sind im Alltag moderner Gesellschaften nicht implementierbar. NE-Ansätze formulieren faktische Restriktionen, über die sich die AE nicht hinwegsetzen kann.
Integration autonome und Naturalistische Ethik?
WECHSELSEITIG INKOMPATIBLE ANSÄTZE
weder goldener Mittelweg noch „additives Zusammenfügen“ möglich!
Integration NE → AE: „Bindestrich-Ethiken“ Integration AE → NE: AE als normative Faktizität
Sollensforderungen als normative Fakten
Fakten als Restriktionen
Normative Ethik i.S. normativer Theorien zur Lösung normativer Probleme
Konsequente Erweiterung der Individualethik um die Unternehmensethik und die Ordnungsethik