VL7: Einführung Gedächtnis Flashcards
Wurzeln der Gedächtnisforschung
Hermann Ebbinghaus - Selbstversuche Ansatz:
- objektive Methodik (behavioristisch)
- lernte sinnlose Silben (ohne Bedeutung (Ballast))
- danach möglichst korrekt wiedergeben (inkl. Reihenfolge), bei Fehler Wiederholung bis perfekt
- zentrale Erkenntnisse (bis heute anerkennt):
- -Effekt von Übung: Behaltensleistung steigt linear mit Anzahl der Wiederholungen
- -Effekt des Retentionsintervalls: Behaltensleistung fällt non-linear (zunächst viel nach Retention, danach kaum noch vergessen)
Def Retention
Zeit, die vergeht zwischen Lernen und Wiedergeben
Effekt von Übung und des Retentionsintervalls - Befundlage
ZB Bahrick (1984):
- Spanischvokabeln; damals in Schule gelernt, seitdem nie benutzt
- > selbst nach 50 Jahren noch potentiell Hälfte der Gedächtnisleistung, 75% haben die Vokabeln noch erkannt (recognition)
Grund: Häufigkeit und Verteiltheit (Übung über Zeit), wie bei Ebbinghaus
Def. Reproduktion (engl. recall)
Wiedergabe von gelernten Inhalten
- free recall
- cued recall (gefördert)
- immediate vs. delayed (Retentionsintervall)
Def. Rekognition (engl. recognition)
Wiedererkennen von gelernten Inhalten
- erzwungene Wahl (force-choice recognition)
- Alt-neu-Test (old-new recognition)
- Quellendiskriminationstest (source monitoring)
-leichter als recall
Ebbinghaus geht davon aus, dass das Gedächtnis durch Assoziationen funktioniert (wie Behavioristen) (je näher zwei Wörter in Liste (Kontiguität), desto stärker ihre Assoziation)
Gegenbefunde dazu ?
Bousfield (1953):
- Wörter aus vier Kategorien (Tiere, Namen, Berufe, Gemüse) zufällig im Lernliste verteilt
- free recall (Reihenfolge egal)
- Befund: Wörter kategorieweise reproduziert (nicht nach Reihenfolge bzw Kontiguität in Lernliste) Kategorien als starke Assoziationen
- -> Clustering (Organisation von Lerninhalten)
Noam Chomsky bzw. Sachs (1967):
- Chomsky: Satzverstehen-Erkenntnis: Aus Oberflächenstruktur von Sätzen die Tiefenstruktur (Bedeutung) herausarbeiten, d.h. nicht Wörter assoziieren, sondern Idee herausdestillieren, um Bedeutung zu erhalten
- Sachs (1967):
- -Oberfläche (Wörter) nur kurz erinnert, schnell vergessen
- -Tiefe (Bedeutung) länger erinnert
- > Abruf von Gedächtnisinhalten also getrieben durch Bedeutung und nicht durch Kontiguität
Kompromiss zwischen Ebbinghaus’ Befunden und neueren Befunden ?
- für sinn-/bedeutungslose Wörter(listen) reicht assoziative Erklärung
- aber wenn Lerninhalte mit Bedeutung (inkl. Assoziationen), dann reicht assoziative Erklärung nicht (s. Sachs, 1967)
- > irgendetwas passiert zusätzlich zwischen Präsentation und Abruf von Lerninhalte
- > Blick auf kognitive Sichtweise
Informationsverarbeitungsansatz
- Analogie Lernen, Gedächtnis und Computersystem
- massiv geprägt durch Entwicklung von Computern
- Funktionsweise Computer: Aufgabe in elementare Prozesse (Schritte) herunterbrechen, die sequenziell aktiviert werden (Befehlsequenz)
- bis heute sehr prominent
- Erklären von mentalen Prozessen als Teil einer zu Computern ähnlichen Informationsverarbeitung
Def. Enkodierung
Input in ein Format übersetzen, das verarbeitet werden kann
-Reiz -> kognitive Repräsentation
Def. Speicherung
Repräsentation im Gedächtnis abspeichern
Def. Abruf
Im Gedächtnis lokalisieren und von dort abrufen
Schnelles Vergessen
Peterson und Peterson (1959), s.a. Brown (1958)
- Trigramm (zB “CHJ”) merken
- im Retentionsintervall von 793 in 3er-Schritten rückwärts zählen
- > bereits nach 20s, wenn im Retentionsintervall andere Beschäftigung als Wiederholen des Trigramms, fast alles vergessen (nur noch 20% richtig)
Gedächtnisspanne
- i.d.R. 7 +- 2 Items
- Miller (1956): “the magical number seven, plus or minus two”
trz. enorme Gedächtniskapazität (viel mehr als 7 Items im Kopf!)
Rolle der Zeit!: neue Gedächtnisinhalte sehr fragil, ohne Aufmerksamkeit schnell weg und im Umfang begrenzt (7+-2)
-alte Gedächtnisinhalte sehr robust und im Umfang praktisch unbegrenzt
Also: Annahme von zwei Gedächtnissystemen (Unterschied der Speicherdauer): Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis
Kurzzeitgedächtnis (KZG)
- begrenzte Kapazität (wenig Infos für kurze Zeit)
- Infos nur so lange wie nötig für Weiterverarbeitung
Langzeitgedächtnis (LZG)
-hohe Kapazität (praktisch unbegrenzt), relativ überdauernde Speicherung