Usus modernus (= moderner Gebrauch des Pandektenrechts) Flashcards
Epochaler Überblick
Ansichten über Usus Modernus:
- Europäischer Hochbarock (Wieacker)
- Epochenbildung mit Titel Usus Modernus = Märchen (Schmoeckel)
Epoche:
Zeitliche Reichweite des Usus modernus ist umstritten:
E.A.: Soll von 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts (bes. Sachsen) bis ins ausgehende 18. Jahrhundert reichen
A.A.: Teils bis um 1500 zurückreichen (Luig, Wieacker).
- Epoche des Usus modernus: Hochzeit der Disputationen und Dissertationen als kleine akademische Schriften an den Universitäten
Ursprung des Namen Usus modernus
- Stammt aus Hauptwerk Samuel Stryks
“usus modernus pandectarum”
-> d.h. zeitgemäßer, praktischer Gebrauch des römischen Rechts
Verfahrensmäßig verbarg sich hinter dem Usus modernus die:
- Durchführung der Rezeption des römischen Rechts in die Rechtspraxis
- Literatur griff intensiv Rechtspraxis auf
Einheimisches Stadt- und Landrecht spielten in der Praxis eine wichtige Rolle, deshalb
- Regionalisierung der Rechtswissenschaft nach europäischen Regionen
- Abkehr vom romanistischen Universalismus
=> Folge:
Deutsche Juristen nahmen fast nur noch das Gedankengut niederländischer und französischer Autoren auf, während die Italiener weit dahinter zurückfielen
Usus modernus
-> Verband römisches Recht mit einheimischen Recht sowie mit dem kanonischen Recht und Naturrecht
!! Aber immer unter der Vorherrschaft des römischen Rechts (→ Statutentheorie)!!
=> Wissenschaft, Methode, Begriffe und äußere Form deshalb eindeutig romanistisch geprägt
Differentienliteratur
gegenläufig
Wollte gegenläufig (zunächst in Sachsen) römisches und einheimisches Recht zur Betonung der Unterschiede nur vergleichen
Samuel Stryk (auch Stryck) (1640-1710)
- Namensgeber des Usus modernus
- Zunächst Professor in Frankfurt an der Oder, dann Wittenberg und zuletzt in Halle neben Thomasius
- Galt als bester und berühmtester Jurist des Heiligen Römischen Reiches
- > Erhielt daher ein exorbitantes Jahresgrundgehalt: 1200 Taler (ca. 5 x Gehalt eines normalen Dozenten!)
- Hauptwerk „Usus modernus pandectarum“ (1690 ff.)
Mittelweg in der Anwendung des römischen Rechts
In usus modernus
- Keine Rezeption (d.h. Übernahme) in complexu (d.h. des gesamten römischen Rechts)
- Subsidiarität (d.h. Nachrangigkeit) gegenüber einheimischem Recht
- Aber fundata intentio (d.h. Vermutung seiner Geltung im Prozess)
Wandlung des Privatrechts
Positionen des Usus modernus
- Deutliche Modifikation bzw. Abkehr von der Dogmatik und den Ergebnissen des römischen Rechts
- Klagbarkeit aller Verträge
- Vertrag zugunsten Dritter, unmittelbare Stellvertretung
- Gesamthand
- Übereigunug: iusta causa putativa
- Erbvertrag
Klagbarkeit aller Verträge
Ausgangslage:
- Antikes römisches Recht kannte mit seiner Kontrakttypologie keine allgemeine Vertragsfreiheit
- Unterschied contractus (einklagbarer Vertrag) – pactum (nicht einklagbarer Vertrag)
Wichtige römische Kontrakttypen:
- Realkontrakt (Darlehen)
- Verbalkontrakt (Stipulation)
- Konsensualkontrakt (Kauf, Miete, Dienst, Werk, Auftrag, Gesellschaft)
- > Usus modernus erkannte die endgültige grds. Klagbarkeit eines jeden Vertrages an
- Ebenso das Freiburger Stadtrecht von 1520
Vertrag zugunsten Dritter
Unmittelbare Stellvertretung
Antikes römisches Recht:
- Keine Anerkennung des Vertrages zugunsten Dritter und der direkten Stellvertretung
- Ausweichung auf Hilfskonstruktionen
Usus modernus
- Erkannte beide Rechtsinstitute im Grundsatz an
- Erleichterten Verkehr insbesondere bei Distanz- und Finanzgeschäften sehr
Gesamthand
Antikes römisches Recht:
- Nur Miteigentum nach ideellen Bruchteilen
- Jedem Miteigentümer war die freie Verfügung über seinen Anteil erlaubt
- Gesamthand/Gesamteigentum erstmals im Stadtrecht des 17. Jahrhunderts mit unklarer Quellenlage namentlich erwähnt
Nach dem Gesamthandsprinzip:
Alle Gesamthänder sind Volleigentümer und deshalb in ihrer Verfügungsmacht durch die anderen Gesamthänder beschränkt.
Usus modernus:
- Integrierte Rechtsinstitut als Gesamteigentum in Normbestand
- Beispiel heute: Gütergemeinschaft im BGB
Übereignung: iusta causa putativa
Nach Ende der antiken Vermögensordnung und damit des Abstraktionsprinzips:
- Juristen versuchten erneut, Schuldvertrag und sachenrechtliche Übereignung zu abstrahieren (von etwas absehen/verzichten)
- Übergangslösung:
Es sollte die irrtümliche Annahme eines Vertrags für den Eigentumsübergang genügen (iusta causa putativa)
-> Lösung steht zwischen Kausal- und Abstraktionsprinzip.
Erbvertrag
Römisches Recht:
- Verboten
- Fügte sich nicht in die Kontrakttypologie ein
- Einführung in Deutschland erst durch die gelehrten Juristen der Frühen Neuzeit
Welche Juristen zählen zum usus modernus
Stryk, Mevius, Carpzov