Teilleistungsstörungen Flashcards
Was sind Teilleistungsstörungen?
„Teilleistungsstörungen sind Leistungsdefizite in begrenzten Funktionsbereichen, die aufgrund
allgemeiner Intelligenz, Förderung sowie körperlicher und seelischer Gesundheit des
Betroffenen nicht erklärt werden können.“ (Esser, 2008)
Welche Bereiche können betroffen sein?
Auswahl betroffener Bereiche
▪ Sprache (rezeptiv/expressiv): z.B. Sprachverständnisstörung, eingeschränkter Wortschatz,
Dysgrammatismus
▪ Sprechen: z.B. Phonemdiskriminationsstörung, Artikulationsstörung
▪ Schulische Fertigkeiten (Lesen, Schreiben, Rechnen): Lese-Rechtschreibschwäche (LRS),
isolierte Rechtschreibstörung, Rechenstörung (Dyskalkulie), kombinierte
Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten
Was besagt die Normalitätsannahme?
Normalitätsannahme: Durchschnittliche Intelligenz, keine Hör- oder Sehstörung
(unzureichend behandelt / versorgt), keine neurologische Erkrankung, kein Verlust bereits
erworbener Fähigkeiten, kein unzureichender Unterricht, keine hohen Fehlzeiten oder
häufige Schulwechsel
Was besagt die Diskrepanzannahme?
Diskrepanzannahme: Bedeutende Differenz zwischen dem allgemeinen Leistungsniveau
und der spezifischen Teilleistungsstörung, die nicht durch das Alter, die allgemeine
Intelligenz und die Art der Beschulung erklärbar ist
Was ist das Hauptmerkmal der LRS?
Hauptmerkmal = gestörte Entwicklung von Fertigkeiten des Lesens und Rechtschreibens,
die sich nicht durch geistige Behinderung, unzureichenden Unterricht, Hör- oder
Sehstörungen oder andere neurologische Erkrankungen erklären lässt
(Normalitätsannahme)
Kombination von früheren Sprachentwicklungsstörungen mit späterer Lese-
Rechtschreibstörung ist relativ häufig
Welche Merkmale hat die LRS?
▪ deutliche Beeinträchtigung der schulischen Leistungen
▪ Lese-Rechtschreibleistungen liegen deutlich unter dem Niveau, das aufgrund des Alters,
der allgemeinen Intelligenz und der Beschulung zu erwarten ist (Diskrepanzannahme)
▪ Störung wird in allen bekannten Sprachen gefunden
WHO Definition?
WHO: Beeinträchtigung der kognitiven Informationsverarbeitung, die größtenteils auf
biologischen Fehlfunktionen beruht
Symptomatik Lesestörung beim Vorlesen?
▪ beim Vorlesen: Auslassen, Ersetzen, Verdrehung oder Hinzufügen von Worten oder
Wortteilen; niedrige Lesegeschwindigkeit; Startschwierigkeiten: Verlieren der Zeile, keine
sinnentsprechende Betonung; Vertauschen von Wörtern im Satz oder von Buchstaben in
den Wörtern
Symptomatik Lesestörung beim Leseverständnis?
Unfähigkeit, Gelesenes wiederzugeben, aus Gelesenem Schlüsse zu
ziehen oder Zusammenhänge zu sehen
Wie häufig sind Lesestörungen?
▪ Häufigkeit: 3%-7% der Schulkinder, Jungen sind 4-10 mal häufiger betroffen
Rechtschreibstörung Symptomatik?
▪ Reihenfolgen von Buchstaben in einem Wort oder Stellung der Wörter in einem Satz
können nicht aufgenommen oder wiedergegeben werden
▪ Schwäche in der Rechts-Links-Orientierung oder in der Raumorientierung
▪ ähnliche Buchstaben wie „b, d“ oder „p, q“ können nicht voneinander unterschieden
werden
▪ akustische Differenzierungsfähigkeit eingeschränkt „b, p“ oder „g, k“(z. B. Grund-Krunt)
▪ lautliches Schreiben (z. B. während- wernt)
▪ Umstellungen von Buchstaben im Wort (z.B. Maus-Muas)
▪ Auslassen von Buchstaben (z.B. zwanzig-zwazig)
▪ Einfügungen falscher Buchstaben
▪ niedrige Schreibgeschwindigkeit
Was ist eine isolierte Rechtschreibstörung?
▪ Beeinträchtigung der Rechtschreibfertigkeiten ohne Vorgeschichte einer umschriebenen
Lesestörung
▪ betrifft sowohl das mündliche Buchstabieren als auch die korrekte Schreibung von Wörtern
▪ Häufigkeit: 2% der Schulkinder
WElche komorbide Symptomatik gibt es?
▪ reduziertes Selbstwertgefühl / Verhaltensauffälligkeiten
▪ Konzentrationsschwäche
▪ sekundäre Neurotisierung
▪ emotionale Symptome im Sinne von Versagensängsten, depressiven Verstimmungen,
Schulangst
▪ somatische Symptome (z. B. Kopf- und Bauchschmerzen)
▪ Störungen im Sozialverhalten
▪ Hausaufgabenkonflikte
Genese der LRS?
▪ genetische Einflüsse: Auswirkungen auf hirnstrukturelle und hirnfunktionelle Korrelate
zentralnervöser Informations-verarbeitung
▪ periphere Hörstörung
▪ soziokulturelle Einflüsse
▪ Sprachmilieu
▪ eventuell spezielle Unterrichtsmethode
▪ Sprachentwicklungsstörung
▪ Störung von Basisfunktionen (z. B. Exekutivfunktionen: Arbeitsgedächtnis)
▪ auditive und visuelle Teilleistungsschwäche
Interdisziplinäre DIagnostik?
▪ Anamnese
▪ ärztliche Untersuchung
▪ logopädische Untersuchung
▪ audiologische Abklärung
▪ psychologische Untersuchung (Intelligenz, Lese- und Rechtschreibtest, ergänzende
Verfahren, z. B. visuelle Wahrnehmung, phonologische Bewusstheit,
Verarbeitungsgeschwindigkeit, Gedächtnis, Konzentration, Motorik, emotionale
Begleitsymptomatik)
Anamnese vor der psychometrischen Diagnostik, was wird gefragt?
▪ anamnestische Angaben (z. B. Erkrankungen, schulische Fehlzeiten, familiäre Vorbelastung
bzgl. LRS/Dyskalkulie)
▪ Vorbefunde (z. B. vorliegende Diagnostikergebnisse)
▪ Lehrerfragebogen (z. B. Schulnoten, Diskrepanz zu anderen Fächern, Leistungsniveau der
Klasse; wichtig: Einverständnis der Eltern!)
▪ Kriterien ICD 10 (z. B. Ausschluss von neurologischen Erkrankungen oder
Sinnesfunktionsstörungen)
▪ Familienanamnese (Eltern, Geschwister, Großeltern)
▪ Schwangerschaft, Geburt und Neonatalperiode
▪ Meilensteine der Entwicklung (insb. Hör- und Sprachentwicklung, motorische Entwicklung)
▪ Verlauf der frühkindlichen Entwicklung
▪ Krankheitsanamnese
▪ schulische Laufbahn und Hausaufgabensituation
VOn welchen Problemen berichten Eltern häufig?
▪ Bewältigung der Schwierigkeiten durch intensive Hausaufgabenhilfe, dennoch
regelmäßiges Versagen
▪ wenig Schwierigkeiten mit dem Abschreiben von Wörtern und Texten, dem Zahlenlesen,
Buchstabenlesen und Lautieren von einzelnen Buchstaben, aber: Häufiges Scheitern bei
Synthese einzelner Laute zu einem Wort sowie umgekehrt
▪ Beginn psychischer und erzieherischer Konflikte im Zusammenhang mit Lern-
/Leistungssituationen nach Einschulung
▪ Klagen der Kinder über somatische Beschwerden v. a. während der Schulzeit
▪ Leistungsunterschiede zu anderen Schulfächern
Können auch Lehrer befragt werden?
Ja mit Einstimmung der Eltern. Fragen über schulische Situation, Diskrepanzen zu anderen Fächern, etc.
Welche Tests gibt es?
SON-R 6-40 + HAWIK (Intelligenz), ELFE 1-6 (• Wort- Satz- und Textverständnis
• Basiert auf Unterschieden in der
Lesegeschwindigkeit), SET 5-10 (Untertest Handlungssequenzen -> Sprachverständnis), HSET (Nachsprechen von Sätzen)
Wie ist die PRognose?
Prognose
▪ hängt davon ab, wie Kinder durch gezielte Trainingsprogramme durch einen ausgebildeten
Therapeuten gefördert werden und wie weit Schule und Elternhaus Verständnis und
Rückhalt vermitteln
Welche übergeordneten Ziele gibt es?
▪ frühe Diagnose und individuell angepasste Fördermaßnahmen, um:
▪ sekundäre psychische komorbide Symptomatik zu vermeiden!
▪ eine Schullaufbahn zu ermöglichen, die dem kognitiven Leistungsvermögen entspricht.
Welche Voraussetzungen haben die übergeordneten Ziele?
Motivation als Voraussetzung für Lernen
▪ Aufmerksamkeit als Voraussetzung für effektives Lernen
▪ gezielte Übungen in den Teilleistungen
▪ Zusammenarbeit der Lehrer, Eltern und Therapeuten (Erwartungen, Förderziele und
Förderschwerpunkte, Möglichkeiten des Lernausgleichs)
Therapie: Training der phonologischen Bewusstheit Welche Möglichkeiten gibt es?
▪ Reime finden, reimen
▪ analytisch-buchstabierender Lese-Schreib-Unterricht
▪ Gliederungsübungen
- Wörter in Laute
- Wörter in Buchstaben
- Wörter in Silben
- Wortstamm, Vor- und Endsilben
- Satz in Wörter
▪ Übungen zur Steigerung der Lesesicherheit
▪ Wortumbau (z. B. tor-rot, eis-sei)
▪ Wortauf- und Wortabbau (z.B. ei, eis, eisen, eis, ei)
▪ Differenzierungsübungen langer/kurzer Vokal, stimmhaft/stimmloser Konsonant
▪ visuelle Hilfen einsetzen
Welche Übungen zur Steigerung der Rechtschreibsicherheit gibt es?
▪ Phonem-Graphemkorrespondenz über Assoziationshilfen, Anlauttabellen,
Lautzeichen,…kognitiv vernetzen
▪ Übung häufiger Morpheme und Wörter
▪ „Bauen“ von Wörtern mit Buchstaben- oder Morphemkärtchen
▪ Wortbilder einprägen
▪ Fehler im Wort finden
▪ Verwendung von Piktogrammen für die wichtigsten Rechtschreibregeln
Therapie welche Übungen gibt es?
▪ Buchstabenkarten legen ▪ wiederholte Diktate einzelner Wörter ▪ Training der visuellen Wahrnehmung ▪ Training der auditiven Wahrnehmung ▪ Erarbeiten von Buchstabenformen ▪ Abbau von Versagensängsten
Welche Zusatzbereiche können in der Therapie bearbeitet werden?
Übungen zur Verbesserung des sprachauditiven Kurzzeitgedächtnisses bzw. Erarbeitung
von Kompensationsstrategien
▪ Störschallreduktion (z.B. Filzgleiter unter Stuhlbeine, Vorhänge, Gesprächsdisziplin)
▪ Abbau von Versagensängsten, Schulunlust (realistische Ziele setzen und überschaubare
Arbeitsaufträge geben, Stärken nutzen)
▪ Nachteilsausgleich auf individuelle Bedürfnisse anpassen
Können LRS isoliert auftreten oder nur kombiniert?
Beides
Welche Annahmen gelten allgemein?
Diskrepanz- und Normalitätsannahme