Enuresis/Enkopresis Flashcards
Enuresis ICD
F 98 Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F 98.0 nichtorganische Enuresis
DIagnostische Kriterien ICD
- Kind ist nacht Lebens- und geistigem Alter mind. 5
- unwillkürliche o. beabsichtigte Harnentleerung in das Bett oder die Kleidung mit einer häufigkeit von mind. zweimal im Monat bei Kindern unter 7, mind. 1x bei älteren
- nicht Folge epilept. Anfälle, neurolog. bedingter Inkontinenz, einer anat. Anomalie oder Folge anderer nchtpsychiatrischer, mediznischer Gegebenheiten
- keine psychiatrischen Störungen
- dauer mind. 3 Monate
–> nur dann Hauptdiagnose, wenn der unwillkürliche Urinabgang wenigstens mehrmals wöchentlich auftritt
- oder wenn andere Symptome eine zeitliche Kovarianz mit Enuresis zeigen
- wenn in Verbindung mit Enkopresis, dann soll die Enkopresis(F98.1) diagnostiziert werden
Was sind primäre und sekundäre Enuresis?
primäre: Einnässen seit der Geburt ohne längere Trockenphasen
sekundäre: WIederaufgetretenes Einnässen nach einer trockenphase von 6 Monaten
Ursachen Enuresis nocturna
monosymptomatische Neuresis: wahrscheinlich erbliche Ursachen
- anlage bedingte Entwicklungsverzögerung der Blasenfunktion
- notwendige Nervenverbindungen unzureichend entwickelt –> fehlende Unterdrückung den ENtleerungsreflexes im Schlaf
- kindl. Blase zu klein
- Urinmenge für Blase zu groß (zB aufgrund Polyurie)
- Falsche Verteilung von Flüßigkeitszufuhr
- Hormon Vasopressin (–> hier Gabe von Dessmopressin)
- Unterentwickeltes Zusammenspiel von Blasenkontrolle & Schlaftiefe (erschwerte Erweckbarkeit)
Basisdiagnostik?
Basisdiagnostik
- detaillierte Anamnese
- Blasentagebuch (48 Std. Trink-und Miktions-protokoll) und 14-Tage Ausscheidungsprotokoll
- körperliche Untersuchung (inkl. urologischer und neurologischer Untersuchung)
- Urinuntersuchung (wenn auffällig weitere Diagnostik)
- Sonographie: Restharnbestimmung, Blasenwanddicke, Nieren ▪
- Miktionsbeobachtung ▪
- Uroflowmetrie/ Flow-EMG mit Restharnbestimmung
- weiterführende spezielle Diagnostik
Multiaxiale Bewertung Enuresis
Achse I
- Leitsymptomatik ist das unwillkürliche Einnässen
- Behandlung führt zu einer Reduktion des kindlichen Leidensdruckes und zur Besserung des Selbstwertgefühls
- “Symptomverschiebung” konnte empirisch nicht nachgewiesen werden
Achse II
- Teilleistungsschwächen und spezifische Entwicklungsdefizite
- insbesondere Störungen der Sprache und des Sprechens und motorische, feinneurologische Auffälligkeiten (“soft signs”)
Achse III
- Lern-und geistig Behinderte nässen häufiger ein; bei Verdacht: entsprechende Intelligenzmessung
Achse IV
- komplette pädiatrisch-internistische Untersuchung, mit neurologischer Abklärung, besonders bei tags Einnässenden
Achse V
- aktuelle psychosoziale Stressoren (letzte 6 Monate) sind v.a. bei sekundärer Enuresis nocturnaerhöht; auch länger zurückliegende belastende Lebensereignisse (Trennung Eltern, Geburt Geschwister, Umzug usw.) sollten exploriert werden
Achse VI
- die meisten Formen des Einnässens ambulant behandelbar; Schweregrad der Störung einschl. der psychiatrischen Begleitsymptomatik entscheidet darüber, ob teil-oder vollstationäre Behandlung erforderlich ist
Differentialdiagnosen
- organische harninktiontinenz
- VOrliegen von Harnwegsinfekten
- Unterscheidung der verschiedenen Untergruppen des Einnässens
Enuresis Epidemiologie
- 7 - 13% (Enuresis nocturna im Alter von 7 Jahren)
- Jungen zwei Mal häufiger betroffen
- 25▪ % zeigen sekundäre Enuresis (Robson & Leung, 2000)
- in ca. 2/3 der Fälle monosymptomatische Enuresis (Butler et al. 2005, 2008)
Enuresis
Ätiologie
- Reifungs-und Funktionsstörung des ZNS (von Gontard et al. 1998)
- Genetik: hohe genetische Belastung mit autosomal-dominantem Erbgang (44% bei einem betroffenen Elternteil, 77% wenn beide ET betroffen), mehrere Genlocibekannt
- verminderte nächtliche ADH-Synthese (Vasopressin)
- verminderte Vigilanz/ niedriges arousal: Erschwerte Erweckbarkeit trotz normaler Schlafarchitektur
- verringerte funktionelle Blasenkapazität?
kritische Lebensereignisse
- insbesondere bei der sekundären Enuresis
- v.a. Trennung der Eltern, oder wenn mehrere zusammen treffen
- Alter beim Erreichen der Trockenheit spielt eine Rolle (>3 Jahre = Vulnerabilitätsfaktor für spätere Enuresis)
Enuresis
Komorbidität
- bei nächtlichem Einnässen/ Enuresis entspricht die Rate psychiatrischer Komorbiditäten derjenigen der Allgemeinbevölkerung
- aber: Bis zu 40 % aller Kinder mit Einnässen zeigen klinisch relevante Verhaltensstörungen (z. B. Störungen des Sozialverhaltens, ADHS, Ängste, depressive Störungen)
- Komorbiditäten häufiger bei tagsüber einnässenden Kindern und bei sekundärem Einnässen, am häufigsten bei Kindern mit Miktionsaufschub (ca. 40 -50 %) (vgl. Zink, Freitag & von Gontard 2008)
- ca. 1/3 zeigen zusätzlich Stuhlinkontinenz mit oder ohne Obstipation
- weitere häufige Komorbiditäten sind Schlaf-und umschriebene Entwicklungsstörungen
Enuresis
Therapeutische Interventionen
Hierarchie des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens:
- Baseline für 4 Wochen (Beratung, Beruhigung, Motivationsaufbau, Kalenderführung)
- apparative Verhaltenstherapie (AVT)
- Verstärkung der AVT mit Arousal-Training (bei Therapieresistenz mit Dry-Bed-Training)
- symptomatische medikamentöse Therapie mit Desmopressin(ADH-Analogon), auch ergänzend z.B. für Klassenfahrten
Was ist die AVT? Wie wird sie durchgeführt?
Apparative Verhaltenstherapie
- tragbare Geräte (sog. “Klingelhose”) und Bettgeräte (sog. “Klingelmatte”) etwa gleich effektiv - die Auswahl sollte den Kindern überlassen werden. Ziel ist die komplette Trockenheit
- initialer Erfolg: mindestens 14 konsekutive trockene Nächte nach maximal 16 Wochen AVT
- Rückfall: 2 nasse Nächte pro Woche
- fortgesetzter Erfolg: kein Rückfall in 6 Monaten
- kompletter Erfolg: kein Rückfall in 2 Jahren
- Wirkprinzip: Reflextraining und Veränderung der Schlafarchitektur
Was sind wichtige Instruktionen in der AVT?
wichtige Instruktionen umfassen
Gerät jede Nacht einsetzen
Kinder müssen komplett wach werden
WIe kann die AVT verhaltenstherapeutisch verstärkt werden
sog. “Arousal-Training”: das Kind erhält eine Belohnung, wenn es aufsteht und aktiv kooperiert
Kombination mit Desmopressin(auf 6 Wochen beschränkt) vor allem bei hoher Einnässfrequenzund Verhaltenssymptomen
Dry-Bed-Training, im direkten Vergleich mit der AVT alleine ist das DBT nicht wirksamer. Das DBT bleibt therapieresistenten Fällen vorbehalten.
Wann ist Pharmakotherapie indiziert?
- Therapieresistenz gegenüber anderen Methoden
- in Kombination mit nicht-pharmakologischen Methoden
- zur Motivationssteigerung
- bei familiären und sonstigen Belastungen, die eine aufwändige Behandlung nicht erlauben
- andere spezifische Indikationen, z.B. die Notwendigkeit von kurzfristigem Trockenwerden vor Schulausflügen und dergleichen.
- nach Absetzen der Medikamente kommt es in den meisten Fällen zu einem Wiederauftreten der Einnässsymptomatik.
Welche Medikamente werden gegeben?
Was bewirken sie?
Wie wirksam sind sie?
DDAVP/Desmopressin
- synthetisches Analogon des antidiuretischen Hormons (ADH)
- Wirkung: Reduktion der Urinproduktion
- ca. 70% Reduktion der nassen Nächte
- nach Absetzen erleiden die meisten einen Rückfall
- als wichtigste, seltene unerwünschte Wirkungen in bisher über 20 dokumentierten Fällen: Hyponatriämie und Wasserintoxikationen (Todesfälle wurden nicht berichtet)
- CAVE: Flüssigkeitsrestriktion am Abend erforderlich