Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit Flashcards
§ 224 I Nr. 5: Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
- Lit: konkrete Lebensgefahr erforderlich, dh es hängt aus Sicht eines Beobachters nur noch vom Zufall ab, ob das Opfer dem Tod entgeht
- Ausreichend: generelle Eignung zur Herbeiführen tödlicher Folgen (hM) (unter gegebenen Umständen im Allgemeinen geeignet, den Tod eines Menschen herbeizuführen - meint nicht “abstrakte Gefährdung”!)
- > aber: Annäherung an konkretes Gefährdungsdelikt durch Rspr. (s. BGH: Mischung der Definition von konkreten und generellen Elementen, jedoch beständig in Richtung der Lit.)
§ 226 I Nr. 3
Einschränkungen der ästhetischen Erscheinung (soziale Teilhabe etc) - kosmetische Operationen etc. werden berücksichtigt (bspw. Zahnersatz bei eingeschlagenen Zähnen)
-> auf § 226 I Nr. 1 nicht übertragbar: Folgen sind eingetreten (wie kann ich in der Welt agieren?) - auch Nr. 2 wird nicht deswegen verneint, weil Prothesen oÄ eingesetzt werden können
§ 226 I Nr. 2 - Definition des Gliedes
- Engste Auffassung: äußere Körperteile, die eine in sich abgeschlossene Existenz mit besonderer Funktion im Gesamtorganismus haben und mit dem Körper durch ein Gelenk verbunden sind
- Mittlere Auffassung: es reicht jede Verbindung zum Körper (bspw. Ohr)
- Weiter Auffassung: auch innerliche Körperteile sind umfasst (von Rspr. abgelehnt)
con: Wortlaut
con: § 226 I Nr. 1,3 regelt Organschäden hinreichend
§ 226 I Nr. 2 - Bestimmung der Wichtigkeit eines Gliedes
- Rspr: Keine Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und Besonderheiten
- Tlw. Lit: Einbeziehung insbesondere der beruflichen Verhältnisse geboten (bspw. Finger eines Pianisten)
§ 226 I Nr. 3 - Dauernde Entstellung in erheblicher Weise
- wenn sie in ihrer ästhetischen Wirkung derart verändert ist, dass sie auf Dauer starke psychische Nachteile im Verkehr mit der Umwelt zu erwarten hat
- erheblich: im Gewicht etwa gleich den sonstigen Folgen des § 226
(- regelmäßige Sichtbarkeit der Entstellung ist prinzipiell nicht erforderlich; Entstehung muss dauerhaft, zumindest auf unbestimmte Dauer sein)
§ 226 I Nr. 3 - Verfallen in Siechtum, Lähmung, etc
- Siechtum: chronischer Krankheitszustand, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht und allgemeine Hinfälligkeit zur Folge hat
- Lähmung: erhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Bewegungsfähigkeit des Körperteils
- Behinderung: (im weiten Sinne wären die anderen Folgen des § 226 redundant genannt, daher) Verfallen in geistige Behinderung
§ 227 - erfolgsqualifizierte Deliktskonstellation
- nur Fahrlässigkeit bezüglich der Folge (bei Vorsatz: 211, 212)
- sehr hoher Strafrahmen -> Gebot der engen Auslegung (wo liegt das spezifische Mehr an Unrecht?)
Zusammenhang zwischen Grunddelikt und schwerer Folge (§ 227)
Anknüpfungspunkt:
- Letalitätsthese: der Erfolg der KV muss in einem pathologischen Prozess zum Tod geführt haben
pro: Wortlaut “durch die KV”
pro: restriktive Auslegung nötig
con: keine sachgerechte Abgrenzung möglich
con: starre Regelung führt im Einzelfall zu unhaltbaren Ergebnissen - Gegenansicht (insbes. Rspr - BGH): ausreichend, wenn die KV-Handlung zum Tod geführt hat
pro: Lücke zwischen 224+222 und 212/211 soll geschlossen werden
con: mangelnde Möglichkeit der Begrenzung (Unrechtsgehalt)
- > Unmittelbarkeitskriterium: unklare Ausformung (tatsächlich oder normativ? Resi-Fall vs. Fenstersprung!)
- > für Falllösung: Unmittelbarkeit zu bejahen bei Ausweglosigkeit des Opfers / größtem Druck (oÄ Situationen)
Unmittelbarkeitskriterium (§ 227) nach neuerer Rspr.
Unmittelbarkeitszusammenhang im Verständnis der
neueren Rechtsprechung entspricht dem allgemeinen
Zurechnungszusammenhang:
-> Schaffung einer unerlaubten Gefahr (durch
Körperverletzungshandlung)
-> Realisierung dieser Gefahr (durch nachvollziehbares
Opferverhalten)
-> Keine besonderen Anforderungen an § 227 StGB
=> Konsequenz: pro Letalitätsthese aufgrund des Gebots der restriktiven Auslegung des § 227
Versuch des § 227?
Möglich wären
- Versuchte Erfolgsqualifizierung: schwere Folge ist vom Vorsatz umfasst, tritt aber nicht ein (nicht möglich bei §227)
- Erfolgsqualifizierter Versuch: beim Versuch des Grunddelikt tritt die schwere Folge ein
- > nach Letalitätsthese nicht möglich (da kein KV-Erfolg)
- > nach BGH-Lösung: grds. möglich
Sittenwidrigkeit der Einwilligung
- ältere Rspr: Beweggründe und Ziele der Beteiligten (sadomasochistische Motive, Wille zur Verdeckung oder Vortäuschung einer Straftat)
- neuere Rspr: Entscheidend ist das Gewicht des Rechtsgutseingriffs (Unwirksamkeit bei konkreter Todesgefahr ex ante); Berücksichtigung der gruppendynamischen Prozessen innewohnenden Eskalationsgefahr (Erweiterung um das Wertungsmuster des § 231 für die Art und Weise der Begehung -> Beteiligung als solche schon strafwürdiges Unrecht)
Beteiligung an einer Schlägerei § 231
Schwere Folge muss nach den Regeln der objektiven Zurechnung auf die Schlägerei zurückgehen
§ 224 I Nr. 1: Gift oder anderer gesundheitsschädlicher Stoff
- Gift: Jeder Stoff, der durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit erheblich zu beeinträchtigen vermag
- andere gesundheitsschädliche Stoffe: solche, die
mechanisch oder thermisch wirken (zerstoßenes Glas,
kochendes Wasser, HI-Virus) (nach hM Verwendung im konkreten Einzelfall maßgeblich)
bzgl. Vorsatz: konkrete Eignung zu erheblicher Gesundheitsschädigung muss bekannt sein
§ 224 I Nr. 2: Gefährliches Werkzeug
Gegenstand, der nach seiner objektiven
Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung
konkret geeignet ist, erhebliche Verletzungen
hervorzurufen
-> Erheblichkeit der Verletzung: Erheblichkeit jedenfalls dann, wenn die Gefahr schwerer Folgen i.S.d. § 226 StGB besteht - darüber hinaus jede Verletzung, die so gravierend ist, dass sie die Funktion oder das Erscheinungsbild des Körpers einschneidend beeinträchtigt
§ 224 I Nr. 2: Waffe
Waffen im technischen Sinn, die ihrer Natur nach
dazu bestimmt sind, auf mechanischem oder
chemischem Weg Verletzungen beizubringen