Somatoforme Störungen: Schmerz und Schmerzstörungen Flashcards
(44 cards)
Was ist Schmerz?
- „Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis,
- das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist
- oder mit den Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“
= Definition der International Association for the Study of Pain (IASP)!
Beschreibe die verhaltensmedizinische Perspektive von Schmerz
> Schmerz ist eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlicher oder
potenzieller Gewebeschädigung zusammenhängt oder in
den Worten einer solchen beschrieben wird….
Schmerz ist ein multidimensionales Phänomen, das von afferenten und efferenten Faktoren auf der Ebene des Rückenmarks moduliert wird und neben der sensorischediskriminativen
auch eine motivational-affektive und eine kognitiv-bewertende Komponente hat.
Beschreibe die Schmerzstörung nach DSM 4
- Somatoforme Störung -> nicht mehr in DSM 5
A. Schmerzen, die klinisch bedeutsam beinträchtigen
B. Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen und anderen
wichtigen Funktionsbereichen
C. Psychische Faktoren spielen eine wichtige Rolle für Beginn,
Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung
D. Schmerzen werden nicht absichtlich erzeugt oder vorgetäuscht - Schmerzstörung in Verbindung mit psychischen Faktoren
- Schmerzstörung in Verbindung mit sowohl psychischen Faktoren wie einem medizinischen Krankheitsfaktor
- Schmerzstörung in Verbindung mit medizinischen
Krankheitsfaktoren
Beschreibe die Komorbidität der Schmerzstörungen
> Depressive Störungen > Angststörungen > Somatoforme Störungen > Störungen durch Substanzkonsum > Persönlichkeitsstörungen
Beschreibe die Epidemiologie von Kopfschmerzen
> 54 Mio. Betroffene in Deutschland
2,4 Mio. haben täglich Kopfschmerzen
6,2 Mio. leiden unter Migräne
200 Mio. Packungen Schmerzmittel pro Jahr für über 879 Millionen Euro (2004)
indirekte Kosten (Arbeitsplatz etc.) = ca. 850 Mio Euro
Beschreibe den Spannungskopfschmerz (Charakteristik und Auslöser)
> Charakteristik: — immer beidseitig — wie ein enges Band um den Kopf — dumpf - drückend — keine Übelkeit oder Sehstörungen — 30 min bis mehrere Tage > Auslöser: — z.B.: — Schlafmangel — Wetterwechsel — Stress, psychische Belastung — Sehschwäche — physische Belastung
Beschreibe die Migräne
> Charakteristika — pulsierend, pochend — häufig einseitig — oft Übelkeit, Erbrechen — Licht- und Lärmempfindlichkeit — häufig verschiedene Stadien
Beschreibe die Kulturhistorische Perspektive: Vorzeit
>Ursache: - mechanisch, wenn äusserlich sichtbar (z.B. Tierbiss) - innerliche Schmerzen: Besessenheit durch Geister und Dämonen, Magie, Verzauberung > Therapie: - Heilrituale (symbolischer Ausdruck des Schmerzes) - Tranceinduktion - Heilpflanzen (psychotrop)
Beschreibe die Kulturhistorische Perspektive: Antike
> Ursache: - Schmerz = Ausdruck von Krankheit - Dyskrasie: Ungleichgewicht der Körpersäfte Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle) - Entzündung > Therapie: - Pflanzliche Schmerzmittel - Klistiere - Brenneisen - Bäder
Beschreibe die Kulturhistorische Perspektive: Mittelalter
> Ursache: - Christentum: Leiden ist Gott gewollt, Schmerz entsteht als Strafe für Versündigung > Therapie: - Busse tun - Aderlass - Hospize (Barmherzigkeit) -> Schmerz ist eine ursünde der Menschheit -> Leiden ist etwas, dass Gott gewollt ist schmerz= Sprache
Beschreibe die Kulturhistorische Perspektive: Renaissance /
Neuzeit
> Ursache:
- Kriegsverletzungen (durch Schwerter, Äxte, Schusswaffen)
Therapie:
- heisses Öl, Brenneisen zur Behandlung von Schusswunden
- Amputation
- Prothesen
- Wundreinigung
Beschreibe die Kulturhistorische Perspektive: 18 Jhr
> Ursache: - Versteifungen - Krämpfe - energetisches Ungleichgewicht > Therapie: - elektrische Stromstösse - Magnetismus / Mesmerismus
Beschreibe die Kulturhistorische Perspektive: 19 Jhr
> Ursache: - Physiologische Grundlagen werden erforscht > Therapie: - Narkose - Chirurgie - Morphium - Aspirin
Beschreibe die Meilensteine der modernen Schmerzforschung
– 1971: Gründung der ersten Schmerzklinik in Deutschland
– 1973: Gründung der International Association for the Study of Pain (IASP)
– 1975: Gesellschaft zum Studium des Schmerzes für D, A und CH (DGSS)
– 1981: Schmerztherapie als Lehreinheit im Medizinstudium
– 1987: Gründung der Zeitschrift „Der Schmerz“ im Springer-Verlag
– 1989: Erste Professur für Algesiologie in Deutschland
– 1994: Zusatzausbildung „Psychologische Schmerztherapie“ der DGSS
– 1995: Bildung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Schmerztherapie (DIVS)
– 1998: Änderung des Betäubungsmittelgesetzes und damit leichtere Verordnung von Opioiden
Beschreibe die Transkulturellen Aspekte des Schmerzerlebens: Mamma Mia-Syndrom
> Das „Mamma Mia-Syndrom“:
Südländer empfinden Schmerzreize stärker als Nordländer. Ein Beispiel: dramatisierendes Schmerzverhalten bei Italienern vs. stoisch erscheinende Iren (Achtung: Klischee…)
Beschreibe die Verhaltensantworten und Normen bei Schmerz
Verhalten vs. Eigene Empfindungen:
Das Schmerzverhalten spiegelt oft nicht die innere Wirklichkeit des Schmerzleidenden, sondern ist an den jeweils gültigen Normen der Kultur orientiert!
Bsp. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ (Deutschland)
Welche unterschiedlichen Determinanten des Schmerzerlebens gibt es?
- Ätiologische Vorstellungen (Bedeutungsgehalt
für den Schmerzleidenden) - Ursachen (externe/interne)
- Innere Konflikte (speziell Entwurzelung)
- Sünde vs. Interdependente Schmerzgenese
Beschreibe Descartes‘ Vorstellung der Physiologie des Schmerzes
> Schmerz wird von der Peripherie ins Zentrum geleitet
Glockenzug-Metapher:
- Schmerzreiz (z.B. Feuer = Ziehen des Glockezuges)
- Schmerzwahrnehmung in der
Zirbeldrüse im Gehirn (= Läuten der Glocke)
Was sind Nozizeptoren?
> spezialisierte Schmerzsensoren
Nozizeptoren sind periphere, freie Nervenendigungen sensibler Neurone
Man unterscheidet zwei Typen freier Nervenendigungen:
- Aδ-Fasern
- C-Fasern
Erregung der Nozizeptoren
durch:
- Mechanische Reize
- Thermische Reize
-Chemische Mediatoren
(Bradykinin, Serotonin, Histamin, Prostaglandine, H+-Ionen, K+-Ionen, Leukotriene)
Beschreibe die Aδ-Faser und die C-Faser
> Aδ-Faser: Afferenzen für Temperatur, Schmerz, tiefe Druckempfindlichkeit, Gelenkstellung
➜ scharfer, stechender, gut lokalisierbarer Schmerz, Jucken
C-Faser: Afferenzen für Temperatur, Schmerz, Jucken, diffuse, taktile Empfindung von Haut und Eingeweiden
➜ dumpfer, brennender Schme
Beschreibe die 3 Stufen der Schmerzverarbeitung
> Reizaufnahme über Nozizeptoren in der Peripherie (innere Organe, Haut)
Rückenmark: Aufnahme von Schmerzimpulsen Umschaltung auf nachfolgende Nervenzellen, Weiterleitung zum Gehirn
Gehirn = zentrale Schaltstelle, Verarbeitung von Schmerzimpulsen v.a. im Hirnstamm, Zwischenhirn, Hirnrinde
Beschreibe die neuronale Verarbeitung von Schmerzimpulsen
> Aus der täglichen Erfahrung wissen wir, dass kein linearer Zusammenhang zwischen Ausmass der Verletzung und empfundener Schmerzintensität besteht.
Schmerzimpulse werden auf vielen Ebenen des ZNS moduliert:
Deszendierende Hemmung: Aktivierung von absteigenden Nervenbahnen, die im Rückenmark den Einstrom weiterer
Schmerzimpulse drosseln
Endorphine: körpereigene Analgetika, die bei einem akuten Geschehnis ausgeschüttet werden und eine Schmerz-linderung bewirken
Segmentale Hemmung: Weiterleitung der Schmerzimpulse wird durch hemmende Interneurone verhindert
Beschreibe die Qualitäten des Schmerzes nach ihrem Entstehungsort (Schmidt, 1995)
Schmerz
> somatisch
- Oberflächenschmerz: 1. und 2. Schmerz -> Haut (bsp. Nadelstich oder Quetschen)
- Tiefenschmerz: Bindegewebe, Muskeln, Knochen, Gelenke (Muskelkrampf, Kopfschmerz)
> viszeral
- Eingeweideschmerz: Eingeweide (Gallenkollik, Ultraschmerz, Blinddarmentzündung)
Beschreibe die Ergebnisse zu Capsaicin
Spezifische Rezeptoren für Capsaicin - eine pflanzliche
Substanz, die z.B. in Paprikaschoten vorkommt.
Erregen C-Fasern sowie Aδ- Fasern. Diese Rezeptoren
können auch durch Hitze erregt werden und sie können
zu einer nachfolgenden Inaktivierung der Nocizeptoren führen. Bei jungen Ratten konnte sogar eine irreversible Schädigung der Nocizeptoren via Capsaicin gezeigt werden.