Semantisches Gedächtnis Flashcards

1
Q

Was sind mögliche Ursachen des Vergessens?
Nennen Sie mindestens drei und erläutern Sie kurz, was damit gemeint ist.

A
  1. Scheitern der Enkodierung (Nichteinprägung)
    Information, die nicht ins KZG/LZG enkodiert wird, kann auch nicht abgerufen werden Selektive Enkodierung, unwichtiges Material wird (meistens) nicht übernommen „Anstrengung” und Aufmerksamkeit zur Enkodierung notwendig
    Aber: auch unbewusste Enkodierung mgl. (s. implizites Priming, automatische Enkodierung)
  2. Zerfall (trace decay) vs. Interferenz
    Alltagsverständnis: je länger die Zeit, die vergeht, desto mehr Vergessen „Zerfall” der neuronalen Gedächtnispur
    - passiver Vergessensprozess
    → Zeit wichtiger Faktor für Vergessen?
    = Interferenz
    Zeit seit dem Lernen mit anderen Faktoren konfundiert Je mehr Zeit vergangen ist, desto mehr neue Information kommt „dazwischen” Interferenz mit anderer Information
    → je mehr zusätzliche Information, desto mehr Vergessen
    + Aspekt Schlaf: Neu Gelerntes kann besser behalten werden, wenn es kurz vor dem Schlafen erworben wurde (pro- und retroaktive Interferenz!)
  3. Scheitern des Abrufs (Nichtzugänglichkeit von Informationen, z.B. Fehlen von Cues (Nichtauffindbarkeit); Interferenz mit anderer Information; Inhibition) ›abrufinduziertes Vergessen (Retrieval Induced Forgetting)
    Aktive Inhibition von Informationen, die aktuell nicht benötigt werden
  4. Emotionale & motivationale Faktoren
    [Vergessen ganz allgemein:
    → schützt das kognitive System vor Überlastung; Trennung des Wichtigen vom Unwichtigen („Spamfilter”); Generalisierung, Ordnung, Abstraktion nur durch Vergessen möglich
    → Unterscheidung zwischen „Availability” (Verfügbarkeit) und „Accessibility” (Zugang) schwierig]
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2
Q

Was sind proaktive und retroaktive Interferenz?
Geben Sie jeweils ein Beispiel.

A

Proaktive Interferenz= tritt auf, wenn ältere Erinnerungen das Lernen und Erinnern neuer Informationen behindern.
Beispiel: wenn jemand Schwierigkeiten hat, sich die neue Telefonnummer eines Freundes zu merken, weil die alte Telefonnummer immer wieder in den Vordergrund tritt.

Retroaktive Interferenz= tritt auf, wenn neue Informationen das Erinnern an ältere Erinnerungen stören.
Beispiel: wenn man sich nicht mehr daran erinnern kann, wie Freunde oder
Verwandte früher ausgesehen haben, nachdem man kürzlich neue Fotos von ihnen gesehen hat.

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3
Q

Was ist abrufinduziertes Vergessen?
Schildern Sie Aufbau und Ergebnisse der Untersuchung von Storm et al (2015).
Wie lassen sich die Befunde erklären?

A

Abrufinduziertes Vergessen (Retrieval-Induced Forgetting, RIF) ist ein Phänomen, bei dem der Abruf bestimmter Informationen dazu führt, dass andere, verwandte Informationen schlechter erinnert werden. Dies geschieht durch aktive Hemmung der nicht abgerufenen Informationen, um Interferenzen zu vermeiden und den Abruf zu erleichtern.

Aufbau der Untersuchung von Storm et al. (2015)
Storm et al. (2015) untersuchten das abrufinduzierte Vergessen mithilfe des Retrieval Practice Paradigms.

Der Ablauf war wie folgt:
1. Lernphase: Probanden lernten eine Liste von Kategorien mit verschiedenen
Exemplaren. Zum Beispiel könnte eine Kategorie “Früchte” mit den Exemplaren “Orange” und “Banane” und eine andere Kategorie “Metalle” mit den Exemplaren “Gold” und “Silber” sein.
2. Retrieval Practice: Die Hälfte der Exemplare aus der Hälfte der Kategorien wurde mit einer Cued Recall-Aufgabe geübt. Beispielsweise übten die Probanden, sich an “Orange” aus der Kategorie “Früchte” zu erinnern, aber nicht an “Banane”.
3. Abrufphase: Probanden sollten alle Exemplare aus der Lernphase abrufen.

Ergebnisse der Untersuchung
Die Ergebnisse zeigten, dass:
• Rp+: Die geübten Exemplare aus geübten Kategorien (z.B. “Orange”) wurden gut erinnert.
• Rp-: Die ungeübten Exemplare aus geübten Kategorien (z.B. “Banane”) wurden schlechter erinnert.
• Nrp: Die ungeübten Exemplare aus ungeübten Kategorien (z.B. “Silber”) wurden besser erinnert als die Rp-Items.
Das bedeutet, dass der Abruf der geübten Exemplare (Rp+) die Erinnerung an die ungeübten Exemplare (Rp-) derselben Kategorie beeinträchtigt. Dieser Effekt wird als abrufinduziertes Vergessen bezeichnet.

Erklärung der Befunde:
Die Befunde lassen sich durch den Mechanismus der aktiven Hemmung erklären. Beim Abrufen bestimmter Informationen werden ähnliche oder konkurrierende Informationen gehemmt, um den Abruf zu erleichtern und kognitive Ressourcen zu schonen. Diese Hemmung führt jedoch dazu, dass die nicht abgerufenen Informationen schwerer zugänglich bleiben und somit schlechter erinnert werden.
Fazit:
Abrufinduziertes Vergessen zeigt, dass das Gedächtnis selektiv arbeitet, indem es nicht benötigte Informationen aktiv unterdrückt, um die Effizienz und Genauigkeit des Abrufs zu verbessern. Dies ist ein adaptiver Mechanismus, der hilft, kognitive Überlastung zu vermeiden und relevante Informationen schneller verfügbar zu machen.

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4
Q

Wie erfolgt Kategorisierung nach dem Prototypen-Ansatz?
Erläutern Sie dazu zunächst zentrale Annahmen des Ansatzes und erklären Sie dann, wie neue Exemplare kategorisiert werden.

A

→ Vergleich der Eigenschaften eines Objekts mit der Standardrepräsentation der Kategorie Prototyp
Abstraktionen oder Mittelungen über spezifische Lernexemplare einer Kategorie, die die charakteristischen Merkmale enthalten charakteristische Merkmale, die typisch, aber nicht unbedingt notwendig sind (z.B. Vogel Nest bauen) neue Exemplare werden durch Ähnlichkeitsvergleich mit dem Prototypen kategorisiert

Zentrale Annahmen des Prototypen-Ansatze
1. Prototyp als Repräsentation einer Kategorie:
Ein Prototyp ist kein tatsächliches Exemplar, sondern eine abstrakte Repräsentation, die die häufigsten und typischsten Merkmale einer Kategorie vereint. Es handelt sich um eine Durchschnittsbildung der Eigenschaften von Mitgliedern einer Kategorie.
2. Unterschiedliche Typikalität von Exemplaren:
Nicht alle Mitglieder einer Kategorie werden als gleich typisch angesehen. Einige Exemplare sind näher am Prototyp und werden daher als „typischer“ angesehen, während andere weiter davon entfernt sind und weniger typisch wirken.
3. unscharfe Kategoriengrenzen:
Kategorien haben oft keine klaren Grenzen. Exemplare können mehr oder weniger typisch für eine Kategorie sein, was bedeutet, dass die Kategorisierung nicht immer eindeutig ist.

Kategorisierungsprozess nach dem Prototypen-Ansatz
1. Vergleich mit dem Prototyp:
Wenn ein neues Exemplar präsentiert wird, vergleichen Menschen es mit dem im Gedächtnis gespeicherten Prototypen der relevanten Kategorie. Dieser Vergleich umfasst die Bewertung, wie ähnlich das Exemplar dem Prototypen ist.
2. Zuweisung zur Kategorie:
Die Kategorisierung erfolgt basierend auf der Ähnlichkeit des neuen Exemplars mit dem Prototyp. Je näher das Exemplar dem Prototyp entspricht, desto wahrscheinlicher wird es dieser Kategorie zugeordnet.
3. Typikalität und Entscheidungsfindung:
Die Typikalität eines Exemplars beeinflusst die Leichtigkeit und Geschwindigkeit der Kategorisierungsentscheidung. Typische Exemplare, die dem Prototyp sehr ähnlich sind, werden schneller und leichter kategorisiert als weniger typische Exemplare.

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5
Q

Wie erfolgt Kategorisierung nach dem Exemplar-Ansatz?
Erläutern Sie dazu zunächst zentrale Annahmen des Ansatzes und erklären Sie dann, wie neue Exemplare kategorisiert werden.

A

Vergleich der Eigenschaften eines Objektes mit vielen spezifischen Exemplaren, mit denen man im Laufe der Entwicklung konfrontiert wird
• beim Vergleich wird eine Vielzahl ähnlicher Exemplare im LZG aktiviert
• Lernen: Exemplar + Kategorienzugehörigkeit werden einzeln gespeichert
• neue Exemplare: Abgleich mit allen vorhandenen Exemplaren
• Wahl der Kategorie mit höchster Überlappung

Zentrale Annahmen des Exemplar-Ansatzes
1. Speicherung spezifischer Exemplare:
Im Gegensatz zum Prototypen-Ansatz, bei dem eine abstrakte, durchschnittliche Repräsentation (Prototyp) einer Kategorie gespeichert wird, werden beim Exemplar-Ansatz alle spezifischen Exemplare, die einem Individuum begegnet sind, im Gedächtnis behalten.
2. Vergleich mit gespeicherten Exemplaren:
Neue Exemplare werden nicht mit einem zentralen Prototyp verglichen, sondern mit allen gespeicherten Exemplaren der Kategorie, die sich im Gedächtnis befinden.
3. Flexibilität und Sensibilität für Variabilität:
Der Exemplar-Ansatz berücksichtigt die Variabilität innerhalb einer Kategorie, da alle beobachteten Exemplare gespeichert werden. Dies ermöglicht eine flexiblere und detailliertere Kategorisierung, die auch ungewöhnliche oder atypische Exemplare berücksichtigt.

Kategorisierungsprozess nach dem Exemplar-Ansatz
1. Abruf von Exemplaren: Beim Präsentieren eines neuen Exemplars werden ähnliche Exemplare aus dem Gedächtnis abgerufen.
2. Vergleichsprozess: Das neue Exemplar wird mit den abgerufenen Exemplaren verglichen. Die Ähnlichkeit zwischen dem neuen Exemplar und den gespeicherten Exemplaren wird bewertet.
3. Kategorisierungsentscheidung: Das neue Exemplar wird der Kategorie zugeordnet, deren Exemplare im Durchschnitt die größte Ähnlichkeit aufweisen. Eine stärkere Ähnlichkeit zu mehreren Exemplaren einer bestimmten Kategorie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das neue Exemplar dieser Kategorie zugeordnet wird.

(Vorteil: kein „Verlust” von Informationen durch Abstraktion: Variabilität, Merkmalskorrelationen, oftmals bessere Typikalitätsschätzungen als Prototypen-Ansatz bei natürlichen Kategorien

Probleme:
unrealistische Erwartung an Speicherkapazität?
natürliche Kategorien: oft Prototypenstruktur (Vögel, Fische,…))

Fazit: Prototypen- oder Exemplar-Ansatz?
• Schnelleres Kategorisieren prototypischer Exemplare
→ Exemplar-Ansatz scheint vor allem bei kleinen Kategorien für Prozess der Kategorisierung verantwortlich zu sein
• Bei größeren Kategorien eher Prototypen-Ansatz

= Argumente für und gegen beide Theorien
→ Prototypen- und Exemplar-Theorien existieren nebeneinander, beide mit empirischer Berechtigung

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6
Q

Was ist semantisches Priming?
Erläutern Sie, zunächst Logik der Prozedur und typische Befunde (Neely, 1977).
Diskutieren Sie dann, inwiefern dies für eine Wissensorganisation in Form von semantischen Netzwerken spricht.

A

Semantisches Priming= verknüpfter Begriffe durch Aktivierungsausbreitung im Netzwerk (spreading activation)
• Bezieht sich auf das Phänomen, bei dem die Verarbeitungsgeschwindigkeit oder genauigkeit für ein Zielwort verbessert wird, wenn es zuvor mit einem semantisch verwandten Wort (Prime) präsentiert wurde
• Logik der Prozedur: Verarbeitung eines semantisch verwandten Wortes induziert vorzeitige Aktivierung des semantischen Netzwerks; Prime-Wort aktiviert die semantischen Konzepte, die mit ihm assoziiert sind und diese Aktivierung breitet sich aus und beeinflusst die Verarbeitung des nachfolgenden Zielworts
→ wenn Ziel-Wort semantisch verwandt mit Prime-Wort, dann Verarbeitung erleichtert, da assoziierten semantischen Konzepte bereits aktiviert
• Je größer die Aktivierung, desto wahrscheinlicher ist Abruf aus dem LZG

Typische Befunde v. Neely (1977):
= schnellere Reaktionszeit oder erhöhte Genauigkeit bei der Identifizierung oder Verarbeitung semantisch verwandter Zielwörter
• Darbietung von Wort-Paaren, die eine semantische Beziehung haben “Brot - Butter” oder “Vogel - Amsel”, Kontrollbedingung: keine Beziehung (“Garten - Butter”) oder kein Prime-Wort (“XXX - Butter”)
• Messung der Zeit für Verarbeitung des zweiten Worts ”Lexical decision task”: Wort oder nicht?, “Naming task”: Wort nennen Ergebnis: Priming-Effekt, d.h. schnellere Antwort für semantisch relatierte Prime-Target-Paare; lässt sich erklären mit spreading activation theory
→ Die Befunde des semantischen Primings sprechen für eine Wissensorganisation in semantischen Netzwerken. Semantische Priming zeigt, dass semantisch verwandte Konzepte miteinander verknüpft sind und dass die Aktivierung eines Konzepts die Aktivierung und Verarbeitung anderer damit assoziierter Konzepte erleichtert. Dies deutet darauf hin, dass unser Wissen in semantischen Netzwerken organisiert ist, bei dem die Aktivierung eines Konzepts die Aktivierung und Abrufbarkeit anderer semantisch verwandter Konzepte

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7
Q

Was sind Schemata und wie wirken sie sich auf die Erinnerung neuer Informationen aus?
Erläutern Sie dies anhand der Studie von Brewer & Treyens (1981) und schildern Sie Aufbau und Befunde.

A

semantisches Gedächtnis beinhaltet Strukturen, die umfassender sind als einzelne Kategorien und Konzepte, z.B. Was passiert bei Restaurantbesuch/auf Hochzeit/..?

Schemata = Wissensstruktur über Konzepte, Modelle eines Teils unserer Umwelt und Erfahrungen (Klassen von Menschen (Stereotype), Objekten, Situationen, Rollen)
• Fester Kern und variable Bestandteile (z.B. Haus)
• Wissensbündel, das Generalisierungen enkodiert, die an einen bestimmten Begriff gebunden sind / Verallgemeinerte Organisation einer Geschichte oder eines typischen Ereignisses
• Einfluss auf Speicherung und Abruf neuer Informationen

Aufbau der Studie:

▪ Teilnehmende kurz alleine in Büro
▪ Danach: Unangekündigter Gedächtnistest: an welche Gegenstände erinnern Sie sich?
▪ Ergebnis:
▪ 96% erinnern sich an schema-konsistente Gegenstände (Stuhl, Tisch)
▪ 26% erinnern sich an schema- inkonsistente (präsente) Gegenstände (Schädel)
▪ 30% erinnern schema-konsistente, nicht präsente Gegenstände (Bücher)

Brewer & Treyens
→ typische Gegenstände häufiger genannt; untypisch (präsente) G. seltener; schema-konsistente (nichtpräsente!) G. werden ebenfalls genannt

1.	Selektion und Filterung: Schemata beeinflussen, welche Informationen wahrgenommen und gespeichert werden. Informationen, die mit bestehenden Schemata übereinstimmen, werden eher wahrgenommen und erinnert. Informationen, die nicht in das Schema passen, können übersehen oder weniger gut erinnert werden.
2.	Ergänzung fehlender Informationen: Schemata können dazu führen, dass Menschen fehlende Details mit typischen Merkmalen oder Erwartungen auffüllen. Wenn Teile einer Situation unklar oder vage sind, können Menschen diese Lücken durch die Anwendung ihrer Schemata schließen.
3.	Verzerrung der Erinnerung: Erinnerungen können durch Schemata verzerrt werden, da Menschen dazu neigen, ihre Erinnerungen an bestehende Schemata anzupassen. Informationen, die nicht mit den Schemata übereinstimmen, können vergessen oder umgedeutet werden, um sie schemakonform zu machen.
4.	Organisation und Strukturierung von Informationen: Schemata bieten eine Struktur, die hilft, neue Informationen zu organisieren. Dadurch können Menschen neue Informationen effizienter verarbeiten und erinnern.
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