Multitasking, kognitive Kontrolle Flashcards
Erklären Sie, wie das „Negative Priming“ Paradigma nach Tipper (1985) aufgebaut ist.
Was sind typische Befunde?
Ablauf:
- zwei Bilder werden übereinander dargeboten
- Zielreiz/Target: rot umrandet/solide Linie; Distraktor: grün umrandet/gestrichelt
- Aufgabe: Benennen Sie die Targets, ignorieren Sie die Distraktoren (2 unterschiedliche
Primes: Control = Anker gestrichelt, Drachen solide; Ignored repetition = Trompete gestrichelt, Drachen solide; → Probe = Muschel gestrichelt, Trompete solide)
Ergebnisse:
→ negatives Priming konnte identifiziert werden durch längere Reaktionszeiten das Objekt bei Probe zu nennen nach dem der irgnored repetition prime Prime gesehen wurde, als wenn der Control Prime zuvor gesehen wurde [Trompete wurde zuvor als Distraktor verarbeitet/ignoriert, Organismus braucht Zeit um „umzuschalten“ von Distraktor,zu Target für das gleiche Objekt]
Wie kann man Negative Priming-Effekte durch Distraktorinhibition erklären?
Distraktorinhibition bezieht sich auf die Fähigkeit des Gehirns, unwichtige oder irrelevante Informationen zu unterdrücken, um die Aufmerksamkeit auf relevante Informationen zu lenken. Es handelt sich um einen Prozess der kognitiven Kontrolle, bei dem störende Reize gehemmt werden, um die Informationsverarbeitung zu verbessern. Episodische Abrufprozesse hingegen beziehen sich auf die Erinnerung an spezifische Ereignisse oder Episoden aus der Vergangenheit. Es ist ein Prozess des Abrufs von Informationen aus dem Gedächtnis, der es uns ermöglicht, uns an vergangene Ereignisse, Orte, Emotionen und andere Details zu erinnern.
Der Unterschied zwischen Distraktorinhibition und episodischen Abrufprozessen liegt darin, dass Distraktorinhibition sich auf die Unterdrückung von irrelevanten Informationen in der Gegenwart bezieht, während episodische Abrufprozesse sich auf den Rückruf von vergangenen Ereignissen beziehen. Distraktorinhibition ist ein Mechanismus der Aufmerksamkeitskontrolle, während episodische Abrufprozesse mit dem Abrufen von Erinnerungen und dem Zugriff auf vergangene Erfahrungen verbunden sind.
➔ Inhibition von Distraktoren steht im Dienste der effizienten Zielverfolgung
• Ermöglicht Fokussierung der Aufmerksamkeit auf zielrelevante Information
• Begrenzt die Inhalte im Arbeitsgedächtnis
• Reduziert Interferenzen auf Handlungsebene (hervorgerufen durch irrelevante Störreize)
• Maximiert Verarbeitungsgeschwindigkeit und -akkuratheit
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Wie kann man Negative Priming-Effekte durch episodische Abrufprozesse
erklären?
Distraktorinhibitionsmodell:
Ursache für den NP-Effekt = Hemmung der präsentierten Distraktoren
- die im vorangegangenen Durchgang unterdrückte Reaktion ist vorübergehend nicht verfügbar
- Ausführen dieser Reaktion somit erschwert, wenn im aktuellen Durchgang auf den zuvor ignorierten Reiz reagiert werden soll Genauer:
→ während Stimuluspräsentation findet parallele Analyse des dargebotenen Targets und Distraktor statt = Selektion des relevanten Reizes erst anschließend
> d.h. es werden internen kategorialen Repräsentationen beider Reize aktiviert
→ während Target-Selektion beide Repräsentationen (ignoriert und beachtet) weiterverarbeitet, jedoch auf unterschiedliche Art und Weise
→ Repräsentation der beachten Objekte für Reaktionsauswahl &-ausführung herangezogen + Repräsentationen der ignorierten Objekte zerfallen nicht nur passiv, sondern werden aktiv inhibiert
→ aufgebaute Inhibition hält gewissen Zeitraum an
= wird zuvor ignoriertes Objekt erneut präsentiert, muss bei der Verarbeitung des Objekts erst Inhibition überwunden werden; erfordert höhere notwendige Aktivierung als bei vorher nicht-präsentierten Objekten => drückt sich in längerer Reaktionszeit aus
→ Negative Priming-Effekt resultiert aus der im Prime-Durchgang aufgebauten Inhibition des Distraktors, die bis zum Probe-Durchgang andauert
Episodic Retrieval Modell:
Ursache für NP-Effekt = Gedächtnisprozesse, die während des Probe-Durchgangs ablaufen und zu einem Abruf von Informationen aus dem Prime führen
- beruht auf Logans Instanztheorie der Automatisierung: nimmt an, dass bei jeder Präsentation eines Objekts Gedächtnisspur abgelegt wird, die Informationen zu dem Objekt enthält
Gedächtnisspur = u.a. Reaktion, die auf das Objekt ausgeführt wurde
> bei erneuter Präsentation des Objekts und gleicher Aufgabenanforderung kann abgelegte Gedächtnisspur abgerufen werden
= erneute vollständige Verarbeitung des Objekts überflüssig und durch schnellere automatisierte Antwort auf Objekt abgelöst (je häufiger präsentiert, umso mehr Gedächtnisspuren & umso wahrscheinlicher kann Episode abgerufen werden)
[bspw. Kann Positiver Priming-Effekt bei wiederholter Präsentation eines Objekts als Vorstufe der Automatisierung betrachtet werden]
→ Reaktionswiederholungen bringen
Vorteilseffekt
- beschrieben Mechanismen spielen zentrale Rolle bei Entstehung von NP-Effekten
→ aktuell beachtetes Objekt stellt Abrufhinweis für vorangegangene Situationen dar, in denen das Objekt verarbeitet wurde → in ignored repetition Bedingung werden in Prime und Probe Reize wiederholt = Probe-Target stellt Hinweis für Abruf der Prime-Episode dar
→da im Prime der aktuell beachtete Reiz ignoriert wurde, wurde für diesen ein „Nicht reagieren”-Attribut abgelegt → diese Gedächtnisinformation wird nun im Probe abgerufen und stellt einen Konflikt zu der aktuell erforderlichen Reaktion auf das Target dar
→ Beseitigung des Konflikts erfordert Zeit und führt so zu einer verzögerten Reaktion
- in Kontrolldurchgängen wird diese konkurrierende Information nicht abgerufen, da im Prime und Probe keine Reize wiederholt werden
Stören ähnliche oder unähnliche Aufgaben mehr?
Beantworten Sie dies unter Rückbezug auf die Studie von Segal & Fusella (1970), indem Sie zunächst Aufbau und Befunde der Studie erläutern.
Die Studie bestand aus mehreren Bedingungen, in denen die Teilnehmer verschiedene mentale Bilder erzeugen und gleichzeitig versuchen sollten, schwache sensorische Reize wahrzunehmen. Die sensorischen Reize waren entweder visuell (Lichtpunkte) oder auditiv (Töne). Die Aufgaben, die die Teilnehmer erledigen mussten, umfassten:
1. Visuelle Vorstellung: Teilnehmer sollten sich ein Bild vorstellen (z.B. ein Objekt, eine Szene). 2. Auditive Vorstellung: Teilnehmer sollten sich einen Ton oder ein Musikstück vorstellen. 3. Kombination mit sensorischen Reizen: Gleichzeitig mit der Vorstellung mussten die Teilnehmer darauf achten, ob ein schwacher sensorischer Reiz (visuell oder auditiv) präsentiert wurde.
Befunde:
Die Ergebnisse zeigten, dass die Genauigkeit beim Erkennen der sensorischen Reize verringert war, wenn die Aufgabe zur Vorstellung in der gleichen Modalität wie der sensorische Reiz war. Beispielsweise war die Erkennung visueller Reize schlechter, wenn sich die Teilnehmer visuelle Bilder vorstellten, als wenn sie sich auditive Vorstellungen machten. Ebenso war die Erkennung auditiver Reize schlechter, wenn die Teilnehmer auditive Bilder vorstellten, im Vergleich zu visuellen Vorstellungen.
Disordinale Interaktion: ähnliche Aufgaben stören mehr (vereinfacht: der Kanal ist ohnehin schon besetzt, besser wenn (wenigstens) nur anderer zusätzlich beansprucht wird)
Was versteht man unter „Aufmerksamkeitsblinzeln“ und inwiefern kann dies als Beleg für limitierte Aufmerksamkeitsressourcen betrachtet werden?
Das Phänomen des Aufmerksamkeitsblinzelns (engl. Attentional Blink, AB) beschreibt eine vorübergehende Einschränkung der Fähigkeit, einen zweiten Zielreiz (T2) zu erkennen, wenn dieser kurz nach einem ersten Zielreiz (T1) präsentiert wird. Es tritt in der Regel in einem Zeitraum von etwa 300 bis 500 Millisekunden nach der Präsentation von T1 auf.
Beleg: weil es darauf hindeutet, dass die Verarbeitungskapazität des menschlichen kognitiven Systems begrenzt ist. Während der Verarbeitung von T1 sind kognitive Ressourcen stark beansprucht, insbesondere solche, die für die Selektion und Bewusstmachung von Informationen zuständig sind.
Ausnahme: T2 erscheint sofort nach T1 (lag- one sparing), T2 wird mit attentionalen Ressourcen für T1 mitverarbeitet
Was sind generelle Kritikpunkte an Ressourcentheorien?
Nennen und erläutern Sie diese kurz.
a) Zirkularität: wenn 2 Aufgaben interferieren, beanspruchen sie dieselbe Ressource → wenn sie dieselbe Ressource beanspruchen, interferieren sie (kein unabhängiges Kriterium zur Vorhersage von Interferenz) → gleiches Problem bei Aufgabenschwierigkeit und Interferenz
b) Mangelnde Falsifizierbarkeit: Natur und Anzahl der Ressourcen nicht unabhängig vom Inferenzmuster bestimmbar → damit ist Theorie nicht falsifizierbar: für jede neu auftretende Interferenz können neue Ressourcen postuliert werden
c) Übung: Spelke et. Al: nach (nur) viermonatigen Training können VP gleichzeitig Geschichte lesen und Diktat schreiben → automatisch vs. kontrollierte Verarbeitung!
Was unterscheidet automatische vs. kontrollierte Prozesse?
Automatische Prozesse, Kennzeichen:
• schnell
• Ressourcenunabhängig (benötigen keine Aufmerksamkeit; interferieren nicht)
• Unvermeidbar/nicht kontrollierbar, sobald ein passender Stimulus erscheint (Stroop)
• Unbewusst
• Kriterien treten nicht immer gemeinsam auf
• Spezifikation, in welcher Hinsicht eine Aufgabe automatisiert ist
Kontrollierte Prozesse, Kennzeichen:
• Benötigen Zeit
• Beanspruchen Ressourcen und interferieren mit anderen kontrollierten Prozessen (POC)
• Sind steuerbar
• Sind bewusst
Unterscheiden sich also hinsichtlich: Geschwindigkeit und Ressourcenbedarf, Steuerbarkeit und Bewusstheit und Interferenz und Übung
Erläutern Sie Aufbau und Ergebnisse der Studie von Shiffrin & Schneider (1970).
Inwiefern sprechen die Befunde für Automatisiertheit von Verhalten?
Grundlage (s.o.): Instance Theory v. Logan
- Automatizität als Gedächtnisphänomen → bei jeder Verarbeitung eines Stimulus entsteht eine Gedächtnisrepräsentation („instance“ = episodische Erinnerung)
- 1. Reaktion: Regelbasierte Antworten; ab 2. Reaktion: Wettrennen zwischen regelbasiertem Antworten und Gedächtnisabruf der letzten Episode mit demselben Stimulus
→Idee: man muss nicht mehr nachdenken, wie man auf Reiz reagiert, sondern macht einfach „was man beim letzten Mal gemacht hat“ = nimmt viel Entscheidungsarbeit ab
Studie: Shiffrin & Schneider
- Aufgabe: Erkenne das Target (aus Buchstaben Memory Set) unter den Distraktoren (Memory Set (jeweils 4 Buchstaben aus B-L) – Blank – Display Set (jeweils 4 Buchstaben aus Q-Z)) → Target anwesend = Knopf drücken
- Ergebnisse: nach 2000 Trials: Leistung ~ automatische Verarbeitung + Vpn berichteten subjektiv, dass sie ca. ab 600. Trial „nicht mehr darüber nachgedacht haben“, ABER man sieht, dass trotzdem noch eine Menge passiert (Reaktionszeit nimmt weiter ab!)
Zusammenfassung:
- Vpn trainieren Suche nach immer gleichen Zielbuchstaben (aus dem Memory Set)
- anfangs langsame Suche, die umso länger dauert, je mehr Distraktoren anwesend sind (display set; = serielle Suche)
- nach 2100 Durchgängen Beschleunigung der Unabhängigkeit von Distraktorenanzahl (parallele Suche)
- Dann: Vertauschen von Targets und Distraktoren (Umlernen erforderlich)
- Befund: schlechtere Leistung als zu Beginn! Fast 1000 Trials nötig um auf das „alte“ Niveau zu kommen
→ Erklärung: durch Übung entsteht Automatisierung. Das macht Probleme, wenn auf die Reize später nicht mehr automatisiert reagiert werden darf.
→ Unterdrückung automatischer Prozesse beansprucht Ressourcen
Was ist der „Simon-Effekt“, was ist der „Stroop“-Effekt, und wie kommen sie
zustande?
Inwiefern ähneln sich diese Effekte? Erläutern Sie!
Stroop-Effekt = Wörter rufen die automatisierte Reaktion „Lesen“ hervor -> Unterdrückung dieser automatisierten Reaktionstendenz kostet Zeit (Dies liegt daran, dass das Lesen des Wortes (eine automatisierte Aufgabe) in Konflikt steht mit der Aufgabe, die Druckfarbe zu benennen (eine kontrollierte Aufgabe))
- Zeigt die Schwierigkeit, kognitive Konflikte zu bewältigen
Simon-Effekt = irrelevante räumliche Information führt zu automatischen Reaktionsaktivierung
- tritt auf, wenn räumliche Position eines Reizes mit der Reaktionstaste interferiert, unabhängig von der Relevanz des Reizes für die Aufgabe
- z.B. auf Reiz auf linker Seite des Bildschirms, aber konkrete Reaktion Betätigung einer rechten Taste, dann RT länger
- Annahme: Effekt beruht auf automatischer Aktivierung von räumlichen Repräsentationen im Gehirn
→ Aufgabe: Farbkategorisierung Position irrelevant; Aber: Position von S und R sind (in-)kompatibel Ähneln sich insofern, dass beide Effekte auf Konflikte zwischen verschiedenen kognitiven Verarbeitungsebene hindeuten. Sowohl beim Simon-Effekt, als auch beim Stroop-Effekt werden Reize als Reaktionskonflikte erzeugt, die die Reaktionszeit und Genauigkeit beeinflussen können. Beide Effekte bieten Einblicke in die Mechanismen der kognitiven Kontrolle und Aufmerksamkeit.
Beide Effekte beinhalten Verarbeitungskonflikte, die durch die Präsenz irrelevanter Informationen ausgelöst werden. Beim Simon-Effekt ist die Konfliktquelle räumlicher Natur (Handlungskonflikt), während sie beim Stroop-Effekt durch semantische Information (Stimuluskonflikt) (die Wortbedeutung) entsteht. Beide Phänomene illustrieren die Schwierigkeit, automatische Prozesse zu unterdrücken, wenn sie nicht mit der beabsichtigten Handlung übereinstimmen. Sie zeigen, dass automatische Reaktionen oft schwer zu unterdrücken sind, was zu längeren Reaktionszeiten und erhöhter Fehlerquote führt .