Populationsgenetik und Domestikation Flashcards
Grundlagen der Populationsgenetik
- Molekulargenetik: Molekularer Hintergrund von Merkmalen, Focus: Bau und Veränderung der Erbträger, Umsetzung in Proteine
- Populationsgenetik: Vererbung in Populationen unter Berücksichtigung weniger Gene, Focus: Auswirkungen auf qualitative Merkmale, stochastisch
- Quantitative Genetik: Übertragung der Erkenntnisse auf Modelle mit großer Genzahl, Focus: Analyse quantitativer Merkmale, deren Ausprägung von vielen Genen mit kleinen Effekte und Umwelt beeinflusst wird
Homologe Chromosomen
väterliches bzw. mütterliches Chromosom gleicher Bauart in der somatischen Zelle
Gen
Chromosomenabschnitt, der die kodierte Information zur Synthese von Enzymen, Eiweiß u.a. enthält
Genlocus
Position auf den Chromosomen (Arm, Region, cM)
Allele
Varianten eines Gens an einem Genlokus
Genbezeichnungen
- Jedes Gen hat seinen eigenen Namen und sein Kürzel
- wird immer kursiv geschrieben, gezugehörende Proteine normal
Allelbezeichnungen
- Allele eines Gens immer gleichen Basisbuchstaben: E oder A
- Traditionell: dominante Allele mit großen Buchstaben E, rezessive Allele mit kleinen Buchstaben e
- Modern oft mit Hoch- oder Tiefkürzeln, wenn mehrere Allele an einem Locus (multiple Allelie) oder nicht klar dominant/rezessiv
Genotyp auf das gesamte Genom bezogen (Gesamt-GT)
- Bereich der Quantitative Genetik
- Unterstellte Allel-Konstellation an allen Loci, daher unzählbare Anzahl von Genotypvarianten
- umfasst die gesamte genetische Ausstattung eines Individuums
- ist aber in seiner Gesamtheit eher theoretisch, bisher nicht bestimmbar
- Tiere aus Inzuchtlinien oder monozygote Zwillinge sollten den gleichen GT haben, aber immer Spontanmutationen, daher kleine Abweichungen
Genotyp im Ein-Gen/Locus-Fall (SNP-GT)
- Durch eine Punktmutation spontan vor kurzem entstanden (im Zeitraum der Rassezucht) oder schon lange vorhanden (im Verlauf der Evolution)
- Kombination der beiden Allele am jeweiligen einzelnen Genort
Single Nucleotid Polymorphism (SNP)
- kürzester genetischer Marker inner-/außerhalb eines Gens
- liegt vor, wenn mehr als ein GT an einem Nukleotidbasen-Locus
- Interessant für Studien, wenn ausreichend polymorph (Minor-Allel-Frequenz >1%) und informativ (Marker ist mit Merkmal assoziiert)
Population (in der Tierzucht)
- sich sexuell reproduzierende Fortpflanzungsgemeinschaft von Individuen der gleichen Art, die sich regelmäßig paaren und einen bestimmten Raum besiedeln
- Unterscheidet sich von anderen Fortpflanzungsgemeinschaften mehr oder weniger hinsichtlich des spezifischen Genbestandes
- Trotz großer genetischen Übereinstimmung zwischen Tieren einer Population an vielen Loci, existiert eine mehr oder weniger große genetische Variabilität an anderen Loci
Ursache für das Entstehen von Populationen
- erhöhte bzw. verringerte Verpaarungswahrscheinlichkeit durch geografische oder züchterische Trennung
- Abgrenzung von Populationen (Rassen) oft gewünscht
- bisher: Zuchtbücher, beglaubigte Abstammungsnachweise seit 1793
- Neu mit Molekulargenetik
Neu mit Molekulargenetik
- z.B. Informationen aus SNP-Analyse mit Illumina SNP Beadchips
- viele Vorteile, da vorhandene genetische Struktur berücksichtigt
- Innerhalb der Cluster: hohe Ähnlichkeit im SNP-GT-Muster, Diversität zwischen den Populationen/Rassen
- Aber auch Probleme, da rassespezifische Mutationen oft noch nicht bekannt
Genetische Populationsgenetik
Populationsgenetik betrachtet nicht das Einzeltier, sondern eine Gruppe => Beschreibung der genetischen Struktur
- Basis-Kennwerte
- Genotypen an einem SNP-Locus A
- Genotypen an mehreren SNP-Loci
Genetische Populationsgenetik: Basis Kennwerte
- Genotypen (GT), Varianten der verschiedenen GT-Kombinationen
- Absolute Gesamtzahl der vorliegenden GT = untersuchte Tierzahl
- Genotypenfrequenz, relative Häufigkeit eines bestimmten GTs in einer Population
- Absolute Gesamtzahl der Allele (Tierzahl x2, da immer ein Allel von Mutter und eins vom Vater)
- Allelfrequenz, relative Häufigkeit eines bestimmten Allels in der Population
Genetische Populationsgenetik: Genotypen an einem SNP-Locus A
- verschieden Allele: 2 (diallel)
- Eizelle: A1 oder A2
- Anzahl der Gameten (m+w): 2
- Anzahl der Kombinationen: 4
- Anzahl verschiedener Genotypen: 3
Genetische Populationsgenetik: Genotypen bei mehreren Loci
- bei freier Kombinierbarkeit der Loci: Genotypenklassen
- maximal mögliche Anzahl der Genotypenklassen hängt ab von Anzahl betrachteter Loci (n) und der Anzahl an Allelen/Locus (m)
Kennwerte an einem Locus
=> Genotypenfrequenzen:
- P: relative Häufigkeit des ersten homozygoten GT
- H: relative Häufigkeit des heterogenen GT
- Q: relative Häufigkeit des zweiten homozygoten GT
=> Allelfrequenz:
- p: relative Häufigkeit des ersten Allels
- q: relative Häufigkeit des zweiten Allels
=> Summe der Genotyp- bzw. Allel-Frequent ist immer 1 (100%)
Gen
Proteincodierender Chromosomenabschnitt
Locus
Position eines Gens auf dem Chromosom
Allel
Variante eines Gens
Genotyp
gesamte genetische Ausstattung eines Individuums oder Kombination der Nukleotide an einer Chromosomenposition
SNP
mehr als eine Nukleotidbase an einer Chromosomenposition, durch Punktmutation entstanden
Population
sexuell reproduzierende Fortpflanzungsgemeinschaft, die über einen spezifischen Genbestand verfügt und sich damit von anderen abgrenzt
Hardy-Weinberg-Gesetz
- vom englischen Mathematiker Hardy und deutschen Arzt Weinberg zeitgleich entdeckt
- auch Hard-Weinberg-GG genannt
- Gesetzmäßigkeiten (Kernaussage):
- Allel- (p und q) und genotypenfrequenz (P, H, Q) stehen in fester Beziehung und lassen sich gegenseitig berechnen
- Ihr Verhältnis bleibt über Generationen erhalten
(p+q)^2 = p^2 + 2pq + q^2 = 1
Populationen im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht, dann gelten besondere Gesetzmäßigkeiten
- Allel- (p und q) und Genotypenfrequenzen (P,H,Q) stehen in fester Beziehung und lassen sich gegenseitig berechnen
- Die Beziehungen bleiben von Generation zu Generation konstant
- Population, die nicht im HWG ist, erreicht dieses nach einer Generation Zufallspaarung
- Verhältnisse in Nachkommengeneration hängen nur von A-Frequenzen in Elterngeneration ab (nicht vom GT)
Aussagen gelten nur, wenn betrachtete Population im HWG
- HWG gilt nur in besonderen Bedingungen: bei idealer Population
In einer idealen Population gibt es:
- unendlich viele Tiere
- nur Zufallspaarung (Panmixie)
- keine Selektion
- keine Migration
- keine Mutation
=> eine ideale Wildtierpopulation gibt es nicht in der Realität. Selbst sehr große Populationen weichen etwas davon ab
In einer idealen Population gibt es: unendlich viele Tiere
- selbst riesige Wildtierpopulationen zeigen kleine Schwankungen in der Allel-Frequenz = genetischer Drift
- Beitrag jedes Individuums ist nicht gleich, besonders auf der männlichen Seite (nur starke Tiere vererben)
- Effektive Populationsgröße wichtig (4NmxNw/Nm+Nw)
- Problem des Flaschenhalses
- In kleinen Populationen führt der genetische Drift zum Verlust der genetischen Variation in der Population und Zunahme der genetischen Diversität zwischen den Populationen
In einer idealen Population gibt es: nur Zufallspaarung
= Panmixie
- selbst in der Natur eingeschränkt
- Fragen von Territorien, Stärke der männlichen Tiere
In einer idealen Population gibt es: keine Selektion
- natürliche Selektion ist immer vorhanden, aber schwer abgrenzbar von den anderen Störfaktoren des HWG
- Durch Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Genotypen bei der Reproduktion von Nachkommen durch die Natur (evolutionäre Adaptation, reproduktive Fitness)
In einer idealen Population gibt es: keine Migration
- durch Immigration (Zuwandern von Tieren in die Population) können neue Allele hinzukommen
- durch Emigration (Auswandern von Tieren aus der Population), können besonders seltene Allele verloren gehen
- Insgesamt können sich die Allelfrequenzen verändern
Gibt es das HWG bei unseren Nutztieren?
- Nutztierpopulationen sind Zuchtpopulationen
- Unterliegen vielen künstlichen Einflüssen, weichen daher mehr oder weniger stark von der Idealpopulation ab
- Menschlicher Einfluss verändert die genetische Struktur einer Population
In einer Nutztierpopulation gibt es:
- nur eingeschränkt viele Tiere
- Einfuhr wertvoller Tiere anderer Populationen
- Mutationen auch im Haustierbestand
- künstliche Selektion durch Züchter
- natürliche Selektion wirkt immer, auch bei Haustieren
- Anpaarung unterliegt meist einem Zuchtschema
- Nutztierpopulationen sind keine idealen Populationen!!!!!
In einer Nutztierpopulation gibt es: nur eingeschränkt viele Tiere
- Populationsgröße stark durch Menschen beeinflusst
- Manchmal sehr wenige Vertreter (sehr seltene, alte Rassen)
- genetische Drift (Alleldrift, ein Allel wird zufällig in nächste Generation weitergegeben) tritt verstärkt auf
In einer Nutztierpopulation gibt es: Einfuhr wertvoller Zuchttiere anderer Populationen
- Immigration: Einkreuzung von Tieren aus anderen Populationen
- dadurch neue Allele aus diesen Populationen
- Veränderung von Allelfrequenzen durch diese Zufuhr hängt ab von: Anzahl der Tiere, die hinzu kommen; Größe des Allelfrequenzunterschiedes zwischen beiden Populationen
- Emigration (Auswanderung) möglich, aber das nicht das Problem
In einer Nutztierpopulation gibt es: Mutationen auch im Haustierbestand
- nur von Interesse, wenn in Keimzellen und daher vererbt
- Können sich dort oft besser anreichern (wenn gewünscht)
- Können genutzt werden, wenn Allelfrequenz hoch genug
- Mutationsrate ist eine Mio
- Rückmutationen: Reperatur 1/5 bis 1/10 der Mutationsrate
In einer Nutztierpopulation gibt es: künstliche Selektion durch den Züchter
- auf gewünschte bzw. unerwünschte Eigenschaften
- Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung führen zur gezielten Zuchttierauswahl
- Gentests/genomische Selektion verstärken die Auswahl bestimmter Genotypen (gewünschte schnellere Verschiebung der Allelfrequenzen)
In einer Nutztierpopulation gibt es: natürliche Selektion
- sichtbar, wenn Nachkommenzahl zwischen Genotypen unterscheidet
- Meist Bevorzugung oder Benachteiligung bei der Reproduktion (evolutionäre Adaptation, reproduktive Fitness)
In einer Nutztierpopulation gibt es: Anpaarung unterliegt meist einem Zuchtschema
- keine Panmixie
- manchmal sogar Inzucht in der Population
- Homozygote Anhäufung bestimmter Allele
Herleitung eines Zuchtwertes: Ausgangsmodell für die Berechnung quantitativer Merkmale
P= G + U P - Phänotyp G - Genotyp U - Umwelt Diese Werte stehen so aber nicht zur Verfügung!!
P = ‘u + g + u + gu …
‘u: Mittelwert der Population (Grundpotential)
g: genetischer Effekt
u: Umwelteffekt
Effekt ist die Abweichung vom Mittelwert
Kontinuierliche Merkmalsausprägung durch Umwelteffekt
- genotypische Effektveranlagung (Genotypen besitzen bestimmte Effekte auf das Merkmal)
- Umweltbedingt variieren die phänotypischen Ausprägungen der jeweiligen GT-Veranlagung
- Dadurch entstehen Mittelwerte und Streuungen der phänotypischen Werte
Loci im HWG
- Locus unter Selektionsdruck steht nicht im HWG
- Auch Loci auf die indirekt selektiert wird (Kopplung) stehen nicht im HWG
- Selektion betrifft nicht alle Loci gleichermaßen, aber meist weit mehr als nur einen Locus (Kopplung)
- Loci, die in einer Reinzuchtpopulation nicht unter Selektionsdruck stehen, können im HWG stehen (z.B. Blutgruppen)
Kontinuierliche Merkmalsausprägung
- Überlagerung der Effekte bei mehreren, verschiedenen Genen (Bsp. Effekte von 5 Genen mit jeweils 3 Genotypen auf ein Merkmal)
- Umwelteinflüsse führen zu weiteren Modifikationen im Phänotyp
Übertragung der Berechnung auf mehrere Loci
- Allele haben unterschiedliche Effekte auf ein Merkmal
- additive Effekte sind Durchschnittseffekte
- Werden mit dem jeweiligen Allel auf Nachkommen übertragen
- Aufsummiert über alle möglichen Allele an allen beteiligten Genorten ergibt sich daraus der allgemeine Zuchtwert eines Tieres
Beispiel: direkter genomischer Zuchtwert (dGW)
- Summe aller Alleleffekte, aber nur an den erfassten SNP-Loci und nur mit den berechneten Effekten aus der Nachkommenprüfung
- Der allgemeine Zuchtwert ergibt sich aus einem Multi-Locus-Modell => quantitative Genetik
Domestikationsgründe
- vielfältig, unterschiedliche Meinunge, was vordergründig
- Jagd war anstrengend, hatte nicht immer Erfolg. Ziel: Immer Frischfleisch, Eier, Milch (?) vorrätig
- Mitnahme von Tieren als “lebende” Nahrung auf Wanderungen (unabhängig von Jagdzügen)
- Mitleid mit Verwaisten Jungtieren, Liebhaberei
- Tiere für Kulthandlungen ?
- Transportmittel
- Arbeitsmittel
- je nach Tierart durchaus unterschiedlich
- Zeitangaben zu den Arten schwanken noch erheblich
Tier, dass gerade in der Domestikation
Dammwild
Orte und Zeiten der Domestikation
- häufig Diskussion über konkrete Abstammung
- Grundsätzlich stammen Haustieren von: den jeweiligen Wildformen im Domestikationsgebiet, einer Wildart (sonst nicht fruchtbar, ggf. von Unterarten) und relativ wenigen Wildtieren (dadurch Verringerung der genetischen Vielfalt) ab
Veränderungen durch Domestikation: Wahrscheinlicher Ausgang
- Züchtung auf Zahmheit führte zur Auswahl von Tieren mit “leichten Defekt” in Stammzellen der Neuralleiste, da diese Vorläufer der Nebennierenzellen (steuern Hormone für Aggressionsverhalten und Stressreaktionen) sind
- Züchtung auf Zahmheit führte zur Nutzung von Tieren, die weniger Stresshormone bilden
- Neuralleistenzellen wirken aber an vielen Körperregionen (Farb- und Nervenzellen etc.)
- Daher weisen Tiere mit mutierten Nebennierenzellen dann auch die Merkmale des Domestikationssyndroms auf: Schlappohren, weißen Flecken im Fell, verkürzte Schnauze
- alle weiteren Veränderungen sind Folgen
Veränderungen durch Domestikation: anatomische Veränderungen
- Verkürzung des Gesichtsschädels (kürzerer Maulbereich)
- Körperproportionen (Vorderhand : Hinterhand, kürzeres Maul): Haustiere 50%:50%; Wildtiere 70%:30%
- kleinere Hirnschädel (kleineres Hirn, geringeres Gewicht, weniger Furchung)
- Verdauungssystem (Darmlänger verändert, kleinere Zähne)
- Enorme Zunahme der Variabilität in Größe, Farbe und Formen (Hängeohren, Depigmentation)
Veränderungen durch Domestikation: physiologische Veränderungen
- modifizierte Enzymausstattung, veränderte Leistungsfähigkeit (schnellere Zunahme, verringerter Futteraufwand, erhöhte Verfettung :D Piggildy)
- Fruchtbarkeit: frühreifer, mehr Nachkommen (erhöhte Ovulation); Entwicklung einer asaisonalen Brunst (Rind, Schwein), Legehennen mit reduzierten Bruttrieb
Veränderungen durch Domestikation: psychologische Veränderungen
- Verringerte Fluchtdistanz, Zahmheit, weniger aggressiv
- Verhalten bleibt lange auf Jungtierniveau