Mutationen und Genanalyse Flashcards
Mutationen sind…
… plötzliche qualitative/quantitative Änderungen des Informationsgehaltes der Zellen (des Wildtyps)
- eine Ursache für genetische Variabilität und damit Triebkraft der evolutionären Entwicklung (Evolutionsfaktoren) wichtigsten Faktoren
- Spontan, wenn ohne erkennbare Ursache, bzw. induziert, wenn bekannter äußerer Einfluss wie Strahlung, Gift, Stress, Viren, Alter
- Selten: als Ausdruck der Konstanz der Erbmasse
- Meist schädlich: aufgrund der erfolgten Anpassung
- ungerichtet: Auswirkungen sind nicht planbar (zufällig)
Durch Mutationen kann…
… die Erbinformation der Zellen beschädigt werden
Reparatur von Erbschäden
= Konstanz der Erbinformation
- zahlreiche Systeme in der Zelle
- Fähigkeit zur Reparatur fällt unterschiedlich aus
- Lässt bei zunehmenden Alter, Stress nach
- keine oder unvollständige Reparatur => Schaden bleibt
- führen dann immer zu einem genetischen Marker, erhöhen aber nicht zwingend die phänotypische Variabilität
Genommutation: Änderung der Chromosomenzahl
- des ganzen Satzes
- einzelner Chromosomen
Genommutation: Änderung der Chromosomenzahl: des ganzen Satzes
- Ursache: Kolchizin, Kälte in Meiose
- Verringerung = nur ein Chromosomensatz in allen Zellen (n), meist tödlich
- Vervielfachung = mehrfacher Satz (4n, 6n 8n)
- bei Pflanzen erwünscht = oft größer (Weizen 6n)
- bei Tieren selten = Probleme mit Geschlechtschromosomen (steril), Störe können oktaploid sein, Seidespinner ist polyploid
Genommutation: Änderung der Chromosomenzahl: einzelner Chromosomen
- Monosomie (2n-1)
=> Meist tödlich, einzige lebensfähige Mutation beim Menschen: Turner-Syndrom nur ein X, 98% Fehlgeburten, Reproduktionsverlust, Wachstumsstörungen, Herzfehler - Trisomie (2n+1)
=> beim Tier/Menschen ebenfalls oft Defizite, aber zahlreiche lebensfähige Varianten: Trisomie 21 = Down-Sydrom
Begünstigung Mutationen
Mutationen werden mit zunehmenden Alter der Mutter begünstigt => Spindelapparate funktionieren nicht mehr so gut, Risiko für Erbkrankheiten steigt
Chromosomenmutationen
- Large scale mutation, Verändern die Struktur der Chromosomen
- Auswirkungen unterschiedlich, abhängig vom Typ der Mutation, Größe und Informationsgehalt des Stückes
- Mutationstypen: Deletion/Insertion (InDel), Translokation, Duplikation, Inversion
Punkt- bzw. Genmutation
- small scale mutations, wirken nur in Einzelbereich (Single nucleotid polymorphism, SNP)
- führen zu neuen Allelen (Motoren der Evolution)
- Unterteilt in zwei Gruppen:
=> Mutationen im nicht-codierenden Bereich
=> Mutationen im codierenden Bereich - Sonderformen
Mutationen im nicht-kodierenden Bereich können…
- keine Auswirkungen haben (nicht alles für Vererbung nötig)
- sich an Transkriptionsfaktor-Bindestellen als Repressor-/Silencer-(Blockade) oder Enhancer-(Verstärker)-Elementem befinden
- In der Promotor-Region vorliegen
- durch Lage am Exon/Intron-Übergang das Spleißen beeinflussen oder
- sich am 3’-Ende befinden
1/29 Translokation Rind
- Robertson Translokation (Chr. zentrisch fusioniert)
- speziell bei Bos indicus
- Chromosom 1 und 29 sind zentrisch fusioniert
- geringere Reproduktion, verringerte Leistung
11/15 Translokation Eber
- Reziproke Translokation (nur Teile ausgetauscht)
- bringen weniger Ferkel
Mutation in Gameten
- erblich, können auf nächste Generation übertragen werden
- führen zu erblichen Defekten bzw. genetischer Variabilität
Mutation in somatischen Zellen
- nicht erblich, können aber auf Tochterzellen übertragen werden (Krebsentstehung)
Mutationen im nicht-kodierenden Bereich
- Mutationen im Transkriptionsfaktor-Bindungsstellen- und Promotor-Bereich können die Menge der gebildeten RNA bzw. des Proteins beeinflussen, gilt auch für Mutationen am 3’-Ende
- Splice-Mutationen führe zu verschiedenen Proteinen/Isoformen =alternatives Splicen (normaler Prozess)
Mutationen im codierenden Bereich
- Silent
- Missens
- Nonsense
- Frameshift
Mutationen im codierenden Bereich: Silent
= synonymous
- Base wird substituiert
- Triplett codiert aber gleiche AS
- damit kein Effekt auf die Proteinsequenz
- beeinflusst eventuell Splicen
Mutationen im codierenden Bereich: Missens
= non-synonymous
- Basenaustausch verändert das Codon so, dass AS-Austausch erfolgt
- Veränderung der AS kann Auswirkungen auf Proteinstruktur und damit Wirkung (anderes Bindeverhalten) habe
Mutationen im codierenden Bereich: Nonsense
= STOPP
- führt zur Entstehung eines STOPP-Codons, damit vorzeitiger Abbruch der mRNA-Synthese und so vorzeitiger Abbruch der Proteinsynthese, verkürztes, meist nicht funktionsfähiges Protein
Mutationen im codierenden Bereich: Frameshift
= Einzelbasendeletion o. Insertion
- verursacht Verschiebung im Translationsleseraster (nicht, wenn drei Basen betroffen sind), führen zu einer völlig anderen AS-Sequenz
Sonderformen Mutationen
- short tande repeat mutations (STR, Mikrosatelliten)
- copy number variation mutations (CVN)
short tande repeat mutations (STR, Mikrosatelliten)
- sind Wiederholungen (10-100x) von kurzen Gensequenzen (2 bis 6 Nucleotide): CACACACA, TATTATTATTAT, GTGTGT
- führen zu großer Allelvielfalt, da jede neue Wiederholung ein Allel: CACA, CACACA, CACACACA
- über 1 Mio beim Menschen, ca 0,5% des Gesamtgenoms
- liegen meist in nicht-codierenden Bereich
copy number variation mutations (CVN)
- repetitive Strukturen, die länger als 1kb lang sind
- entstehen durch Deletion oder Duplikation der DNA-Segmenten
- Im Sonderfall: Gen-Duplikationen, können zu Pseudogenen führen oder Mutationen konservieren/anhäufen
- beim Menschen ca. 30.000 CNV bekannt
Mikrosatelliten
- PCR mit fluoreszenzmarkierten Primern, Gel-Elektrophorese, Nachweis Länge durch Laserdetektion
- Längenbestimmung durch Marker/Kontrolltiere (preisgünstig, aber schwierig in der Anwendung)
Züchterische Nutzung von Genvarianten
- Identitäts- und Abstammungsbestimmung
- Erbfehlerdiagnostik (Gentests)
- Hauptgen-/Leistungsgenanalyse, Bestimmung vorteilhafter/nachteiliger Genvarianten bei Leistungsmerkmalen
- Genomische Selektion
Genomische Selektion
Erstellen einer individuellen Genotypenformel für Berechnung der Leistungsveranlagung
- Umwelt hat keinen Einfluss
- Diagnostik erfolgt unabhängig von Alter, Geschlecht, Status und Genwirkung (schon am Embryo möglich)
- Anlageträger (mischerbige) werden erkannt
- Ergebnisse sind Eigenwerte des Tieres (Milchleistung beim Bullen)
- jedes DNA-haltige Material ist nutzbar
- Tiere mit züchterisch erwünschten Merkmalsanlagen können für Zucht berücksichtigt werden, nachteilige Erbanlagen können ausgeschlossen werden
Kanditatengen-Ansatz zum Auffinden von Genvarianten
- Ursächliches Gen wird aufgrund seiner biochemischen Wirkung vermutet oder ist von anderen Arten bekannt
- Gen wird bei Tieren mit/ohne Merkmal vergleichend sequenziert
- gefundene Mutationen werden mit mehr Tieren mit und ohne Merkmal bzw. in einem Pedigree auf ihre Ursächlichkeit geprüft
- Bei Bestätigung ist ein direkter Gentest möglich
- Beispiel MC1R: Farbgen für Schwarz oder Rot
Kopplungs- und Assoziationsanalysen zum Auffinden
- Systematische Suche im Gesamtgenom nach Chromosomenabschnitten, die für ein Merkmal verantwortlich sein könnten
- Suche ist auf die Position im Genom ausgerichtet, Kartierung einer interessanten Region (QTL oder Gen)
- Suche nach zwei oder mehreren Loci mit gemeinsamer Vererbung, die also gekoppelt sind
- dabei in der Regel ein o. mehrere Loci = bekannter Marker und ein Locus = interessierendes Merkmal
- Position wird über bekannte Maker ermittelt
QTL-Regionen
(quantitative trait loci)
= Region, die einen Einfluss auf ein quantitatives Merkmal haben
Kopplungsanalyse
- zum Auffinden von QTL-Regionen für quantitative Merkmale
- genutzt werden die Rekombinationen in Familien über wenige Generationen hinweg
- Ergebnis: Kartierung einer langen Chromosomenregion (QTL)
- Nachweis einer Kopplung über statistische Analysen mit Beachtung der Marker-Position und des Effektes
- F- oder LOD-Wert als Maß (sollte über 3, besser 5)
Warum werden die Rekombinationen in Familien über wenige Generationen hinweg genutzt?
- Phänotypen der Tiere bekannt und segregieren mit Familienstruktur
- genetische Marker mit Genotypen sind bekannt
- Statistische Kopplungsanalyse
Assoziationsanalyse
- Auffinden einer Genposition im Genom mit Einfluss auf bestimmte Merkmale
- genutzt werden unstrukturierte Populationen
=> Phänotypen, die streuen; genetische Marker mit Genotypen sind bekannt; statistische Assoziationsanalyse - Ergebnis: kurzer Chromosomenabschnitt
Direkte und indirekte Gentests
- Polymorphismen (SNPs): molekulare Grundlage für Gentests
- direkter Gentest: der relevante Genlokus ist bekannt und die ursächliche Mutation ist identifiziert
- indirekter Gentest: der relevante Genlokus ist nicht genau bekannt, daher wird ein Marker in der Nähe genutzt; Sicherheit hängt vom Abstand Marker - ursächliche Mutation ab
Genvarianten - Abstammung
- Identitäts- und Abstammungsbestimmung
- heute noch vorrangig über Mikrosatelliten
- Internationales Set je nach Tierart, über das Genom verteilt, 13 bis 17 Mikrosatelliten mit großer Allelvielfalt
- nach internationaler Vereinbarung, mittleres Allel als M-Allel bezeichnet, alle anderen daran orientiert
- Fehler bei Mikrosatellitenanalyse allgemein
- Probleme mit Mikrosatalliten selbst
- daher: sicheren Ausschluss erst ab zwei Unterschiede
Fehler bei Mikrosatellitenanalyse allgemein
- Verwechslung von proben beim Abnehmen, im Labor
- Labore nur über Standards vergleichbar, internationale Kontrollen für akkreditierte Labore
- Längenunterschiede sehr gering, Gefahr der falschen Zuordnung
- Internationale Kontrollen für akkreditierte Labore, aber immer mal wieder Fehler
Probleme mit Mikrosatelliten selbst
- Mikrosatelliten können spontan mutieren (während der Bildung von Eizelle und Spermium, Problematisch nur ein einzelnes Nucleotid)
- Schwierigkeiten bei sehr enger Verwandtschaft, Väter sind Vollbrüder, eineiige Zwillinge, Klone
Abstammungsbestimmung beim Rind zunehmend über…
… SNP-Chips
- viele Punktmutationen dabei bestimmt
- Menge reicht für sichere Bestimmung
- Schwierigkeiten der Mikrosatelliten umgangen
- SNP-Chips schon in Anwendung - viele Tiere typisiert
- Aber recht teuer, daher nur dort, wo sowieso SNP-Chip-Analysen
- erste Versuche auch beim Pferd
- Schwein, Hund, Mensch noch mit Mikrosatelliten
Erbfehlertests
- Ausprägung des Phänotyps schwankt (innerhalb bestimmter Gene = normal; außerhalb dieser Grenzen = krank)
- Defektallele sind die Allele. die einen nachteiligen (letalen) Effekt auf die Gesundheit und/oder Leistungsvermögen haben
- Entstehung durch Mutationen: meist rezessive Allele. Defekt ist nur in homozygoten Merkmalsträgern sichtbar, aber versteckt in Anlageträger
- Suche nach den ursächlichen Mutationen, aber Gen nicht immer bekannt: Daher Nachweis durch direkten oder indirekten Gentest
DUMPS beim Rind (HF)
- Funktion der Uridin-Monophosphat-Synthase gestört (Defizienz der Uridin-Monophosphat-Synthase =DUMPS)
- Auswirkung: embryonaler Frühtod bei Merkmalsträger (rezessiv)
- Nonsense-Mutation (STOPP)
- Nachweis: direkter RFLP-Test mi AvaI-Enzym
Maligne Hyperthermie Syndrom (MHS) beim Schwein
- Funktion des Rezeptors für Ca2+-Freisetzung (Ryanodin-Rezeptor, RYR) im Muskel gestört
- Auswirkung: erhöhte Stressempfindlichkeit
- Missens-Mutation (AS-Austausch)
- Nachweis: Direkter RLFP-Gentest (z.Bsp. mit HhaI-Enzym)
Schwere Kombinierte Immundefizienz (SCID) beim Pferd
- DNA-abhängigen Proteinkinase ist defekt, Merkmalsträger haben defiziente T-/B-Lymphozyten
- Auswirkung: kein Schutz vor Infektionen. Fohlen sterben vor dem 5. Lebensmonat, 8% der arabischen Vollblutpferde sind Anlageträger
- 5b-Deletion führt zu Nonsense-Mutation (STOPP)
- Direkter Gentest möglich (Pyrosequencing)
Bovine progressive degenerative Myelo-Encephalopathie (Weaver) beim Rind
- genaues Gen ist noch unbekannt, wahrscheinlich PDME-Gen
- Auswirkungen: Degenerative Veränderungen am Rückenmark, Schwächung der HGM bis Festliegen, beim Braunvieh
- Indirekter Gentest mit Mikrosatelliten-Marker da ursächliche Mutation unbekannt
Hauptgene
- zahlreiche Merkmale werden von vielen Genen bestimmt werden und die Ausprägung wird quantitativ als Leistung gemessen
- häufig als QTL bezeichnet
- Gene mit großen Beitrag (Effekt) zur Ausprägung solcher polygenen Merkmale heißen Hauptgene (ihre Effekte sind Hauptgeneffekte)
- sind oft züchterisch interessante Genvarianten
- Auffinden dieser Regionen mit Kopplungs- und/oder Assoziationsanalysen
Erhöhtes Muskelwachstum - Doppellender
- Myostatin-(MSTN)-Gen defekt, dadurch stärkeres Muskelwachstum, bis zu 20% mehr Muskelmasse
- gibt bei vielen Arten verschiedene Mutationen in diesem Gen
Doppellender beim Schaf
- Texel Schafe mit sehr starker Bemuskelung
- Mutation: 3’ untranslierter Bereich des Myostatin(MSTN)-Gens
- dadurch Erkennungssequenz für Mikro-RNA geschaffen, Translationsrate reduziert, Downregulation von Myostatin
Doppellender beim Rind
- Myostatin(MSTN)-Gen (BTA2) defekt
- gibt viele Mutation in diesem Gen beim Rind, besonders bei weiß-blauen Belgiern, Asturiana, Piedmontese
- z.B. Frameshift-Mutation (Leserasterverschiebung)
Fruchtbarkeit durch Boorola-Gen beim Schaf
- In Zuchtvariante der australischen Merinolandrasse wurden besonders viele Lämmer geboren
- daraus Boorola-Merino gebildet, tragen am Locus FecB das FecB5-(Boorola)-Allel (Bone Morphogenetic Protein Receptor IB-(BMPR-IB)-Gen)
- Missens-Mutation (A>G => Gln249Arg)
Bemuskelung durch Callipyge-Allel beim Schaf
- 1983 Bock (Rasse Dorset) mit Muskelhypertrophie an Keulen und Lenden geboren (Callipyge)
- Calpastatin (Proteinaseinhibitor) höher, Folge: 10% bessere Nährstoffverwertung, gesteigerte Proteinsynthese, erhöhte Schlachtausbeute, 20% reduzierte Erzeugerkosten, aber Fleisch zäh und bedarf spezieller Verarbeitung
- genetisches Imprinting, paternale Herkunft des Callipyge-Alleles bei heterozygoten Tieren wichtig
Verbesserter Fleischansatz beim Schwein
- IGF2-(Insulin growth factor)-Gen, stimuliert Muskelwachstum bei jungen Tieren, aber nicht Fettansatz
- Variante im Intron 3 (SSC2): G<a></a>
Hornlosigkeit beim Rind
- Reduziert Tierhaltungskosten, Tierbelastung im Zusammenhang mit Enthornung u. Verletzungsgefahr
- Position des Genortes HPS (Horned/Polled Syndrom) liegt auf BTA1
- Gen bislang nicht bekannt, daher indirekter Test mit Markern
- Wahrscheinlich mindestens zwei Mutationen (InDels)
- Autosomal dominanter Erbgang
- Ziel: homologe Merkmalsträger finden
Probleme
Erbfehler vs. Wunschallel
- Overo-Farbe vs. OLWS (EDNRB-Gen)
- Fleischertrag vs. Hyperthermie (RYR-Gen)
- Silberaufhellung vs. Augenerkrankung (SILV-Gen)
- mehr Muskelmasse vs. Kaiserschnitt (MSTN-Gen)