Inhalt und Ziele der Tierzucht Flashcards
Was beinhaltet die Tierzucht?
Tierzucht beinhaltet Programme von Personen/Verbänden, um genetische Eigenschaften von Tieren zu beeinflussen.
Züchtungsmethodik
Züchtungsmethodik befasst sich mit Entwicklung der Zuchtstrategien zur Optimierung von Qualität und Leistung (Selektion- und Paarungsstrategien)
Auf was zielt die Tierzucht ab?
Zielt auf Erzeugung von Nachkommen ab, die besser als die Elterngeneration sind (genetischer Fortschritt) durch:
- sichere Auswahl von Elterntieren, deren genetische Anlagen für die angestrebten Merkmale der Population überlegen sind
- Breiten Einsatz dieser Tiere durch Biotechnologie. Bsp Bulle je 100.000 Töchter
Tierzucht dient…
… der besseren Bedürfnisbefriedigung
- Produktbereitstellung (Fleisch, Eier, Milch, Wolle, Leder)
- Arbeits- und Transportleistung
- Sportvergnügen
- Hüte- und Wachleistung
- Hobby
Schwerpunkte und Inhalte sind…
… einem Wandel unterworfen
- Zunächst vor allem Mengenproduktion
- zunehmend Qualitätsverbesserung
- Gesundheitsfördernde Produkte
- Produktion unter Aspekten des Tierwohls und Umweltschutzes
Geschichte der Tierzucht
- vor 12.000 bis 6.000 Jahren: Beginn der Domestikation von Pflanzen und Nutztierarten, bessere Kontrolle der Nahrungsbeschaffung
- Vor der Zeitwende: Bedeutung von Haustieren schon groß, Zucht eher “aus dem Bauch heraus”
- Römerzeit: Hinweise für Anwendung von Selektion von Pferden und Rindern
- Mittelalter bis Ende des 18. Jh.: Anzeichen für erfolgreiche Selektion bei Nutztieren, bestimmte Rassen beliebter als andere
- Jahrhundert: erste Herdbücher, Zuchtprogramme und Zuchtorganisationen, Zuchtziele und Nutzungsrichtungen sind wichtig, Rassebildung beginnt und ist bis heute nicht abgeschlossen
Meilensteine der modernen Tierzucht
- Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze um 1900
- Entwicklung der Populationsgenetik durch immer umfassendere Computerprogramme und Hochleistungsrechner
- Nutzung der Reproduktionstechniken (seit 50. des 19. Jh)
- Nutzung der Molekulargenetik (seit 90.)
Besonderheiten der modernen Tierzucht
- Extrem hoher Grad der Spezialisierung der Nutzung (Milchrichtung, Mastrichtung, Legerichtung)
- dadurch enormer Leistungszuwachs erreicht
- starke Veränderung in den Produktionsverfahren (“Industrialisierung”)
- Zucht weltweit länderübergreifend organisiert
Zuchtprogramme
- aufgestellt durch die Züchtervereinigungen
- sollen gewährleisten, dass vorhandene genetische Ressourcen effizient und nachhaltig eingesetzt werden
- umfassen Gesamtheit aller zur Erreichung eines Zuchtfortschrittes notwendigen Aktivitäten
Einflussfaktoren auf die Gestaltung von Zuchtprogrammen
- Tierart (Vermehrungsrate, Reproduktionsgenetik)
- Zuchtmethode
- Populationsgröße
- Dateninformationssysteme (LP, ZWS, Tierkennzeichnung)
- Finanzielle Ressourcen
Rechtliche Grundlagen für Zuchtprogramme
- tierzuchtrechtliche Bestimmungen der EU
- Tierzuchtgesetz der BRD
- Bestimmungen der Länder bzw. Zuchtverbandsordnung (ZVO) der Zuchtverbände oder Produktionsgemeinschaften
Zuchtziel
- Verband gründet sich mit einem bestimmten Ziel für seine Arbeit
- Zuchtziel zeigt, wohin sich die Population entwickeln soll
- Ausgang: Verwendungszweck (bestimmt alles Weitere)
- Beschreibt ein Idealtier
- sollte für lange Zeit aufgestellt werden
Idealtier eines Zuchtziels
Idealtier, dass
- für den Verwendungszweck bestens geeignet ist
- Alle Eigenschaften besitzt, die Wünsche der Züchter an Interieur und Exterieur am Besten entspricht
- oft traditionelle Aspekte berücksichtigt
- ZZ charakterisiert Art und Niveau der Leistungsparameter
Spezialisierte ZZ
Vorteile:
- einfacher Zuchtzieldefinition
- höherer Züchtungsfortschritt
- niedrige Kosten der Leistungsüberprüfung
Nachteile:
- Imageschaden, wenn nicht beide Geschlechter genutzt werden
- Gefahr von bedeutenden Genotyp-Umwelt-Interaktionen
Komplexe ZZ
- steigende Kosten der Leistungsprüfung
- Internationale Zusammenarbeit, großes Marktpotential notwendig
- Verzicht auf lokale Programme Zuchttierimport (Elterntiere)
Zuchtbuch
- Dient der Identifizierung und Überwachung der Zuchttiere
- wird von anerkannten Züchtervereinigung für alle Zuchttiere, die an einem Zuchtprogramm teilnehmen, geführt
- enthält alle Nachweise der Abstammung und Leistungen für die gesamte Zuchtpopulation
- kann hinsichtlich der Abstammung und Leistung in verschiedene Abteilungen unterteilt werden
- Eindeutige Kennzeichnung der Zuchttiere wichtig
- Vielfältige Methoden (Ohrmarke, Chip, Tätowierung, Brand, etc.)
- Kontrolle durch genetische Verwandtschaftsbestimmung
Zuchtmethoden (ZM)
- Planmäßiges Vorgehen, um das genetische Potential von Tieren in die gewünschte Richtung zu beeinflussen
- zwei grundsätzliche Gruppen: Zuchtmethoden mit Nutzung der additiven Genwirkung; Nutzung der nicht-additiven Genwirkung
Zuchtmethoden mit Nutzung der additiven Genwirkung
- Beruhen auf allgemeiner Allelaustattung, auf dem allgemeinen ZW
- Leistung entsteht durch Summieren aller Allele
- Führen langfristig zum Anstieg der Homozygotie
- Grundlage für die meisten Zuchtstrategien, Zuchttier = Nutztier
Zuchtmethoden mit Nutzung der nicht-additiven Genwirkung
= Kreuzungszucht
- Beruhen auf einer spezifischen Allelausstattung
- Zuchttier ungleich Nutztier
Reinzucht (in offener Population)
- Paarung innerhalb einer Population unter weitgehender Vermeidung von Verwandtenpaarung
- lässt überwiegend leistungsstabile Nachkommen erwarten
- am häufigsten angewendete Zuchtmethode
- Bsp. Trakehner
Veredlungszucht (in offener Population)
- Kurzzeitiger, konzentrierter Einsatz weniger, meist männlicher Fremdtiere in eine bestehende Population zur schnellen Verbesserung einiger, weniger Merkmale
- Population A behält ihre wesentlichen Eigenschaften, nur bestimmte Merkmale (deren Allele nicht in der Zielpopulation waren)
- Merinos in Landschafe für bessere Wolle
Verdrängungszucht (in offener Population)
- Nutzung einer Fremdpopulation B bis zum völligen Allelaustausch in der Zuchtpopulation A
- Kontinuierliche und kostengünstige Verdrängung des alten Genpools durch langfristigen Einsatz von meist männlichen Tieren der Population B
- Einsatz von Holstein Friesian ins Schwarzbunte Niederungsrind (dadurch heute Deutsche Holstein)
Kombinationszucht (in offener Population)
- durch Kombination verschiedener Rassen werden die Vorzüge diverser Zuchten vereint
- nach der Kreuzungsphase schließt sich Reinzuchtphase zur Konsolidierung an
- Einige Generationen bis zur Stabilisierung der neuen Rasse, zur Schaffung einheitlicher Typen mit ausgeglichenem Leistungsniveau
- Entwicklung SMR, Uckermärker
Inzucht (in geschlossener Population)
- Systematische Verpaarung von Tieren mit gemeinsamen Ahnen, enger verwandt als Populationsdurchschnitt
- Bewirkt eine Steigerung der Homozygotie
- Bei strenger Selektion rasche genetische Verankerung erwünschter Eigenschaften möglich, bei Rasseentstehung oft zur schnellen Konsolidierung zeitlich befristet angewendet
- Maß für Inzuchtgrad ist Inzuchtkoeffizient
- Problem: Inzuchtdepression
- Konsequent meist nur in Modelltierpopulationen: Mäuse, Ratten, Kaninchen
Strenge Reinzucht (in geschlossener Population)
- Verwandten- und Fremdpaarung, aber keine Paarung von eng verwandten Tieren, Vermeidung von Inzucht
- Zuchtbuch geschlossen, dadurch bei kleinen Populationen Gefahr der Inzucht
- zahlreiche traditionelle Rassen
- Beispiel: Englisches Vollblut, Island-Pferd
Linienzucht (in geschlossenen Populationen)
- Außergewöhnliche genetische Veranlagung eines oder mehrerer Zuchttiere werden in Folgegenerationen in Form von Zuchtlinien erhalten und weiter zu entwickeln
- Verwandten- und Fremdpaarung, keine Paarung von eng verwandten Tieren
- In Geflügel- und Schweinezucht zur Entwicklung von geschlossenen Zuchtlinien mit speziellen Eigenschaften
- hohe Fruchtbarkeit bei Mutterlinien
- sehr gute Fleischleistung bei Vatertieren
Erhaltungszucht (in geschlossenen Populationen für Genpool)
- Ähnlich wie strenge Reinzucht
- Erhaltung von im Bestand gefährdeten Rassen
- Problematik der genetischen Diversität
- Effektive Populationsgröße <50
- Versuche der Kryokonservierung
Erhaltungszucht (merkmalsspezifisch)
- für Merkmale, die antagonistisch zu “Selektionsmerkmalen” sind
- Vermeidung einer Verschlechterung (z.B. Eizahl - Schalenstailität)
Kreuzungszucht generelles Prinzip
- Tiere verschiedener Populationen systematisch gepaart
- führt zu vermehrter Heterozygotie, zeigen Heterosis
- tritt nicht generell auf, Vorraussetung ist der Passereffekt, muss in Testanpaarungen geprüft werden
- Heterosis ist das Gegenstück zur Inzuchtdepression, stark bei Merkmalen mit geringer Heritabilität (Fruchtbarkeit)
- Heterosis basiert auf nicht-additiven Allelwirkungen (Dominanz, Überdominanz)
Kreuzungszucht Effekte
- Heterosiseffekt tritt nur in F1 bei allen Tieren auf, basiert auf Mendelschen Gesetzen, in F2 spalten sich die Allele wieder auf
- Effekte benötigen spezifische Beziehungen zwischen den Allelen verschiedener Gene
- Entstehen durch Epistasie und/oder Überdominanz (genaue Ursache noch umstritten)
Kreuzungszucht Erfolge etc.
- Voraussetzung für reproduzierbare Erfolge sind rein gezüchtete Ausgangspopulationen (ohne Reinzucht keine Kreuzung)
- Bei speziellen Methoden werden die Ausgangspopulationen nicht aufgrund ihrer Reinzuchtleistungen, sondern der Leistungen ihrer Kreuzungsnachkommen selektiert
=> Reziproke Rekurrente Selektion (RRS) beim Geflügel - Bei Weiterzucht kommt es zu Rekombinationsverlusten, da die haploiden Genkombinationen durch Rekombinationen auseinanderbrechen, Heterosis und Heterozygotie nehmen ab
Kontinuierliche Kreuzungszucht
- mit ausgewählten weiblichen Kreuzungstieren wird weiter gezüchtet
- Vorteil: Remontierung der Mütter aus den weiblichen Kreuzungstieren, relativ kostengünstig, da nur die Vaterlinie vorgehalten werden muss
- Nachteil: von Generation zur Generation schwankende Genanteile der beteiligten Populationen in den Endprodukten und dadurch schwankendes Leistungsniveau