Neurotraumatologie Flashcards
Einteilung des Schädel-Hirn-Traumas
- geschlossene und offene SHT (Verletzung der Dura mater) –> jede offene Gehirnverletzung ist primär als infiziert anzusehen
- Commotio cerebri: kurze Bewusstlosigkeit < 1 h nach dem Ereignis, retrograde und/oder anterograde Amnesie, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Heilung ohne neurologische Defekte
- Contusio cerebri (Hirnprellung): Coup (Stoßherd) und Contre Coup (durch den Sog), Bewusstlosigkeit und Amnesie > 1 h, neurologische Ausfälle, ganz oder tlw. reversibel, Defekte durch Kontusion erkennt man noch Jahre später im CT
- Compression cerebri (Hirnquetschung): ausgeprägte neurologische Defizite, nur tlw. rückläufig, manchmal lebenslange Schäden
- minimal: GCS 15, keine Bewusstseinsstörung, keine Amnesie
- leicht: GCS 13-15, primäre Bewusstlosigkeit max. wenige Minuten
- mittelschwer: GCS 9-12, Coup-Contre-Coup, primäre Bewusstlosigkeit > 15 min
- schwer: GCS 3-8, Schädelfraktur oder intrakranielle Blutung, durch Hirnödem oder Hirnblutung primäre Bewusstlosigkeit Tagen oder Wochen
Canadian Head CT Rule
- Einschlusskriterien: leichte SHT = GCS 13-15 + mind. einem Kriterium
1) primäre Bewusstlosigkeit
2) Amnesie (v.a. retrograd)
3) beobachteter Verwirrtheitszustand - -> dadurch minimales SHT ausgeschlossen
- Ausschlusskriterien
1) Kinder < 16 Jahre
2) Antikoagulation
3) Krampfanfall - Hochrisikokriterien: mind. 1 zutreffend –> 100% Sensitivität und 50% Spezifität für neurochirurgischen Handlungsbedarf
1) GCS < 15 2 h nach Ereignis
2) V.a. offene SHT oder Schädelimpressionsfraktur
3) Zeichen einer Schädelbasisfraktur: Hämatotympanon, raccoon eyes, Battle´s sign, Oto- oder Rhinoliquorrhö
4) mind. 2-maliges Erbrechen
5) Alter > 65 Jahre - Kriterien für mittelschweres Risiko –> zusammen mit Hochrisikokriterien 100% Sensitivität und 75% Spezifität für klinisch relevantes SHT
1) retrograde Amnesie > 30 min
2) gefährlicher Unfallmechanismus: Fußgängerunfall, Ausschleudern des Fahrzeuginsassen, Sturz aus 3 m Höhe
Symptome der Gehirnerschütterung
- Kopfschmerzen, jedoch nicht progredient
- Übelkeit, aber kein wiederholtes Erbrechen
- Verwirrtheit, aber keine Somnolenz
- Verschwommensehen
- Konzentrations- und Gedächtnisstörung
Postkommotionelles Syndrom
- eingeschränkte Alltagsbelastung mehr als 2 Wochen nach einem leichten SHT, die über mehr als 2 Monate andauert
- Prävalenz: 30% nach leichtem SHT
- Klinik: Kopfschmerzen
Indikation für OP einer Schädelimpressionsfraktur
- Duraeinriss: erhöhtes Risiko bei Impression > 5 mm
- Impression 5-10 mm
- Signifikante Intrakranielle Blutung
- Beteiligung des Sinus frontalis
- Signifikante Kontamination
- Signifikante Kosmetische Deformität
- Pneumozephalus
Stadien des akuten ICP-Anstiegs
St. I: Volumenzunahme eines Kompartimentes wird durch andere Kompartimente (Monroe-Kelly-Doktrin) kompensiert
St. II: ICP steigt, Übelkeit, Kopfschmerzen
St. III: weiterer ICP-Anstieg, Bewusstseinsstörung, CPP kompensiert durch MAP-Anstieg, kompensatorisch HF-Abfall
St. IV: Bewusstlosigkeit, bds. maximal dilatierte Pupillen ohne Lichtreaktion, Abfall des MAPs
Diagnostik einer ICP-Erhöhung
- Pupillenstatus
- GCS
- Hirnstammreflexe
- Pyramidenbahnzeichen
- Beuge- und Strecksynergismen
- CT initial und Re-CT 6-8 h später
- transkranielle Dopplersonographie: diastolisches Flussgeschwindigkeitsprofil
- ICP-Sonde: intraventrikulär im Vorderhorn oder intraparenchymal (keine Kalibrierung nach Implantation möglich)
Indikation für ICP-Sonde: - schweres SHT und pathologisches CCT
- schweres SHT bei unauffälligem CCT, aber 2 von 3 Kriterien
- initialer RRs < 90 mmHg
- uni- oder bilaterale Streckkrämpfe
- Patientenalter > 40 Jahre
Informationen aus ICP-Sonde:
- ICP als Trendparameter
- CPP-Kalkulation
- Bestimmung der intrakraniellen Elastance durch Veränderungen der Patientenlagerung oder Entnahme von Liquor
- Möglichkeiten der Liquordrainage zur akuten ICP-Senkung
- Entnahme von Liquor zum Labor
- ICP-Kontrolle nach Interventionen (Hyperventilation, Diuretika, Hypnotika)
Therapie einer ICP-Erhöhung
- CPP 50-70 mmHg
- Normoxämie mit möglichem PEEP 10-15 mbar, sowie Bauchlagerung
- Analgosedierung zur Intubationstoleranz, vegetativer Abschirmung, Reduktion des zerebralen Metabolismus und damit Blutvolumens und ICP
CAVE! Propofolinfusionssyndrom bei > 4 mg/kg/h
Günstig ist Ketamin (keine MAP-Senkung, keine ICP-Erhöhung) - Hyperventilation mit Ziel-paCO2 30-32 mmHg nur bei krisenhaften ICP-Anstieg und nur für kurze Zeit (weil CAVE posttraumatisch in der Hälfe der Fällen posttraumatische Hypoperfusion)
- Oberkörperhochlagerung, Kopf in Neutralposition
- Temperatur < 37.5 °C halten
- Normovolämie mit ZVD 8-12 mmHg und SVO2 > 70%: Volumentherapie mit isotoner NaCl, keine Gabe von freiem Wasser (Glucoselösungen)
- Mannitol-Kruzinfusion bei ICP-Druckanstiegen > 20 mmHg 1 g/kgKG
- Mannitol resistente ICP-Krisen: hypertone NaCl, CAVE Natrium 155 mM nicht überschreiten
- Barbituratkoma: Senkung des zerebralen Stoffwechsels
- Glucocorticoide nur bei Tumoren, nicht nach SHT
- Ultima ratio: Dekompressionskraniektomie mit Duraerweiterungsplastik bei massiven Hirnödem < 48 h bei Patienten < 50 Jahre ohne Komorbiditäten
Epidurale Blutung
- Pathophysiologie: rasch progredienten supratentorielle Einklemmung
akuter Verlauf durch Verletzung der A. meningea media
subakuter Verlauf in 10% (binnen 3 Tagen) durch Frakturspalthämatome - Klinik: Symptome nach einem kurzen (Minuten bis Stunden) beschwerdefreien “luziden” Intervall
• initial evtl. kurze Bewusstlosigkeit
• “luzides” Intervall nur in 20%, hier nur Kopfschmerzen und Übelkeit
• nach mehreren Stunden Vigilanzstörungen, Anisokorie, kontralaterale Hemiparese, ipsilaterale Fazialisschwäche - Diagnostik: nativ CCT hyperdense bikonvexe RF
- Therapie:
Notfalloperation < 1 h (N1) bei Schichtdicke > 1 cm supratentoriell und alle infratentoriell (Golden Hour Of Epidural Hematoma)
Ziel: sofortige Entlassung nach Erkennung im CT ohne Einsetzen der Vigilanzstörung –> exzellente Prognose mit Überleben nach 100%
–> OP innerhalb 2 h nach Einsetzen der Vigilanzstörung –> 80% Überlebenschance
Drainage eines chronischen Subduralhämatoms
- Über Bohrlochkraniotomie oder Trepanation mittels Handbohrer und Platzierung kleiner Hohlschraube
- keine Bohrlöcher über Sulcus centralis
- Position des Sulcus centralis
• gerade Verbindung zwischen Meatus acusticus externus und Scheitel
• Hälfte zwischen Nasion und Inion plus 2 cm nach hinten
• 3.5-4.5 cm hinter der Sutura coronaria - Inzision der äußeren Hämatommembran
- Entleerung der “motorölartigen” Flüssigkeit
Kernohan´s notch phenomen
bei Epiduralblutung Verlagerung des Mittelhirns im Tentoriumschlitz auf die Gegenseite –> zum Hämatom ipsilaterale Symptomatik
Spinales Epiduralhämatom
- v.a. spontan (Antikoagulation, Hämophilie), Einblutung spinaler Tumoren (v.a. Metastasen)
- Blutungsquelle epidurale Venen des Rückenmarks
- Klinik: plötzlich starke Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Extremitäten; rasch einsetzende Querschnittslähmung mit schlaffer Parese, Gefühls- und Blasenstörungen
- Diagnostik: spinale MRT
Lokalisation und Ursache der Blutung bei subduralem Hämatom
- zwischen Dura und Arachnoidea mater
- Brückenvenen zwischen oberflächlichen Hirnvenen und Dura mater
Pathologie des chronischen Subduralhämatoms
- kleine Blutungen von Brückenvenen
- Granulationsreaktion im Subduralraum
- Ausbildung der Membranen mit Einwachsen von fragilen Kapillaren
- Verflüssigung des Hämatoms durch enzymatische Fibrinolyse
- erneute Blutung
- in 20% beidseits
Klinik eines chronischen Subduralhämatoms
- Leitsymptom Kopfschmerz durch erhöhten Hirndruck, Übelkeit
- unklare Vigilanzminderung
- Hemisymptomatik durch Kortexkompression