Messung II: Indexbildung und Skalierungsverfahren Flashcards
Definition Index
regelgeleitete Zusammenfassung von mehreren Einzelfaktoren (oft
unterschiedlicher Dimensionen) zu einer neuen Variable
Beispiel
latente Variable: Soziale Schicht
Dimensionen/Indikatoren: Einkommen, Bildung, Berufsposition
Grundsätzliche Fragen bei der Indexbildung:
- Welche Dimensionen sollen in den Index eingehen?
2. Wie sollen die Dimensionen kombiniert werden?
- Welche Dimensionen sollen in den Index eingehen?
Dimensionen, die in die Indexkonstruktion eingehen, definieren den
Merkmalsraum des Index
Beispiel: Kombination aus Einkommen, Bildung und Berufsposition
erzeugt dreidimensionalen Merkmalsraum
Spezialfall: bei nur wenigen Ausprägungen der Variablen, die in den
Index eingehen liegt eine Typologie vor (Beispiele siehe nächste Folie)
keine objektiven Gütekriterien dafür, dass
- alle relevanten Dimensionen berücksichtigt wurden
- die berücksichtigten Dimensionen tatsächlich relevant sind
(Beispiel Typologie Folie 5+6)
- Wie sollen die Dimensionen kombiniert werden?
- Indexkonstruktion als Reduktion des Merkmalsraumes
- Zuweisung bestimmter Merkmalskombinationen zu Indexwerten
• auch hier keine objektiven Gütekriterien
• ursprünglicher Merkmalsraum wird reduziert aufgrund von
- funktionaler Reduktion (bestimmte Merkmalskombinationen sind nicht oder
nur selten vorhanden)
- arbiträrer numerischer Reduktion (gleicher Indexwert trotz
unterschiedlicher Merkmalskombination wegen Gewichtung)
- pragmatischer Reduktion (theoretisch gerechtfertigte Zusammenfassung)
Nach welchen Zuordnungsregeln kann Indexkonstruktion erfolgen?
a) „tabellarische“ Zuweisung
b) additiv
c) gewichtet-additiv
d) multiplikativ
Zuordnungsregel a) „tabellarische“ Zuweisung
„tabellarische“ Zuweisung
Ii=ci
Ii Indexwert der i-ten Beobachtung
ci „Zellenwert“ der i-ten Beobachtung
- jede Merkmalskombination wird explizit einem Indexwert zugeordnet
(z. B. durch Typologie)
Zuordnungsregel b) additiver Index
additive Kombination der Dimensionen: Aufsummieren der
Indikatorenwerte (Summenscore)
Ii = X1i + X2i + X3i + …
• Annahme: Einzeldimensionen wirken jeweils unabhängig auf den
theoretischen Sachverhalt (Ausgleich zwischen Dimensionen möglich)
• gleicher Wertebereich der Indikatoren (ansonsten gehen Indikatoren
ungleichgewichtig in Index ein)
Zuordnungsregel c) gewichteter additiver Index
zur Berücksichtigung der theoretischen Bedeutung einzelner
Indikatoren: Indikatoren gehen mit unterschiedlichem Gewicht
(Bedeutung) in den Summenscore ein
Ii = aX1i + bX2i + c*X3i + …
• empirische Gewichtungsfaktoren: oft durch Regression oder
Faktorenanalyse ermittelt
• besser: aus inhaltlichen Überlegungen begründet
Beispiel: Verbraucherpreisindex
Zuordnungsregel d) multiplikativer Index
multiplikative Kombination der Dimensionen: Aufmultiplizieren der
Indikatorenwerte
Ii = X1i * X2i * X3i * …
• Annahme: Einzeldimensionen wirken (nur) gemeinsam auf den
theoretischen Sachverhalt (Ausgleich zwischen Dimensionen nicht
möglich)
• nimmt ein Indikator den Wert Null an, erreicht Index Minimum
Definition Skala
mindestens homomorphe Abbildung eines empirischen Relativs
in ein numerisches Relativ
Skala im Falle von latenten Sachverhalten, z.B. Einstellung, Überzeugung,
Werthaltung:
• Skalierungsverfahren = Methoden zur Skalenkonstruktion aus einer
Reihe von Items (sog. Itembatterie), d.h. Fragen / Aussagen zur
Messung eines theoretischen Sachverhalts
• Unterschied zur Indexkonstruktion:
Skalierungsverfahren treffen Modellannahmen zur Messung des
latenten Sachverhalts
→ prinzipiell empirisch prüfbar
(Folie 13)
Annahme, Idee bei Items
• Annahme: Reaktionen auf Items hängen nur mit zu messender
Dimension zusammen, nicht jedoch mit Frageformulierung oder
anderen Spezifika der Erhebungssituation
Wie sollen Indikatoren bei der Messung eingesetzt werden? Welche Vorstellung verbirgt sich dahinter?
• Messung mit multiplen Indikatoren/Items: Vorstellung eines
homogenen Universums von Indikatoren
Welche Wege gibt es, um (gute) Items zu finden?
- Items aus etablierten Skalen übernehmen (z.B. ZUMA-Skalenhandbuch
oder Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen ZIS) - Aussagen von Befragten in Vorstudien nutzen
- eigene Überlegungen
Mindestanforderungen an Items einer Dimension
- Eindimensionalität
- Formulierungskriterien
Items - Regeln für das Formulieren von Aussagen
Statements sollten:
• den gesamten Bereich des latenten Sachverhalts abdecken
• einfach, kurz, klar und direkt formuliert sein (keine Satzgefüge oder
Satzverbindungen)
• immer nur einen Gedanken enthalten (keine mehrdimensionalen
Items)
• keine absoluten Größen („alle“, „immer“, „niemand“) enthalten
• keine mehrdeutigen Bewertungen („kaum“, „nur“) enthalten
• keine alltagssprachlich unverständlichen Begriffe enthalten
• keine doppelten Verneinungen enthalten
Items - Regeln für das Formulieren von Aussagen
Vermieden werden sollten dagegen Aussagen,
• die sich auf die Vergangenheit statt die Gegenwart beziehen
• die Tatsachen beschreiben oder so aufgefasst werden können
• die von den Befragten nicht eindeutig interpretiert werden können
(keine mehrdeutigen oder mehrdimensionalen Items)
• die sich nicht auf den interessierenden Sachverhalt beziehen
(keine irrelevanten Items)
• denen alle oder keine Befragten zustimmen
(keine nicht-diskriminierende Items)
Ziel der Skalierung:
…und was ist dazu notwendig?
Erstellung einer Skala, die die Position von Untersuchungseinheiten auf
der latenten Dimension (strukturtreu) abbildet
Items müssen differenzieren (diskriminieren) können
Itemschwierigkeit
Anteil falscher Lösungen (bei Tests) bzw. Anteil von Ablehnungen zu
einem Item (bei Einstellungsitems)
je schwieriger ein Item, desto weniger Personen können es lösen bzw.
der Aussage zustimmen
Itemcharakteristiken
bei Zusammenhang zwischen latenter Variable und Antwortverhalten:
Wahrscheinlichkeit, mit der einem Item zugestimmt wird ist Funktion
der Itemschwierigkeit und der Ausprägung auf der latenten Variable
Itemcharakteristiken (Tracelines): mathematische Funktionen, die den
Zusammenhang zwischen Zustimmungswahrscheinlichkeit und
Ausprägung der latenten Variable beschreiben
Was ist bei monotonen Itemcharakteristiken möglich?
eindeutiger Schluss von
Zustimmungsverhalten auf latente Variable möglich
-verschiedene Skalierungsverfahren-
Skalierungsverfahren unterscheiden sich…
• hinsichtlich der Annahmen über den Verlauf der Itemcharakteristiken
(d.h. hinsichtlich der Entstehung der Reaktionen der Befragten auf die
Items)
• hinsichtlich der Art, wie Merkmalsausprägungen der einzelnen Items
in einen Skalenwert transformiert werden
• bekannte Skalierungsverfahren:
a) Likert-Skalierung
b) Guttman-Skalierung
c) Rasch-Skalierung
d) Magnitude-Skalierung
e) Thurstone-Skalierung
a) Likert-Skalierung (nach Rensis Likert)
Vorgehen bei der Likert-Skalierung:
• Sammlung einer großen Zahl von Items (ca. 100), die die
interessierende Einstellung wiedergeben
• Befragte geben jeweils Zustimmung/Ablehnung auf bipolarer Rating-
Skala an
- gerade vs. ungerade Rating-Skala
- Kontrollelement: unterschiedlich gepolte Items
• Annahme: Itemcharakteristiken sind monoton, ansonsten keine
Einschränkungen
Beispiel aus Big Five: Extraversion (siehe Folie 23)
• Skalenwert = Summe der Rohwerte (Summenscore)
- „Drehen“ gepolter Items nötig (Rating = Zahl der Kategorien – Rohwert +1 )
• Optimierung der Rohskala durch Eliminierung ungeeigneter Items
• Item ungeeignet, wenn
- Personen mit sehr unterschiedlichen Einstellungen das Item ähnlich
beantworten
- Antworten auf das Item nichts mit den Antworten auf die anderen Items der
Skala gemeinsam haben
→ Itemanalyse
• Itemanalyse durch
1) Trennschärfe-Index
2) Trennschärfe-Koeffizient
• nach Itemanalyse: übriggebliebene Items sind Basis der endgültigen
Likert-Skala (in der Praxis meist nur wenige Items)
• am meisten genutzte Skalierungsmethode in den Sozialwissenschaften