Beobachtung+nicht-reaktive Erhebungsverfahren Flashcards

1
Q

Beobachtung als Form der Datenerhebung

A

direkte Beobachtung menschlicher Handlungen, sprachlicher
Äußerungen, nonverbaler Reaktionen (z.B. Körpersprache,
Bewegungen) oder sozialer Merkmale (z.B. Kleidung, Wohnformen,
Gebräuche)

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2
Q

Abgrenzungskriterien wissenschaftlicher Beobachtung:

A

• Bezug auf Forschungshypothesen (explorativ oder hypothesenprüfend)

• stärkere Kontrolle und Systematik der Beobachtung
-Stichprobenplan: Auswahl der Beobachtungsorte und –objekte
-Beobachtungsprotokoll: systematische Aufzeichnung bestimmter
beobachteter Merkmale, Verhaltensweisen etc.

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3
Q

Formen der Beobachtung

A
  1. teilnehmende versus nicht-teilnehmende Beobachtung
  2. offene versus verdeckte Beobachtung
  3. Feldbeobachtung versus Laborbeobachtung
  4. strukturierte versus unstrukturierte Beobachtung
  5. Fremdbeobachtung versus Selbstbeobachtung
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4
Q
  1. teilnehmende versus nicht-teilnehmende Beobachtung
A

teilnehmende Beobachtung:
• Beobachter ist Teil der sozialen Situation
- aktiv: Beobachter übernimmt definierte Rolle im sozialen Feld
-passiv: Beobachter als Gast in fremder Kultur (häufig z.B. in Ethnologie)

• Probleme:
- Reaktivität (Interaktionserwartungen an den Beobachter)
- Beeinflussung des sozialen Geschehens durch Beobachter
- Gefahr des „going native“ (einseitige Übernahme der Feldperspektive
durch zu starkes Engagement)
-Protokollierung der Beobachtungen schwierig

nicht-teilnehmende Beobachtung:
• Beobachter ist nicht Teil der sozialen Situation
• Vorteile:
-erleichtert die Protokollierung
-bei verdeckt nicht-teilnehmender Beobachtung: Garantie, dass soziales
Geschehen von Beobachtungsvorgang unbeeinflusst

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5
Q
  1. offene versus verdeckte Beobachtung
A

offene Beobachtung
• Untersuchungspersonen ist deren Beobachtung bekannt
• Problem: mögliche Reaktivität

verdeckte Beobachtung
• Untersuchungspersonen ist deren Beobachtung nicht bekannt
• Vorteil: keine Reaktivität
• Problem: tendenziell forschungsethische Bedenken und schwierige
Umsetzbarkeit

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6
Q
  1. Feldbeobachtung versus Laborbeobachtung
A

Feldbeobachtung
• Beobachtung der Untersuchungsgegenstände in ihrem natürlichen
Umfeld
• realistische Randbedingungen von Verhalten im Rahmen komplexen
sozialen Geschehens
• geringere Reaktivität
• potentiell hohe externe Validität
• Untersuchung längerfristiger Auswirkungen von Veränderungen
möglich

Laborbeobachtung
• Beobachtung der Untersuchungsgegenstände in künstlichem
Umfeld
• weitgehende Kontrolle von Störfaktoren
• gezielte Vorgaben eines Stimulus
• Bildung von Kontrollgruppen und Vergleich mit Experimentalgruppe
ermöglicht Abschätzung der kausalen Wirkung des Stimulus
• potentiell hohe interne Validität

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7
Q
  1. strukturierte versus unstrukturierte Beobachtung
A

strukturierte Beobachtung
• Beobachtung erfolgt mit Hilfe eines ausführlichen Beobachtungsschemas
• stark strukturierte Beobachtung: Vercodung des beobachteten
Verhaltens in vorgegebenes Kategorienschema
• teilweise strukturierte Beobachtung: Leitfaden für die Protokollierung
von Verhalten
• Vorteil: Verringerung der Gefahr einer selektiven Wahrnehmung der
Beobachtung

unstrukturierte Beobachtung
• Beobachtung erfolgt weitgehend ohne Vorgaben
• somit Möglichkeit, unvorhergesehene Ereignisse zu registrieren und
zu protokollieren
• aber: Gefahr der selektiven Wahrnehmung

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8
Q
  1. Fremdbeobachtung versus Selbstbeobachtung
A

Fremdbeobachtung
• Beobachtung fremder Verhaltensweisen

Selbstbeobachtung (Introspektion)
• Beobachtung des eigenen Verhaltens, der eigenen Gefühle und
Verhaltensmotive
• nicht intersubjektiv nachprüfbar, daher keine Grundlage für
Hypothesenüberprüfung
• aber: Möglichkeit der Hypothesengenerierung

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9
Q

Dokumentation der Beobachtung

A
  1. Video

2. handschriftliches Protokoll

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10
Q

Dokumentation der Beobachtung

1. Video

A
  • ideal, da mehrfache Kodierung möglich

* Umsetzung nicht immer einfach

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11
Q

Dokumentation der Beobachtung

2. handschriftliches Protokoll

A

• möglichst während der Beobachtung erstellen (z.B. ein Beobachter
protokolliert, ein weiterer Beobachter fokussiert Situation)
• nach der Beobachtung erstellte Gedächtnisprotokolle problematisch
• grundsätzlich: hohe Strukturierung der zu protokollierenden
Ereignisse hilfreich, da zeitsparend

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12
Q

Auswertung von Beobachtungen

Stark strukturierte Beobachtung:

A

Auswertungen mittels quantitativer Analysen möglich

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13
Q

Auswertung von Beobachtungen

teil/schwach strukturierte Beobachtung:

A

aufwendige Auswertung
Notwendigkeit der (weiteren) Verschriftlichung (Transkription) und
Kategorisierung der Beobachtungsprotokolle, Auswertung mit
qualitativen oder quantitativen Methoden

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14
Q

Vorteile der Beobachtung (im Gegensatz zu Befragungen)

A
  1. Beobachtung von tatsächlichem Verhalten
    höhere Validität als Informationen zu berichtetem Verhalten
  2. Analyse von Interaktionssequenzen und sozialen Prozessen möglich
    in Befragung oft schwer retrospektiv zu erfragen
  3. Information von Personen mit eingeschränktem Verbalisierungsvermögen
    (z.B. Kinder)
  4. Offenlegen von unbewusstem Verhalten (z.B. Mutter lobt Kind,
    drückt aber durch Körperhaltung Ablehnung aus; double bind)
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15
Q

Probleme der Beobachtung

A
  1. Stichprobenziehung (Zugang zum sozialen Feld)
  2. Verzerrung durch selektive Wahrnehmung
  3. Fehlinterpretation der beobachteten sozialen Sachverhalte
  4. verdeckte Beobachtung unter Umständen ethisch fragwürdig
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16
Q

Probleme der Beobachtung

1. Stichprobenziehung (Zugang zum sozialen Feld)

A

• häufig kleine Stichproben (hohe Unsicherheit bei Verallgemeinerung)
• häufig selektive Stichproben (Stichprobenziehung oft nicht zufällig,
systematische Verzerrung bzgl. Erkenntnisinteresse)

17
Q

Probleme der Beobachtung

2. Verzerrung durch selektive Wahrnehmung

A
  • Vorwissen wird auf Beobachtung angepasst, Vorurteile beim Forscher
  • unbewusster Wunsch, Komplexes zu vereinfachen
18
Q

Probleme der Beobachtung

3. Fehlinterpretation der beobachteten sozialen Sachverhalte

A

• Güte der Interpretation von Kenntnis der Situation abhängig
• Ethnografie als Extrembeispiel: Beobachter müssen sich Wissen
über Rollen oftmals vorab aneignen (Jugendbanden, Häftlinge, …)
• bei strukturierter Beobachtung: Zuordnung von Verhalten zu
Kategorie erfordert Verstehen des Verhaltens
• bei unstrukturierter Beobachtung: in Auswertungsphase verschoben,
d.h. weniger Zeitdruck, aber dafür Erinnerung erforderlich

19
Q

Kombinationsmöglichkeiten Beobachtung

A
  • Kombination von unstrukturierter und strukturierter Beobachtung
  • Kombination von Beobachtung und Standardbefragung: Beobachtungen als Teil von Standardbefragungen
20
Q

Kombination von unstrukturierter und strukturierter Beobachtung

A

Unstrukturierte Beobachtung zur Bildung geschlossener
Beobachtungsvorgaben
→ Quantifizierung auf Basis strukturierter Beobachtungen

21
Q

Kombination von Beobachtung und Standardbefragung:

Beobachtungen als Teil von Standardbefragungen

A

Pretest
• Behavior Coding (schwach strukturiert)
• beobachtet werden Reaktionen bei der Fragebeantwortung
(Nachfrage, Pause, Lachen, …)

Zusatzinformationen durch Interviewer
• z.B. Wohnumfeld in Haupterhebung (stark strukturiert)
• Interviewer trägt Merkmale der Wohnung/des Wohnumfeldes in
vorgegebenes Kategorienschema ein (Villa, Hochhaus)

22
Q

Reaktivität als Problem

A

Problem: Messvorgang selbst beeinflusst die Reaktionen der
Untersuchungsobjekte und damit das Messergebnis

Reaktion der Versuchspersonen auf
• Messinstrument (z.B. Halo-Effekt)
• messende Person (z.B. Interviewereffekte)
• Untersuchungssituation

Folge: geringe Validität der Daten (messen nicht das, was sie messen
sollen)

23
Q

Reaktivität als Problem

Fazit

A

Existenz der Methodenforschung bzw. Erkenntnis derselben:
reaktive Methoden nicht aufgeben, sondern Reaktivität erkennen,
reduzieren bzw. daraus entstehende Artefakte kompensieren

mögliche Alternative: nicht-reaktive Erhebungsmethoden verwenden

24
Q

Kennzeichen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden

A

wichtigstes Kennzeichen: Datenerhebung erfolgt ohne Interaktion
zwischen Untersuchungspersonen und Forscher
dadurch: Vermeidung von Erhebungseffekten, z.B. Antwortverzerrung
durch soziale Erwünschtheit, Versuchsleitereffekte

25
Q

Kennzeichen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden

Ursprung nicht-reaktiv erhobener Daten

A

Untersuchungspersonen sind sich des Messvorgangs nicht bewusst
(Feldexperimente, in Kombination mit unaufdringlicher Beobachtung)

oder

Daten sind unabhängig vom Forschungsprozess entstanden (Analyse
von Verhaltensspuren wie archivierte Mitteilungen oder prozessproduzierte
Daten)

oder

Untersuchungspersonen können nicht bewusst auf Messvorgang
reagieren (physiologische Messungen)

26
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Feldexperimente
Idee:

A

Vorgabe eines experimentellen Reizes im Feld und
Protokollierung der wahrnehmbaren Reaktion der
Untersuchungspersonen, ohne dass diesen experimentelle Natur des
Reizes oder wissenschaftliche Beobachtung bekannt sind

27
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Feldexperimente
Verschiedene Techniken

A
  • Technik der verlorenen Briefe
  • Verwähltechniken
  • Hilfeleistungs-Experimente
  • experimentelle Briefe (vorgetäuschte Bewerbungen)
28
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden

Probleme von Feldexperimenten:

A
  1. Auswahlprobleme
  2. hoher Stichprobenfehler möglich (geringe Reliabilität)
  3. begrenzte Einsatzgebiete
29
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Probleme von Feldexperimenten:
1. Auswahlprobleme

A
  • Populationsdefinition und Selbstselektion in Beobachtung

* Problem der Verallgemeinerung der Ergebnisse

30
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Probleme von Feldexperimenten:
2. hoher Stichprobenfehler möglich (geringe Reliabilität)

A

• Wiederholung des Experiments führt unter Umständen zu anderen
Ergebnissen
• Ist Unterschied zwischen Experiment 1 und 2 auf fehlende
Reliabilität oder Einstellungsänderung zurückzuführen?

31
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Probleme von Feldexperimenten:
3. begrenzte Einsatzgebiete

A

• latentes Konzept muss sich beobachten lassen
• Stärke des Zusammenhangs zwischen theoretisch-relevanter
Tatsache und manifester Tatsache oft unbekannt (Validität)
• rechtliche und ethische Probleme

32
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Analyse von Verhaltensspuren
Idee:

A

Protokollierung alltäglicher Verhaltensregelmäßigkeiten liefert
indirekte Hinweise auf bestimmte soziale Realitäten

33
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Analyse von Verhaltensspuren
Verschiedene Techniken, z.B.

A

• Analyse von Abnutzungsspuren
• Abfall-Studien
• digitale Verhaltensspuren (Internet)
• Verwendung von Daten, die im Rahmen von Verwaltungshandeln
erfasst wurden (Registerdaten, z.B. Melderegister, Sozialversicherung,
Finanzämter, Kriminalstatistik)

34
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
Analyse von Verhaltensspuren
Probleme von Verhaltensspuren:

A
  1. Auswahlprobleme
    • Populationsdefinition und Selbstselektion in Beobachtung
    • gemessen werden können nur solche Phänomene, die Spuren
    hinterlassen, nicht solche, die keine Spuren hinterlassen
  2. Gültigkeit (Reliabilität und Validität)
    • Verhaltensspuren können oft nicht wiederholt gemessen werden
    • Validität prozessproduzierter Daten nicht automatisch hoch
    • allgemein: Stärke des Zusammenhangs zwischen theoretischrelevanter
    Tatsache und manifester Tatsache oft unbekannt (Validität)
  3. begrenzte Einsatzgebiete
    • latentes Konzept muss sich in messbaren Spuren manifestieren
    • rechtliche und ethische Probleme
35
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
physiologische Messungen
Idee+ Anwendungen

A

Idee: sozialwissenschaftlich relevante Konzepte manifestieren sich in
messbaren physiologischen Reaktionen, Untersuchungspersonen
können nicht bewusst auf Messvorgang reagieren
→ physiologische Reaktionen sind schwer manipulierbar (geringe
Reaktivität)

Anwendungen oft in (Sozial-)Psychologie
• Emotionen, kognitive Aktivierung, Stress
• Beobachtungstheorie beruht auf Erkenntnissen zu neurobiologischen
Grundlagen von Verhalten

36
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
physiologische Messungen
Arten der Messung

A
  1. peripheres Nervensystem (elektrische Signale)
    vor allem Blutdruck, Herzfrequenz (EKG), Schweißabsonderung,
    muskuläre Aktivität
  2. zentrales Nervensystem
    vor allem Hirnaktivität (EEG, MRT), Neurotransmitter, etc.
  3. endokrines System und Immunsystem
    vor allem Hormone und Antikörper
37
Q

Formen nicht-reaktiver Erhebungsmethoden
physiologische Messungen
Probleme von physiologische Messungen:

A
  1. Untersuchungsprobleme
    • aufwendige physiologische Messungen können Untersuchungspersonen
    beeinflussen (Reaktivität)
  2. Gültigkeit (Reliabilität und Validität)
    • Messfehler möglich (z.B. ungenaue Messungen wegen
    Signalstörungen durch Bewegung)
    • Stärke des Zusammenhangs zwischen theoretisch-relevanter
    Tatsache und manifester Tatsache oft unbekannt (Validität)
  3. begrenzte Einsatzgebiete
    • latentes Konzept muss sich in physiologischen Vorgängen
    manifestieren
    • teilweise umfangreicher Untersuchungsaufbau (hohe Kosten, Zeit)